Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen N*****, geboren am 14. Dezember 2000, und S*****, geboren am 14. November 2002, W*****, beide vertreten durch die Mutter Mag. I***** W*****, alle *****, diese vertreten durch Dr. Monika Linder, Rechtsanwältin in Wien, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Vaters Dr. K***** O*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Johannes Hock jun., Rechtsanwalt, 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. Februar 2010, GZ 45 R 699/09s-U100, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 14. September 2009, GZ 9 P 73/09s-U90, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
B e g r ü n d u n g :
Der Vater war zur Leistung monatlichen Unterhalts für seine minderjährigen Söhne in Höhe von zuletzt 349 beziehungsweise 330 EUR verpflichtet. Das Erstgericht erhöhte diese Verpflichtung ab 1. 12. 2008 auf jeweils 392 EUR. Im Rekursverfahren strebte der Vater eine Festsetzung seiner laufenden Unterhaltsverpflichtung mit 349 beziehungsweise 310 EUR und die Abweisung der übrigen Erhöhungsbegehren an. Das Rekursgericht gab dem Rekurs hinsichtlich des laufenden Unterhalts nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Nunmehr legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage:
Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts beim Erstgericht einzubringenden - Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs - entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts - für zulässig erachtet wird.
Im vorliegenden Fall übersteigt der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht 30.000 EUR: Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung beantragt, so bildet der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Entscheidungsgegenstand (stRsp, s 6 Ob 126/07h mwN). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war; Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren, haben hingegen unberücksichtigt zu bleiben. Gegenteilige (frühere) Rechtsprechung, wonach der Durchschnitt dreier Jahre bereits fälliger Unterhaltsbeiträge maßgeblich sein soll, wenn dieser höher als das Dreifache der Jahresleistung des laufenden Unterhalts ist (3 Ob 503/96 SZ 69/33; 6 Ob 327/98a; 2 Ob 76/99m; 5 Ob 309/04h; 3 Ob 204/06f) wird von der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ausdrücklich abgelehnt (6 Ob 126/07h; 10 Ob 82/07t).
Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder beruhen nicht auf dem selben tatsächlichen und rechtlichen Grund, sondern stellen nur gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche dar; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (stRsp, s 6 Ob 126/07h mwN).
Das Rechtsmittel des Vaters wäre demnach nicht dem Obersten Gerichtshof - auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird -, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen; dies wird nunmehr das Erstgericht nachzuholen haben. Ob der darin gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge den Revisionsrekurs für zulässig erachten, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (stRsp, aus jüngerer Zeit 6 Ob 142/06k mwN).
Textnummer
E94489European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00114.10Y.0624.000Im RIS seit
16.08.2010Zuletzt aktualisiert am
04.07.2012