TE OGH 2010/5/5 7Ob6/10y

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Veröffentlicht am 05.05.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Zwach, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei K***** L*****, vertreten durch Mag. Claus-Peter Steflitsch, Rechtsanwalt in Oberwart, wegen 352.728,30 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 12. November 2009, GZ 12 R 111/09w-33, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

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 Die Klägerin behauptete, sie habe unter anderem dem Beklagten mit Kreditvertrag vom 30. April 2004 einen Kredit von 364.000 EUR eingeräumt und zugezählt; die (vom Beklagten als einzige Kreditnehmerin bezeichnete) Lebensgefährtin des Beklagten sei mit gesonderter Klage aus demselben Schuldverhältnis in Anspruch genommen worden, der Beklagte hafte nicht als Bürge, sondern als Solidarschuldner. Ungeachtet der Wiedergabe einzelner, aus dem Zusammenhang gerissener Wortfolgen des Berufungsurteils in der Revision ist diesem insgesamt zweifelsfrei zu entnehmen, dass es die Haftung des Beklagten als solidarisch haftender (Mit-)Kreditnehmer bejaht. Dies findet im Vorbringen der Klägerin uneingeschränkte Deckung.

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 Abgesehen davon erübrigt es sich, auf die Differenzierung zwischen den Begriffen „Kreditnehmer“ und „Mitschuldner“ einzugehen, weil der Beklagte in der Revision selbst von seiner Solidarverpflichtung ausgeht, indem er daraus das Vorliegen einer einheitlichen Streitgenossenschaft nach § 14 ZPO für seine Lebensgefährtin und sich reklamiert. Es entspricht allerdings ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofs, dass eine Solidarverpflichtung aus einem Vertragsverhältnis keine einheitliche Streitpartei schafft (RIS-Justiz RS0035606).

Davon abzugehen besteht kein Anlass. Terminsverlust bedeutet als eine Art Verwirkungsabrede das vereinbarte Recht auf sofortige Geltendmachung einer Forderung trotz vereinbarter späterer Fälligkeit, somit die vorzeitige Fälligkeit, etwa bei der Nichterfüllung einer oder mehrerer Teilleistungen einer Schuld ungeachtet der bedungenen Ratenfälligkeiten (RIS-Justiz RS0018277 [T1]). Er begründet ein Gestaltungsrecht des Teilleistungsberechtigten und führt bei Rechtsausübung zur Fälligkeit der gesamten noch offenen Schuld, nicht jedoch zur Auflösung des Vertrags (Krejci in Rummel³ § 13 KSchG Rz 2 und 4). Am Bestehen einer vereinbarten Solidarschuld ändert sich dadurch nichts. Ob die Ausübung dieses Gestaltungsrechts (für alle Gesamtschuldner) wirksam erfolgte, ist bei Einklagung der gesamten offenen Restschuld als Vorfrage zu prüfen. Eine gemeinsame Klage gegen alle Streitgenossen ist jedoch nicht zu verlangen. Die Beantwortung der Frage, ob sich die Wirkung des Urteils auf sämtliche Streitgenossen erstrecken muss, richtet sich nämlich nach der besonderen Gestaltung des Rechtsverhältnisses, sohin nach dem materiellen bürgerlichen Recht (RIS-Justiz RS0035468 [T7]). Haften dem Gläubiger mehrere Schuldner solidarisch (als Gesamtschuldner) für dieselbe Forderung, so steht es im Belieben des Gläubigers, in welcher Reihenfolge und in welchem Verhältnis er die einzelnen Mitschuldner in Anspruch nimmt (§ 891 ABGB; RIS-Justiz RS0017435 [T3]). Ein gleichzeitiges und gemeinsames Vorgehen gegen alle Solidarschuldner ist deshalb nicht erforderlich.

3. Die Beantwortung der Rechtsfrage, ob die wirksame Geltendmachung des Terminsverlusts nach § 13 KSchG eine qualifizierte Fälligstellung gegenüber allen Solidarschuldnern verlangt oder ob es genügt, jenen einzelnen Solidarschuldner, der in Anspruch genommen wird, qualifiziert zu mahnen, ist für die Lösung des vorliegenden Rechtsstreits nicht präjudiziell.

Es trifft zwar zu, dass die Zustellung einer Klage, mit der Terminsverlust geltend gemacht wird, die qualifizierte Mahnung nach § 13 KSchG nicht ersetzen kann (RIS-Justiz RS0106802; RS0107854). Es entspricht aber herrschender Ansicht (RIS-Justiz RS0065639; Kathrein in KBB² § 13 KSchG Rz 3), dass das Erfordernis einer qualifizierten Mahnung nicht zu einem reinen Formalismus ausarten soll. Einer solchen bedarf es daher nicht, wenn es aussichtslos oder lebensfremd erscheint, dass der Schuldner die gesetzte Nachfrist zur Nachholung der Zahlung der fälligen Teilbeträge benützen würde (RIS-Justiz RS0065639 [T4] und [T5]).

Schon im erstinstanzlichen Verfahren war unstrittig, dass die mit gesonderter Klage in Anspruch genommene Lebensgefährtin des Beklagten keine Klagebeantwortung erstattete, was zum Abstreichen des Aktes Ende Mai 2008 führte. Bei Schluss der Verhandlung erster Instanz (20. Oktober 2008) war daher davon auszugehen, dass die weitere Kreditnehmerin und Solidarschuldnerin der gegen sie erhobenen Klage nichts entgegen zu setzen hat (auch nicht den Einwand, sie sei nicht qualifiziert gemahnt worden); unter diesem Gesichtspunkt wäre es aber jedenfalls unrealistisch und lebensfremd anzunehmen, sie hätte wegen einer der Klage vorausgehenden qualifizierten Mahnung den Eintritt des Terminsverlusts durch Nachzahlung der offenen Teilbeträge verhindert. Beim vorliegenden Sachverhalt kommt es daher weder darauf an, ob auch die weitere Solidarschuldnerin qualifiziert zu mahnen war, noch darauf, ob eine solche Mahnung erfolgte, weil darin nur eine zwecklose Formalität gesehen werden könnte; deren Unterlassung beeinträchtigt die wirksame Geltendmachung des Terminsverlusts gegenüber der Lebensgefährtin des Beklagten mittels Klage nicht. Fehlende Behauptungen und Feststellungen dazu vermögen daher die Inanspruchnahme des Beklagten aus der von ihm eingegangenen Solidarverpflichtung nicht zu verhindern.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Schlagworte

Gruppe: Konsumentenschutz,Produkthaftungsrecht

Textnummer

E94070

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00006.10Y.0505.000

Im RIS seit

04.07.2010

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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