Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Lindner als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Mag. Fisher und Mag. Zacek in der Rechtssache der klagenden Partei R***** W*****, vertreten durch Dr. Ernst Herwig, Rechtsanwalt in Korneuburg, wider die beklagte Partei A***** G*****, *****, vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, EUR 1.726,-- s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 306,50) gegen den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 10.3.2010, 34 Cga 147/08m-24, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit Schriftsatz vom 4.3.2010 zog der Kläger die Klage unter Anspruchsverzicht zurück (ON 20). In der Folge erstattete der Beklagte einen Kostenbestimmungsantrag (ON 22), in welchem er die Bestimmung seiner Verfahrenskosten in der Höhe von EUR 1.063,15 beantragte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss verpflichtete das Erstgericht den Kläger zum Ersatz von Verfahrenskosten in Höhe von EUR 779,74 an den Beklagten. Zur Begründung führte es aus, die Klagsrückziehung mache den Kläger ersatzpflichtig. Jedoch seien für die Verhandlung vom 25.2.2009 keine Kosten zuzusprechen gewesen, weil diese nur den Wiedereinsetzungsantrag betroffen habe.
Gegen diesen Beschluss, soweit nicht weitere Kosten in der Höhe von EUR 306,50 als Kostenersatz für die mündliche Verhandlung am 25.2.2009 zuerkannt wurden, wendet sich der Rekurs der beklagten Partei aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Kläger insgesamt zum Ersatz von EUR 1.086,24 an Verfahrenskosten verpflichtet wird.
Der Kläger beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Der Rekurswerber führt aus, es sei nicht richtig, dass die Verhandlung vom 25.2.2009 nur seinen Wiedereinsetzungsantrag betroffen habe. Das Protokoll über diese Verhandlung beginne damit, dass der KV die Klage vortrage wie ON 1 und wie dort beantrage sowie der BV bestreite, kostenpflichtige Klagsabweisung beantrage und vortrage wie im Wiedereinsetzungsantrag. Es habe daher sehr wohl eine Verhandlung in der Sache selbst stattgefunden, daher wären dem Beklagten auch die Kosten für die Verhandlung vom 25.2.2009 zumindest in der Dauer von einer halben Stunde zuzusprechen gewesen.
Nach § 237 Abs 3 ZPO hat die Zurücknahme der Klage zur Folge, dass die Klage als nicht angebracht anzusehen ist und der Kläger dem Beklagten alle diesem nicht bereits rechtskräftig auferlegten Prozesskosten zu ersetzen hat. Demnach stehen dem Beklagten aber höchstens jene Kosten zu, auf die er bei Klagsabweisung Anspruch gehabt hätte. § 237 Abs 3 ZPO soll den Beklagten nicht günstiger als bei einem Obsiegen durch Urteil stellen (WR 823, RIS-Justiz RES0000019).
Hier ist zu beurteilen, ob der Kostenersatzanspruch des Beklagten nach § 154 ZPO eingeschränkt ist bzw ob der Beklagte seine im Verfahren aufgelaufenen Kosten gänzlich oder teilweise selbst zu tragen hat.
§ 154 ZPO ordnet an, dass der Partei, die die Wiedereinsetzung beantragt hat, ohne Rücksicht darauf, ob dem Antrag stattgegeben wurde oder nicht, der Ersatz aller Kosten, welche dem Gegner durch die Versäumung und durch die Verhandlung über den Wiedereinsetzungsantrag verursacht worden sind, sowie der Ersatz der Kosten des infolge der Wiedereinsetzung unwirksam gewordenen Verfahrens aufzuerlegen ist. Es handelt sich um einen jener Fälle, in denen sich das jeweilige Ereignis in der Sphäre einer bestimmten Partei zuträgt und diese mit den dadurch verursachten Kosten belastet werden soll. Nachdem der Wiedereinsetzungswerber dem Gegner die mit dem Wiedereinsetzungsantrag entstandenen Kosten ohne Rücksicht auf den Ausgang in der Hauptsache zu ersetzen hat, erscheint es konsequent, dass der Wiedereinsetzungswerber spiegelbildlich seine eigenen Kosten, die durch den Wiedereinsetzungsantrag verursacht wurden, selbst zu tragen hat. Dazu gehören die durch die Versäumung verursachten Kosten, zB die Kosten einer allfälligen mündlichen Wiedereinsetzungsverhandlung (RIS-Justiz RES0000019).
