TE OGH 2010/6/9 16Ok1/10

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Veröffentlicht am 09.06.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Griss als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel und Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Bauer und Dr. Haas als weitere Richter in der Kartellrechtssache des Antragstellers F*****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin B*****, vertreten durch Mag. Dr. Axel Reidlinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung nach § 2 NVG, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom 30. September 2009, GZ 25 NaV 1, 2/07-78, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist gesetzlicher Interessenvertreter sämtlicher Unternehmen der holzverarbeitenden Industrie in Österreich, darunter auch 1.200 österreichische Sägeunternehmen.

Die Antragsgegnerin ist aus einer zum 1. 7. 2005 wirksam gewordenen Ausgliederung der Bewirtschaftung des bayrischen Staatswaldes durch den Freistaat Bayern hervorgegangen (Art 5 des Gesetzes zur Errichtung des Unternehmens „Bayerische Staatsforsten“). Sie ist größter deutscher Rundholzanbieter und verfügt in Bayern über eine bedeutende Marktstellung. Ihre Geschäftstätigkeit umfasst die Bewirtschaftung von rund 720.000 Hektar Waldfläche und 85.000 Hektar sonstiger Flächen in Bayern und Österreich. Der Holzeinschlag im bayrischen Staatswald belief sich im Jahr 2006 auf rund 5,4 Mio Fm, wovon über zwei Drittel als Stammholz in die Sägeindustrie flossen. Die Holzlieferverträge werden mit Säge- und anderen holzverarbeitenden Unternehmen, unter anderem mit österreichischen Sägeunternehmen abgeschlossen. Fichtenstammholz stellt mit 63 % den größten Anteil der verkauften Sortimente, Kiefernstammholz einen Anteil von 13 %.

Der Freistaat Bayern schloss noch am 4. 4. 2005 mit der in der Produktion von Schnittholz tätigen K***** GmbH, *****, Deutschland, einen Vorvertrag über die Lieferung von Sägerundholz, in den die Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin eingetreten ist.

Gestützt auf § 7 Abs 2 Z 2 iVm § 2 NVG begehrt der Antragsteller, die Antragsgegnerin dazu zu verpflichten, es zu unterlassen, Sägewerke der K***** Gruppe beim Bezug von Sägerundholz im Verhältnis zu anderen Sägewerken, die gesetzliche Mitglieder des Antragstellers sind, bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen durch die Gewährung von sachlich nicht gerechtfertigten Sägerundholzpreisen und/oder sonstigen Sonderkonditionen zu bevorzugen, insbesondere durch

1. die Belieferung mit Sägerundholz zu Preisen, die unter Berücksichtigung sämtlicher Skonti, Rabatte und sonstiger Preisvorteile mehr als 5 % unter dem Einkaufspreis anderer Holzabnehmer der Antragsgegnerin für die vertragsrelevanten Holzarten (Fichte und Kiefer) und Holzqualitätssortimente (Qualitäten SL B, SL D und SL BC, jeweils der Stärkeklassen 1b, 2a und 2b+) liegen; und/oder

2. die Zusicherung der Belieferung mit einer Mindestmenge an ausschließlich hochwertigem und ungeschädigtem Sägerundholz; und/oder

3. die Einräumung eines Vorkaufsrechts für das im Einkaufsgebiet von K***** anfallende Käferholz.

Der Antragsteller brachte vor, die Antragsgegnerin beliefere auf Basis des genannten Vertrags K***** und die mit ihr verbundenen Unternehmen („K***** Gruppe“), die mit fünf Großsägewerken in Deutschland zu den drei größten Sägeunternehmen in Europa zähle, seit kurzem mit gesamtwirtschaftlich bedeutenden Mengen an Sägerundholz zu Vorteilskonditionen, die im Marktvergleich einzigartig und noch nie da gewesen seien. Die Kooperation zwischen Antragsgegnerin und K***** habe schwerwiegende wettbewerbliche Auswirkungen auf andere Sägerundholzabnehmer, darunter insbesondere auch die österreichischen Sägeunternehmen. Diese würden aufgrund der K***** vertraglich zugesicherten Mengen an Sägerundholz entweder gar nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt von der Antragsgegnerin beliefert, aufgrund der im Marktvergleich einzigartigen Vorteilskonditionen des gegenständlichen Vertrags beim Einkauf von Sägerundholz diskriminiert und wären damit gegenüber der K***** Gruppe, die zunehmende Mengen an Schnittholz auch in Österreich absetze, einem massiven Wettbewerbsnachteil ausgesetzt.

Die Antragsgegnerin bestritt dies und beantragte die Abweisung des Antrags. Es sei keine Diskriminierung iSd § 2 NVG gegeben, da zu keinem Zeitpunkt gleiche Voraussetzungen vorgelegen hätten: Die österreichischen Abnehmer, die einen Vertrag mit der Antragsgegnerin abgeschlossen hätten, würden über die gesamte Vertragsdauer hinweg jeweils wesentlich kleinere Mengen Rundholz beziehen. Die Verträge mit den österreichischen Sägewerken seien jeweils nur für einen relativ kurzen Zeitraum (drei bis vierzehn Monate) abgeschlossen worden, jener mit K***** jedoch auf fünf Jahre mit Verlängerungsoption. Darin liege für die Antragsgegnerin eine erhebliche Erhöhung der langfristigen Absatzsicherheit. K***** sei als langfristiger Abnehmer großer Holzmengen für die Antragsgegnerin auch ein wesentlich wichtigerer Handelspartner.

