TE OGH 2010/6/7 7Ra54/10b

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Veröffentlicht am 07.06.2010
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig, die Richterin Maga. Smutny und den Richter Mag. Nigl sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Alois Schittengruber und Dr. Richard Preißler in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Karin Z*****, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Stadt W*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 14.122,94 brutto s.A., über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19.2.2009, 32 Cga 192/06y-47, gemäß §§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.261,56 (darin enthalten EUR 210,26 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war bei der beklagten Partei seit 1.2.2006 in einem befristeten Dienstverhältnis beschäftigt, auf welches die Bestimmungen der Vertragsbedienstetenordnung 1995 der Stadt Wien (in der Folge auch kurz VBO) Anwendung finden. Sie war als diplomierte Radiologietechnologin im A*****, Abteilung Nuklearmedizin, eingesetzt. Das Dienstverhältnis wurde auf bestimmte Zeit eingegangen, und zwar auf die Dauer der Dienstabwesenheit von Iwona B*****, längstens jedoch bis zum 21.7.2007.

Mit Schreiben vom 22.9.2006 löste die beklagte Partei unter Hinweis auf § 45 Abs 2 Z 2 VBO 1995 das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirksamkeit auf. Die Klägerin erhielt dieses Schreiben noch am selben Tag ausgehändigt. Als Entlassungsgrund wurde die Nichtverabreichung eines notwendigen Medikaments zur Diagnostizierung einer Stenose (Verengung) der Nierenarterie am 22.9.2006 an einen Patienten genannt. Weiters wurde auf eine Verwarnung vom 3.7.2006 betreffend eine Patientengefährdung verwiesen und ausgeführt, dass eine besonders schwere Dienstverletzung vorliegen würde, die die Klägerin des Vertrauens der beklagten Partei unwürdig erscheinen lassen würde.

Die Höhe des von der Klägerin gestellten Begehrens ist im Berufungsverfahren nicht strittig.

Die Klägerin begehrte zunächst die Feststellung, dass das Dienstverhältnis infolge Rechtsunwirksamkeit der vorzeitigen Auflösung über den 22.9.2006 hinaus, und zwar jedenfalls für die Dauer der Dienstabwesenheit von Iwona B*****, längstens jedoch bis 21.7.2007 aufrecht sei. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.6.2008 wurde das Klagebegehren auf das nunmehr gegenständliche Zahlungsbegehren umgestellt.

Dazu wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses durch die beklagte Partei zu Unrecht erfolgt sei, weil kein Entlassungsgrund vorliege.

Die beklagte Partei bestritt und brachte dazu vor, dass sich die Klägerin besonders schwere Verletzungen ihrer Dienstpflichten zuschulden habe kommen lassen. Die Klägerin habe mangelhafte Kenntnisse aufgewiesen und mangelhafte Leistungen erbracht. Auf Grund der wiederholten Fehlleistungen der Klägerin hätten Untersuchungen bei Patienten wiederholt werden müssen und wäre auch die Gefahr von Falschdiagnosen gegeben gewesen. Zuletzt habe die Klägerin am 22.9.2006 bei einer Untersuchungsvorbereitung für eine Nierenuntersuchung nicht das dabei vorgesehene pharmakologische Medikament verabreicht, sodass wiederum die Gefahr bestanden habe, dass ein falscher negativer Befund in Bezug auf eine Nierenarterienstenose erstellt worden wäre. Die Klägerin habe daher den Entlassungsgrund des § 45 Abs 2 Z 2 VBO 1995 verwirklicht.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren Folge und verpflichtete die beklagte Partei zum Kostenersatz. Es legte dieser Entscheidung, neben den eingangs wiedergegebenen, als unstrittig erkannten Tatsachen folgenden, im Berufungsverfahren nicht strittigen Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin hat ihre Ausbildung samt nuklearmedizinischem Praktikum in den Jahren 1991 bis 1993 absolviert. Die Technik hat sich seit damals erheblich verändert, sodass das Basiswissen der Klägerin zu Beginn der Anstellung im A***** unzureichend war. Es ist davon auszugehen, dass am Institut für Nuklearmedizin im A***** eine Radiologietechnologin, welche frisch an der RT-Akademie fertig ausgebildet wurde, üblicherweise eine Einschulungszeit von cirka sechs Monaten braucht, bis sie im Wesentlichen selbständig tätig sein kann.

              Über die Einschulung der Klägerin zeigten sich nach kurzer Zeit sowohl die Klägerin als auch die einschulenden Personen, die Zeuginnen W***** und S***** (vormals S*****) unzufrieden. Aus der Sicht der Klägerin wurde ihr zu wenig erklärt. Die einschulenden Personen wiederum hätten sich ein größeres Engagement bei der Wissensaufnahme erwartet. Insbesondere für die Zeugin S***** war es enttäuschend, dass die Klägerin nicht in ausreichendem Maße auch außerhalb des Dienstes ihre Wissenslücken durch Literaturstudium aufgeholt hat; auch hätte sie in Pausen für die Herstellung der Fingerfertigkeit für die Präparation anhand von Übungsflaschen üben sollen.

