TE OGH 2010/4/28 3Ob48/10w

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Veröffentlicht am 28.04.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sonja D*****, vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in Kindberg, Nebenintervenient auf Seiten der klagenden Partei Dr. Erich P*****, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Feldbach, wider die beklagte Partei V***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Poleschinski, Rechtsanwalt in Hartberg, wegen Löschung eines Pfandrechts (Streitwert 36.489,40 EUR) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 14. Jänner 2010, GZ 3 R 144/09k-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 15. Mai 2009, GZ 14 Cg 219/07g-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

1989 hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur mehr: „Beklagte“) dem (mittlerweile geschiedenen) Ehegatten der Klägerin Kredit gewährt. Am 23. September 1991 schlossen die Klägerin und ihr Ehegatte mit der Beklagten einen Pfandbestellungsvertrag, in dem sie dieser an der je zur Hälfte in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft ein Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von 560.000 ATS (= 40.696,79 EUR) zur Sicherstellung aller Forderungen einräumten, die der Beklagten „ gegen den (die) genannten Kreditnehmer und dessen (deren) Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolger aus im Inland beurkundeten gewährten oder künftig zu gewährenden Krediten erwachsen sind oder noch erwachsen werden“. In Punkt 13 des Pfandbestellungsvertrags ist festgehalten, dass bei mehreren Pfandbestellern die Bestimmungen dieses Vertrags für jeden einzelnen sinngemäß gelten. Die Höchstbetragshypothek ist seither im Grundbuch zu C-LNr 2-a einverleibt. 1994 gewährte die Beklagte dem Ehegatten der Klägerin einen weiteren Kredit (Kreditkonto 2118099-2200), für den die Höchstbetragshypothek haften sollte. 1997 stellte sich heraus, dass der Ehegatte der Klägerin als Angestellter der Beklagten dieser durch Malversationen (Kreditbetrügereien) einen Schaden in Höhe von 5.600.661 ATS zugefügt hatte. Um die Aufhebung der Strafbarkeit zu erreichen, schloss er mit der Beklagten eine Vereinbarung nach § 167 Abs 2 Z 2 StGB. Zwecks Gutmachung des Schadens räumte die Beklagte ihm und der Klägerin im Rahmen der bestehenden Kreditgeschäftsverbindung einen Abstattungskredit über 500.000 ATS zu Kreditkonto 2118099-2500 ein; die Höchstbetragshypothek sollte auch zur Sicherstellung dieses Kredits dienen. Zusätzlich gewährte die Beklagte dem Ehemann der Klägerin „allein“ -ebenfalls im Rahmen der bestehenden Kreditgeschäftsverbindung - einen weiteren Abstattungskredit zwecks Schadensgutmachung über 1.000.000 ATS (Kreditkonto 2118099-2501). Vereinbart war, dass auch für diesen Kredit die Höchstbetragshypothek als Sicherstellung dienen sollte. Im Jahr 2002 wurde die Ehe geschieden;. Anlässlich der Scheidung übertrug der Ehegatte seine Liegenschaftshälfte dem gemeinsamen Sohn. Dieser übernahm im Wege einer Schuldübernahme den am Kreditkonto 118099-2200 aushaftenden Kredit. Hinsichtlich des Kredits 2118099-2500 entließ die Beklagte die Klägerin als Mitkreditnehmerin aus der Haftung. Im Jahr 2006 übereignete der Sohn den von seinem Vater erworbenen Hälfteanteil an der Liegenschaft der Klägerin, sodass diese nunmehr deren Alleineigentümerin ist. Im Jahr 2007 stellte der geschiedene Ehegatte der Klägerin seine Zahlungen zur Tilgung des Kredits 2118099 -2501 ein; die Beklagte gab im März 2007 den offenen Saldo auf diesem Kreditkonto mit 36.485 EUR bekannt.

Auf der Liegenschaft der Klägerin sind Löschungsverpflichtungen zu Gunsten des Landes Steiermark und der Beklagten angemerkt.