Der Antragsteller vergleiche zudem Preise aus Verträgen, deren Abschlusszeitpunkte einige Jahre auseinander lägen. Die K*****-Vertragspreise seien bei Vertragsabschluss nicht unter den damaligen am Rundholzmarkt erzielbaren Preisen gelegen, sondern uneingeschränkt marktkonform gewesen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags mit K***** habe der derzeit bestehende Nachfrageüberhang bezüglich Sägerundholz noch nicht eingesetzt und sei nicht vorhersehbar gewesen. Die Vertragspreise seien als „Mischkalkulation“ anzusehen, die sich aus einer Preisstaffelung im Hinblick auf verschiedene Güte- und Stärkeklassen ergäben. Die Anführung einzelner Preise für einzelne Güteklassen sei nicht repräsentativ und könne nicht herangezogen werden, um die Gesamtkonditionen bei der Abnahme von Sägerundholz zwischen den einzelnen vom Antragsteller vertretenen Sägewerken und K***** zu vergleichen.

Zudem sei wegen der in Österreich im Vergleich zu Deutschland unterschiedlichen (de facto strengeren) Art der Rundholzvermessung seitens der Sägewerksbetriebe, die in Österreich für die gleiche gelieferte Menge regelmäßig Mindervolumina von - je nach Holzdimension - bis zu 10 % ergebe, keine unmittelbare Vergleichbarkeit der Rundholzpreise gegeben.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Dabei ging es im Wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Bis zur Gründung der Antragsgegnerin im Jahr 2005 erfolgte die Bewirtschaftung der bayrischen Staatswälder durch den Freistaat Bayern.

Etwa ab dem Jahr 2000 zeigte sich, dass die Forstverwaltung in staatlicher Eigenverwaltung nicht mehr profitabel zu führen war. Ausschlaggebend dafür war, dass es infolge des Sturmtiefs „Lothar“ im Dezember 1999 ab 2000 zu einem unvorhergesehenen Überangebot an Rundholz kam, für das in Bayern keine ausreichenden Holzverarbeitungskapazitäten, insbesondere keine ausreichenden Großsägewerke zur Aufnahme der Holzmengen zur Verfügung standen: Holzeinschlagsmengen von 10.000.000 m³ standen damals Verarbeitungskapazitäten in bayrischen Sägewerken von nur 7.000.000 m³ gegenüber. Die Überschwemmung des Markts führte zu einem massiven Einbruch der Rundholzpreise, der Preisindex für Fichtenstammholz sank zwischen Jahresende 1999 und Jahresmitte 2000 von über 120 auf unter 80 Indexpunkte (1996 = 100).

Die Forstverwaltung hatte Schwierigkeiten, Abnehmer für die vorhandenen Holzmengen zu finden, sodass diese in benachbarte Bundesländer oder ins Ausland, so auch nach Österreich verkauft wurden. Lieferbeziehungen bestanden etwa mit den österreichischen Sägewerksunternehmen F***** B***** GmbH mit Sitz in F***** (idF: B*****), D***** R***** GmbH in E***** (idF: R*****) und der H***** P***** GmbH & Co KG in I***** (idF: P*****). In P***** wurde die S***** GmbH Holzhandel beliefert.

Die Forstverwaltung schloss mit den Holzabnehmern noch Quartals- oder Halbjahresverträge ab, sodass Menge und Preis des verkauften Holzes kurzfristig stets neu auszuverhandeln waren. Dies erlaubte zwar rasche, angesichts fallender Preise für die Sägeunternehmen günstige Preisanpassungen, bot den Bayerischen Staatsforsten im Kalamitätsfall jedoch keine Entsorgungsgarantie.

Der Markt war auch noch 2004, nun aufgrund eines schweren Windwurfs in Skandinavien, mit Holz überschwemmt. Die Forstverwaltung war defizitär.

Zur Überwindung dieser „forstwirtschaftlichen Misere“ bestand der politische Wille, die Bewirtschaftung und Verwaltung der bayrischen Staatswälder umfassend zu reorganisieren. Ziel der Forstreform war die Professionalisierung der Forstverwaltung durch Schaffung einer neuen, wettbewerbsfähigen Unternehmensstruktur, die eine gezielte Innovationspolitik mit einem Bekenntnis zum Prinzip der Nachhaltigkeit ermöglichen sollte. Dazu sollte die Antragsgegnerin als Anstalt des öffentlichen Rechts geschaffen werden, in die die Forstverwaltung mit dem am 1. 7. 2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Errichtung des Unternehmens „Bayerische Staatsforsten“ ausgegliedert wurde.

Unternehmensstrategisch wurde bei der Holzvermarktung aufgrund der vorangegangenen Erfahrungen folgendes Konzept verfolgt:

- Entsorgungssicherheit für die Antragsgegnerin, Versorgungssicherheit für den Holzabnehmer;

- dazu längerfristige Verträge nach dem Vorbild anderer Bundesländer;

- Katastrophenklausel mit Abnahmeverpflichtung der Käuferseite;

- Fixpreisgarantie für zwei Jahre, dann Preisgleitklausel;

- Diskussion der Möglichkeit einer Frei-Werk-Lieferung.

