Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** S*****, vertreten durch Dr. Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei A***** Bankaktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, wegen 8.621,32 EUR (sA), über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Jänner 2010, GZ 14 R 190/09y-15, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 27. Juli 2009, GZ 13 C 67/09t-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte gewährte der Klägerin am 11. 7. 2000 einen Kredit in Höhe von 785.000 ATS (= 57.048,17 EUR) mit einer Laufzeit von 20 Jahren, mit dem ein offener Kredit eines anderen Kreditinstituts abgedeckt wurde, der der „Wohnraumfinanzierung“ gedient hatte. Die Klägerin ist Alleineigentümerin einer Liegenschaft in L***** samt Wohnhaus mit sechs Wohnungen und sechs Einzelzimmern. Vier Wohnungen und die Einzelzimmer sind seit zwei bis drei Jahren vermietet. Unter anderem zur Finanzierung anstehender Sanierungsarbeiten und zur Abdeckung der Betriebskosten ihres Wohnhauses wurde der von der Beklagten gewährte Kredit mehrmals aufgestockt. Anlässlich einer Krediterhöhung auf 145.000 EUR im Jahr 2007 bot die Klägerin der Beklagten als Sicherheit anstelle der Verpfändung von zwei Lebensversicherungen die Verpfändung ihrer Liegenschaft im Höchstbetrag von 145.000 EUR an. Die Beklagte war einverstanden. Im Krediterhöhungsvertrag vom 5. 7. 2007, den die Klägerin am 9. 7. 2007 unterfertigte, wurde nunmehr eine Laufzeit von 15 Jahren und eine Neuberechnung der Höhe der Rückzahlungsraten vereinbart. Der Vertrag enthält unter anderem folgende Bestimmung:
„Vorzeitige Rückzahlung
Eine vorzeitige Rückzahlung dieser Finanzierung ist nur nach ihrer Kündigung mit 6-monatiger Frist möglich. Sollten wir über Ihr Ersuchen einer vorzeitigen Rückzahlung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zustimmen, werden wir Ihnen eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 5,0000 % des vorzeitig rückgeführten Betrages verrechnen und dem (Verrechungs-)Konto anlasten.“
Am 10. 1. 2008 kam es zu einer weiteren Krediterhöhung um 18.000 EUR und am 27. 6. 2008 zu einer letzten Krediterhöhung um 10.000 EUR. Die Vorfälligkeitsentschädigungsklausel war auch in diesen Krediterhöhungsverträgen enthalten.
Im Jahr 2008 hatte die Klägerin wiederum Probleme mit der Kreditrückzahlung, worauf sie sich zu einer Umschuldung durch Aufnahme eines Fremdwährungskredits bei der B***** zur Begleichung der Kreditverbindlichkeiten bei der Beklagten entschloss. Über Ersuchen der B***** teilte die Beklagte dieser mit Schreiben vom 3. 7. 2008 die Abrechnungsbeträge mit, durch deren Überweisung der Kredit-/Darlehensvertrag mit der Klägerin beendet werden könne. Darin war ein Abschlussposten per 10. 10. 2008 von 9.132,10 EUR enthalten. Die B***** überwies der Beklagten hierauf die genannten Abrechnungsbeträge, womit der Darlehensvertrag beendet war. Mit Schreiben vom 6. 11. 2008 teilte die Beklagte dem Rechtsvertreter der Klägerin auf dessen Ersuchen mit, dass im Abschlussposten eine „Pönale gemäß Kreditvertrag vom 27. 6. 2008“ in Höhe von 8.621,32 EUR enthalten sei.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung dieser Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.621,32 EUR (sA), die ihr zu Unrecht verrechnet worden sei. Sie habe von der betreffenden Klausel nichts gewusst und damit auch nicht gerechnet. Die Vorfälligkeitsentschädigungsklausel sei auch sittenwidrig und sachlich nicht gerechtfertigt. Die rückgeforderte Pönalezahlung stelle einen pauschalierten Schadenersatz dar und setzte einen entsprechenden Schadensnachweis durch die Beklagte voraus. Hilfsweise werde die Mäßigung der Pönale beantragt. Die Klägerin habe nie mehr als fünf Wohneinheiten vermietet, weshalb sie keine Unternehmerin sei.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Am 5. 7. 