Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juni 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gotsmy als Schriftführer in der Strafsache gegen Matthias S***** und Manuel P***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Matthias S***** sowie die Berufungen des Manuel P***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Jugendschöffengericht vom 21. Jänner 2010, GZ 10 Hv 94/09k-68, sowie über die Beschwerden beider Angeklagter gegen die unter einem gefassten Beschlüsse nach §§ 50, 51 und 52 StGB nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Sperker, des Angeklagten Manuel P***** und der Verteidiger Mag. Reichl und Mag. Haas zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A./1./, A./2./, B./1./ und B./2./, demgemäß auch in den die beiden Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (nicht aber im Einziehungserkenntnis und im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche) ebenso aufgehoben wie die ergangenen Beschlüsse nach §§ 50, 51 und 52 StGB und
A./ in der Sache selbst erkannt:
I./ Matthias S***** wird vom Vorwurf, er habe im Zeitraum 14. Jänner 2007 bis 16. Juli 2009 in Bad Hall und anderen Orten Österreichs psylocibinhältige Pilze erworben und besessen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
II./ Matthias S***** hat vom 14. Jänner 2007 bis 16. Juli 2009 in Bad Hall und anderen Orten Österreichs den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich Cannabisprodukte, Amphetamin und LSD ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen und hiedurch die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG begangen.
Er wird hiefür sowie wegen der ihm weiters zur Last liegenden Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln nach § 27 Abs 1 Z 2, Abs 2 SMG unter Anwendung des § 28 StGB und des § 36 StGB nach § 28a Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 29 Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs 4 StGB ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe von 20 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.
III./ Manuel P***** hat von Herbst 2006 bis 14. Februar 2008, vom 17. Februar 2008 bis 30. Juni 2008 und vom 10. November 2008 bis 18. Mai 2009 in Lembach und anderen Orten Österreichs den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich Cannabisprodukte, Amphetamin, LSD und Kokain ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen und hiedurch die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG begangen.
Er wird hiefür sowie wegen des ihm weiters zur Last liegenden Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 15 StGB unter Anwendung des § 28 StGB und des § 36 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 47 Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs 4 StGB iVm § 41 Abs 3 StGB ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe von 32 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.
IV./ Über die Vorhaftanrechnungen bei beiden Angeklagten und über eine Vorgangsweise nach §§ 50 ff StGB wird das Erstgericht zu befinden haben.
V./ Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft, mit ihren Beschwerden werden beide Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
B./ Im Umfang der Aufhebung der Schuldsprüche A./1./, A./2./, B./1./. und B./2./ in Bezug auf den Erwerb und Besitz von XTC-Tabletten und Subuxone-Tabletten wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
C./ Den Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Matthias S***** der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF (A./1./), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (B./1./), der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG (C./1./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (C./3./) sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 2, Abs 2 SMG (D./) und Manuel P***** der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF (A./2./), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (B./2./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (C./1./ und 2./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (C./4./), des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (E./) sowie des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 15 StGB (F./) schuldig erkannt.
Danach haben sie
A./ den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen, und zwar
1./ Matthias S***** im Zeitraum 14. Jänner 2007 bis 31. Dezember 2007 in Bad Hall und anderen Orten Österreichs durch den Erwerb unbekannter Mengen an Cannabis, Amphetaminen, XTC-Tabletten, Subuxone-Tabletten, psylocibinhältigen Pilzen und LSD sowie Besitz des Suchtgifts bis zum Eigenkonsum;
2./ Manuel P***** im Zeitraum Herbst 2006 bis November 2006 und Anfang April 2007 bis 31. Dezember 2007 in Lembach und anderen Orten Österreichs durch den Erwerb unbekannter Mengen an Cannabis, Amphetaminen, XTC-Tabletten, LSD und Kokain sowie Besitz des Suchtgifts bis zum Eigenkonsum;
B./ den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen, und zwar