Zur Erreichung dessen war die Forstverwaltung daran interessiert, jemanden zur Errichtung eines neuen Großsägewerks in Bayern zu gewinnen, der als längerfristiger Partner vor Ort zur Verfügung stehen und über hinlänglich große Abnahmekapazitäten verfügen sollte. Er sollte einer von wenigen sogenannten Schlüsselkunden (key accounts) sein, die längerfristig für eine größere gleichmäßige Grundauslastung im Verkauf sorgen und durch Bezugspflichten im Falle von Marktstörungen - wie sie gerade in der Forstwirtschaft durch Naturereignisse (Sturm, Käferbefall etc) vorkommen können - für die Verkäuferseite risikominimierend wirken, weil sie durch eine rasche Holzabfuhr ein Sinken der Holzqualitäten, die Notwendigkeit von Konservierungsmaßnahmen oder einen Preisverfall verhindern, dafür aber auch eine spezifische Betreuung und Behandlung erhalten. Der Aufbau derartiger key accounts entspricht gängigen betriebswirtschaftlichen Konzepten. Er wird insbesondere bei heterogener Abnehmerstruktur wie jener der Sägebranche - von rund 2.500 Sägewerken in Deutschland wurden von nur 62 Sägewerken (= 2,6 %) 64 % der Gesamteinschnittsmenge getätigt - und zur langfristigen Risikoverringerung empfohlen, ist auch der österreichischen Forstverwaltung (ÖBf) bekannt und wurde ebenso für die geplante Ausgliederung der baden-württembergischen Forstverwaltung ins Auge gefasst. Die Lieferung hoher Mengenanteile an wenige Großkunden ist auch betriebswirtschaftlich sinnvoll, da sie mit geringerem organisatorischen und logistischen Aufwand einhergeht. Überdies können erst durch die Aufbereitung und den Absatz weniger, weitgehend standardisierter Holzsorten die Vorteile der hochmechanisierten Holzernte - der größten Kostenstelle des Forstbetriebs - im Vergleich zu einer motor-manuellen Ernte zum Tragen kommen.

Der Aufbau einer längerfristigen Vertragsbeziehung entsprach und entspricht auch den Interessen der Sägeunternehmen: Sie beziehen Rundholz zu einem Gutteil von kommunalen und privaten Waldbesitzern, da der bayrische Privatwald über sehr hohe Holzvorräte verfügt. Diese verteilen sich auf mehr als 700.000 Waldbesitzer mit kleinen Waldflächen von meist weniger als fünf Hektar. Allerdings kann nur von den Bayerischen Staatsforsten und ähnlich bedeutenden Waldbesitzern ganzjährig eine kontinuierliche Versorgung geboten und damit die Grundauslastung für ein Sägewerksunternehmen sichergestellt werden. Längerfristige Verträge gehen auch mit bestimmten Serviceleistungen wie der Erstellung von Jahreslieferprofilen einher, die für ein Sägeunternehmen den Mengenbezug erst planbar machen. Kleine Waldbesitzer bieten dagegen oft nur eine saisonale Versorgung und Verträge mit wesentlich kleineren Mengen und kurzen Laufzeiten (Monats-, Quartals- oder Halbjahresverträge). Lieferbeziehungen mit ihnen sind organisatorisch und logistisch aufwändiger. Die angebotenen Rundholzsorten sind weniger oder nicht standardisiert, deshalb für die industrielle Schnittholzproduktion von Großsägewerken weniger vorteilhaft. Sägeunternehmen sind daher bereit, für die Versorgungssicherheit und den „Komfort“ langfristiger Lieferbeziehungen mit garantierten Liefermengen höhere Preise pro Festmeter als bei Verträgen mit kleinen Holzanbietern zu zahlen. Großwaldbesitzer wie die Antragsgegnerin bieten größere nachgefragte Mengen pro Festmeter aber nicht teurer als kleinere Mengen an.

Einer der langjährigen Geschäftspartner der Forstverwaltung war die K***** Gruppe (idF: K*****), die vor allem in der Produktion von Schnittholz tätig ist (2006: ca 3,5 Mio m³), aber auch andere Produkte (Hackschnitzel, Sägespäne, Rinde, Hobelspäne, Kappabschnitte) erzeugt und weiterverkauft. Im Jahr 2005 belief sich ihr Umsatz, der vornehmlich in Europa, Asien und den USA erwirtschaftet wurde, auf mehr als 480 Mio EUR. In Europa sind ihre wichtigsten Absatzmärkte neben Deutschland vor allem Österreich, Niederlande, Italien und Frankreich.

K***** hatte bereits im Herbst 2003 bei der Forstverwaltung wegen der Errichtung eines Großsägewerks kurz „vorgefühlt“, ohne dass es zunächst zu weiteren Vertragsverhandlungen kam. Vielmehr trat der zuständige Bereichsleiter der Forstverwaltung mit anderen in Frage kommenden Vertragspartnern in Kontakt. Von der Firma B***** wurde ihm mitgeteilt, dass B***** erst ein Projekt in der Slowakei realisieren wolle und dann wieder auf die Forstverwaltung zukommen werde. Auch andere kontaktierte Sägewerksunternehmen zeigten damals kein Interesse. Ein Unternehmen kam aus Sicht des Antragsgegners nicht in Betracht, weil es mit diesem aufgrund der unterschiedlichen Vermessungspraktiken in Deutschland und Österreich immer wieder zu Unstimmigkeiten gekommen war („Maßverlustproblematik“).

Am 4. April 2005 unterzeichneten der Freistaat Bayern und K***** schließlich die inkriminierte „Vereinbarung über Rundholzkauf“. Diese lautet auszugsweise wie folgt:

...

„I. Holzmengen für das Werk Bayern

1. Kaufgegenstand

K***** kauft und bezieht von den Bayerischen Staatsforsten bzw von deren Rechtsnachfolgern und die Bayerischen Staatsforsten bzw deren Rechtsnachfolger verkaufen und liefern an K***** für das Werk Bayern 500.000 Fm/Jahr Nadelholzstandardlängen aus dem Bayerischen Staatswald, davon 450.000 Fm Fichte und 50.000 Fm Kiefer aus regulärem und ZE-Einschlag (ZE: bis zu 30 %; Windwurf, Schneebruch, Käferholz ohne Bohrlöcher; jeweils ohne Gütebeeinträchtigung). Der Kaufvertrag beschränkt sich auf die Lieferung der vorgenannten Holzmengen aus einem Lieferumkreis von ca 100 km um die Stadt Augsburg bzw 100 km im Umkreis des geplanten Werksstandorts (nachfolgend „Einkaufsgebiet“). Zu darüber hinausgehenden Lieferungen ist die Bayerische Staatsforsten nicht verpflichtet.