Die Klägerin begehrt die Beklagte schuldig zu erkennen, in die Löschung des Pfandrechts C-LNr 2a im Höchstbetrag von 560.000 ATS einzuwilligen. In der Klagebeantwortung anerkannte die Beklagte das Begehren auf Löschung des Höchstbetragspfandrechts an der von Anfang an im Eigentum der Klägerin stehenden Liegenschaftshälfte, worauf ein Anerkenntnisteilurteil erging.

In Ansehung der ehemals im Eigentum des Gatten der Klägerin stehenden Liegenschaftshälfte wendete die beklagte Partei ein, die Höchstbetragshypothek diene weiterhin zur Sicherstellung der noch nicht zur Gänze getilgten Rückzahlungsforderung der Beklagten aus dem Kreditvertrag 2118099-2501; die hypothekarische Haftung dieser Liegenschaftshälfte bestehe unabhängig davon, ob der Klägerin deren Fortbestehen bekannt sei oder nicht.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren in Ansehung des Hälfteanteils des ehemaligen Ehegatten der Klägerin ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen.

1. Zur Behauptung von Verfahrensmängeln des Berufungsverfahrens:

1.1. Die Klägerin macht unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens das Fehlen von für die rechtliche Beurteilung notwendigen Feststellungen geltend. Vermeintliche sekundäre Feststellungsmängel sind aber qualitativ der Rechtsrüge zuzuordnen. Derartige Mängel bilden daher nicht den Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO, sondern können nur mit dem Revisionsgrund nach § 503 Z 4 ZPO geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043304).

1.2. Wie die Revisionswerberin selbst ausführt, legte das Erstgericht seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde, dass die im Zusammenhang mit der vertraglichen Verpflichtung zur Schadensgutmachung nach § 167 Abs 2 Z 2 StGB abgeschlossenen Kreditverträge gültig sind. Die vom Berufungsgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angestellten Erwägungen, der dem Ehegatten der Klägerin zu Kreditkonto 2118099-2501 gewährte Kredit sei ein vom Rahmenkreditvertrag erfasster und durch die Höchstbetragshypothek gesicherter Einzelkredit und kein Scheinvertrag, stellen kein Abweichen von den dem Ersturteil zu Grunde liegenden Feststellungen dar. Ein Mangel des Berufungsverfahrens ist zu verneinen.

2. Die zwischen der Streitteilen am 23. September 1991 getroffene Vereinbarung ist - wie bereits die Vorinstanzen erkannt haben - ein sogenannter „Rahmenkreditvertrag“. Nach diesem sollen nicht nur ein zwischen den Vertragsteilen schon zustande gekommener Kreditvertrag, sondern zusätzlich ein möglicherweise einmal in der Zukunft erst zu begründender weiteren neuer Kreditvertrag oder mehrere neue Kreditverträge gelten; für Forderungen aus beiden oder aus mehreren solchen Kreditverträgen wird eine Liegenschaft bis zum vereinbarten Höchstbetrag verpfändet. Solche Kreditverträge sind zulässig (RIS-Justiz RS0011294). Welche künftigen Forderungen von der Höchstbetragshypothek gesichert sind, ist durch Auslegung der bücherlichen Eintragungen und der Pfandbestellungsurkunde zu ermitteln (6 Ob 625/93).

