TE OGH 2010/5/19 8Ob41/10b

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Veröffentlicht am 19.05.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 10. 4. 2004 verstorbenen DI Dr. R***** R***** über den Revisionsrekurs der Noterbin Mag. J***** R*****, vertreten durch Dr. Josef Schima, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 18. September 2009, GZ 42 R 430/09k-149, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 17. Juli 2009, GZ 7 A 62/04x-137, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Erblasser hat seine (am 23. 8. 2009 verstorbene) Ehegattin, seine beiden Kinder aus erster Ehe sowie seine Tochter aus zweiter Ehe, die nunmehrige Revisionsrekurswerberin, hinterlassen. In einem Kodizill schloss er seine Ehegattin sowie die Revisionsrekurswerberin vom Erbrecht aus und hielt dazu fest, dass deren Pflichtteilsansprüche durch näher aufgezählte Zuwendungen erfüllt worden seien. Die beiden Kinder aus erster Ehe gaben je zur Hälfte des Nachlasses bedingte Erbserklärungen ab, die zu Gericht angenommen wurden. Die Witwe und die Revisionsrekurswerberin erklärten, ihre Pflichtteilsansprüche wahrnehmen zu wollen.

Das Abhandlungsgericht ersuchte das Bezirksgericht Klagenfurt (zu 3 Hc 13/06s) um Vornahme der Schätzung der aus dem Atelier des Erblassers in Klagenfurt stammenden Fahrnisse. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 7. 10. 2008 wurde das errichtete Teilinventar genehmigt. Dieser Beschluss wurde sämtlichen Parteien zugestellt; ein Rechtsmittel dagegen wurde nicht erhoben. Am 2. 2. 2009 beantragte die Revisionsrekurswerberin die Vernehmung der erbserklärten Tochter über den Verbleib im einzelnen aufgezählter Fahrnisse, die sich im Atelier des Erblassers befunden hätten, sowie weiters die Inventarisierung sämtlicher in Verwahrung der erbserklärten Tochter befindlichen und zum Nachlass gehörenden Fahrnisse samt Bewertung durch einen Kunstsachverständigen für Architektur.

Das Erstgericht wies diese Anträge ab. Die Teilinventarisierung sei bereits rechtskräftig abgeschlossen. Die Entscheidung des Abhandlungsgerichts über die Aufnahme in das Inventar entfalte darüber hinaus nur Wirkungen für das Verlassenschaftsverfahren. Den Parteien bleibe es daher unbenommen, allfällige Streitigkeiten im Rechtsweg auszutragen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Noterbin keine Folge und bestätigte die angefochtene Entscheidung. Auch zu der hier noch anzuwendenden alten Rechtslage sei vertreten worden, dass ein (Teil-)Inventar nicht der Rechtskraft fähig sei und daher bis zur Einantwortung richtig gestellt werden könne. Dies bedeute aber nicht, dass eine Berichtigung bzw eine Ergänzung des Inventars ohne Rücksicht auf den bisherigen Verfahrensgang jederzeit begehrt werden könne. Warum die Noterbin nach einem fast zwei Jahre dauernden Verfahren erst mehr als drei Monate nach Zustellung des Beschlusses über die Annahme des Teilinventars umfangreiche Einwendungen dazu erhoben habe, sei nicht ersichtlich. Über Antrag der Noterbin sprach das Rekursgericht gemäß § 63 AußStrG 2005 nachträglich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei, weil fraglich sei, ob die Abweisung der zugrunde liegenden Beweisanträge nach dem bereits anzuwendenden § 45 AußStrG nF überhaupt selbständig anfechtbar gewesen wäre. Außerdem sei fraglich, inwieweit der Zulässigkeit einer Berichtigung bzw Ergänzung eines rechtskräftig angenommenen (Teil-)Inventars insbesondere mit Rücksicht auf die geänderte Rechtslage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Mit ihrem Revisionsrekurs beantragt die Noterbin, den angefochtenen Beschluss in der Weise abzuändern, dass dem Erstgericht die Ergänzung des Teilinventars aufgetragen werde; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