K***** machte deutlich, dass es vor einer Entscheidung über die Errichtung des Werks Bayern 2/3 der geplanten Einschnittsmenge langfristig unter Vertrag nehmen will (ca 800.000 Fm) und forderte 600.000 Fm/Jahr. Die Bayerische Staatsforsten sagen eine Mindest-Jahresmenge in Höhe von 500.000 Fm verbindlich zu. Der Mehrmengenwunsch wurde von der Bayerische Staatsforsten aufgenommen. Die Mehrmenge wird, wenn möglich, angeboten und zwar zu gleichen Konditionen wie die Mindestmenge. K***** beabsichtigt weiters entsprechend ca 250.000 Fm aus dem Privat- und Körperschaftswald langfristig zu sichern. Abhängig vom Ausgang der Verhandlungen mit dem Privat- und Körperschaftswald verpflichten sich K***** und die Bayerische Staatsforsten, über eine Ausweitung des Einkaufsgebiets und eine Mehrmenge von 50.000 Fm pro Jahr auf Basis der Konditionen für die zugesagten Mindestmengen zu verhandeln.

2. Vertragslaufzeit:

K***** und Bayerische Staatsforsten verpflichten sich, den Holzkaufvertrag zunächst über einen Zeitraum von fünf Jahren ab Beginn der Rundholzlieferungen durch die Bayerische Staatsforsten abzuschließen. Auf Verlangen auch nur einer der beiden Vertragsparteien verlängert sich der Vertrag mit gleichen Mengen um weitere fünf Jahre (Preisgestaltung s Ziff 3.5).

3. Holzpreise

3.1. Frischholzpreise

In dem Holzkaufvertrag zwischen K***** und Bayerische Staatsforsten werden folgende Holzpreise für Fichte SL B/BC, unentrindet, frei Waldstraße vereinbart:

 

Sorte

Unterstellte Mengenaufteilung

SL B Frischholz

SL D

SL BC Holz aus

ZE-Einschlag

1b

ca. 15 %

45,- EUR/Fm

28,- EUR/Fm

45,- EUR/Fm

2a

ca. 20 %

55,- EUR/Fm

28,- EUR/Fm

55,- EUR/Fm

2b+

bis 65 %

60,- EUR/Fm

32,- EUR/Fm

60,- EUR/Fm

Unter die Güte BC fällt alles frische, gesunde und gerade Holz aus ZE-Einschlag ohne Insektenbefall (= keine Einbohrlöcher) und ohne jegliche sonstige Gütebeeinträchtigung. Es können davon jährlich maximal 30 % der Vertragsmenge zu BC-Konditionen geliefert werden. Rundholz der Stärkeklasse 4 (bis max 45 cm Zopf ohne Rinde) wird bis zu einem Anteil an der Jahresliefermenge von 5 % zum 2b+ Preis abgenommen. Mengen, die diesen Anteil übersteigen, werden mit 10,- EUR/Fm unter dem jeweils gültigen 2b+ Preis vergütet.

3.2. Käferholz

Für Käferholz, nur soweit es von Rindenbrütern befallen oder qualitätsbeeinträchtigt ist, gilt ein Preisabschlag von 20 %.

Die Bayerische Staatsforsten werden sich im Holzkaufvertrag verpflichten, Käferholz oberhalb der Mindestjahresmenge, welches im Einkaufsgebiet anfällt, K***** anzubieten.

3.3. Skonto

...

3.4. Preisanpassungen

Die in Ziff 3.1. vereinbarten Preise gelten bis 2 Jahre nach Beginn der Holzlieferungen durch die Bayerische Staatsforsten, längstens jedoch bis zum 31. 12. 2008. Für die verbleibende Laufzeit des Holzkaufvertrags wird der Holzpreis jährlich, spätestens jedoch beginnend zum 1. 1. 2009, nach einem Index angepasst, der zu jeweils 50 % besteht aus:

Verkaufserlös der Bayerische Staatsforsten für FI-SL-B/BC - 2b (ohne Verkäufe an K*****)

- ZMP-Index für Schnittholz (D) (exakte Sortimentsbestimmung in Absprache zwischen Vertragspartnern)

Die Preisanpassungen nach Satz 2 sind begrenzt auf jährlich max +/- 2 EUR/Fm; Bezugspunkt ist das jeweilige Vorjahr.“

...

Der mit K***** vereinbarte Preis entsprach damals den Verkaufspreisen der Antragsgegnerin. Im Jänner 2005, als die Vereinbarung bereits „praktisch fixiert“ war, lag der für das mengenmäßig bedeutsame Leitsegment Fichte SL B 2b+ vereinbarte Preis sogar ca 2 EUR und für die Sorte SL C 2b+ ca 2,60 EUR über dem von der Antragsgegnerin am Markt erzielten Preis; zum Unterfertigungszeitpunkt lag er für SL B 2b+ geringfügig darunter.

Nicht alle Sägeunternehmen wären bereit gewesen, den von K***** angebotenen Abnahmepreis zu zahlen. Die Holzpreise waren zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung wieder im Steigen begriffen. Tendenziell hatte man in der Branche auch mit einer Preissteigerung gerechnet. Das Ausmaß der nachfolgenden Steigerung war jedoch nicht vorhersehbar.

Neben den genannten allgemeinen positiven Aspekten einer key account-Beziehung war für die Antragsgegnerin von besonderem Interesse, dass ihr angesichts ihrer schwachen finanziellen Situation und der bevorstehenden Ausgliederung, die kein Geld „vom Steuerzahler“ mehr erwarten ließ, ein fixer Abnahmepreis zugesichert wurde, der ihr einen stabilen Beginn ihrer Geschäftstätigkeit erlauben sollte. Auch die Kalamitätsklausel, mit der sich K***** bei erhöhtem Abfuhrbedarf im Katastrophenfall zur Holzabnahme verpflichtete, kam beiden Seiten entgegen, dem Interesse der Antragsgegnerin an einer raschen Holzabfuhr ebenso wie dem Rundholzbedarf von K*****.