2007 sei es nicht zu einer weiteren Krediterhöhung, sondern zu einer vollkommenen Neugestaltung des Kreditverhältnisses in Form einer Verlängerung der Laufzeit und Einräumung eines hypothekarisch gesicherten Kredits gekommen. Dieser Kreditvertrag sei mit der Klägerin von einem Mitarbeiter der Beklagten ausführlich erörtert und besprochen worden, insbesondere auch hinsichtlich der Bedeutung der Klausel über die Vorfälligkeitsentschädigung. Diese Klausel sei auch sachlich gerechtfertigt, da sich Kreditinstitute entsprechend refinanzieren müssten und dabei auch eine zeitliche Kongruenz beachtet werden müsse. Bei der Vorfälligkeitsentschädigung handle es sich um keine Pönale im Sinn eines pauschalierten Schadenersatzes, sondern um eine der Klägerin eingeräumte Lösungsbefugnis, sollte diese gegen die im Vertrag vorgesehene 6-monatige Kündigungsfrist verstoßen. Die gewährten Geldmittel seien zur Renovierung der von der Klägerin durch Vermietung genutzten Liegenschaft bestimmt gewesen. Da die Klägerin mehr als fünf Objekte vermietet habe, sei sie als Unternehmerin anzusehen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf noch die negative Feststellung, es habe nicht festgestellt werden können, „dass die Klägerin nicht zusätzlich mündlich vom zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten über die 'Vorfälligskeitsentschädigungsklausel' aufgeklärt wurde bzw dass die klagende Partei tatsächlich keine Kenntnis von dieser zusätzlichen Vertragsbestimmung erlangt hat“.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die betreffende Vertragsklausel entspreche dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Die Vereinbarung einer Vorfälligkeitsentschädigung sei auch nicht gröblich benachteiligend, zumal sie in § 33 Abs 8 BWG ausdrücklich vorgesehen sei und unter anderem auch der Abdeckung der Refinanzierungskosten der Banken diene. Davon abgesehen sei die Kreditaufnahme und -erhöhung im Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin als Vermieterin von Wohnungen und Einzelzimmern und der Finanzierung der diesbezüglichen Betriebs- und Gebäudesanierungskosten gestanden, sodass die Klägerin nicht als Verbraucherin anzusehen und das KSchG nicht anzuwenden sei. Ab Vermietung von - wie hier - mehr als fünf Bestandobjekten könne nämlich bei Rechtsgeschäften, die im Zusammenhang mit der Liegenschaft stünden, nicht mehr von einem Verbrauchergeschäft die Rede sein.
Das von der Klägerin angerufene Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Es billigte insbesondere auch die von der Klägerin bekämpfte, hier wörtlich wiedergegebene Negativfeststellung und erachtete die Rechtsrüge für nicht berechtigt. Entgegen der Ansicht der Klägerin habe das Erstgericht deren Verbrauchereigenschaft zu Recht verneint, da feststehe, dass sie insbesondere im relevanten Zeitraum 2007 über eine Mehrzahl von Mietern verfügt habe und die Kreditverbindlichkeiten zumindest zum Teil dazu gedient hätten, die einzelnen Mietobjekte und die Vermietung zu finanzieren. An dieser Qualifikation würde auch die von der Klägerin begehrte ergänzende Feststellung, dass sie keiner Organisation der Verwaltung der Mietobjekte bedurft hätte, nichts ändern. Eine solche Feststellung verbiete sich aber ohnehin, da die Klägerin kein entsprechendes Vorbringen erstattet und zudem als Partei ausgesagt habe, mit der Verwaltung des Hauses eine Immobilienfirma beauftragt zu haben. Nach dem Wortlaut des § 33 Abs 8 BWG und nach § 12a Abs 2 KSchG wäre die Vereinbarung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Übrigen, selbst wenn der Klägerin Verbrauchereigenschaft zuzubilligen wäre, im Zusammenhang mit einem hypothekarisch gesicherten Kredit als zulässig anzusehen. Entgegen der Ansicht der Klägerin, dass es sich bei der Vereinbarung einer Vorfälligkeitsentschädigung um eine Vertragsstrafe im Sinn des § 1336 ABGB handle, sei diese Art „Lösungsbefugnis“ nicht als pauschalierter Schadenersatz, sondern als Reugeld im Sinn des § 909 ABGB zu qualifizieren: In der Klausel über die Vorfälligkeitsentschädigung werde der Klägerin als Bankkundin das Wahlrecht eingeräumt, den Kreditvertrag