TE OGH 2010/6/1 2Nc4/10a

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Veröffentlicht am 01.06.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen David S*****, aufgrund der vom Bezirksgericht Donaustadt verfügten Vorlage des Akts 41 Pu 383/09z zur Entscheidung gemäß § 111 JN, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 22. Dezember 2009, GZ 41 Pu 383/09z-78, ausgesprochene Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Wels wird genehmigt.

Text

Begründung:

Wie sich aus einer Mitteilung des Amts für Jugend und Familie für den 22. Bezirk vom 22. 10. 2009 (ON U 76) ergibt, befindet sich der Minderjährige mit seiner Mutter in Wels. Das Bezirksgericht Donaustadt übertrug im Hinblick darauf trotz eines offenen Unterhaltsherabsetzungsantrags des Vaters mit dem im Spruch genannten Beschluss die Zuständigkeit an das Bezirksgericht Wels. Dieses stellte den Akt dem Bezirksgericht Donaustadt mit der Mitteilung zurück, dass der Akt erst nach Bereinigung der falschen Journalisierung, Aktualisierung der Verfahrensdaten, rechtskräftiger Erledigung des Unterhaltsherabsetzungsantrags sowie Ausfertigung des Übertragungsbeschlusses übernommen werde.

Daraufhin legte das Bezirksgericht Donaustadt den Akt - nach Zustellung des Übertragungsbeschlusses - dem Obersten Gerichtshof iSd § 111 Abs 2 JN vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Übertragung ist zu genehmigen.

Wenn es im Interesse des Minderjährigen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird, kann das zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht seine Zuständigkeit ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen (§ 111 Abs 1 JN). Ausschlaggebendes Kriterium für die Zuständigkeitsübertragung nach dieser Gesetzesstelle ist das Kindeswohl (RIS-Justiz RS0047074). Dabei ist in der Regel das Naheverhältnis zwischen Pflegebefohlenen und Gericht von wesentlicher Bedeutung, sodass im Allgemeinen das Gericht am besten geeignet ist, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (2 Nc 1/09h uva). Offene Anträge sprechen im Allgemeinen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung, sofern nicht dem übertragenden Gericht für die ausstehende Entscheidung besondere Sachkenntnis zukommt (RIS-Justiz RS0047032; 2 Nc 1/09h).

Im vorliegenden Fall hat das Bezirksgericht Donaustadt zwar bereits Erhebungen zum Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters gepflogen - insbesondere ein Sachverständigengutachten eingeholt -, es wurden aber keine persönlichen Einvernahmen oder sonstige unmittelbare Beweisaufnahmen durchgeführt, sodass keine Beweisergebnisse vorliegen, die nicht in gleicher Weise vom Pflegschaftsgericht des Aufenthaltsorts des Minderjährigen für die Entscheidung herangezogen werden könnten. Auch eine allfällige Verletzung von Aktenführungsvorschriften ist für die nach § 111 JN zu beurteilenden Verhältnisse grundsätzlich ohne Belang (RIS-Justiz RS0046993).

Die Übertragung der Pflegschaftssache ist daher zu genehmigen.

Textnummer

E94089

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0020NC00004.10A.0601.000

Im RIS seit

15.07.2010

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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