Für die Zeugin S***** hat sich die Klägerin auch nicht ausreichend damit auseinander gesetzt, zu welchem Zweck sie eine bestimmte Tätigkeit verrichtet. Dass die Klägerin nicht so schnell wie üblich zur selbständigen Tätigkeit eingeschult werden konnte, liegt vor allem daran, dass ihre Ausbildung schon sehr lange zurücklag und sich infolge technischer Neuerungen ihr Wissen als veraltet herausstellte, zumal die Klägerin auch nicht zuvor facheinschlägig in der Nuklearmedizin tätig war. Zu einem gewissen Teil sind die Probleme allerdings auch auf Schwierigkeiten der Klägerin in der Auffassungsgabe zurückzuführen, es kann aber nicht von einem erheblichen Mangel im Engagement bei der Klägerin gesprochen werden.

Zu den von der beklagten Partei vorgebrachten Vorfällen im Einzelnen:

Zum Vorfall vom 6.3.2006:

Die Klägerin ließ einen 180 Kilogramm schweren Patienten auf einer Liege im Untersuchungsraum mit den Gammakameras „probeliegen“, die grundsätzlich nur für 160 Kilogramm ausgelegt ist. Das „Probeliegen“ - also das Hineinverfrachten eines Patienten in die Untersuchungsröhre, ohne dass das Untersuchungsgerät aktiviert wird – ist normalerweise dazu da, um vorweg zu prüfen, ob ein beleibter Patient überhaupt in die Untersuchungsröhre hineinpasst. Die Vorgangsweise des Probeliegens ist jedoch nicht dazu da, um zu prüfen, ob bei einem Patienten, dessen Gewicht die maximale Belastung einer Liege übersteigt, diese das Gewicht aushält oder zusammenbricht.

Zum Vorfall vom 13.6.2006:

Die Klägerin präparierte eine Substanz namens BTPA-Erosol für eine Lungenszintigraphie. Dabei kann es vorkommen, dass die Bindung nicht ausreichend gut ist. Verursacht wurde dies dadurch, dass ein Eluat verwendet wurde, das zu wenig „heiß“ war, also für die vorgesehene Untersuchung zu wenig Nuklearaktivität hatte. Wenn die Aktivität einer Substanz im Laufe der Zeit abnimmt, wird dies im Sprachgebrauch in der Nuklearmedizin als „kalt werden“ bezeichnet. Die mangelnde Bindung kann jedoch vor Verwendung bei einer Untersuchung nicht im Vorhinein kontrolliert werden, sondern ergibt sich erst anlässlich der Untersuchung. Im konkreten Fall hat ein Herr G***** die Bindung des Präparats nach der Untersuchung bei einem Patienten als für nicht ausreichend befunden und dies der Klägerin mitgeteilt.

Die Klägerin hat, anstelle das Präparat gleich zu verwerfen, dieses für eine weitere Verwendung im Kühlfach weiter bereit gehalten. Die Klägerin ging davon aus, dass zwar nicht mehr der Optimalwert gegeben, aber das Präparat noch brauchbar sei. Jedenfalls hat ihr niemand gesagt, dass das Präparat zu verwerfen ist. Als die Zeugin S***** das Präparat für eine weitere Untersuchung benötigte, hat sie bemerkt, dass es für den Untersuchungszweck nicht mehr heiß genug ist.

Zum Vorfall vom 19.6.2006:

Hier hat die Klägerin der durchführenden Ärztin, Dr. K*****, eine falsche radioaktive Substanz gegeben, indem sie der Ärztin die falsche Spritze am Tisch vorgelegt hat. Dementsprechend wurde der Patientin die falsche Substanz verabreicht. Der Name der falsch applizierten Substanz lautet MIWE, die Klägerin hat diese Spritze für MDP, ein Radiopharmakon für die Knochenszintigraphie, gehalten.

Zum Vorfall vom 27.6.2006:

Eine Patientin wurde zugewiesen zu einem Knochenscan wegen eines Verdachts auf eine Entzündung im Bereich des Kniegelenks. Es sollte eine Drei-Phasen-Knochenszintigraphie hergestellt werden. Mit diesen Zuweisungsdiagnosen ist klar, dass eine Aufnahme im Kniebereich durchgeführt werden muss. Die Klägerin hat aber statt dessen nur den Bereich des Oberschenkels aufgenommen, weshalb die Szintigraphie nochmals wiederholt werden musste, was cirka eine Stunde nach der vorherigen falschen Aufnahme geschah.