unter Einhaltung einer 6-monatigen Kündigungsfrist zu kündigen oder vorzeitig Kreditrückzahlungen ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, aber unter Vorschreibung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu leisten. Die Vorfälligkeitsentschädigung sei als eine Art Entgeltersatz zu sehen, den sich die Beklagte für den Fall ausbedungen habe, dass sie durch die vorzeitige Kreditrückzahlung einen Ausfall an von ihr für den Fall regelmäßiger Rückzahlung kalkulierten Zinsen erleide und dadurch ihre Refinanzierung beeinträchtigt werde. Sei ein Verbraucher zur Zahlung eines Reugelds verpflichtet, könne der Richter dieses gemäß § 7 KSchG in sinngemäßer Anwendung des § 1336 Abs 2 ABGB mäßigen. Im vorliegenden Fall handle es sich bei der Klägerin jedoch um eine Unternehmerin, sodass das richterliche Mäßigungsrecht nicht zur Anwendung gelange.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, da eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Qualifikation der Vorfälligkeitsentschädigung als Reugeld oder Vertragsstrafe fehle und dieser Frage im Zusammenhang mit der Kreditgewährung zwischen Unternehmern und einem allfälligen Mäßigungsrecht erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukomme.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die angefochtene Entscheidung in klagsstattgebendem Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel ihrer Prozessgegnerin entweder als unzulässig zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Dass - selbst in Verträgen mit Verbrauchern (§ 33 Abs 8 BWG) - im (hier vorliegenden) Fall eines Hypothekar- oder Wohnraumbeschaffungs- bzw Wohnraumsanierungskredits eine Kündigungsfrist im Ausmaß bis zu sechs Monaten vereinbart werden kann, ist unstrittig. Im Revisionsverfahren stellt - insbesondere auch unter dem Blickwinkel der §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB - die grundsätzliche Zulässigkeit der Vereinbarung einer Entschädigung für den Fall der einvernehmlichen vorzeitigen Kreditkündigung („Vorfälligkeitsentschädigung“) ebenfalls keinen Streitpunkt mehr dar. Dies gilt auch für die Frage der wirksamen Vereinbarung der „Vorfälligkeitsentschädigungsklausel“. Die Klägerin hat den diese Klausel enthaltenden Krediterhöhungsvertrag vom 5. 7. 2007 unterfertigt und ihre Behauptung, dennoch von der Klausel keine Kenntnis gehabt zu haben, nicht beweisen können. Strittig ist hingegen vor allem noch, ob die betreffende, in den Kreditverträgen ab 5. 7. 2007 enthaltene Klausel, wie das Berufungsgericht meint, als Reugeld oder, wie von der Klägerin nach wie vor vertreten wird, als Konventionalstrafe zu qualifizieren ist.
Die Vertrags- oder Konventionalstrafe soll nach ganz herrschender Meinung dem vereinfachten Ausgleich jener Nachteile dienen, die dem Gläubiger aufgrund einer Vertragsverletzung entstehen können. Um dies zu erreichen, vereinbaren die Parteien eine Pauschalierung des Schadenersatzes. Diese „Vorauspauschalierung künftig möglichen Schadens“ dient dazu, die meist schwierigen Schadensfeststellungen zu vermeiden und soll vertragsbestärkend wirken (Harrer in Schwimann, ABGB3 VI, § 1336 Rz 1 mwN). Neben dem Zweck der Vereinfachung des Schadensnachweises hat eine Konventionalstrafe also auch die Funktion, den Schuldner zu korrekter Erfüllung zu veranlassen (vgl etwa Danzl in KBB2 § 1336 Rz 1 mwN uva). Demgegenüber ist das Reugeld Entgeltersatz, der von einem Vertragsteil dem anderen für den Fall der Ausübung eines ihm vorbehaltenen Rücktrittsrechts (Reurechts) versprochen wird. Der Rücktrittsberechtigte kann sich unter Hingabe des Reugelds von der Erfüllungspflicht befreien, ohne dass dem Vertragspartner auf diese Entscheidung ein Einfluss zusteht. Insofern bewirkt das Reugeld eine Abschwächung der Vertragsbindung; es ist von seiner Funktion her Entgeltssurrogat und nicht Schadenersatz (Reischauer in Rummel I3 § 909 Rz 2a; Binder in Schwimann, ABGB3 IV §§ 909 bis 911 Rz 1; Bollenberger in KBB2 § 909 Rz 1, jeweils mwN ua).
