Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art131 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2000/16/0052 2000/16/0054 2000/16/0053Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerden 1) der D GmbH als Rechtsnachfolgerin E GmbH und 2) der L-GmbH in L, beide vertreten durch Wolf Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien 1010, Schubertring 8, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 18. November 1999, GZ. Jv 1070-33/97 und Jv 1071-33/97, betreffend Gerichtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit "Kaufvertrag und Anwartschaftsvertrag zur Begründung von Wohnungseigentum" vom 4. Dezember 1991 erwarben die beschwerdeführenden Gesellschaften gemeinsam mit der A GmbH von der S GmbH und von der I GmbH mit Wirksamkeit 1. April 1991 Miteigentum an den Liegenschaften EZ 25 und EZ 2177, jeweils KG Urfahr, wobei mehrere Grundstücke auf das Grundstück 1663 als die "vertragsgegenständliche Liegenschaft" zusammengelegt wurden.
Mit Grundbuchsgesuch vom 24. Juli 1995 (eingelangt am 6. Oktober 1995) beantragten die Erstbeschwerdeführerin, die Zweitbeschwerdeführerin, die C GmbH sowie Rechtsanwalt Dr. H als Masseverwalter der I GmbH beim Bezirksgericht Linz die Eintragung des Eigentums der im Gesuch näher bezeichneten Liegenschaften.
Auf Grund dieses Gesuchs bewilligte und vollzog das Bezirksgericht Linz die Eintragung ob der Liegenschaft EZ 2177 Grundbuch 45212 Urfahr, zu 45.332/100.000 Anteilen für die Erstbeschwerdeführerin und zu 18.600/100.000 Anteilen für die Zweitbeschwerdeführerin.
Auf Grund der vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz (im folgenden kurz: Finanzamt) ausgestellten Unbedenklichkeitsbescheinigungen, die für die Eintragungsgebühr eine Bemessungsgrundlage von S 59,926.000,00 (Erstbeschwerdeführerin) und S 35,000.000,00 (Zweitbeschwerdeführerin) nannten, schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Linz jeweils mit Zahlungsauftrag die Eintragungsgebühr in Höhe von S 599.260,00 (Erstbeschwerdeführerin) und S 350.000,00 (Zweitbeschwerdeführerin) vor. Die Beträge wurden von den Beschwerdeführerinnen auch entrichtet.
Mit Bescheiden vom 20. Dezember 1996 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz den Beschwerdeführerinnen die Grunderwerbsteuer auf der Basis des im Kaufvertrag vom 4. Dezember 1991 ausgewiesenen (anteiligen) Kaufpreises zuzüglich der laut Schlussrechnungen an die Beschwerdeführerinnen jeweils verrechneten Baukosten vor. Die diesen Vorschreibungen zugrunde liegenden Bemessungsgrundlagen betrugen S 386,217.075,00 (Erstbeschwerdeführerin) und S 105,999.005,00 (Zweitbeschwerdeführerin).
Am 27. Dezember 1996 berichtigte das Finanzamt die Bemessungsgrundlage auf den Unbedenklichkeitsbescheinigungen zum Kauf vom 4. Dezember 1991 auf S 386,217.075,00 (Erstbeschwerdeführerin) und S 105,999.005,00 (Zweitbeschwerdeführerin).
Daraufhin schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Linz den Beschwerdeführerinnen mit Zahlungsaufträgen vom
17. und 20. März 1997 unter Anrechnung der bereits entrichteten Eintragungsgebühr nach Maßgabe der TP 9 lit. b Z. 1 GGG die restliche Eintragungsgebühr in Höhe von S 3,263.011,00 (Erstbeschwerdeführerin) und S 710.090,00 (Zweitbeschwerdeführerin) vor.
Gegen diese Zahlungsaufträge des Kostenbeamten des BG Linz begehrten die Beschwerdeführerinnen die Berichtigungen mit der Begründung, gegen die Neufestsetzung der Grunderwerbsteuer werde Berufung erhoben.
