TE OGH 2010/4/28 3Ob8/10p

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Veröffentlicht am 28.04.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Stefan Geiler als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans-Peter Ullmann ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Innsbrucker K***** AG, *****, vertreten durch Czernich, Hofstädter, Guggenberger & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 121.550,28 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Oktober 2009, GZ 1 R 203/09a-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 20. Mai 2009, GZ 14 Cg 44/08b-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.191,68 EUR (darin enthalten 365,28 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die nunmehrige Gemeinschuldnerin betrieb eine Druckerei; die dafür nötige elektrische Energie bezog sie von der beklagten Partei. Vereinbart war eine Zahlungsfrist 30 Tage ab Rechnungslegung. Mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 4. April 2007 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin war zum 9. März 2007 eingetreten und dauerte bis zur Konkurseröffnung an.

Die Stromrechnung für Jänner 2007 über 70.920,39 EUR war am 28. Februar 2007 zur Zahlung fällig. Nach Mahnung vom 8. März 2007 bezahlte die Gemeinschuldnerin am 9. März 2008 (richtig wohl: 2007) den offenen Rechnungsbetrag, der am 12. März 2007 bei der beklagten Partei einlangte. Die Zahlung erfolgte in Kenntnis der Überschuldung. Die Vertreter der beklagten Partei hatten davon zum Zeitpunkt des Zahlungseingangs ebenfalls Kenntnis. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin war um eine Fortführung des Unternehmens bemüht. Am 23. März 2007 sollte ein Übernahmegespräch mit einem in der Medienbranche tätigen Unternehmen stattfinden, weshalb ein an diesem Tag aufrechter Produktionsbetrieb für die Gemeinschuldnerin von ausschlaggebender Bedeutung war. Am 18. März 2007 teilte ein Vertreter der beklagten Partei dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin mit, dass eine Weiterführung der bestehenden Abrechnungsmodalitäten nicht länger akzeptabel sei und der Abrechnungsmodus auf Vorauszahlung umgestellt werde. Als Zahlungsplan werde eine erste Teilzahlung für die Monatsrate Februar am 20. März 2007 mit 50.000 EUR vorgeschlagen, am 29. März 2007 die zweite Teilzahlung der Monatsrate Februar 23.879,48 EUR, weiters die Komplettzahlung der Monatsrate März bis 8. April 2007 sowie eine Akontierung der Monatsrate April am 15. April 2007. Unter einem wurde die Einstellung der Stromversorgung angedroht. Um diese zu vermeiden, zahlte die Gemeinschuldnerin am 22. März 2007 die laut Zahlungsplan geforderten 50.000 EUR, somit eine Teilzahlung auf die - laut der ursprünglichen Vereinbarung - erst am 29. März 2007 fällig werdende Abrechnung für die Stromlieferung Februar 2007. Zuvor war der Gegenvorschlag des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin, diese Teilzahlung erst am 22. März 2007 zu erbringen, unter neuerlicher Androhung der Stromabschaltung abgelehnt worden. Die Zahlung erfolgte, weil dem Geschäftsführer ein weiterer Strombezug im Hinblick auf das am nächsten Tag stattfindende Übernahmegespräch für den Fortbestand des Unternehmens von höchster Bedeutung erschien. Diese Situation war der beklagten Partei bekannt. Die angestrebte Übernahme scheiterte. Am 28. März 2007 stellte die beklagte Partei die Abrechungsmodalität auf tägliche Vorauszahlung um. Nach Konkurseröffnung führte der Masseverwalter den Produktionsbetrieb fort und bezog bis 9. Juli 2007 Strom gegen tägliche Bezahlung.

Der klagende Masseverwalter begehrt die Rückzahlung von 121.550,28 EUR sA. Er stützt sein Anfechtungsbegehren auf die Anfechtungstatbestände nach § 28 Z 2, § 30 Abs 1 Z 3 und § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO; in Ansehung der Zahlung von 50.000 EUR weiters auch auf § 30 Abs 1 Z 1 KO (AS 61).

Der Kläger brachte zusammengefasst vor, beide Zahlungen seien unter einem von der beklagten Partei ausgeübten Druck erfolgt. Hätte die beklagte Partei ihre Drohung, die Stromlieferungen einzustellen, wahr gemacht, wären alle Sanierungsbemühungen hinfällig gewesen. Diese Situation hätten die Vertreter der beklagten Partei ausgenützt. Sie seien in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit sowie der Benachteiligungsabsicht, zumindest aber in Kenntnis der Begünstigungsabsicht gewesen.

