Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hurch, Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. J***** N*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M***** V*****, vertreten durch Dr. Josef Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe I. eines Liegenschaftsanteils (Streitwert 58.800 EUR) und II. von Wertpapieren (Streitwert 98.746 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Juni 2009, GZ 16 R 36/09w-61, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO haftet einer Entscheidung nur an, wenn sie gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie nicht überprüfbar ist (RIS-Justiz RS0042133 [T6]). Das Berufungsverfahren ist mangelfrei, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge überhaupt befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und objektiv nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und in seinem Urteil festgehalten hat (RIS-Justiz RS0043150; vgl auch RS0043185); dabei muss es sich nicht mit jedem einzelnen Beweisergebnis auseinandersetzen.
Mit den in der Revision zitierten, aus dem Zusammenhang gerissenen Satzteilen wird auch keine bloße „Scheinbegründung“ des Berufungsurteils dargetan. Die inhaltliche Richtigkeit der Beweiswürdigung der Vorinstanzen kann aber vor dem Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht mehr angefochten werden (RIS-Justiz RS0043150 [T2]; RS0106079).
2. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass vom Berufungsgericht überprüfte und verneinte Vefahrensmängel erster Instanz nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden können (ua RIS-Justiz RS0030748; RS0042963). Auch ein dem Berufungsgericht selbst unterlaufener Verfahrensverstoß würde nur dann den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO erfüllen, wenn er abstrakt geeignet wäre, eine unrichtige Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz herbeizuführen. Diese Voraussetzung hat der Revisionswerber darzutun, wenn die Erheblichkeit des Mangels nicht offenkundig ist (RIS-Justiz RS0043027 [T10]).
Welche relevanten Tatsachenfeststellungen die Vorinstanzen bei Durchführung der abgewiesenen Beweisanträge des Klägers treffen hätten können, lässt die Revision aber offen. Sie setzt sich insbesondere nicht mit der schlüssigen Argumentation der Vorinstanzen über die Unerheblichkeit des Beweisthemas - die der Revisionswerber offenbar mit einer vorgreifenden Würdigung des fiktiven Beweisergebnisses verwechselt - auseinander.
3. Durch Art 6 Abs 1 MRK wird das Recht des Klägers geschützt, seine Sache dem Gericht zur Entscheidung vorzutragen. Dieser Artikel verpflichtet das Gericht jedoch nicht zu einer bestimmten Form des Beweisverfahrens (vgl RIS-Justiz RS0074938; RS0105594), insbesondere nicht zur Ladung unbekannter „informierter Vertreter“ als Zeugen. Das Berufungsgericht ist bei der Bestätigung der Abweisung des auf Ladung eines informierten „Bilanzbuchhalters“ einer Vesicherungsaktiengesellschaft gerichteten Beweisantrags des Klägers nicht von der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, die derartige Beweismittel im Zivilprozess für unzulässig erklärt, abgewichen. Der Umstand, dass die zitierten Entscheidungen älteren Datums sind - was wegen der grundsätzlichen Unanfechtbarkeit von in zweiter Instanz verneinten Verfahrensmängeln nicht überraschen kann -, bietet ohne dazwischengetretene Änderung der einschlägigen Gesetzeslage noch keinen Anlass für eine Neubeurteilung. Der Verweis des Revisionswerbers auf § 258 Abs 2 ZPO übersieht, dass es sich bei der dort genannten „informierten Person“ nicht um ein Beweismittel handelt, sondern um einen fakultativen Repräsentanten der Partei, der bei Bedarf von ihr selbst auszuwählen und stellig zu machen ist.
4. Die Rechtsausführungen des Revisionswerbers über das Verhältnis des Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu anderen Rechtsbehelfen setzen sich über den festgestellten Sachverhalt hinweg, dem die notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung dieses Rechtsinstituts nicht zu entnehmen sind.
Die in § 1435 ABGB geregelte Kondiktion wegen Wegfalls des rechtlichen Grundes greift Platz, wenn ein Grundgeschäft, das zunächst gültig zustande gekommen ist, in der Folge wegfällt (RIS-Justiz RS0033573). Im vorliegenden Fall resultiert aber der Ausschluss eines Bereicherungsanspruchs aus dem die Vermögensverschiebung rechtfertigenden, mangels erfolgreicher Anfechtung gültigen Schenkungsvertrag (vgl RIS-Justiz RS0033585; RS0028179; RS0020022; RS0033931 [T1]).
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war daher die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Schlagworte
ZivilverfahrensrechtTextnummer
E94532European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0050OB00218.09H.0622.000Im RIS seit
19.08.2010Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010