Soll bei einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung jene Partei, von der die Initiative ausgeht, eine Vergütung leisten, unterscheidet sich eine solche Vergütung vom Reugeld im eigentlichen Sinn insofern, als sie nicht Folge eines einseitigen Auflösungsrechts ist (Reischauer aaO § 909 Rz 12). Es besteht in einem solchen Fall einer „unechten Vertragsstrafe“ kein Erfüllungsanspruch, sondern bloß - wie beim Reugeld nach Ausübung des Reurechts - ein Anspruch auf den Vergütungsbetrag. Geht es dabei nicht um die pauschale Abgeltung eines Schadenersatzanspruchs - der mangels Vertragsverletzung gar nicht entstehen kann -, sondern um die Abgeltung entgangenen Entgelts, ist die größere Nähe zum Reugeld gegeben (Reischauer aaO § 909 Rz 13; zust Binder in Schwimann, ABGB3 IV, §§ 909-911 Rz 10: „Reugeldcharakter“ der „unechten Vertragsstrafe“, „da sie eine Abschwächung der vertraglichen Pflichten bewirkt“). Wurde die „unechte Vertragsstrafe“ hingegen als Abgeltung für den (an sich) wegen culpa in contrahendo zu ersetzenden Vertrauensschaden vereinbart, ist sie als Konventionalstrafe anzusehen (vgl Reischauer aaO).
Ausgehend von diesen grundsätzlichen Differenzierungen ist die - im Einzelfall manchmal Schwierigkeiten bereitende (Reischauer aaO § 909 Rz 7) - Frage, ob Reugeld oder Konventionalstrafe vorliegt, hier wie folgt zu beantworten: Die Klägerin konnte als Kreditnehmerin zwischen den Möglichkeiten wählen, die 6-monatige Kündigungsfrist einzuhalten oder, die Zustimmung der Beklagten vorausgesetzt, mit sofortiger Wirksamkeit zu kündigen und dafür die vereinbarte Vorfälligkeitsentschädigung zu leisten. Die Klausel will demnach eindeutig nicht eine Vertragsverletzung verhindern oder einen möglichen Schadenersatzanspruch pauschalieren, sondern die der Beklagten durch die sofortige (einvernehmliche) Vertragsbeendigung entgehenden Zinseneinnahmen abgelten.
Die Vorfälligkeitsentschädigung ist also Entgelt für die vorzeitige Aufkündigung des Kreditvertrags und ist daher, wie das Berufungsgericht demnach zutreffend erkannt hat, einem Reugeld gleichzuhalten. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin kann daran auch die von der Beklagten im Schreiben vom 6. 11. 2008 gewählte, oft auch für Vertragsstrafen verwendete Bezeichnung als „Pönale“ nichts ändern (vgl Binder aaO §§ 909 bis 911 Rz 12).
Die Qualifizierung der vorliegenden Klausel über die Vorfälligkeitsentschädigung als Reugeldabrede ist insofern von Bedeutung, als das ABGB zwar in den Fällen der Konventionalstrafe nach § 1336 ABGB, nicht aber bezüglich des Reugelds im Sinn des § 909 ABGB ein richterliches Mäßigungsrecht anordnet (vlg Reischauer aaO § 909 Rz 13). Diese Differenzierung wurde für Verbrauchergeschäfte allerdings durch § 7 KSchG beseitigt, der ein richterliches Mäßigungsrecht ausdrücklich auch für die Zahlung eines Reugelds einräumt. Für den zweiten wesentlichen Streitpunkt des Revisionsverfahrens, ob der Beklagten die vereinbarte Vorfälligkeitsentschädigung in voller Höhe gebührt oder, wie die Revisionswerberin weiterhin vertritt, zu mäßigen ist, ist daher der Umstand, ob die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Kreditnehmerin als Verbraucherin oder Unternehmerin im Sinn des KSchG anzusehen ist, von wesentlicher Bedeutung.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, sind hinsichtlich dieser Frage jeweils die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0065317 [T3]). In zahlreichen Entscheidungen wurde betont, dass als Unternehmer im Sinn des KSchG der Vermieter anzusehen ist, der etwa dritte Personen (zB Hausbesorger) beschäftigt und eine Mehrzahl von Objekten vermietet, wobei längerfristige Vertragsbindungen bestehen (RIS-Justiz RS0065317). Als annähernde Richtzahl für die Mehrzahl von Vertragspartnern wurde angenommen, dass der private Hauseigentümer (noch) als Verbraucher anzusehen sei, wenn in seinem Haus nicht mehr als fünf Mietgegenstände in Bestand gegeben werden (RIS-Justiz RS0065317 [T1]).