Zum Vorfall vom 24.8.2006:

Zu diesem Zeitpunkt wurde von der Klägerin erwartet, dass sie grundsätzlich bereits Untersuchungen selbständig ohne Aufsicht durchführen kann. Sie erhielt die Anweisung, bei einem Patienten ein Thoraxspect durchzuführen. Zuvor hatte man der Klägerin eine derartige Untersuchung dreimal gezeigt, wobei einmal eine Erklärung auf eine Frage der Klägerin von der Ausbildnerin S***** auf später verschoben und auch nicht nachgeholt wurde.

Die Klägerin begann die Untersuchung damit, dass sie die Patientendaten eingab, wobei nicht festgestellt werden kann, dass sie einen falschen Patientennamen eingegeben hat, platzierte den Patienten dann mit der Position des Kopfes voran in die Untersuchungsröhre und ersuchte dann einen Kollegen um Hilfe, weil sie für die weiteren Schritte unsicher war. Dieser Kollege namens S***** übernahm daraufhin die Untersuchung, änderte insbesondere auch die Patientenposition, weil für eine derartige Untersuchung im Brustbereich eine Lage des Patienten mit dem Kopf im Untersuchungsgerät nicht notwendig und eine Position mit dem Kopf außerhalb des Gerätes für einen Patienten weniger störend und belastend ist. Da die Klägerin wegen der Notwendigkeit ein Kind vom Kindergarten abzuholen ohnehin in nächster Zeit Dienstschluss machen musste, hat eben der Kollege S***** die gesamte weitere Untersuchung durchgeführt.

Zum Vorfall vom 22.9.2006:

Bei einer Patientin sollte eine Untersuchung zur Abklärung eines Verdachts auf Nierenstenose durchgeführt werden. Dabei muss der Patient vor der Untersuchung eine größere Menge Wasser trinken, zusätzlich ist es erforderlich, dem Patienten ein Kontrastmittel mit der Bezeichnung Captropil zu verabreichen. Die Verabreichung von Captropil ist erforderlich, nur dadurch kann eine allfällig vorliegende Stenose klar erkannt werden. Die Klägerin ist hier kurzfristig für ihre Kollegin M***** eingesprungen. Aus der Zuweisung (Diagnose bzw. Verdachtsdiagnose im Zusammenhang mit der geforderten Untersuchungsart) war klar erkennbar, dass die Untersuchung mit der Verabreichung dieses Medikaments durchgeführt werden muss, auch wenn auf der Zuweisung nicht ausdrücklich die Notwendigkeit dieses Medikaments vermerkt war. Aus welchen Gründen auch immer hat die Klägerin dieses Medikament nicht auch verabreicht, sie hat aber auch im Untersuchungsprotokoll nur vermerkt, dass sie Wasser verabreicht hat und die Verabreichung dieses Medikaments entsprechend den Tatsachen auch nicht dazugeschrieben. Aufgrund dessen ist der Kollegin M*****, die die Nachfolgeaufnahme hätte machen müssen, aufgefallen, dass dieses Medikament offenbar vergessen wurde. Die erste Untersuchung musste somit nachgeholt werden.

Nach dem Vorfall vom 27.6. gab es die ersten gravierenderen Reaktionen, indem der Zeuge Dr. K*****, ärztlicher Leiter dieser Abteilung, die Personalstelle mit Schreiben vom 29.6.2006 in einem Ansuchen um Beendigung des befristeten Dienstverhältnisses darauf hinwies, dass die Klägerin nicht für den Bereich der Nuklearmedizin geeignet wäre. Am 3.7.2006 wurde die Klägerin von der Leiterin des Bereichs Personalbetreuung im Hinblick auf die Eingabe vom 29.6.2006 mit den Hinweisen auf Dienstverfehlungen informiert, dass sie im Wiederholungsfall mit der Auflösung des befristeten Dienstverhältnisses zu rechnen habe.

Die Klägerin ersuchte bei diesem Gespräch um Zuweisung zu einem anderen Bereich, etwa im Röntgenbereich oder am CT oder bei Knochendichtemessungen. Ihr wurde berichtet, dass mit dem Klinikvorstand sowie mit dem Zeugen K*****, Leiter der Abteilung Medizinische Technische Dienste in der ärztlichen Direktion, über den weiteren Einsatzort Rücksprache gehalten wird. Sie wurde jedoch bis zur Entlassung weiter im Bereich der Nuklearmedizin belassen.