Die mündliche Verhandlung vom 25.2.2009 (ON 6) dauerte genau eine Stunde. Zutreffend ist, dass eingangs im Protokoll festgehalten ist: „KV trägt vor wie in der Klage ON 1 und beantragt wie dort. BV bestreitet, beantragt kostenpflichtige Klagsabweisung und trägt vor wie im Wiedereinsetzungantrag ON 3.“ In weiterer Folge ist im Protokoll lediglich Vorbringen und das Bescheinigungsverfahren zum Wiedereinsetzungsantrag der beklagten Partei enthalten.
Mit dem die Wiedereinsetzung bewilligenden Beschluss verpflichtete das Erstgericht die beklagte Partei, der klagenden Partei die Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens von EUR 221,91 (für die mündliche Verhandlung am 25.2.2009) zu ersetzen (AS 77). Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.
Für die gemeinsame (sukzessive) Verhandlung über den Antrag und dann in der Hauptsache kann der Wiedereinsetzungsgegner nur jene Kosten beanspruchen, die anteilsmäßig für den Wiedereinsetzungsantrag angefallen sind. Sind die Mehrkosten nicht klar abgrenzbar, so ist ihr Anteil zu schätzen (§ 273 ZPO), ist auch das nicht möglich, sind sie als nicht abgrenzbar dem Hauptverfahren vorzubehalten. Dauert diese Verhandlung nicht länger als eine Stunde, so handelt es sich um Sowieso-Kosten, die auch ohne Verhandlung über die Wiedereinsetzung angefallen wären. (Obermaier, Das Kostenhandbuch Rz 188; MietSlg 37.740, 39.745).
Diese Rechtsprechung behandelt jene Fälle, wo - wie auch prozessual zweckmäßig - zuerst über den Wiedereinsetzungsantrag und offenbar nach dessen Bewilligung weiter im Hauptverfahren verhandelt wurde. Im gegenständlichen Fall hat das Erstgericht aber - überraschenderweise - in der mündlichen Verhandlung vom 25.2.2009 zuerst kurz und – wie üblich - floskelhaft Vorbringen und Anträge im Hauptverfahren protokolliert, die restliche Verhandlung befasst sich aber ausschließlich mit dem Wiedereinsetzungantrag. Es kann daher hier nicht davon ausgegangen werden, dass die Kosten der mündlichen Verhandlung vom 25.2.2009 in dieser Höhe auch ohne den Wiedereinsetzungsantrag aufgelaufen wären (Sowieso-Kosten). Dies insbesonders auch deshalb, weil nur durch die später erfolgte Bewilligung der Wiedereinsetzung das protokollierte Vorbringen in der Hauptsache überhaupt erst relevant geworden ist. Das Prozessprogramm der vorbereitenden Tagsatzung wurde nicht durchgeführt.
Unter Anwendung des § 273 ZPO entfiel von der mündlichen Verhandlung am 25.2.2009 in der Dauer von einer Stunde lediglich ein vernachlässigbar geringer zeitlicher Anteil auf das Hauptverfahren. Der deutlich überwiegende Teil der Verhandlung betraf die Behandlung des Wiedereinsetzungantrages. In diesem Sinne hat das Erstgericht im Ergebnis zutreffend die gesamte mündliche Verhandlung dem Wiedereinsetzungsverfahren zugeordnet und dem Rekurswerber als Wiedereinsetzungswerber auch den Ersatz der gesamten Kosten der mündlichen Verhandlung gegenüber der klagenden Partei (rechtskräftig) auftragen. Gegen diesen Beschluss hat die beklagte Partei (nunmehr Rekurswerber) kein Rechtsmittel erhoben. Eine doppelte Honorierung der Tagsatzung einmal an den Kläger und einmal an den Beklagten hat nicht stattzufinden.
Das Erstgericht hat daher zutreffend, wie aus § 154 ZPO ableitbar, dem Rekurswerber als Wiedereinsetzungswerber seine eigenen Kosten, die durch den Wiedereinsetzungsantrag verursacht wurden, also die Kosten der mündlichen Verhandlung am 25.2.2009, nicht zuerkannt.
Dem unberechtigten Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 2 ASGG, 40, 50 ZPO.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.
Textnummer
EW0000716European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2010:0080RA00051.10V.0520.000Im RIS seit
06.09.2010Zuletzt aktualisiert am
06.09.2010