Mit Schreiben vom 15. November 1999 teilte die Finanzlandesdirektion Oberösterreich der belangten Behörde mit, dass mit Berufungsentscheidungen vom 12. November 1999 den gegen die Grunderwerbsteuer eingebrachten Berufungen der Beschwerdeführerinnen nicht Folge gegeben werde und die Abgabenvorschreibungen des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern daher rechtskräftig seien.
Die belangte Behörde gab mit Bescheid vom 18. November 1999 den Anträgen auf Berichtigung bzw. Aufhebung der Zahlungsaufträge nicht statt und verwies in der Begründung ihres Bescheides im Wesentlichen auf das hg. Erkenntnis vom 19. März 1997, Zl. 95/16/0174, mit dem entschieden wurde, dass eine Bindung an den Berufungsbescheid der Finanzlandesdirektion betreffend Grunderwerbsteuer bestehe.
Gegen diesen Bescheid richten sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerden. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich aus den Beschwerden erkennbar jeweils in ihrem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung weiterer Gerichtsgebühren verletzt.
Die belangte Behörde legte den Akt des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 28. September 2000, Zlen. 99/16/0519, 0520, die Grunderwerbsteuer betreffenden Bescheide der Finanzlandesdirektion Oberösterreich gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil nicht auszuschließen war, dass in die Bemessungsgrundlage bei der Heranziehung der gesamten Kosten auch Anteile für die nicht unter die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer fallende Einrichtungen und Ausstattungen miteinbezogen wurden und sich daraus ein geringerer Abgabenbetrag ergeben könnte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
§ 26 Abs. 1 GGG lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Der für die Berechnung der Eintragungsgebühr maßgebende
Wert ist ... mit dem Betrag anzusetzen, der der Ermittlung der
Grunderwerbsteuer oder Erbschafts- oder Schenkungssteuer
zugrundezulegen wäre; ... Das Finanzamt hat diesen Betrag
(Bemessungsgrundlage) in der Unbedenklichkeitsbescheinigung
anzugeben ... Das Finanzamt hat die in der
Unbedenklichkeitsbescheinigung angegebene Bemessungsgrundlage zu berichtigen, wenn sich ihre Unrichtigkeit im Zuge eines die Grunderwerbsteuer oder die Erbschafts- und Schenkungssteuer betreffenden abgabenbehördlichen Verfahrens oder auf Grund einer Anfrage der mit der Einhebung der Eintragungsgebühr betrauten Stellen herausstellt. Erfolgt eine solche Berichtigung nach der in Rechtskraft erwachsenen Vorschreibung der Eintragungsgebühr, so ist die Eintragungsgebühr von Amts wegen neu zu bemessen."
Nach ständiger hg. Judikatur sind alle Aufwendungen eines Käufers, der an ein vorgegebenes bestimmtes Objekt gebunden ist, in die grunderwerbsteuerlich relevante Gegenleistung einzubeziehen, insbesondere die Kosten für die Herstellung des Gebäudes (vgl. die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 88 Abs. 1 zu § 5 GrEStG referierte hg. Judikatur). Dies gilt insbesondere auch für einen Käufer, der zwar betreffend die Herstellung des Gebäudes einen gesonderten Werkvertrag abschließt, dabei aber an ein bereits durch die Planung des Verkäufers vorgegebenes Gebäude gebunden ist und der auf die bauliche Gestaltung des Objektes keinen Einfluss nehmen kann (vgl. Fellner, a.a.O. Rz 88a Abs. 5 und 6 sowie Rz 88b Abs. 1 und die dort referierte hg. Judikatur und das hg. Erkenntnis vom 28. September 2000, Zlen. 99/16/0519, 0520).
Als Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr ist der Betrag heranzuziehen, der der Ermittlung der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen wäre. Die zur Entscheidung der Gerichtsgebührenfrage zuständige Behörde ist zwar an die Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht gebunden, weil diese keinen Bescheid darstellt, wohl aber an einen zur Zeit der Erlassung des Gerichtsgebührenbescheides bereits vorliegenden Berufungsbescheid der Finanzlandesdirektion (vgl. Tschugguel/Pötscher, MGA, Gerichtsgebühren6 unter E 3 zu § 26 GGG).