Zur Frage, inwieweit Patienten durch die festgestellten Vorfälle beeinträchtigt oder gefährdet wurden:

Sowohl beim Vorfall vom 24.6.2006 als auch bei jenem vom 22.9.2006 musste die Untersuchung bzw. jedenfalls ein Teil der Untersuchung wiederholt werden. Dadurch kam es zu Unannehmlichkeiten für die Patienten, weil zumindest eine Untersuchung mehr als notwendig durchgeführt werden musste. Dadurch kam es auch zwangsläufig zu einer weiteren nicht notwendigen Strahlenbelastung. Da aber die Strahlenbelastung bei einer derartigen Untersuchung nur sehr gering ist, kann eine gesundheitliche Gefährdung durch die nochmalige Durchführung der angeordneten Untersuchung ausgeschlossen werden. Hinzuweisen ist aber auf den allgemeinen Grundsatz im Bereich des Umgang mit ionisierenden Strahlen, dass grundsätzlich eine unnötige Strahlenbelastung auch geringerer Dosen zu vermeiden ist.

Was die Gefahr eines Falschbefundes und daraus allenfalls resultierender weiterer Gefahren für die Gesundheit der Patienten betrifft, bestand naturgemäß diese Gefahr beim Vorfall vom 27.6.2006 nicht. Dass anstelle des Knies ein anderer Körperteil aufgenommen wurde, ist leicht erkennbar. Beim Vorfall vom 22.9.2006 ist die Möglichkeit des Nichtentdeckens des Fehlers der Klägerin und einer daraus resultierender Falschbefundung nicht gänzlich ausgeschlossen. Die Nichtverabreichung des Medikaments Captropil hätte allerdings nur dann zur Verschleierung einer allenfalls vorhandenen Stenose führen können, wenn weder die radiologische Assistentin, die die weiteren Untersuchungsphasen durchführen musste, noch der diagnostizierende Arzt diesen Fehler entdeckt hätten. Dies wäre dann der Fall gewesen, wenn beide genannten Personen entgegen ihrer Verpflichtung das Untersuchungsprotokoll nicht gelesen hätten. Eine derartige Unzulänglichkeit kann natürlich im Rahmen der klinischen Routine dann und wann vorkommen. Konkret ist jedoch bereits der nachfolgenden radiologischen Assistentin dieser Fehler der Klägerin aufgefallen und konnten gesundheitliche Folgen für die Patientin jedenfalls vermieden werden.

Zur Frage der Verantwortlichkeit der Klägerin für diese Fehler:

Die Klägerin erhielt ihre Ausbildung fünfzehn Jahre davor, in dieser Zeit kam es zu erheblichen Neuerungen, insbesondere im Bereich der Nuklearmedizin, sodass die Klägerin gegenüber einer frisch ausgebildeten einzuschulenden Kraft einen erheblichen Aufholbedarf hatte. Wenn man von einer durchschnittlichen üblichen Einschulungsphase bei einer frisch ausgebildeten Kraft von sechs Monaten ausgeht und berücksichtigt, dass die Klägerin schon allein wegen der lange zurückliegenden Ausbildung jedenfalls unabhängig von ihrem individuellen Engagement noch länger eingeschult hätte werden müssen, ergibt sich, dass die Übertragung von Aufgaben an die Klägerin zur selbständigen Erledigung noch nicht erfolgen hätte dürfen; insbesondere gilt dies für die Untersuchung, welche zum Vorfall vom 24.8.2006 führte.

Eine zu kurze oder mangelnde Einschulung erklärt die Vorkommnisse jedoch nicht, zumal es sich um falsches Handeln in der Routinearbeit gehandelt hat. Die falsche Einstellung eines aufzunehmenden Körperteils (Oberschenkel statt Knie) kann nur auf eine mangelnde Genauigkeit der Klägerin zurückgeführt werden. Dies ist auch der Grund, dass die Klägerin unterlassen hat, neben Wasser auch das notwendige Kontrastmittel Captropil zu verabreichen. Dies war auch der Grund, dass die Klägerin beim Vorfall vom 19.6.2006 der Ärztin eine Spritze mit dem falschen Mittel verabreicht (gemeint vorbereitet) hat, sie hat einfach die Aufschrift nicht ausreichend ordnungsgemäß gelesen. Die Platzierung eines Patienten für ein Thoraxspect mit der Untersuchungsposition Kopf voran ist auch nur am Rande eine Frage der nicht ausreichenden Einschulung. Um zu erkennen, dass diese Position für den Patienten unangenehmer ist als eine Position, mit welcher er bei der Untersuchung mit dem Kopf außerhalb der Untersuchungsröhre liegen kann, ist eine Überlegung, für die man keine langjährige Ausbildung oder Einschulung braucht.