Die beklagte Partei wendete im Wesentlichen ein, dem Stromliefervertrag seien die Allgemeinen Lieferbedingungen für elektrische Energie zu Grunde gelegen. Gemäß deren Pkt 14 lit a sei der weitere Strombezug von der Bezahlung rückständiger Entgelte abhängig gewesen. Sie sei deshalb berechtigt gewesen, die weiteren Stromlieferungen von der Bezahlung der offenen Rückstände abhängig zu machen. Eine Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin sei zu verneinen, weil deren Geschäftsführer - wenngleich objektiv unrichtig doch subjektiv nachvollziehbar - auf eine Übernahme durch einen Investor gehofft habe. Sollte eine Benachteiligungsabsicht doch gegeben gewesen sein, seien die Vertreter der beklagten Partei davon in Unkenntnis gewesen. Es liege ein anfechtungsfestes Zug-um-Zug-Geschäft vor, weshalb alle weiters geltend gemachten Anfechtungstatbestände ausgeschlossen seien.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren Folge und wies ein Zinsenmehrbegehren ab. Eine Benachteiligungsabsicht sei nicht vorgelegen, da der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin versucht habe, durch eine Übernahme des Unternehmens die Insolvenz abzuwenden. Wegen der existentiellen Bedeutung der Stromversorgung für die Fortführung des Unternehmens habe er aber die Begünstigung der beklagten Partei zumindest in Kauf genommen. Eine Zug-um-Zug-Verknüpfung sei im Hinblick auf die vereinbarte Fälligkeit erst 30 Tage nach Rechnungslegung zu verneinen, weil einer derartigen Vereinbarung auch Kreditierungsfunktion zukomme. Überdies sei der Anfechtungstatbestand nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO erfüllt, weil die beklagte Partei nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Deckung erhalten habe.

Das Berufungsgericht wies in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung das Klagebegehren ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es bestehe keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob bei einem Dauerschuldverhältnis, das die künftige Belieferung von der Bezahlung der bisher fälligen Entgelte abhängig macht, eine Benachteiligung von Gläubigerinteressen - als allgemeine Anfechtungsvoraussetzung - von vornherein nicht in Frage komme. Die Anfechtung nach § 28 Z 2 KO scheitere an der mangelnden Benachteiligungsabsicht. Eine Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 1 und 3 und § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO sei ausgeschlossen, da - entgegen der Ansicht des Erstgerichts - ein Zug-um-Zug-Geschäft vorliege. Dass die beklagte Partei der Gemeinschuldnerin keinen Kredit gewähren wollte, sondern die getroffene Vereinbarung Zug-um-Zug-Charakter habe, ergäbe sich insbesondere aus Pkt 14 lit a der dem Vertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Lieferbedingungen für elektrische Energie, nach dem die Bezahlung der fällig gewordenen Entgelte Voraussetzung für die weitere Belieferung mit Strom sei. Dass dieser Klausel Geltung zukomme, habe die beklagte Partei vorgebracht, ohne dass der klagende Masseverwalter dem im erstinstanzlichen Verfahren etwas entgegengesetzt hätte.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision des Klägers mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

I) Zur Anfechtung nach § 28 Z 2 KO:

Nach § 28 Z 2 KO sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, durch welche die Gläubiger des Gemeinschuldners benachteiligt werden und die der Gemeinschuldner in den letzten zwei Jahren vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat, wenn dem anderen Teil die Benachteiligungsabsicht bekannt sein musste. Für das Vorliegen von Benachteiligungsabsicht genügt nach ständiger Rechtsprechung dolus eventualis. Benachteiligungsabsicht ist im Fall schon eingetretener Insolvenz anzunehmen, wenn zur Begünstigung des Gläubigers das Wissen des Gemeinschuldners hinzutritt, dass das zahlungsunfähige Unternehmen nicht mehr saniert werden kann, in Zukunft eine volle Befriedigung der Gläubiger nicht möglich sein wird und sich der Schuldner damit bewusst abfindet (RIS-Justiz RS0064185). Die Frage, ob der Schuldner in Benachteiligungsabsicht gehandelt hat, gehört zum Tatsachenbereich. Ob die festgestellte Absicht als Benachteiligungsabsicht iSd § 28 KO zu beurteilen ist, ist aber eine Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0064178).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nach Eintritt der materiellen Insolvenz einen von mehreren Gläubigern voll befriedigte, weil er - wenngleich aufgrund einer objektiv unrichtigen Zukunftsprognose - hoffte, die Zahlungsunfähigkeit zu beheben und damit auch die anderen Gläubiger, wenngleich zu einem späteren Zeitpunkt, voll befriedigen zu können. Auch wenn der Geschäftsführer die beklagte Partei durch die Zahlungen bewusst bevorzugte, hat er wegen der erhofften Übernahme damit gerechnet, auch die übrigen Verbindlichkeiten befriedigen zu können. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, diese Erwartungshaltung schließe die Benachteiligungsabsicht aus, weicht von der ständigen Rechtsprechung nicht ab (4 Ob 151/03i). Auch wenn die beklagte Partei die Zahlungen nach massiven Drohungen mit der Einstellung der Stromlieferungen und nicht „freiwillig“ geleistet hat, ändert dies nichts, weil die beklagte Partei schon nach dem Inhalt des Rechtsverhältnisses bei Nichtzahlung für vergangene Zeitabschnitte zur Einstellung der Stromlieferungen berechtigt war (vgl Fink in ÖBA 1996/79 Anmerkung zu 2 Ob 594/93).