Die Antragsgegnerin kann ihre Preise derzeit über dem Marktniveau halten, dort haben sie sich wieder dem Niveau von 2005 angenähert.

Die Nachfrage österreichischer Sägeunternehmen nach großen, vergleichbar günstigen Liefermengen im Rahmen längerfristiger Bezugsverträge konnte die Antragsgegnerin nicht decken.

Die Antragsgegnerin ging neben K***** auch mit anderen Sägewerken mehrjährige Vertragsbindungen ein. Auch die Vereinbarung eines befristet geltenden Fixpreises und einer anschließenden Preisgleitklausel (+/- 2 EUR, für Verlängerungsperiode +/- 5 EUR) war nicht auf K***** beschränkt.

Die österreichischen Sägewerke bezogen und beziehen Sägerundholz von der Antragsgegnerin in unterschiedlichem Ausmaß:

R***** bezog 2005 rund 18 % des Gesamtbezugs von den Bayerischen Staatsforsten (seit 2006 im Wesentlichen keine Belieferung mehr), die restliche Menge aus Österreich, Tschechien und von privaten bayrischen Waldbesitzern. B***** bezog 2005 ca 15 - 20 %, 2008/09 unter 10 % des Gesamtbezugs von der Antragsgegnerin. P***** bezog 25 % seines Bedarfs bei der Antragsgegnerin und den Österreichischen Bundesforsten, sein sonstiger Bezug erfolgt von Klein- und Großwaldbesitzern.

Ein kurzer Holzlieferradius bis 150 km ist ökonomisch günstig, längere Holzlieferwege sind aber auch möglich.

In der holzverarbeitenden Industrie wirken sich günstige Einkaufsbedingungen aufgrund des hohen Anteils von ca 60 % des Materialaufwands an den Produktionskosten im Wettbewerb stark aus. Diese Auswirkungen werden durch den zunehmenden Preiswettbewerb um den vorhandenen Rohstoff noch verstärkt.

Die Wirtschaftskrise hat dazu geführt, dass auch private Holzanbieter aus Inflationsängsten ihr Angebot um bis zu 70 % zurückgenommen haben, sodass derzeit kein ausreichendes Rohstoffangebot vorhanden ist und Werksauslastungen reduziert wurden.

Die österreichischen Sägewerke haben eine Einschnittskapazität von ca 17 Mio Fm/Jahr, Holz ist im Ausmaß von ca 11 Mio Fm/Jahr vorhanden. Die Differenz von rund 6 Mio Fm muss durch Importe ausgeglichen werden. In Randgebieten zu Deutschland (NÖ, OÖ, Tirol) wurden bis zu 50 % des Rundholzbedarfs aus Deutschland gedeckt. Mit der Ausweitung der bayrischen Kapazitäten hat sich der Export nach Österreich massiv reduziert, die österreichischen Importmengen sind seit 2005 rückläufig.

Es kann nicht festgestellt werden, dass das von K***** aus Österreich bezogene Rundholz 2007/08 über geringe Mengen von 500 bis 1000 Fm/Jahr hinausging. K***** bot österreichischen Waldbesitzern aber höhere Rundholzpreise als die österreichischen Sägeunternehmen an, was in Grenznähe zu einem Anziehen der Preise führte.

Die Produktion von K***** ist auf Deutschland und den Weltmarkt, insbesondere auf die USA ausgerichtet. Aufgrund des massiven Einbruchs des US-amerikanischen Hausbaus infolge der Immobilienkrise ab Herbst 2007 (2007: 2,4 Mio, 2008: 1 Mio, 2009: unter 500.000 Privathausbauten in den USA) war K***** an anderen Absatzmärkten interessiert, so auch an Saudi-Arabien, wo bereits österreichische Sägeunternehmen präsent waren. Dies führte in Saudi-Arabien zu einer Konkurrenzsituation, in der K***** den von den österreichischen Sägern verlangten Schnittholzpreis - im August 2007 noch 285 US-Dollar/m³ - im 1. Quartal 2008 um 30 US-Dollar unterbot und die österreichischen Exporteure mit ihrem Preis nachziehen mussten.

In Österreich wurden mengenmäßige Steigerungen auf dem Schnittholzmarkt von rund 50 % festgestellt, wobei nicht feststellbar ist, in welchem Umfang sie auf das K*****-Werk L***** oder auf andere Sägewerke von K***** oder auch weitere bayrische Säger zurückzuführen sind. Kunden der österreichischen Sägeunternehmen wurden von K***** jedenfalls um 15 EUR bis 20 EUR/m³ billiger beliefert, in der Folge mussten auch die österreichischen Säger ihre Preise senken. Eine ähnliche Entwicklung war in Italien zu beobachten.

Eine bereits im April 2005 bei der Europäischen Kommission, Generaldirektion Wettbewerb, eingebrachte Beschwerde gegen den K*****-Vertrag wegen (illegaler) Beihilfe des Freistaates Bayern an K***** blieb erfolglos.