Unter Bedachtnahme auf diese Judikatur hat das Berufungsgericht die Klägerin im Hinblick auf die festgestellte Anzahl der von ihr vermieteten Objekte nicht als Verbraucherin, sondern als Unternehmerin angesehen. Es hat dazu ausgeführt, dass sie in der letzten mündlichen Streitverhandlung am 30. 4. 2009 erstmals behauptet habe, Verbraucherin zu sein, dazu aber kein Vorbringen hinsichtlich der Organisation der Verwaltung der von ihr vermieteten Objekte erstattet, sondern im Rahmen ihrer Parteienvernehmung Angaben gemacht habe, aus denen sich ableiten lasse, dass sie die Verwaltung ihres Hauses „aus der Hand gegeben“ habe. Unter diesen Umständen ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin sei in ihrer Eigenschaft als Vermieterin als Unternehmerin anzusehen, zu billigen.
Ausgehend von der Unternehmereigenschaft der Klägerin kommt eine von dieser geforderte richterliche Mäßigung der Vorfälligkeitsentschädigung hier nicht in Betracht. Eine von Teilen der Lehre befürwortete analoge Anwendung des § 7 KSchG auf Nicht-Verbrauchergeschäfte ist im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber im ABGB offenbar bewusst auf die Anordnung eines richterlichen Mäßigungsrechts beim Reugeld verzichtet hat (vgl Krejci in Rummel3 § 7 KSchG Rz 2), jedenfalls bei vorsätzlicher Nichterfüllung oder - wie hier - Ausübung des Reurechts durch einen Unternehmer abzulehnen (vgl Reischauer aaO § 911 Rz 2; Bollenberger aaO § 911 Rz 2).
Soweit die Revisionswerberin noch die Ansicht vertritt, da der Kredit nur aufgestockt worden sei, könne er nicht zur Gänze der Vorfälligkeitsentschädigung unterliegen, übersieht sie, dass die betreffende Klausel keine Einschränkung auf den Erhöhungsbetrag enthält und die Vereinbarung sich daher ganz offensichtlich auf die gesamte Kreditvaluta bezieht. Die Vereinbarungen über die Vorfälligkeitsentschädigung wurden von den Streitteilen ab dem Jahr 2007 und damit für einen Zeitraum geschlossen, in dem die Klägerin insgesamt 10 Wohnobjekte vermietet hatte und daher als Unternehmerin anzusehen ist. Von der Revision angestellte Überlegungen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der ersten Krediteinräumung im Jahr 2000 noch Verbraucherin gewesen sein könnte, entbehren nicht nur eines Feststellungssubstrats, sondern müssen auch schon deshalb ins Leere gehen.
Im Hinblick darauf, dass die Revisionswerberin im vorliegenden Rechtsstreit nicht als Verbraucherin angesehen werden kann, sind schließlich von ihr noch an Bestimmungen eines künftigen Verbraucherkreditgesetzes geknüpfte Überlegungen obsolet; darauf ist nicht weiter einzugehen.
Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin haben die Vorinstanzen demnach eine Verpflichtung der Beklagten, die von ihr geleistete Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuerstatten, ohne Rechtsirrtum verneint. Die Revision muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.
Schlagworte
Streitiges Wohnrecht,Gruppe: Konsumentenschutz,ProdukthaftungsrechtTextnummer
E94172European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00078.10M.0505.000Im RIS seit
10.07.2010Zuletzt aktualisiert am
26.02.2016