II) Zu § 30 Abs 1 Z 3 und § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO:

1. Die geltend gemachten Anfechtungstatbestände § 30 Abs 1 Z 1 und 3 KO (Kennen/Kennenmüssen der Begünstigungsabsicht) und § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO (Befriedigung eines Konkursgläubigers) scheiden von vornherein aus, wenn ein anfechtungsfestes Zug-um-Zug-Geschäft vorliegt (RIS-Justiz RS0064726, RS0111466 ua). Beide Tatbestände setzen nämlich voraus, dass sich die bekämpfte Rechtshandlung auf die bereits bestehende Gläubigerstellung des Anfechtungsgegners auswirken sollte. Betraf sie jedoch gleichzeitig oder später begründete Gläubigerrechte, dann kommt eine Anfechtung aus diesen Tatbeständen nach herrschender Auffassung nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0064426; König, Anfechtung3 Rz 10/3 f, 11/32, 11/46; Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht4 § 30 Rz 14, § 31 Rz 11 f; Rebernig in Konecny/Schubert, KO § 30 Rz 61 ff ua).

2.1. Der Zug-um-Zug-Charakter der Vereinbarung wäre freilich dann zu verneinen, wenn der dem Strombezug zu Grunde liegenden Vereinbarung Kreditierungsfunktion zukäme (5 Ob 183/03b = SZ 2004/9). Ob die Parteien mit der Vereinbarung einer nach Rechnungslegung binnen 30 Tagen eintretenden Fälligkeit das Hinausschieben der Zahlungspflicht derart beabsichtigten, dass wirtschaftlich jeweils ein kreditähnliches Verhältnis entstehen sollte oder ob sie der Leistungsbewirkung im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses (doch) Zug-um-Zug-Charakter beimessen wollten, ist eine Frage der Auslegung der wechselseitigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen im Einzelfall. Das Berufungsgericht verweist darauf, dass für das Vorliegen einer Zug-um-Zug-Vereinbarung und gegen eine Kreditgewährung insbesondere Pkt 14 lit a der Allgemeinen Lieferbedingungen für elektrische Energie spreche. Danach ist die Bezahlung der fällig gewordenen Entgelte Voraussetzung für die weitere Belieferung mit Strom. Dieser Klausel ist zu entnehmen, dass der Parteiwille auf eine Verknüpfung von Stromlieferungen und Zahlungen gerichtet war, wobei das Synallagma nicht nur zwischen den korrespondierenden Teilleistungen, die sich in der jeweiligen Abrechnungsperiode gegenüberstehen, bestehen sollte, sondern zwischen der Gesamtheit der im Rahmen des Rechtsverhältnisses zu erbringenden Leistungen. Die Zahlung des Entgelts für einen bestimmten Zeitabschnitt sollte damit nicht nur die Abgeltung für die zuvor erbrachte Leistung, sondern zugleich Voraussetzung für den Anspruch auf Leistung der nächstfolgenden Periode sein. Das vom Berufungsgericht erzielte Auslegungsergebnis, es liege eine Vereinbarung mit Zug-um-Zug-Charakter vor, steht zudem mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung in Einklang, nach der nicht jede Nachleistungspflicht bereits eine Kreditverbindlichkeit im weiteren Sinn darstellt (5 Ob 183/03b = SZ 2004/9). Es liegt daher kein unvertretbares Auslegungsergebnis vor, wenn eine Anfechtbarkeit verneint wurde (RIS-Justiz RS0044358).