1./ Matthias S***** im Zeitraum 1. Jänner 2008 bis 16. Juli 2009 in Bad Hall und anderen Orten Österreichs durch den Erwerb unbekannter Mengen an Cannabis, Amphetaminen, XTC-Tabletten, Subuxone-Tabletten, psylocibinhältigen Pilzen und LSD sowie Besitz des Suchtgifts teils bis zum Eigenkonsum, teils bis zur Weitergabe an die in Faktum C./3./ genannten Personen und zum Teil bis zur Sicherstellung durch die Polizei;
2./ Manuel P***** im Zeitraum 1. Jänner 2008 bis 14. Februar 2008, 17. Februar 2008 bis 30. Juni 2008 und 10. November 2008 bis 18. Mai 2009 in Lembach und anderen Orten Österreichs durch Erwerb unbekannter Mengen an Cannabis, Amphetaminen, XTC-Tabletten, LSD und Kokain sowie Besitz des Suchtgifts teils bis zum Eigenkonsum, teils bis zur Weitergabe an die in Faktum C./4./ genannten Personen;
C./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge eingeführt, ausgeführt bzw anderen überlassen, und zwar
1./ Matthias S***** und Manuel P***** als Beteiligte (§ 12 StGB) im Frühjahr/Sommer 2008 in einem Angriff durch Aus- und Einfuhr von insgesamt zumindest 800 g Marihuana von Tschechien nach Österreich;
2./ Manuel P***** im Zeitraum Frühjahr 2008 bis Jänner 2009 in einer Vielzahl von Angriffen, teils allein, teils mit anderen Personen als Beteiligte (§ 12 StGB) durch Aus- und Einfuhr von zumindestens 17.065 g Marihuana von Tschechien nach Österreich;
3./ Matthias S***** im Zeitraum Sommer 2006 bis 16. Juli 2009 durch den Verkauf einer insgesamt unbekannten (4.000 g übersteigenden) Menge Marihuana, zumindest jedoch von 4.000 g im Zeitraum 1. Jänner 2008 bis 16. Juli 2009 an im Spruch angeführte Abnehmer;
4./ Manuel P***** im Zeitraum Februar 2008 bis Juli 2008 durch den Verkauf von 4.180 g Marihuana an im Spruch angeführte Abnehmer;
D./ Matthias S***** im Zeitraum Mai 2009 bis Juli 2009 in Ried im Traunkreis vorschriftswidrig sechs Cannabispflanzen zum Zwecke der Suchtgiftgewinnung zum persönlichen Gebrauch angebaut;
E./ Manuel P***** am 19. Februar 2009 in St. Martin im Mühlkreis eine fremde Sache, nämlich die Motorhaube des PKWs der Sabine E***** beschädigt, indem er mit der Faust darauf schlug;
F./ Manuel P***** in Sarleinsbach anderen fremde bewegliche Sachen durch Einbruch mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, bzw wegzunehmen versucht, und zwar
1./ im Zeitraum 19. bis 21. Mai 2008 dem F***** durch Nachsperre mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel zumindestens 100 EUR Bargeld;
2./ im Sommer 2008 dem F***** durch Nachsperre mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel zumindestens 40 EUR Bargeld;
3./ im Herbst 2008 dem F***** durch Nachsperre mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel, wobei es beim Versuch blieb;
4./ in der Nacht zum 1. Mai 2009 gemeinsam mit dem gesondert verfolgten Raphael G***** dem F***** drei Aschenbecher von nicht näher bekanntem Wert durch Aufzwängen eines Fensters und Einsteigen in das Gebäude, wobei es hinsichtlich der Wegnahme von Bargeld durch Nachsperre mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel beim Versuch blieb;
5./ in der Nacht zum 1. Mai 2009 gemeinsam mit dem gesondert verfolgten Raphael G***** der T***** GmbH 150 EUR Bargeld durch Aufbrechen einer Schranktüre.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Matthias S*****, der keine Berechtigung zukommt.
Die Mängelrüge (Z 5) kritisiert die Begründung zur Urteilsannahme, dass der Erstangeklagte nicht an Suchtmittel gewöhnt und daher § 28a Abs 3 SMG nicht anwendbar war. Die dagegen erhobenen Einwände übergehen allerdings, dass das Schöffengericht die Voraussetzungen der Privilegierung nach § 28a Abs 3 SMG auch deswegen verneint hatte, weil der Beschwerdeführer die ihm angelasteten Suchtmittelstraftaten nicht vorwiegend deshalb begangen hatte, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel zu ihrem Erwerb zu verschaffen (US 12). Solcherart gehen die Einwände bloß gegen eine Komponente des Ausschlusses der Privilegierung von vornherein ins Leere.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Matthias S***** war daher zu verwerfen.
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde waren allerdings bei beiden Angeklagten die dem Urteil zu den Schuldsprüchen A./1./, A./2./, B./1./ und B./2./ anhaftenden Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 9 lit a und Z 10 StPO von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 StPO).
Der Erwerb und Besitz einer die Grenzmenge übersteigenden Menge an Suchtgift mit erweitertem Vorsatz iSd § 28 Abs 1 erster Satz SMG steht in Bezug auf ein nachfolgendes Überlassen desselben Suchtgifts in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge an Dritte nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG im Scheinkonkurrenzverhältnis der Subsidiarität (vgl Litzka/Matzka/Zeder SMG2 § 28 Rz 12; Schwaighofer in WK2 § 28 SMG Rz 29; RIS-Justiz RS0113820). Die selbständig vertypte Vorbereitungshandlung zum Verbrechen des Suchtgifthandels kommt schon in der Überschrift des § 28 SMG zum Ausdruck.