2.1. Zur Auslegung der Pfandbestellungsurkunde:

Pfandbestellungsurkunden sind nach ihrem Wortlaut objektiv auszulegen (6 Ob 625/93). Es liegt kein unvertretbares Auslegungsergebnis vor, wenn das Berufungsgericht davon ausging, als Schuldner der zu sichernden künftig entstehenden Forderungen seien beide Ehegatten in Aussicht genommen, wobei offen geblieben sei (und offen bleiben durfte) ob der zu sichernde Kredit einem der beiden oder beiden Ehegatten gemeinsam zur solidarischen Kreditrückzahlung gewährt wird (3 Ob 285/05s; RIS-Justiz RS0042776). Dies trifft auch auf das weiters vom Berufungsgericht erzielte Auslegungsergebnis zu, von der Pfandbestellungsurkunde sei der zwecks Aufhebung der Strafbarkeit zur Abdeckung der Deliktsschuld gewährte Abstattungskredit zum Kreditkonto Nr 2118099-2501 umfasst. Die in der Pfandbestellungsurkunde gewählte Formulierung „in Zukunft gewährte im Inland beurkundete Kredite“ beinhaltet ohne Einschränkungen alle künftigen Kredite; dass nach der Pfandbestellungsurkunde bestimmte Arten von Krediten oder zu einem bestimmten Zweck (etwa der Schadensgutmachung) gewährte Kredite nicht von der Höchstbetragshypothek gedeckt sein sollten, lässt sich aus dem Wortlaut nicht ableiten.

2.2 Es liegt im Wesen einer Höchstbetragshypothek, dass die Begrenzung der Haftung gerade nicht in der Höhe der gesicherten Forderung besteht. Der Höchstbetrag bildet nur den Rahmen, innerhalb dessen sich der Gläubiger aus der Liegenschaft befriedigen kann. Die Forderung kann höher sein, als das Pfandrecht (3 Ob 285/05s). Die Höchstbetragshypothek erlischt nicht mit der Tilgung der entstandenen Einzelforderungen, sondern mit der Beendigung des gesamten Grundverhältnisses also erst, wenn sich der Gläubiger aus dem Kreditverhältnis voll befriedigt hat (3 Ob 90/88 = SZ 61/191; Kodek, Grundbuchsrecht, § 14 Rz 25) und die Parteien die Beendigung der Sachhaftung vereinbaren (RIS-Justiz RS0011294). Dass auf dem Kreditkonto Nr. 2118099-2501 noch ein offener Kreditsaldo aushaftet, stellt die Revisionswerberin nicht in Frage.

2.3. Zur Behauptung, es läge ein Scheingeschäft vor:

Die Vorinstanzen legten ihren Entscheidungen zu Grunde, dass die - vom Rahmenkreditvertrag umfasste- Einräumung des Abstattungskredits an den Ehegatten der Klägerin zwecks Schadensgutmachung nicht zum Schein erfolgt sei, sondern dem beiderseitigen Parteiwillen entsprochen habe. Dies steht im Einklang damit, dass tätige Reue nach § 167 StGB mittels Darlehensaufnahme durch den Täter - auch bei Identität des Darlehensgeber und Geschädigten - zulässig ist. (RIS-Justiz RS0095224). Mit ihrem Revisionsvorbringen, es läge doch ein Scheinvertrag vor, weil „aus offenbar für beide Seiten zweckdienlichen Gründen die Vereinbarung nach § 167 StGB in Form zweier Kreditverträge umgestaltet“ worden sei, zeigt die Revisionswerberin jedenfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

2.4. Zur Behauptung, es läge ein Verzicht vor:

Die Frage, ob nach den Umständen des Einzelfalles ein Verzicht anzunehmen ist oder nicht, erfüllt - von einer krassen Fehlbeurteilung der Vorinstanzen abgesehen - nicht die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0107199). Darin, dass das Kreditkonto Nr. 2118099-2501- wie die Revisionswerberin behauptet - bei Übernahme der vorerst im Eigentum des Gatten der Klägerin stehenden Liegenschaftshälfte durch deren gemeinsamen Sohn „kein Thema“ war, sahen die Vorinstanzen keinen Verzicht der Beklagten auf die Pfandhaftung. Dies stellt jedenfalls kein unvertretbares Auslegungsergebnis dar.