Im Zuge der Wirtschaftskrise wurde das K*****-Werk L***** 2008 zurückgefahren und steht seit Jahresbeginn 2009 still. K***** wird von der Antragsgegnerin derzeit nicht beliefert.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass § 2 NVG keinen Kontrahierungszwang eines Lieferanten mit Wiederverkäufern normiere, der ihn bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen zur Begründung von Lieferbeziehungen mit allen interessierten Nachfragern verpflichten würde. Die Lieferverweigerung werde vielmehr durch § 4 NVG geregelt, der nur eine Belieferung von Letztverkäufern, nicht aber von Wiederverkäufern sicherstellen solle. Das Tatbestandsmerkmal der „gleichen Voraussetzungen“ beziehe sich nicht auf die vom Lieferanten gewährten Lieferkonditionen, wenn diese erst das Ergebnis der mit den Nachfragern geführten Vertragsverhandlungen seien. Der Begriff der „gleichen Voraussetzungen“ sei allerdings nicht auf Abnahmemengen, Transportleistungen etc zu reduzieren. Weil § 2 NVG spezifischer Ausdruck eines allgemeinen Gleichbehandlungsgebots sei, unter gleichen Voraussetzungen gleiche Bedingungen zu gewähren, könne auch das Gewähren gleicher Bedingungen unter verschiedenen Voraussetzungen die verpönte Ungleichheit herstellen. Daher sei zu prüfen, ob in einer Marktsituation mehrere Wiederverkäufer die marktspezifischen ökonomischen und vertraglichen Interessen der Marktgegenseite in gleicher oder vergleichbarer Weise abdecken könnten. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt müsse dafür jener sein, in dem der Lieferant seinen Absatzbedarf decken wolle.

Derartige „gleiche Voraussetzungen“ seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die bayrische Forstverwaltung sei im Zuge ihrer Reorganisation auf der Suche nach einem Vertragspartner gewesen, der ein neues Großsägewerk zur Aufnahme und Verarbeitung großer Holzmengen errichten und insbesondere im Kalamitätsfall für eine rasche Holzabfuhr zur Verfügung stehen sollte. Daran seien die Bayerischen Staatsforsten schon zu einem Zeitpunkt interessiert gewesen, als die Ergebnisse der zweiten Bundeswaldinventur noch nicht veröffentlicht gewesen seien und der dadurch ausgelöste Boom an Neuansiedlungen in der bayrischen Sägeindustrie noch nicht eingesetzt hatte. Von den dazu kontaktierten Gesprächspartnern sei aber den Bayerischen Staatsforsten kein Interesse signalisiert worden. Bei anderen Gesprächspartnern hätten objektiv gerechtfertigte Gründe bestanden, eine längerfristige Kooperation nicht anzustreben. Eine vergleichbare Ausgangssituation habe ausschließlich bei B***** bestanden, der aber signalisiert hätte, zunächst ein Projekt in der Slowakei realisieren zu wollen.

Außerdem seien nicht ohne sachliche Rechtfertigung unterschiedliche Bedingungen gewährt worden. Dass die Antragsgegnerin nach ihrem betriebswirtschaftlichen Konzept ein key account-System mit wenigen Großkunden anstrebe, sei nachvollziehbares unternehmerisches Verhalten, da für sie gerade dadurch eine Umsatz- und Abnahmegarantie und damit auf Dauer eine Risikominimierung erzielt werden könne. Für den Lieferanten gehe damit in der Regel auch eine Vereinfachung in der Organisation und ein geringerer betrieblicher Aufwand in der Kundenbetreuung einher.

Dass Sägeunternehmen nicht grundsätzlich auf andere Holzanbieter ausweichen könnten, sondern auf eine Belieferung durch die Antragsgegnerin angewiesen wären, sei schon dadurch widerlegt, dass R***** auch nach Einstellung der Belieferung durch die Bayerischen Staatsforsten im Jahr 2006 weiter existiere und überdies die von den österreichischen Sägeunternehmen bei der Antragsgegnerin bezogenen Holzmengen nur einen Bruchteil ihres Holzbezugs ausmachten.

Die derzeitige Rohstoffknappheit bei Holz sei nicht auf die Vereinbarung mit K*****, sondern die Wirtschaftskrise und die geringere Waldnutzungsbereitschaft zurückzuführen.

Damit könne aber der Aufbau einer 5jährigen, von beiden Seiten verlängerbaren Vertragsbeziehung und die Zusage der festgestellten Holzbezugsmengen gegenüber den anderen Marktteilnehmern nicht als Diskriminierung iSd § 2 NVG angesehen werden. Dies gelte umso mehr, wenn man berücksichtige, dass die Antragsgegnerin bereits im November 2005 auch mit B***** einen Mehrjahresvertrag mit sehr großen Liefermengen für die Folgejahre abgeschlossen hatte.

Bei der Preisgestaltung sei eine ex ante-Betrachtung anzustellen und zu prüfen, ob die Preisgestaltung als Ausdruck einer marktkonformen Einschätzung der weiteren Preisentwicklung im Verhältnis zum gebotenen Leistungsumfang gedeutet werden könne. Zu Jahresbeginn 2005 habe der marktübliche Verkaufspreis der Antragsgegnerin für das Leitsegment Fichte SLB 2b+ 58 EUR betragen, sodass der letztlich vereinbarte Kaufpreis von 60 EUR zunächst sogar darüber lag. Bei der Vertragsunterzeichnung sei der Verkaufspreis nahezu ident mit den damaligen Marktpreisen gewesen. Zwar sei mit einer Preissteigerung gerechnet worden; das Ausmaß der nachfolgenden Preisexplosion sei aber nicht vorhersehbar gewesen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass sich die Bayerischen Staatsforsten sowie K***** in einer wirtschaftlich sensiblen Startphase befunden und beide daher angesichts der instabilen Preisentwicklung am Holzmarkt Interesse an einer Preisstabilität für zwei Jahre gehabt hätten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Antragstellers aus den Rekursgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Aktenwidrigkeit mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im antragsstattgebenden Sinn abzuändern.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass uneingeschränkt darauf verwiesen werden kann (§ 60 Abs 2 AußStrG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

2. Die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts sowie die Anwendbarkeit österreichischen Sachrechts wird von den Parteien im Rekursverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen. Insoweit kann auf den im Provisiorialverfahren ergangenen Beschluss des Obersten Gerichtshofs 16 Ok 3/08 verwiesen werden.

3. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Eine Aktenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolge dessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde, nicht aber schon dann, wenn das aufgrund der Beweisaufnahme gewonnene Sachverhaltsbild bloß vom Parteienvorbringen abweicht (RIS-Justiz RS0043347). Daher kann in der Gewinnung tatsächlicher Feststellungen durch Schlussfolgerungen niemals eine Aktenwidrigkeit liegen (RIS-Justiz RS0043421). Eine Aktenwidrigkeit läge nur dann vor, wenn für die bekämpften Tatsachenfeststellungen überhaupt keine beweismäßige Grundlage besteht (RIS-Justiz RS0043277 [T6]).

Der isolierte Hinweis im Rekurs auf einen - noch dazu aus dem Zusammenhang gerissenen - Satz in der Aussage eines Zeugen vermag die behauptete Aktenwidrigkeit der Feststellungen des Erstgerichts nicht darzutun.

4.1. Schließlich erblickt der Rekurswerber einen Verstoß gegen § 182a ZPO, weil das Erstgericht die Parteien nicht darauf hingewiesen habe, dass es nicht vom Vorliegen „gleicher Voraussetzungen“ ausgehe. Andernfalls hätte der Antragsteller nachgewiesen, dass mehrere Unternehmen Interesse an einer langfristigen Bindung gehabt hätten.

4.2. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Das in § 182a ZPO verankerte, über den Verweis des § 14 AußStrG auch im Außerstreitverfahren und damit gemäß § 7 NVG auch im Verfahren nach dem NVG anwendbare Verbot von Überraschungsentscheidungen bedeutet keineswegs, dass das Gericht seine Rechtsansicht vor der Entscheidung kundtun muss. Eine derartige Anleitungspflicht besteht lediglich dann, wenn rechtserhebliche Tatsachen nicht vorgebracht wurden (RIS-Justiz RS0122749). Die Frage, ob auch andere Sägewerksunternehmen eine langfristige Bindung mit der Antragsgegnerin anstrebten, war jedoch Gegenstand des Beweisverfahrens vor dem Erstgericht. Soweit sich der Rekurswerber in diesem Zusammenhang gegen einzelne Feststellungen des Erstgerichts wendet, handelt es sich dabei lediglich um einen unzulässigen und damit unbeachtlichen Versuch, die keiner Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof unterliegende Beweiswürdigung des Erstgerichts zu bekämpfen.

5.1. Die Rechtsrüge ist teilweise nicht gesetzmäßig ausgeführt, soweit der Rekurswerber darin bei seiner Darstellung der Vertragsverhandlungen nicht von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt, sondern von dem von ihm behaupteten Sachverhalt ausgeht (vgl RIS-Justiz RS0043312, RS0043603).

5.2. Hier ist insbesondere zu beachten, dass der vom Erstgericht im Provisorialverfahren als bescheinigt angenommene Sachverhalt aufgrund des zwischenzeitig durchgeführten umfangreichen Beweisverfahrens teilweise Ergänzungen bzw Berichtigungen erfahren hat. Aus diesem Grund lassen sich auch die zum im Provisorialverfahren als bescheinigt angenommenen Sachverhalt getroffenen Aussagen nicht ohne weiteres auf die nunmehr vom Erstgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen übertragen. Nach den nunmehr getroffenen Feststellungen war die Antragsgegnerin bereit, auch mit anderen Anbietern vergleichbare Verträge abzuschließen; der seinerzeit zugrundegelegte Preis war aus damaliger Sicht angemessen und stellte keine einseitige Bevorzugung von K***** dar. Dazu kommt, dass nicht nur mit mehreren anderen Anbietern mittlerweile vergleichbare Verträge bestehen, sondern die Mitglieder des Antragstellers sich ganz überwiegend anderweitig eindecken, sodass die Marktmacht der Antragsgegnerin schwächer ist als dies im Provisorialverfahren angenommen worden war.

5.3. Nach § 2 Abs 1 NVG kann, wer als Lieferant gewerberechtlich befugten Wiederverkäufern bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen ohne sachliche Rechtfertigung unterschiedliche Bedingungen gewährt oder anbietet, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diese Regelung findet sich im ersten Abschnitt des NVG, der die Überschrift „Kaufmännisches Wohlverhalten“ trägt. Damit sieht § 2 NVG - über die (Mindest-)Anforderungen der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen gegen Diskriminierungen (Gender-Richtlinie 76/207/EWG; Antirassismus-Richtlinie 2000/43/EG, Rahmenrichtlinie Beschäftigung 2000/78/EG, Gleichbehandlungsrichtlinie Güter und Dienstleistungen 2004/113/EG) hinaus - ein allgemeines Diskriminierungsverbot vor.

5.4. Dieses im materiellen Recht verankerte allgemeine Diskriminierungsverbot dient nach der Lehre der Aufrechterhaltung der Prinzipien des leistungsgerechten Wettbewerbs (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 30 Rz 4; Barfuß, Das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen „NVG“, ÖZW 1978, 10 ff [11]; F. Prunbauer, Zur Berechnung des Einstandspreises, MR 1989, 116 ff [120]). Auch nach Auffassung der Rechtsprechung geht der Gesetzgeber bei den Spezialtatbeständen des NVG davon aus, dass sie den leistungsgerechten Wettbewerb gefährden (4 Ob 94/89 = JBl 1990, 187 = EvBl 1990/23 = MR 1989, 225 [F. Prunbauer] = ÖBl 1989, 167 - FAMILIA). An dieser Beurteilung hat das Kartellobergericht in seinen Entscheidungen 16 Ok 8/00 und 16 Ok 3/08 ausdrücklich festgehalten.

