Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin M***** H*****, vertreten durch Estermann & Partner KG Rechtsanwälte in Mattighofen, gegen den Antragsgegner F***** H*****, vertreten durch Dr. Michael Langhofer, Rechtsanwalt in Neumarkt am Wallersee, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 9. Februar 2010, GZ 6 R 14/10s-14, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Erstgerichts vom 26. 5. 2008 geschieden, wobei der Scheidungsausspruch am 26. 6. 2009 in Rechtskraft erwuchs. Am selben Tag beantragte die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, wobei sie die Zuerkennung einer vom Antragsgegner zu leistenden Ausgleichszahlung von 340.000 EUR begehrte.
Im Eigentum des Antragsgegners steht ein Miethaus mit neun Wohnungen. Eine Wohnung wird vom Antragsgegner bewohnt; die übrigen Wohnungen sind vermietet. Die Größe dieser Wohnungen liegt zwischen 34 und 120 m². In einem Quertrakt befindet sich eine Zentralhackschnitzelanlage, welche das Miethaus beheizt. Der Antragstellerin unterlag die Kontrolle und Einmahnung der Mietzinszahlungen. Die Antragstellerin führte auch die Betriebskostenabrechnungen durch und erstellte Listen, mit denen das Putzen des Ganges oder die Schneeräumung eingeteilt wurden. Die als Einnahmen-Ausgaben-Rechnung geführte Buchhaltung bewerkstelligte eine Steuerberatungskanzlei.
Mit Zwischenbeschluss stellte das Erstgericht fest, dass ein Miethaus samt Zentralhackschnitzelanlage der nachehelichen Aufteilung unterliege und nicht als Unternehmen iSd § 82 Abs 1 Z 3 EheG anzusehen sei. Das Erstgericht vertrat die Auffassung, es handle sich nicht um ein Unternehmen iSd § 81 Abs 1 Z 3 und 4 EheG.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es feststellte, dass das Miethaus als Unternehmen iSd § 82 Abs 1 Z 3 EheG anzusehen sei und somit nicht der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens gemäß den §§ 81 ff EheG unterliege.
Unter einem Unternehmen sei eine selbständig organisierte Erwerbsgelegenheit zu verstehen, wobei der Unternehmensbegriff von der Größe, der Art und der Rechtsform des Betriebs unabhängig sei, sodass auch Kleinbetriebe von der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ausgenommen seien. Ein weiteres wesentliches Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmens sei das Anbieten von Produkten oder Leistungen, das hier in Form der Vermietung von jedenfalls sieben der insgesamt neun Wohnungen erfüllt sei. Dass das Miethaus auch als Wertsicherung dienen sollte, vermöge an der Qualifikation als Unternehmen iSd § 82 Abs 1 Z 3 EheG nichts zu ändern.
Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 82 Abs 1 AußStrG liege nicht vor, sodass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist nicht zulässig:
1.1. Vorweg ist darauf zu verweisen, dass der Gesetzgeber des AußStrG, BGBl I 2003/111, in Abweichung von der früheren Gesetzeslage die Möglichkeit eines Zwischenbeschlusses über den Grund eines Anspruchs eröffnet hat (1 Ob 42/09x). Ein derartiger Zwischenbeschluss gemäß § 36 Abs 2 AußStrG ist jedenfalls dann möglich, wenn zwischen den Parteien strittig ist, ob bestimmte Gegenstände oder Ersparnisse aufgrund ihrer Herkunft oder Verwendung in die Aufteilung einzubeziehen sind. Gelangt das Gericht jedoch zu dem Schluss, dass eine derartige Einbeziehung nicht stattzufinden hat, hat es nicht mit negativem Zwischenbeschluss, sondern in der Sache selbst mit Teilabweisung zu entscheiden (9 Ob 46/06i; RIS-Justiz RS0008462).
1.2. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass das Erstgericht zunächst einen stattgebenden (Teil-)Zwischenbeschluss gefasst hat. Damit bestand aber für das Rekursgericht nicht die Möglichkeit, aus Anlass des Rekurses sofort eine abweisende Entscheidung zu fällen. Die Judikaturlinie, wonach dann, wenn das Gericht das Verfahren auf den Anspruchsgrund einschränkt und sich herausstellt, dass der Anspruch schon dem Grunde nach nicht zu Recht besteht, nicht etwa ein Zwischenurteil zu fällen habe, sondern das gesamte Begehren abzuweisen habe (RIS-Justiz RS0036749), lässt sich auf einen Teilzwischenbeschluss nicht übertragen, zumal im Aufteilungsverfahren eine einheitliche Endentscheidung zu ergehen hat.