2.5. Wurde das Kreditverhältnis zu Kreditkonto 118099-2200 durch Vertragsübernahme auf den Sohn der Klägerin übertragen, sicherte die Höchstbetragshypothek auch dieses Kreditverhältnis weiter ab (Apathy, Kreditnehmer- und Kreditgeberwechsel bei Höchstbetragshypotheken, ÖBA 2000, 1031 [1043]; Kodek aaO Rz 66). Gleichzeitig wurde der Sohn infolge Erwerbs der Liegenschaftshälfte Realschuldner. Die Hypothek haftete weiterhin bis zum Höchstbetrag für die im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs bereits bestehenden Forderungen, somit auch für den auf dem Kreditkonto Nr. 2118099-2501 damals offenen Saldo. Als die Klägerin im Jahr 2006 die Liegeschaftshälfte von ihrem Sohn erwarb, haftete die Höchstbetragshypothek weiterhin für die in diesem Zeitpunkt (2006) bestehenden Forderungen. Die dingliche Haftung erlosch selbst dann nicht, wenn sie und ihr Sohn über die Höhe der aus dem gesamten Kreditverhältnis aushaftenden Einzelforderungen nicht vollständig informiert worden sein sollten. Rechtliche Feststellungsmängel in diesem Zusammenhang liegen nicht vor. Hatte der Ehemann der Klägerin seine Zahlungen zum Kreditkonto Nr 2118099-2501 vor Tilgung der gesamten Kreditschuld eingestellt, dient die Höchstbetragshypothek weiterhin zu deren Sicherstellung; dies auch dann, wenn der Höchstbetrag schon einmal bezahlt worden sein sollte (Hofmann in Rummel3 § 451 Rz 9). Da Erlöschensgrund der Höchstbetragshypothek die gesamte Abwicklung des gesicherten Grundverhältnisses ist, haftet die Höchstbetragshypothek so lange weiter, als die Beklagte nicht aus dem Kreditverhältnis voll befriedigt ist (3 Ob 13/96 mwN; Kurzbauer, Die Höchstbetragshypothek, 160). Da dies nicht der Fall ist, sind auch die von der Revisionswerberin vermissten Feststellungen nicht entscheidungswesentlich, welche zusätzlichen „Lasten“ (aus weiteren Kreditkonten) sie und ihren Sohn getroffen haben.

2.6. Zur behaupteten Löschungsverpflichtung:

Für Löschungsverpflichtungen, die über vor dem 1. 1. 1998 beim Grundbuchsgericht eingelangte Anträge angemerkt wurden, gilt weiterhin § 469a zweiter Satz ABGB in der vor der Grundbuchsnovelle 1997 geltenden Fassung (Art VI § 2 Abs 2 und 3 GBNov 1997, BGBl I 1997/30; Kodek aaO § 13 GBG, Rz 127, 128). Danach kann der Eigentümer, wenn er sich einem anderen gegenüber verpflichtet, eine bestimmte Hypothek löschen zu lassen, über die Hypothek nicht verfügen, wenn diese Verpflichtung im öffentlichen Buch bei der Hypothek angemerkt ist. Mit dieser Regelung wird das Verfügungsrecht des Liegenschaftseigentümers über den Pfandrang, das sich aus § 469 ABGB ergibt, eingeschränkt. Besteht aber ein solches Verfügungsrecht nicht, weil das Grundverhältnis noch nicht erloschen ist - so entsteht auch keine Verpflichtung oder Möglichkeit für den Liegenschaftseigentümer, die Hypothek nach § 469a ABGB löschen zu lassen (5 Ob 169/05x) Es müsste das gesamte Grundverhältnis beendet sein, bevor die Beklagte über den Rang einer Höchstbetragshypothek verfügen kann. Dies ist nicht der Fall, weil weiterhin ein offener Saldo auf dem Kreditkonto 2118099-2501 aushaftet. Diesfalls können Löschungsverpflichtungen zu Gunsten eines Dritten (des Landes Steiermark) noch nicht zum Tragen kommen (Koch in KBB, § 469 ABGB Rz 7). Vor Beendigung des Grundverhältnisses stehen Löschungsverpflichtungen auch einer „Wiederausnützung der Kredithypothek“ nicht entgegen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Textnummer

E94025

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00048.10W.0428.000

Im RIS seit

30.06.2010

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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