Der (kontinuierliche) Erwerb und Besitz jeweils kleinerer Mengen von Suchtgift mit dem Vorsatz, dieses einem Dritten weiterzugeben, wäre nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu beurteilen. Dieses Delikt ist im Vergleich mit § 28 Abs 1 SMG mit einer deutlich geringeren Strafe bedroht. Argumento a maiori ad minus muss daher diese strafbare Handlung bei einem an den Erwerb und Besitz anschließenden, mit von vornherein bestehenden Additionsvorsatz vorgenommenen Überlassen derselben Substanz an andere nach Überschreiten der Grenzmenge und damit ab Tatbestandsmäßigkeit iSd § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG ebenfalls subsidiär zum bereits verwirklichten Verbrechen des Suchtgifthandels sein. Die vom Erstgericht dessen ungeachtet vorgenommene Subsumtion des in den Schuldsprüchen B./1./ und B./2./ zusammengefassten Erwerbs und Besitzes von Suchtgiften bis zur in den Schuldsprüchen C./3./ und C./4./ inkriminierten Weitergabe jeweils unter § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG erfolgte daher rechtsirrig; die diesbezüglichen Schuldsprüche hatten ersatzlos zu entfallen.
Matthias S***** wurde in den Schuldsprüchen A./1./ und B./1./ zusätzlich der Erwerb und Besitz von psylocibinhältigen Pilzen angelastet. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 27 Abs 1 Z 3 SMG sind derartige Handlungen von einer Strafbarkeit nach dem SMG nicht (mehr) erfasst. Dies entspricht dem klaren und unmissverständlichen Intentionen der Gesetzesverfasser (vgl EBRV SMG-Novelle 2007, 301 BlgNR 23. GP, 12; Litzka/Matzka/Zeder SMG2 § 27 Rz 54; Schwaighofer in WK2 § 27 SMG Rz 52; 14 Os 57/09b). Diese im Schuldspruch B./1./ dargestellten (ab 1. Jänner 2008 vorgeworfenen) Modalitäten in Bezug auf psylocibinhältige Pilze sind daher straflos; jene im Schuldspruch A./1./ (vor dem 1. Jänner 2008 angelasteten) in Anwendung der §§ 1 Abs 1, 61 StGB im Zeitpunkt der Verurteilung nicht mehr strafbar (vgl Höpfel in WK2 § 61 Rz 3). Insoweit war daher mit einem Freispruch nach § 259 Z 3 StPO vorzugehen.
Der in den Schuldsprüchen B./1./ und B./2./ darüber hinaus inkriminierte Erwerb und Besitz von Suchtmitteln „zum Eigenkonsum“ ab 1. Jänner 2008 wurde vom Schöffengericht ausnahmslos dem § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG unterstellt. Ob die Begehung der Tat in diesem Sinne ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erfolgte, richtet sich - entgegen der offenbar vom Erstgericht vertretenen Auffassung - nicht nach einer Gesamtbetrachtung aller dieselbe strafbare Handlung begründenden Straftaten. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang jeder einzelne - jeweils für sich eine selbständige strafbare Handlung begründende - Suchtgiftbezug gesondert zu betrachten. Der festgestellte Erwerb und Besitz von Suchtgiftquanten für den eigenen Konsum (vgl US 8 f) entspricht einer Verwendung ausschließlich zum persönlichen Gebrauch und unterliegt der Privilegierung nach § 27 Abs 2 SMG. Insoweit waren daher die beiden Angeklagten jeweils der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG schuldig zu erkennen.
Darüber hinaus war auch der beiden Angeklagten vorgeworfene und vor dem 1. Jänner 2008 liegende Erwerb und Besitz von Suchtgiften (Schuldsprüche A./1./ und A./2./) entgegen der Vorgangsweise des Erstgerichts unter Anwendung des § 61 StGB dem § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG nF zu unterstellen (vgl RIS-Justiz RS0124177).
Hinsichtlich der im Spruch (US 1 f) und in den Urteilsgründen (US 8 f) genannten XTC-Tabletten, deren Erwerb und Besitz beiden Angeklagten angelastet wurde und den Subuxone-Tabletten, deren Erwerb und Besitz Matthias S***** vorgeworfen wurde (vgl Schuldsprüche A./1./, A./2./, B./1./ und B./2./), fehlen jegliche Konstatierungen, welche in der SuchtgiftVO genannte Suchtgifte sie enthielten. Insofern liegt ein von Amts wegen aufzugreifender Mangel an Feststellungen vor, der zur Aufhebung dieser Schuldspruchteile führen musste. Diesbezüglich werden im zweiten Rechtsgang - sofern notwendig (§ 192 Abs 1 Z 1 StPO) - ergänzende Urteilsannahmen zu treffen sein.
Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher in den Schuldsprüchen A./1./, A./2./, B./1./ und B./2./, demgemäß auch in den die beiden Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (nicht aber im Einziehungserkenntnis und im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche) ebenso aufzuheben wie die ergangenen Beschlüsse nach §§ 50, 51 und 52 StGB.
Ausgehend von den Urteilsannahmen des Erstgerichts war daher einerseits gemäß § 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO in der Sache selbst zu erkennen.
Matthias S***** war demnach vom Vorwurf, er habe im Zeitraum 14. Jänner 2007 bis 16. Juli 2009 in Bad Hall und anderen Orten Österreichs psylocibinhältige Pilze erworben und besessen, gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen (A./I./).
Matthias S***** und Manuel P***** waren darüber hinaus im dargestellten Umfang jeweils der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG schuldig zu erkennen (A./II./ und A./III./).
Der in den Schuldsprüchen B./1./ und B./2./ nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG vom Erstgericht zusammengefasste Erwerb und Besitz von Suchtgiften bis zur in den Schuldsprüchen C./3./ und C./4./ inkriminierten Weitergabe hatte hingegen ersatzlos zu entfallen.
Im Umfang der Aufhebung der Schuldsprüche A./1./, A./2./, B./1./ und B./2./ in Bezug auf den Erwerb und Besitz von XTC-Tabletten und Subuxone-Tabletten war hingegen die Sache gemäß § 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (B./).
Weil der aufgehobene, im zweiten Rechtsgang zu erledigende Teil der die beiden Angeklagten betreffenden Schuldsprüche im Vergleich zu dem rechtskräftig gewordenen keinen wesentlichen Einfluss auf eine allenfalls nach neuer Verhandlung und Entscheidung zu fällende (iSd §§ 31, 40 StGB: Zusatz-)Strafe hat (was die Staatsanwaltschaft übrigens in Betreff der Teilkassation zu einem Vorgehen nach § 192 Abs 1 Z 1 StPO berechtigt; vgl 13 Os 39/09y), erachtete der Oberste Gerichtshof die sofortige Neubemessung der Strafe als angebracht.
Dabei waren als erschwerend bei Matthias S***** der lange Tatzeitraum, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art und die Begehung der Taten teilweise aus Gewinnsucht sowie bei Manuel P***** der lange Tatzeitraum, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art, die Begehung der Taten teilweise aus Gewinnsucht, die Aus- und Einfuhr von Haschisch in einem ein Vielfaches der Qualifikationsgrenze des § 28a Abs 4 Z 3 SMG erreichenden Ausmaß (mehr als 89-fache Grenzmenge) und die Weitergabe von Suchtmitteln an minderjährige Personen zu werten.
Als mildernd hingegen waren bei Matthias S***** das untadelige Vorleben, die teils geständige Verantwortung und die Begehung der Taten teilweise sogar vor Vollendung des 18. Lebensjahres sowie bei Manuel P***** das untadelige Vorleben, das umfassende, reumütige und zur Wahrheitsfindung bzw Aufdeckung von Straftaten anderer beitragende Geständnis, dass es teilweise beim Versuch blieb, die Begehung der Taten vor Vollendung des 21. Lebensjahres und eine teilweise Schadensgutmachung in Anschlag zu bringen.
In Abwägung des von den Angeklagten verwirklichten Unrechts und ihrer Schuld war unter Berücksichtigung des Wegfalls von Schuldsprüchen eine jeweils um ein Monat geringere Strafe als jene vom Erstgericht festgesetzte Sanktion, somit
bei Matthias S***** eine Freiheitsstrafe von 29 Monaten und
bei Manuel P***** eine Freiheitsstrafe von 47 Monaten
zu verhängen.
Diese Strafen waren im Hinblick auf das erhebliche Gewicht der Milderungsgründe entsprechend der Vorgangsweise des Erstgerichts zum Teil bedingt nachzusehen, und zwar
bei Matthias S***** nach § 43a Abs 4 StGB ein Teil der Freiheitsstrafe von 20 Monaten und
bei Manuel P***** - unter Berücksichtigung des umfassenden Geständnisses - nach § 41 Abs 3 StGB iVm § 43a Abs 4 StGB ein Teil der Freiheitsstrafe von 32 Monaten.
In beiden Fällen war eine Probezeit von jeweils drei Jahren angemessen.
Über die Vorhaftanrechnungen bei beiden Angeklagten sowie über eine Vorgangsweise nach §§ 50 ff StGB wird das Erstgericht zu befinden haben.
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft, mit ihren implizierten (§ 498 Abs 3 StPO) Beschwerden waren beide Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E94448European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0120OS00039.10T.0610.000Im RIS seit
08.08.2010Zuletzt aktualisiert am
29.01.2013