1.3. Im Hinblick auf die dargestellte Verfahrenslage verstieß die Abänderung der Entscheidung durch das Rekursgericht nicht gegen das im Außerstreitverfahren grundsätzlich geltende Verbot der Fällung eines abweisenden Zwischensachbeschlusses (vgl 5 Ob 198/09t) und eines Zwischen-Feststellungsbeschlusses (1 Ob 42/09x).
2. Soweit die Revisionsrekurswerberin die Feststellung bekämpft, dass sieben Wohnungen vermietet waren, ist ihr entgegen zu halten, dass auch im Außerstreitverfahren der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist (RIS-Justiz RS0007236, RS0108449). Die im Revisionsrekurs zitierte Entscheidung 4 Ob 609/89 MietSlg 42.523/13 betraf einerseits ein streitiges Zivilverfahren und andererseits die Rechtslage vor der WGN 1997. Diese Judikaturlinie wurde aber in der Folge nicht Aufrechterhalten (RIS-Justiz RS0043111).
3.1. Unter einem Unternehmen ist eine selbständig organisierte Erwerbsgelegenheit zu verstehen. Es ist ein Inbegriff körperlicher und unkörperlicher Sachen (Rechte); darüber hinaus gehört dazu auch die Organisation der Absatzquellen und Bezugsquellen (RIS-Justiz RS0057516; Linder, Das Unternehmen in der Ehescheidung zwischen Ehe- und Gesellschaftsrecht, GesRZ 2007, 7). Es kommt dabei weder auf die Größe des Unternehmens noch auf einen erzielten Gewinn an (RIS-Justiz RS00573537, RS0057772, RS0057595, RS0105655). In diesem Sinn kann auch etwa eine Buschen- oder Heurigenschank ein Unternehmen darstellen (RIS-Justiz RS00573537).
3.2. Für die Unterscheidung, ob eine bloße Wertanlage oder ein Unternehmenszweck verfolgt wird, kommt es wesentlich auf die Widmung an. Ein vermietetes Zinshaus, das angesichts einer größeren Zahl bestehender Mietverhältnisse eine auf Dauer angelegte Organisation erfordert, ist als Unternehmen iSd § 82 Abs 1 Z 3 EheG zu beurteilen (RIS-Justiz RS0057521 [T3, T4]). Hingegen stellt die Dauervermietung von nur zwei Wohnungen in einem Haus noch kein Unternehmen im Sinne der zitierten Bestimmung dar. Von einem solchen könnte erst gesprochen werden, wenn eine größere Zahl von Mietverträgen abgeschlossen wird, sodass eine auf Dauer angelegte Organisation (Bestellung eines Hausbesorgers, Anlegung einer Buchführung usw) erforderlich wäre (RIS-Justiz RS0057563).
3.3. In der Entscheidung 9 Ob 42/99p bejahte der Oberste Gerichtshof die Unternehmenseigenschaft bei zwei Zinshäusern mit jeweils 37 Wohnungen. Ebenso ging der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 102/09i, wo die Antragsgegnerin Eigentümerin eines im Wohnungseigentum stehenden Geschäftslokals, eines Wohnhauses mit unbekannt vielen Wohneinheiten und eines weiteren Anteils an einem Haus mit Mietwohnungen war, von einer unternehmerischen Tätigkeit aus, zumal nach den Feststellungen die vermieteten Objekte die Anlegung einer umfangreichen Buchführung und die Beschäftigung eines Hausverwalters notwendig machten.
3.4. Nach einer zum KSchG ergangenen Entscheidung bestehen keine Bedenken, ein Privatgeschäft des Vermieters anzunehmen, solange in seinem Haus nicht mehr als etwa fünf Bestandobjekte vermietet werden, wobei dies aber ausdrücklich nur als Richtzahl angesehen werden kann (5 Ob 570/80 SZ 53/103).
3.5. Im vorliegenden Fall wurde die in den zitierten Entscheidungen angenommene „Grenze“ von zwei bzw fünf Wohnungen deutlich überschritten. Dazu kommt, dass neben der Kontrolle der Mietzinszahlungen und der Durchführung der Betriebskostenabrechnungen die Buchhaltung durch eine Steuerberatungskanzlei geführt wurde. Auch wurden Kontrolllisten für die Reinigung und Schneeräumung geführt. Bei dieser Sachlage ist aber in der Auffassung des Rekursgerichts, das Miethaus stelle bereits ein Unternehmen iSd § 82 Abs 1 Z 3 EheG dar, das nicht der Aufteilung unterliege, keine im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.
4. Damit bringt die Revisionsrekurswerberin aber keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.
Schlagworte
FamilienrechtTextnummer
E94545European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00087.10B.0624.000Im RIS seit
20.08.2010Zuletzt aktualisiert am
14.11.2012