5.5. Die Antragsgegnerin hat während des gesamten Verfahrens bestritten, dass zwischen den österreichischen Kunden und K***** „gleiche Voraussetzungen“ iSd § 2 NVG vorliegen. Dieses bereits im Provisorialverfahren erstattete Vorbringen hat die Antragsgegnerin ausdrücklich auch zum Vorbringen im Hauptverfahren erhoben (Schriftsatz vom 7. 7. 2009 ON 61).

5.6. Entgegen dem Rekursvorbringen kann das Tatbestandsmerkmal der „gleichen Voraussetzungen“ des § 2 NVG nicht ausschließlich auf unmittelbar kostenrelevante Unterschiede wie Abnahmemengen, Transportleistungen, Sortimentierungen, Abrufmengen sowie Zahlungsangebote (Farnleitner/Straberger, Nahversorgungsgesetz 42) reduziert werden. Vielmehr ist auch die von der K***** Gruppe gebotene Abnahmesicherheit zu berücksichtigen, war doch nach den Feststellungen des Erstgerichts ein vorrangiges Ziel der Suche eines neuen Vertragspartners durch die Bayerischen Staatsforsten, dass dieser insbesondere im Kalamitätsfall für eine rasche Holzabfuhr zur Verfügung stehen sollte.

5.7. Dass die „unterschiedlichen Voraussetzungen“ lediglich Ergebnis der von Seiten der Antragsgegnerin einseitig geführten Vertragsverhandlungen gewesen seien - wie der Rekurswerber vermeint -, trifft schon deshalb nicht zu, weil nach den Feststellungen des Erstgerichts ein mit K***** vergleichbarer Großkunde an einem Vertragsschluss nicht interessiert war, weil er zuerst ein Projekt in der Slowakei realisieren wollte. Damit kann nach den Feststellungen des Erstgerichts keine Rede davon sein, dass die Antragsgegnerin zum Vertragsschluss mit K***** nur aufgrund eines auf diesen „maßgeschneiderten Anforderungsprofils“ gelangt sei. Zudem haben nach den Feststellungen des Erstgerichts auch andere Sägewerke einen vergleichbaren Vertrag zunächst abgelehnt. Dazu kommt, dass B***** mittlerweile gleichfalls über einen entsprechenden langfristigen Vertrag verfügt. Der Rekurswerber verkennt, dass die Sachverhaltsgrundlage insoweit im Vergleich zum Provisorialverfahren durch das abgeführte Beweisverfahren maßgeblich verändert wurde.

5.8. Eine von § 2 NVG verpönte Ungleichbehandlung der tatsächlich belieferten Unternehmen hinsichtlich der vereinbarten Preise liegt nicht vor, waren doch die Preise bei Abschluss des Vertrags mit K***** nach den Feststellungen des Erstgerichts jedenfalls marktkonform. Die Feststellungen des Erstgerichts bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass entsprechend langfristige Lieferverträge im Jahr 2005 mit anderen Sägewerken aus in der Sphäre der Antragsgegnerin liegenden Gründen nicht zustandegekommen wären. Damit liegt es aber an den Mitbewerbern K*****s, wenn sich diese nicht selbst rechtzeitig im Jahr 2005 um eine entsprechende langfristige vertragliche Absicherung bemüht haben. Das Aushandeln günstiger Bedingungen bildet jedenfalls noch kein unübliches Verhalten im Geschäftsleben und ist - abgesehen vom Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (§ 5 KartG) - erlaubt (4 Ob 2365/96i).

5.9. Auch in der Vereinbarung eines variablen Preises, der nur einer relativ geringen vertraglichen Anpassungsspanne von +/- 2 EUR/Fm bzw +/- 5 EUR/Fm unterlag, liegt keine unzulässige Diskriminierung iSd § 2 NVG. Vielmehr ist nach den Feststellungen des Erstgerichts die konkrete Preisgestaltung nachvollziehbar, weil diese - bei der gebotenen Beurteilung ex ante - als Ausdruck einer marktkonformen Einschätzung der weiteren Preisentwicklung im Verhältnis zum gebotenen Leistungsumfang gedeutet werden kann. Dazu kommt, dass nach den Verfahrensergebnissen auch anderen Unternehmen vergleichbare Konditionen eingeräumt wurden. Die von mehreren - vom Erstgericht zutreffend hervorgehobenen - Faktoren abhängige seinerzeitige Preisentwicklung lässt noch keinen Rückschluss darauf zu, dass der Preis nicht angemessen gewesen wäre. Damit fehlt es aber schon an den „gleichen Voraussetzungen“ iSd § 2 NVG.

Die gegenteilige Auffassung des Rekurswerbers verkennt, dass ein allenfalls derzeit oder im Zeitpunkt der Antragstellung bestehendes Interesse von Mitgliedern des Antragstellers an einem Abschluss vergleichbarer Verträge noch keinen Rückschluss darauf zulässt, dass der bereits 2005 erfolgte Vertragsabschluss mit K***** eine unzulässige Diskriminierung iSd § 2 NVG darstellt. Vielmehr ist hier nicht nur das damalige - unterschiedliche - Preisniveau zu berücksichtigen, sondern auch die mangelnde Vergleichbarkeit der Abnahmemengen und der vom Antragsgegner gewünschten Langfristigkeit der Vertragsbeziehung.

5.10. Ist demnach der Tatbestand des § 2 NVG nicht erfüllt, kann auch keine Rede davon sein, dass das Erstgericht von der bisherigen Auslegung des NVG durch den Obersten Gerichtshof abgewichen wäre. Fehlt es aber schon am Vorliegen gleicher Voraussetzungen, so bedarf es keines Eingehens auf die allfällige Rechtfertigung der Gewährung unterschiedlicher Bedingungen.

Schlagworte

Sägerundholz IV,

Textnummer

E94335

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0160OK00001.1.0609.000

Im RIS seit

28.07.2010

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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