Die Terminologie, dass eine Substanz „heiß“ oder „kalt“ ist, wird im nuklearmedizinischen Alltag oft gebraucht. Was damit gemeint ist, ist somit Basiswissen eines dort routiniert Tätigen. Wie vorzugehen ist, wenn sich die mangelnde radiochemische Reinheit einer Substanz herausstellt, ist ein Bestandteil der Ausbildung für eine radiologische Assistentin, sodass man in der Regel davon ausgehen kann, dass jemand mit dieser Berufsbezeichnung dieses Wissen mit sich bringt. Grundsätzlich war aber wegen der sehr lange zurückliegenden Ausbildung das Basiswissen im nuklearmedizinischen Bereich bei der Klägerin von Anfang an unzureichend mit einem großen Aufholbedarf.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass der Klägerin beim Vorfall vom 22.9.2006 zwar wohl grob fahrlässiges Handeln vorzuwerfen sei; im Hinblick darauf, dass eine gröbliche Dienstpflichtverletzung nach § 42 Abs 2 Z 1 VBO auch als Kündigungsgrund definiert werde, müssten zur Erfüllung eines Entlassungstatbestandes jedoch noch erschwerende Umstände hinzutreten, welche die Vertrauenswürdigkeit verlustig gehen lassen würden. Derartige erschwerende Umstände würden bei dem gegenständlichen Vorfall aber nicht vorliegen. Der Vorfall vom 22.9.2006 habe die Erheblichkeitsschwelle zum Entlassungsgrund daher nicht erreicht. Auch in den früheren Vorkommnissen liege keine die Entlassung rechtfertigende Grundlage.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitige Berufung der beklagten Partei aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

In ihrer ausschließlich erhobenen Rechtsrüge führt die Berufungswerberin aus, dass die Rechtsansicht des Erstgerichts unrichtig sei. Die Klägerin sei als diplomierte Radiotechnologin (gemeint: Radiologietechnologin – vgl § 10 Abs 1 Z 3 MTD-Gesetz) in einem besonders sensiblen Bereich tätig, welcher ein besonderes Maß an Verantwortung erfordere und bei dem bereits Versäumnisse, die bei anderen Berufen keine wesentlichen Folgen nach sich ziehen würden, zu schweren gesundheitlichen oder sogar lebensbedrohlichen Folgen für Patienten führen könnten. Demgemäß sei die beklagte Partei als Spitalserhalterin verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das von ihr eingesetzte Personal seinen Pflichten ordnungsgemäß nachkomme.

Bereits der Vorfall vom 22.9.2009 sei als grobe Pflichtverletzung, welche eine Entlassung rechtfertige, zu qualifizieren. Aber selbst wenn diesem Vorfall bei isolierter Betrachtung noch nicht das Gewicht eines Entlassungstatbestandes zukäme, wäre die Entlassung der Klägerin auf Grund ihres Gesamtverhaltens jedenfalls gerechtfertigt.

Diesen Ausführungen kommt keine Berechtigung zu.

Zur Vermeidung von Wiederholungen ist zuvorderst auf die rechtlichen Ausführungen des Erstgerichts zur Rechtslage nach der VBO 1995 zu verweisen (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a ZPO).

Auch nach der VBO 1995 (RIS-Justiz LRWI_D300_000) kann ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Dienstverhältnis grundsätzlich nicht durch Kündigung aufgelöst werden (Blaha/Hutterer, Dienst- und Besoldungsrecht der Wiener Gemeindebediensteten, § 42 VBO Anm 1). Zur vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin stand der beklagten Partei daher nur die Möglichkeit einer Entlassung offen.

Die Berufungswerberin hat die Entlassung der Klägerin auf § 45 Abs 2 Z 2 VBO 1995 gestützt. Nach dieser Bestimmung liegt ein wichtiger Grund, der die Gemeinde zur Entlassung berechtigt, insbesondere dann vor, wenn sich der Vertragsbedienstete einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflichten oder einer Handlung oder einer Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens der Gemeinde unwürdig erscheinen lässt.

Im Falle einer Entlassung müssen derart schwerwiegende Gründe vorliegen, dass dem Dienstgeber nicht zugemutet werden kann, das Dienstverhältnis - im vorliegenden Fall bis zum Ablauf der Befristung - noch weiter fortzusetzen (Blaha/Hutterer, aaO, § 45 VBO Anm 2). Essentielles, jedem Entlassungstatbestand immanentes Merkmal ist also, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers so unzumutbar ist, dass eine sofortige Abhilfe erforderlich ist (9 ObA 101/08f mwN). Wie schon das Erstgericht richtig ausgeführt hat, handelt es sich bei Entlassungsgründen um eine noch schwerwiegendere Kategorie von Dienstpflichtverletzungen und massivere Beeinträchtigung der Interessen des Dienstgebers als bei Kündigungsgründen (vgl auch Ziehensack, VBG, Rz 9g zu § 34 VBG).