2.2. Die Rechtsprechung dehnt das Zug-um-Zug-Prinzip im Einklang mit einem Teil der Lehre auf den Leistungsaustausch im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen aus, sofern ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Eine gleichzeitige Bewirkung von Leistung und Gegenleistung wird nicht gefordert. Maßgeblich ist der nach der Verkehrsauffassung gegebene einheitliche wirtschaftliche Vorgang (RIS-Justiz RS0064633):

Zu Zahlungen in der Krise, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen und bei Vorliegen von Zahlungsrückständen erfolgen, wird davon ausgegangen, dass jedenfalls eine auf die laufende periodisch wiederkehrende Schuld geleistete (und gewidmete) Zahlung anfechtungsfest sei. Unter Berufung auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise wird eine Zug-um-Zug-Verknüpfung aber auch bei Zahlungen auf frühere Leistungsperioden angenommen, sofern nur ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Zahlung und der bereits erbrachten Gegenleistung vorhanden ist („phasenverschobene Zug-um-Zug-Verknüpfung“, Rebernig aaO § 30 KO Rz 63). So wurden nach nunmehr als gefestigt zu bezeichnender Rechtsprechung Mietzahlungen an den insolventen Vermieter als Zug-um-Zug-Austauschleistungen für die tatsächlich erfolgte Gebrauchsüberlassung erachtet (RIS-Justiz RS0064804), nicht aber die nachträgliche Bezahlung von drei- bis viermonatigen Mietzinsrückständen (RIS-Justiz RS0106619). Ebenso sind Lohnzahlungen (auch wenn der Lohn periodengemäß im Nachhinein ausbezahlt wird, der Arbeitnehmer also vorleistet) wegen des zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs als Zug-um-Zug-Leistung aufzufassen (RIS-Justiz RS0064643). Leistungsaustausch Zug um Zug wurde auch dann noch angenommen, wenn das auf eine bestimmte Verrechungsperiode entfallende Entgelt in der auf die Fälligkeit folgenden Verrechnungsperiode gezahlt wird (7 Ob 2278/96t). Bei länger zurückliegenden Rückstandsperioden fehlt hingegen der erforderliche enge Zusammenhang der Zahlung mit der Gegenleistung (6 Ob 300/00m zu einem Versicherungsvertrag). Ob ein enger zeitlicher Zusammenhang vorliegt, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu beurteilen (7 Ob 246/01d). Maßgeblich ist jeweils die Fälligkeit.

In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht bei beiden angefochtenen Zahlungen den erforderlichen zeitlichen Zusammenhang bejaht. Die Zahlung über 71.550,28 EUR erfolgte nur um neun Tage verspätet in der auf die vereinbarte Fälligkeit folgenden Abrechnungsperiode. Wenngleich der zeitliche Zusammenhang durch diese Verzögerung etwas gedehnt worden sein mag, wurde er nicht aufgehoben. Die Zahlung über 50.000 EUR wurde in Entsprechung des von der beklagten Partei zwecks Umstellung auf Vorauszahlung vorgeschlagenen Zahlungsplans sogar fünf Tage vor der ursprünglich vereinbarten Fälligkeit und rechtzeitig zum Eintritt der neu vereinbarten Fälligkeit bewirkt. Diese Zahlung war demgemäß auch nicht inkongruent.

Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der zitierten oberstgerichtlichen Rechtsprechung den Zug-um-Zug-Charakter der Zahlungen und Stromlieferungen bejaht. Dieser kann entgegen dem Revisionsstandpunkt auch nicht deswegen verneint werden, weil die beklagte Gläubigerin Druck ausübte, um die Zahlung von Altschulden zu erreichen. Entscheidend ist der dargelegte enge („phasenverschobene“) zeitliche Zusammenhang.

3. Eine Anfechtung von nachteiligen Rechtsgeschäften nach § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt. Allein dieser Anfechtungstatbestand war aber Gegenstand der Entscheidung 1 Ob 2132/96b, weshalb die in dieser Entscheidung getroffenen Aussagen für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits nicht maßgeblich sind. Hat der Kläger sein Klagebegehren nicht auf den Anfechtungstatbestand nach § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO gestützt, ist nicht zu beurteilen, ob die Zahlungen für die übrigen Gläubiger unmittelbar oder mittelbar nachteilig iSd § 31 Abs 1 Z 2 zweiter Fall KO waren; ebenso nicht, ob für den Anfechtungsgegner zum Zeitpunkt der Zahlungen ein für die übrigen Gläubiger eintretender Nachteil objektiv erkennbar war (dazu RIS-Justiz RS0065133, RS0110409 ua).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, und 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E94074

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00008.10P.0428.000

Im RIS seit

04.07.2010

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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