Die Beschwerdeführerinnen brachten vor, dass über die Rechtmäßigkeit des die Eintragungsgebühr vorschreibenden Bescheides bis zur endgültigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des die Grunderwerbsteuer vorschreibenden Bescheides keine Entscheidung getroffen werden könne.
Mit dem Erkenntnis vom 28. September 2000, Zlen. 99/16/0519, 0520, hat der Verwaltungsgerichtshof die im Beschwerdefall der Vorschreibung der Eintragungsgebühr zugrundeliegenden Grunderwerbsteuerbescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 12. November 1999 wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Grunderwerbsteuerbescheide, auf die sich die Abgabenfestsetzung stützt, sind mit dem Erkenntnis vom 28. September 2000 aus dem Rechtsbestand genommen worden.
Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 18. November 1999 waren die am 12. November 1999 ergangenen Grunderwerbsteuerbescheide jedoch rechtskräftig. Die belangte Behörde konnte im Zeitpunkt der Bescheiderlassung zunächst nur vom Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides ausgehen und danach die Abgaben bemessen.
Bei Bescheidbeschwerden ist der angefochtene Bescheid auf Grundlage der zum Zeitpunkt der Erlassung bestehenden Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Nachträgliche Rechtsänderungen oder nachträgliche Sachverhaltsänderungen sind nicht zu berücksichtigen. Gegenstand der Kontrolle ist lediglich, ob der angefochtene Bescheid zum Zeitpunkt seiner Erlassung rechtmäßig war (vgl. Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht 8, Rz 1020).
Wird durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes der angefochtene Bescheid aufgehoben, so tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des Bescheides befunden hat. Diese ex-tunc Wirkung des aufhebenden Erkenntnisses bewirkt, dass die Rechtslage zwischen Erlassung des angefochtenen Bescheides und seiner Aufhebung so zu betrachten ist, als sei der Bescheid nie erlassen worden. Insbesondere treten solche Bescheide, die durch den nunmehr aufgehobenen Bescheid beseitigt wurden, wieder in Kraft (vgl. Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht 8, Rz 1035).
Die Grunderwerbsteuerbescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 12. November 1999 wurden vom Verwaltungsgerichtshof zwar zeitlich nachfolgend aber mit Wirkung ex tunc aufgehoben. Der angefochtene Bescheid kann sich daher rechtens nicht auf diese Bescheide stützen. Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 2000 waren aber nur die Grunderwerbsteuerbescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 12. November 1999 extunc aus dem Rechtsbestand beseitigt worden. Die Bescheide der ersten Instanz verblieben aber im Rechtsbestand. Damit ist durch die Aufhebung der Grunderwerbsteuerbescheide durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 2000 im Ergebnis keine Änderung hinsichtlich der gesonderten Grunderwerbsteuerfestsetzung als Grundlage für die Gerichtsgebührenvorschreibung eingetreten, weil die Rechtskraft der Grunderwerbsteuerbescheide nicht Voraussetzung für die Vorschreibung der Gerichtsgebühren ist (vgl. dazu das hg Erkenntnis vom 20. April 1989, Zl. 88/16/0031) und die Grunderwerbsteuerbescheide der ersten Instanz im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides jedenfalls dem Rechtsbestand angehörten. Es besteht eine Bindung der Justizverwaltungsbehörden an die Bemessungsgrundlage des Grunderwerbsteuer, wenn diese im abgabenbehördlichen Verfahren bescheidmäßig erfolgt ist (vgl. Tschugguel/Pötscher Gerichtsgebühren6, S. 125 zu § 26 GGG).
Nach der mit Erkenntnis vom 28. September 2000, Zlen. 99/16/0519, 0520, erfolgten Aufhebung der in zweiter Instanz ergangenen Grunderwerbsteuerbescheide vom 12. November 1999 werden rechtmäßige Grunderwerbsteuerbescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich zu ergehen und daran anschließend wird gegebenenfalls eine Neubemessung des Gerichtsgebührenbescheides nach § 26 Abs. 1 GGG zu erfolgen haben.
Die Beschwerdeführerinnen zeigten somit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Mit Rücksicht auf die durch die hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am 24. Jänner 2001
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH AllgemeinBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000160051.X00Im RIS seit
24.10.2001Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009