Auch im Vertragsbedienstetenrecht muss im Falle einer Entlassung ein Sachverhalt verwirklicht sein, der seinem Gewicht nach die Weiterbeschäftigung schlechthin unzumutbar erscheinen lässt (RIS-Justiz RS0105940; insbes 9 ObA 53/08x = RdM 2010/60). Bei der Frage, ob einzelne Dienstpflichtverletzungen oder allenfalls eine Summe von Dienstpflichtverletzungen (9 ObA 187/89) den Verlust des Vertrauens rechtfertigen, kommt es darauf an, ob nach den Begleitumständen des Einzelfalls und nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise (objektiv betrachtet) eine Entlassung gerechtfertigt ist. Dabei ist aber auch auf persönliche Momente, wie beispielsweise eine erst kurzfristige, allenfalls mit neuen Problemstellungen behaftete Tätigkeit, Rücksicht zu nehmen (OLG Wien, 7 Ra 218/99a = ARD 5208/46/2001).

Die Berufungswerberin stützt sich in ihrer Argumentation primär darauf, dass es die Klägerin beim Vorfall vom 22.9.2009 unterlassen habe, einer Patientin vor der Untersuchung ein erforderliches Arzneimittel, nämlich Captropil, zu verabreichen. Nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts handelt es sich bei diesem Präparat um ein Kontrastmittel, welches für die beim Vorfall vom 22.9.2006 vorzunehmende Untersuchung zur Abklärung eines Verdachts auf Nierenstenose notwendig war.

Nach § 49 Abs 3 ÄrzteG kann ein Arzt im Einzelfall ärztliche Tätigkeiten an Angehörige anderer Gesundheitsberufe übertragen, sofern diese vom Tätigkeitsbereich des entsprechenden Gesundheitsberufes umfasst sind. Er trägt dabei die Verantwortung für die Anordnung. Die ärztliche Aufsicht entfällt nur dann und insoweit, als die Regelungen der entsprechenden Gesundheitsberufe bei der Durchführung übertragener ärztlicher Tätigkeiten keine ärztliche Aufsicht vorsehen. Im Falle einer Delegierung ärztlicher Tätigkeiten kommt damit dem delegierenden Arzt stets die Anordnungs- und im Regelfall auch die Überwachungsverantwortung zu. Die Angehörigen der anderen Gesundheitsberufe üben die ihnen übertragenen medizinischen Tätigkeiten kraft eigenen Berufsrechts aus (VfGH 12.12.2006, B855/06 mwN).

Das Verordnen und Verabreichen rezeptpflichtiger (also bei ihrer Anwendung einer ärztlichen Überwachung bedürfender – vgl § 1 Abs 1 RezeptpflichtG) Arzneimittel wie Captopril (vgl zur Rezeptpflicht dieses Arzneimittels Anhang II der Rezeptpflichtverordnung StF: BGBl Nr. 475/1973) ist eine Tätigkeit, die auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet ist und unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, sodass ihre eigenverantwortliche Ausführung Ärzten vorbehalten ist (Ärztevorbehalt; § 3 ÄrzteG). Dies gilt auch dann, wenn das Arzneimittel als medizinisch-diagnostisches Hilfsmittel eingesetzt wird (§ 2 Abs 2 Z 7 ÄrzteG; vgl zum Ärztevorbehalt grundsätzlich auch Aigner in Aigner/Kletecka/Kletecka-Pulker/Memmer, Medizinrecht, III/5).

Gemäß § 2 Abs 3 MTD-Gesetz umfasst der radiologisch-technische Dienst die eigenverantwortliche Ausführung aller radiologisch-technischen Methoden nach ärztlicher Anordnung bei der Anwendung von ionisierenden Strahlen wie diagnostische Radiologie, Strahlentherapie, Nuklearmedizin und anderer bildgebender Verfahren wie Ultraschall und Kernspinresonanztomographie zur Untersuchung und Behandlung von Menschen sowie zur Forschung auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Weiters umfasst der radiologisch-technische Dienst die Anwendung von Kontrastmitteln, wobei diese Tätigkeit jedoch (und zwar hinsichtlich jeglicher Verabreichungsform) - neben dem auch hier bestehenden Erfordernis der ärztlichen Anordnung - ausschließlich in Zusammenarbeit mit Ärzten zu erfolgen hat (vgl auch Sladecek/Marzi/Schmiedbauer, Recht für Gesundheitsberufe4, 79f).

Die Berechtigung der im radiologisch-technischen Dienst Tätigen zur Anwendung von Kontrastmitteln wurde mit der MTD-Gesetz-Novelle 2003 geregelt. Nach den Gesetzesmaterialien (72 der Beilagen XXII.GP) sollte damit klargestellt werden, dass die Anwendung von Kontrastmitteln eine ärztliche Tätigkeit ist, die gemäß § 49 Abs 3 ÄrzteG an Angehörige des radiologisch-technischen Dienstes delegierbar ist. Die Anwendung von Kontrastmitteln wurde aber zugleich von der Zusammenarbeit mit Ärzten abhängig gemacht, womit der eigenverantwortlichen Ausführung der ärztlichen Anordnung eine enge Grenze gesetzt wurde, die bewirkt, dass diese Tätigkeit nur bei Anwesenheit eines Arztes (also in Zusammenarbeit mit diesem) durchgeführt werden darf (Hausreither in Aigner/Kletecka/Kletecka-Pulker/Memmer, Medizinrecht, III/144/c).

