TE OGH 2010/6/23 4Nc11/10w

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Veröffentlicht am 23.06.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** S*****, vertreten durch Mag. Gerd Egner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei A***** AG, *****, wegen 100 EUR sA, über den Ordinationsantrag der klagenden Partei folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem vorlegenden Gericht wird aufgetragen, ein Verbesserungsverfahren über die Klage einzuleiten.

Text

Begründung:

Die Klägerin mit Wohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichts Voitsberg begehrt mit ihrer bei diesem Gericht eingebrachten Klage von der Beklagten die Rückzahlung einer im Rahmen einer Werbeveranstaltung geleisteten Anzahlung auf einen Kaufvertrag, den sie widerrufen habe. In der Klage ist die Beklagte (in der Rechtsform einer AG) mit ihrer Firma und einem Postfach in der Schweiz angeführt. Die Klägerin bringt vor, es liege für sie ein Verbrauchergeschäft vor, weshalb sie den Gerichtsstand nach Art 14 EuGVÜ/LGVÜ in Anspruch nehme. Da diese Bestimmung nur die internationale, nicht aber eine örtliche Zuständigkeit festlege, werde an den Obersten Gerichtshof der Antrag auf Ordination eines örtlich zuständigen Gerichts (§ 28 Abs 1 Z 1 JN) gestellt.

Das Bezirksgericht Voitsberg hat den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Ordinationsantrag vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Über den Ordinationsantrag kann derzeit nicht entschieden werden.

1. Gemäß § 28 JN hat der Oberste Gerichtshof ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wenn für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinne der ZPO oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind, vorausgesetzt, dass Österreich aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet oder die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. Ob ein Gerichtsstand im Inland fehlt, hat der ordinierende Oberste Gerichtshof von Amts wegen zu prüfen, wobei diese Prüfung - in sinngemäßer Anwendung des § 41 Abs 2 JN - aufgrund der Angaben des Antragstellers bzw aufgund der Aktenlage erfolgt (Matscher in Fasching/Konecny² I § 28 JN Rz 11 mwN).

2. Ob tatsächlich kein die örtliche Zuständigkeit begründender Sachverhalt vorliegt, der den Antrag auf Ordination rechtfertigt, hängt vom Sitz der Beklagten ab. Dieser kann nach den bisherigen Angaben in der Klage nicht bestimmt werden.

3. Die Angabe des Wohnorts bzw Sitzes des Beklagten in einer Klage muss so vollständig sein, dass die einwandfreie Zustellung der Klage an die richtige Stelle ermöglicht wird (vgl RIS-Justiz RS0036329). Ein Postfach ist keine taugliche Abgabestelle gemäß § 4 ZustellG (4 Ob 175/03v mwN).

4. Da die Klage keine ausreichenden Angaben zum Sitz der Beklagten enthält, ist sie zur ordnungsgemäßen Behandlung derzeit nicht geeignet. Damit liegt gemäß § 84 ZPO ein relevanter Mangel vor, den das Gericht zum Gegenstand eines Verbesserungsversuchs zu machen hat (Konecny in Fasching/Konecny² II § 75 ZPO Rz 11).

5. Die Klage ist dem Erstgericht zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens im aufgezeigten Sinn zurückzustellen.

Textnummer

E94362

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0040NC00011.10W.0623.000

Im RIS seit

04.08.2010

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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