Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** K*****, vertreten durch Dr. Helmut Destaller und Dr. Gerald Mader, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei A***** K*****, vertreten durch Dr. Peter Fürnschuß, Rechtsanwalt in Stainz, wegen Unterhalt, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 30. Juli 2009, GZ 2 R 158/09h-16, womit das Urteil des Bezirksgerichts Leibnitz vom 18. Mai 2009, GZ 8 C 4/09b-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 373,68 EUR (darin 62,20 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Das Berufungsgericht hat im Unterhaltsstreit zwischen Ehegatten die erstgerichtliche Entscheidung bestätigt, wonach der Beklagte (dem nach Abzug zu leistender Unterhaltszahlungen 1.835 EUR monatlich zur Verfügung stehen) der Klägerin (die ein Gesamteinkommen von durchschnittlich 1.273 EUR monatlich erzielt) von den rund 450 EUR Wohnungserhaltungskosten einen Teilbetrag von 100 EUR gemäß § 97 ABGB zusätzlich zum eigentlichen Unterhaltsanspruch gemäß § 94 ABGB zu zahlen hat.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist unzulässig. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab, weil das Berufungsgericht im Einzelfall nicht von den Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen ist.
1.1. Nach § 97 ABGB hat ein Ehegatte, der über die zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dienende Wohnung verfügungsberechtigt ist, alles zu unterlassen und vorzukehren, damit der auf die Wohnung angewiesene Gatte diese nicht verliere. Auf dieser Grundlage kann ihm auch die Zahlung von Wohnungserhaltungskosten (insbesondere der Miete) aufgetragen werden (RIS-Justiz RS0111673). Das gilt auch bei Nichtbestehen eines Geldunterhaltsanspruchs nach der Prozentsatzmethode, wenn der andere Ehegatte nicht in der Lage ist, diese Kosten ohne Gefährdung seiner über den Wohnbedarf hinausgehenden übrigen Unterhaltsbedürfnisse zu tragen (RIS-Justiz RS0085176). Damit wird im Rahmen des § 97 ABGB ein Zahlungsanspruch begründet, der getrennt vom eigentlichen Unterhaltsanspruch zu sehen ist (4 Ob 71/09h).
1.2. Der Regelungszweck begründet einen Zahlungsanspruch (nur) dann, wenn der in der Wohnung verbliebene Ehegatte die Zahlungen nicht aus Eigenem leisten kann (4 Ob 55/07b = RIS-Justiz RS0009570 [T6]). Der Anspruch auf Zahlung besteht nicht, wenn der in der Wohnung gebliebene Ehegatte die Kosten ohnehin ohne Gefährdung seiner sonstigen Bedürfnisse selbst tragen kann. Die konkrete Gefährdung wird in der Regel vorliegen, wenn der in der Wohnung verbliebene Ehegatte dazu nicht in der Lage ist. Maßgebend ist somit die finanzielle Lage des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten, dabei ist der konkrete Bedarf zur Erhaltung der Wohnung entscheidend (4 Ob 55/07b).
1.3. Die Höhe des Zahlungsanspruchs nach § 97 ABGB hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgebend sind vor allem die finanzielle Leistungsfähigkeit beider Teile und die Höhe der Wohnungserhaltungskosten im Verhältnis zu den Mitteln, die dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten (einschließlich des ihm zustehenden Unterhalts) zur Verfügung stehen (4 Ob 55/07b).
2. Entgegen dem Standpunkt des Revisionswerbers reichen Vorbringen und Feststellungen aus, das Bestehen eines Anspruchs nach § 97 ABGB beurteilen zu können. Die Klägerin hat schon in der Klage ihre Einkommensverhältnisse detailliert aufgezeigt und insbesondere im Schriftsatz vom 23. 2. 2009 behauptet, dass sie die mit der Wohnung in Zusammenhang stehenden finanziellen Verpflichtungen alleine nicht leisten könne. Damit hat sie die Voraussetzungen für den verfolgten Anspruch auch schlüssig geltend gemacht (so auch 9 Ob 226/02d). Gegen die Festsetzung des Wohnungskostenbeitrags der Höhe nach richtet sich das Rechtsmittel nicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
Textnummer
E94308European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0040OB00061.10I.0608.000Im RIS seit
25.07.2010Zuletzt aktualisiert am
23.04.2012