Die eigenverantwortliche Berufsausübung nach ärztlicher Anordnung durch Angehörige der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (wie vorliegend Bedienstete im radiologisch-technischen Dienst im Sinne des § 2 Abs 3 MTD-Gesetz) impliziert zwar grundsätzlich die fachliche Weisungsfreiheit (vgl Hausreither, aaO III/142; vgl zu den Grenzen der fachlichen Weisungsfreiheit jedoch auch 10 Ob 2348/96h = RdM 1997/3), bedeutet aber nicht, dass lediglich eine (generelle) Überweisung oder Zuweisung durch den behandelnden Arzt erforderlich wäre. Vielmehr hat die Anwendung der entsprechenden medizinisch-technischen Maßnahme nach eingehender Untersuchung und Beurteilung der Zustände durch den Arzt zu erfolgen. Die Anordnungsverantwortung bleibt also auch in diesem Bereich stets beim Arzt, der Angehörige des medizinisch-technischen Dienstes trägt grundsätzlich die Durchführungsverantwortung (615 BlgNR XVIII GP, 2; vgl auch Hausreither aaO, III/141; Stellamor/Steiner, Handbuch Arztrecht I, 63; Emberger in Emberger/Wallner, Ärztegesetz, Anm 11 zu § 49). Jede eigenmächtige Heilbehandlung ist von den Angehörigen eines medizinisch-technischen Dienstes zu unterlassen. Dieses Verbot umfasst neben der Behandlung von Patienten ohne deren Zustimmung auch die Anwendung medizinisch-technischer Maßnahmen ohne die erforderliche ärztliche Anordnung (Hausreither aaO, III/150).

Es braucht im vorliegenden Fall nicht weiter untersucht zu werden, inwieweit die Verabreichung oder gar die Verordnung von anderen Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch-diagnostischen Hilfsmitteln als Kontrastmitteln vom Tätigkeitsbereich des Gesundheitsberufs einer Radiologietechnikerin umfasst ist, weil es sich bei Captopril nach den unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen um ein Kontrastmittel, also ein Mittel zur Verbesserung der Darstellung von Strukturen und Funktionen des Körpers in bildgebenden Verfahren handelt. Es bleibt jedoch anzumerken, dass sich den Bestimmungen des MTD-Gesetzes keine Berechtigung zur eigenverantwortlichen Vornahme medizinischer Leistungen ohne ärztliche Anordnung (vergleichbar etwa § 14 GKUG oder § 2 HebammenG) entnehmen lässt und der radiologisch-technische Dienst gemäß § 2 Abs 3 MTD-Gesetz (nur) die Ausführung aller radiologisch-technischen Methoden sowie die Anwendung von Kontrastmitteln (jeweils unter den bereits oben genannten Voraussetzungen), aber keine weiteren Tätigkeiten im medizinischen Bereich umfasst.

Nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts wäre bei dem der Entlassung vorangehenden Vorfall die Notwendigkeit der Kontrastmittelgabe lediglich aus der Zuweisung (Diagnose bzw Verdachtsdiagnose im Zusammenhang mit der geforderten Untersuchungsart) „klar erkennbar“, also bloß ableitbar gewesen. Damit lag jedoch keine ausreichende ärztliche Anordnung der Ausführung dieser medizinischen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs 3 aE MTD-Gesetz bzw § 49 Abs 3 ÄrzteG vor, weil eine solche sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Ausführung einer konkreten durchzuführenden medizinischen Maßnahme zu umfassen hat (10 Ob 2348/96h). Der Arzt hat im Rahmen der Anordnung konkret festzulegen, dass und wie eine bestimmte ärztliche Aufgabe im Wege der Delegation durch einen dazu berechtigten Angehörigen eines sonstigen Gesundheitsberufes durchzuführen ist. Auch die Ableitung der erforderlichen medizinischen Maßnahmen aus einer Verdachtsdiagnose ist eine Tätigkeit, die auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet ist und unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird und damit ureigenste ärztliche Aufgabe im Sinne des § 3 ÄrzteG.