1. Gemäß § 205 AußStrG 2005, BGBl I 2003/111, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes auf Verlassenschaftsverfahren anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2004 erstmals bei Gericht oder beim Gerichtskommissär anhängig gemacht wurden. Sonst sind die bisher in Geltung gestandenen Vorschriften über das Verlassenschaftsverfahren weiter anzuwenden. Diese Übergangsbestimmung betrifft nur die §§ 143 bis 185 AußStrG „über das Verlassenschaftsverfahren“. Die gesonderten Übergangsbestimmungen zum ersten Hauptstück (vgl § 203 Abs 7 AußStrG 2005) bleiben davon aber unberührt 6 Ob 99/08i; 6 Ob 140/08v; Fucik/Kloiber, AußStrG § 205 Rz 1). Demnach sind auch in „Altverfahren“ die allgemeinen Bestimmungen des AußStrG 2005 über den Rekurs und den Revisionsrekurs anzuwenden, sofern die Entscheidung erster Instanz ein Datum nach dem 31. 12. 2004 aufweist.

2.1 Die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Frage der Zulässigkeit des Rekurses gegen die Entscheidung des Erstgerichts nach § 45 AußStrG 2005 wird im Revisionsrekurs der Noterbin nicht angesprochen, zumal sie sich naturgemäß dadurch, dass die zweite Instanz ihren Rekurs als zulässig erachtete, nicht beschwert erachten kann.

Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof muss die erhebliche Rechtsfrage aber ausgeführt werden. Selbst wenn das Rekursgericht zu Recht ausgesprochen haben sollte, dass ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, der Rechtsmittelwerber dann aber nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist das Rechtsmittel trotz des Zulässigkeitsausspruchs des Gerichts zweiter Instanz zurückzuweisen (8 Ob 62/07m mwN).

2.2 Auch die von der Revisionsrekurswerberin bejahte Zulässigkeit der Berichtigung bzw Ergänzung eines (Teil-)Inventars bis zur Rechtskraft der Einantwortung wurde vom Rekursgericht unter Hinweis auf die bereits zur alten Rechtslage ergangene Rechtsprechung nicht in Frage gestellt (vgl RIS-Justiz RS0007873; RS0007927). Strittig ist vielmehr ausschließlich die Frage, ob unter den gegebenen Umständen mit dem Ziel einer Ergänzung des Teilinventars Erhebungen über das Vorhandensein und - gegebenenfalls - den Wert bisher nicht im Nachlass vorgefundener Nachlassgegenstände durchzuführen sind, wobei die Revisionsrekurswerberin gar nicht geltend macht, dass solche Gegenstände nachträglich aufgefunden worden seien, sondern - gleichsam in Form eines Erkundungsbeweises - weitere Beweisaufnahmen beantragt. Diese ausschließlich den Bereich der Stoffsammlung betreffenden Anträge hat das Rekursgericht unter Hinweis auf konkrete Umstände des Einzelfalls verneint. Mit der Bekämpfung der dazu angestellten Überlegungen zeigt die Revisionsrekurswerberin keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage auf, die die Zulässigkeit des Revisionsrekurses rechtfertigen könnte.

2.3 Im Übrigen ist zur Klarstellung festzuhalten, dass das Inventar ausschließlich den Zwecken des Verlassenschaftsverfahrens dient und es den Parteien daher unbenommen bleibt, strittige Fragen im Rechtsweg auszutragen (RIS-Justiz RS0006465; zuletzt etwa 4 Ob 134/08x; 4 Ob 104/09m).

2.4 Da im Revisionsrekurs keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG 2005 angesprochen werden, war dieser als unzulässig zurückzuweisen.

Textnummer

E94181

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0080OB00041.10B.0519.000

Im RIS seit

12.07.2010

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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