TE OGH 2010/6/30 7Ob75/10w

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Veröffentlicht am 30.06.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Z***** Versicherungs-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 185.572,56 EUR sA, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Februar 2010, GZ 15 R 166/09f-18, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die der Transportversicherung zugrundeliegenden Besonderen Versicherungs-Bedingungen regeln auszugsweise:

„5. Ausschlüsse

Es besteht bereits umfangreiche Judikatur zur Frage, wie die in Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) vereinbarten Obliegenheiten, die einer Überprüfung nach den zwingenden Bestimmungen der §§ 6, 15a VersVG standzuhalten haben, von Risikoausschlüssen zu unterscheiden sind. Dabei ist maßgebend, ob in erster Linie ein vom Versicherungsnehmer einzuhaltendes Verhalten bedungen werden soll oder ob der Versicherer von vornherein gewisse Tatsachen von seiner Haftung ausschließen will, die unmittelbar geeignet sind, zum Versicherungsfall zu führen und die gegenüber der allgemeinen Risikoumschreibung ein qualitativ abweichendes Risiko darstellen (RIS-Justiz RS0080063, RS0080168). Mit einem Risikoausschluss begrenzt der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz. Diese Umstände kann der Versicherungsnehmer nicht durch ein späteres Verhalten beeinflussen oder kontrollieren. Demgegenüber stellt die von der Einhaltung einer Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer abhängig gemachte Deckungspflicht des Versicherers dem Versicherungsnehmer gegenüber auf das Gebot gewisser Handlungen und Unterlassungen ab, an deren Einhaltung der Versicherer ein legitimes Interesse hat (RIS-Justiz RS0080068). Bei der Unterscheidung kommt es auf den materiellen Inhalt einer Versicherungsbedingung an, nicht auf ihre äußere Erscheinungsform oder Wortwahl. Trotz Bezeichnung als Risikoausschluss kann eine sogenannte verhüllte Obliegenheit vorliegen (RIS-Justiz RS0103965, RS0080144). Bei der Risikobegrenzung wird von Anfang an ein bestimmter Gefahrenumstand von der versicherten Gefahr ausgenommen, ohne dass es dabei auf ein schuldhaftes, pflichtwidriges Verhalten des Versicherungsnehmers ankäme. Obliegenheiten hingegen erfordern gewisse Verhaltensweisen des Versicherungsnehmers und bestimmte Rechtsfolgen nur für ihre willkürliche und schuldhafte Verletzung (RIS-Justiz RS0080166). Der Oberste Gerichtshof hat bereits eine vergleichbare Bedingung, bei der auch auf die Verletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften abgestellt wurde, trotz ihrer Bezeichnung als „Ausschluss“ als Obliegenheit beurteilt (7 Ob 24/93).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass es sich bei der vorliegenden Bedingung um eine Obliegenheit handelt, hält sich im Rahmen der dargelegten Judikatur, wird doch ein Verhalten des Versicherungsnehmers gefordert, nämlich das Einhalten von öffentlich-rechtlichen Vorschriften, und nicht von vornherein ein Risiko, unabhängig vom Verhalten des Versicherungsnehmers, begrenzt (verhüllte Obliegenheit).

Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt gröblich, in hohem Grad, aus Unbekümmertheit oder Leichtfertigkeit außer Acht lässt, wer nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten musste. Sie ist gegeben bei schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzungen, die das gewöhnliche Maß an nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens ganz erheblich übersteigen (RIS-Justiz RS0030303).

Die Revision erkennt selbst, dass die Beurteilung des Verschuldensgrades wegen ihrer Einzelfallbezogenheit nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht als erhebliche Rechtsfrage anzusehen ist. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass im Hinblick darauf, dass keine Verstöße gegen die vorgeschriebenen Ruhezeiten festgestellt worden seien, der nächtliche Unfall im Baustellenbereich nicht durch grobe Fahrlässigkeit verursacht worden sei, ist im Einzelfall jedenfalls vertretbar und vom Obersten Gerichtshof nicht zu beanstanden.

Es werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Schlagworte

9 Vertragsversicherungsrecht,

Textnummer

E94449

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00075.10W.0630.000

Im RIS seit

11.08.2010

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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