Die Unterlassung der Kontrastmittelgabe und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten für den Patienten sowie die weitere, medizinisch nicht notwendige Strahlenbelastung waren somit letztlich auf eine fehlende oder bestenfalls fehlerhafte, weil nicht ausreichend bestimmte ärztliche Anordnung bzw ein Organisationsverschulden im Krankenhaus der beklagten Partei und nicht auf ein Fehlverhalten der Klägerin zurückzuführen, durfte diese doch nach den gesetzlichen Vorgaben in der gegebenen Situation gar kein Kontrastmittel verabreichen, um nicht den Tatbestand der eigenmächtigen Heilbehandlung zu verwirklichen bzw gegen ihre (strafbewehrte – vgl § 33 Z 3 MTD-Gesetz) Verpflichtung nach § 11 Abs 1 2. Satz MTD-Gesetz, das Wohl und die Gesundheit der Patienten und Klienten unter Einhaltung der dafür geltenden Vorschriften und nach Maßgabe der fachlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen zu wahren, zu verstoßen. Gleiches gilt auch für die (theoretisch) vorliegende Möglichkeit einer Falschdiagnose. Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob bei dem gegenständlichen Vorfall eine ausreichende Zusammenarbeit mit einem Arzt im Sinne von dessen Anwesenheit gegeben war oder nicht, was sich ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen nur (im Sinne des Fehlens der erforderlichen ärztlichen Aufsicht bzw Mitarbeit) vermuten lässt.

Schon an Hand dieser Erwägungen zeigt sich, dass die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes, wonach der Vorfall vom 22.9.2006 die Entlassung der Klägerin nicht rechtfertigen konnte, nicht zu beanstanden ist. Aber auch die übrigen, vom Erstgericht festgestellten Fehlleistungen der Klägerin erreichen weder für sich allein genommen noch in ihrer Gesamtheit ein derartiges Ausmaß, dass es der beklagten Partei unzumutbar gewesen wäre, die Klägerin weiter zu beschäftigen bzw erforderlich war, eine sofortige Abhilfe im Sinne eines sofortigen Abbruchs der dienstlichen Beziehung zu schaffen.

So ist darauf zu verweisen, dass nach den Feststellungen des Erstgerichts eine sechs Monate übersteigende Einschulung der Klägerin erforderlich gewesen wäre und darüber hinaus erst zum Zeitpunkt des Vorfalles vom 24.8.2006 von der Klägerin erwartet wurde, dass sie grundsätzlich bereits Untersuchungen selbständig ohne Aufsicht durchführen kann. Insbesondere zum Zeitpunkt des Vorfalles vom 27.6.2006, als von der Klägerin Aufnahmen im falschen Körperbereich vorgenommen wurden, wies die Klägerin noch nicht die entsprechende Ausbildung zur selbständigen Durchführung dieser Untersuchung auf. Auch diesbezüglich ist ein bei der von der Klägerin vorgenommenen Untersuchung aufgetretener Fehler damit letztlich ursächlich auf deren mangelnde Einschulung durch die beklagte Partei und damit deren Organisationsverschulden zurückzuführen. Soweit die Berufungswerberin auch den Vorfall vom 19.6.2006 in der Berufung neuerlich ins Treffen führt, ist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen zur Verteilung der Aufgaben und der Verantwortung im Zusammenhang mit Kontrastmittelgaben zu verweisen.

Wenn die Berufungswerberin im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 6.3.2006 in ihrer Berufung ausführt, dass die Klägerin den Patienten der Gefahr ausgesetzt habe, dass die Liege unter seinem Gewicht zusammenbricht, geht sie insoweit nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und ist die Berufung damit diesbezüglich nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Im Übrigen ist es nicht zulässig, mehrere unterschiedliche, nicht tatbestandsmäßige Entlassungsgründe zu kumulieren und einem Entlassungstatbestand zu unterstellen, wobei die fehlende Tatbestandsmäßigkeit durch die Quantität der Entlassungsgründe ersetzt werden soll (9 ObA 151/02z; 9 ObA 33/07m; 14 Ob 93/86; Kuderna, Entlassungsrecht², 63f). Grundsätzlich können zwar, wie bereits ausgeführt, mehrere, an sich minderschwere Dienstpflichtverletzungen dazu führen, dass das Gesamtverhalten des Vertragsbediensteten dem Dienstgeber unzumutbar erscheint, selbst dann muss jedoch der eigentliche Anlassfall für die Entlassung eine gewisse Mindestintensität aufweisen (RIS-Justiz RS0029600 [T4; T5]).

Im vorliegenden Fall liegt ausgehend von den unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen weder im Gesamtverhalten der Klägerin noch im Anlassfall ein derartiges Fehlverhalten bzw eine derartige Beeinträchtigung der Interessen der beklagten Partei, dass dieser die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden konnte.

Es konnte daher der Berufung der beklagten Partei kein Erfolg beschieden sein.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf §§ 2 Abs 1 ASGG und 41, 50 ZPO.

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil die Verwirklichung von Entlassungsgründen nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden kann, weshalb keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des

§ 502 Abs 1 ZPO vorliegt (8 ObA 9/06s; 9 ObA 101/08f uva).

Textnummer

EW0000720

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2010:0070RA00054.10B.0607.000

Im RIS seit

07.10.2010

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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