Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** M*****, vertreten durch Dr. Gernot Moser und andere Rechtsanwälte in Schwaz, gegen die beklagte Partei D*****, Inhaber M***** O*****, vertreten durch Dr. Peter Lechner und Dr. Hermann Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 7.615 EUR, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2009, GZ 3 R 271/09p-14, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 11. Mai 2009, GZ 29 C 946/08d-9, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 742,27 EUR (darin 123,71 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittelwerberin macht nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, weshalb die Revision entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig ist (RIS-Justiz RS0102059):
Die Geltendmachung zumindest einer erheblichen Rechtsfrage ist nämlich auch dann entscheidend, wenn die zweite Instanz die Revision, den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss oder den Revisionsrekurs an sich zutreffend zuließ, der Rechtsmittelwerber dann jedoch nur Gründe geltend macht, deren Erledigung keine erheblichen Rechtsfragen aufwirft; solche Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof sind also nur dann zulässig, wenn darin Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung konkret releviert werden (stRsp; jüngst: 10 ObS 37/10d und 7 Ob 236/09w mwN; RIS-Justiz RS0044534 [T4], RS0048272, RS0080388 [T1], RS0102059; Zechner in Fasching/Konecny² § 502 ZPO Rz 11 mwN).
Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht die Revision für zulässig erklärt, weil nicht auszuschließen sei, dass sich der Vermieter in einer Vielzahl von Einlagerungsverträgen im Wege von AGB (hier: der Beklagten) das Vernichtungsrecht der eingelagerten Gegenstände vorbehalte, dazu jedoch „keine Judikatur“ vorhanden sei. Die als erheblich relevierte Rechtsfrage der - vom Berufungsgericht bejahten - Nichtigkeit dieser Klausel der AGB der Beklagten (infolge Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 3 ABGB) wird in der Revision der Klägerin jedoch naturgemäß gar nicht angesprochen, weil sie ohnehin immer von der Unwirksamkeit dieser Klausel ausging und auch weiterhin davon ausgeht.
Das Rechtsmittel setzt sich vielmehr zum einen mit der Anwendung des § 273 ZPO und zum anderen mit der vom Beklagten eingewendeten Gegenforderung auseinander, zeigt dabei jedoch keine erheblichen Rechtsfragen auf:
Zur ersten Frage ist die Rechtsmittelwerberin auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen. Danach kann die Verfahrensfrage (RIS-Justiz RS0040282 ua), ob die Voraussetzungen des § 273 ZPO vorliegen, im Revisionsverfahren nicht nochmals überprüft werden (7 Ob 162/06h; RIS-Justiz RS0040364 [T3, T5, T7]). Neuerliche Überlegungen der Revisionswerberin zur Frage der Anwendbarkeit des § 273 Abs 1 ZPO sind daher nicht zielführend. Ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist, stellt demgegenüber zwar eine Rechtsfrage dar und ist daher mit Rechtsrüge überprüfbar (RIS-Justiz RS0040341 ua). Der vom Richter nach den Ergebnissen der gesamten Verhandlung nach freier Überzeugung vorzunehmenden Schätzung kommt aber keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (9 ObA 35/09a mwN; RIS-Justiz RS0121220 ua).
Dass den Vorinstanzen hier eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, vermag die Revision auch nach ihren eigenen Ausführungen zur Behauptung, das Berufungsgericht sei bei der Festlegung des der Klägerin zustehenden Interesses (Ersatzbetrags) im Sinn des § 273 ZPO zu einem „falschen Ergebnis“ gelangt, nicht aufzuzeigen; hält das Rechtsmittel doch selbst fest, dass das Erstgericht „eine Schätzung der Gegenstände im Sinne des § 273 ZPO (wie durch das Berufungsgericht bestätigt)“ durchgeführt und dazu unter anderem Folgendes festgestellt hat:
„Bevor diese Gegenstände in die Lagerboxen der beklagten Partei verbracht wurden, wurden sie zu einem Großteil zerlegt, zum anderen offenkundig auch im Freien gelagert. Dass diese Gegenstände zum Zeitpunkt der Einlagerung noch den Wert laut Gutachten L***** aufgewiesen hätten, ist nicht feststellbar. Die Firma A***** hat die Delogierung der Klägerin vom Haus S*****gasse 3 in ***** vorgenommen und die Gegenstände entweder selbst zerlegt oder in zerlegtem Zustand in die Lagerboxen der beklagten Partei gebracht. Dabei wurde von Mitarbeitern der Fa. A***** ein Cerankochfeld zerstört und die Arbeitsplatte in der Küche war gebrochen. Der Wert der Gegenstände insgesamt zum Zeitpunkt der Einlagerung wird auf ca. 1.500 EUR geschätzt (siehe auch Zeugenvernehmung Harald F*****)“.
Das Berufungsgericht schloss sich dem an und verwies auf die im Einzelnen wiedergegebene Aussage des Zeugen F*****, der - selbst Tischler - ausführlich begründet hat, weshalb die Sachen bei der Einlagerung „allerhöchstens“ 1.500 EUR wert gewesen seien. Schon davon ausgehend ist die bekämpfte Beurteilung jedenfalls vertretbar.
Was aber die von den Vorinstanzen als berechtigt festgestellte Gegenforderung des Beklagten betrifft, ist zunächst - mit der Revisionsbeantwortung - klarzustellen, dass es sich dabei um eine Ersatzforderung für den in Höhe von 1.476 EUR festgestellten Schaden (Zwischenlagerung gemäß Rechnung der C***** vom 3. 11. 2008) handelt, der dem Beklagten durch das vertragswidrige Verhalten der Klägerin (unterlassene Räumung der Boxen) entstanden ist.
Die in der Revision behandelten Fragen zur in den AGB der Beklagten vorgesehenen Konventionalstrafe (betreffend § 1336 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 2 KSchG) stellen sich daher schon deshalb nicht, weil weder der Beklagte noch das Berufungsgericht die Gegenforderung auf einen solchen Anspruch gestützt haben: Kompensiert wurde vielmehr mit dem von der Klägerin schuldhaft verursachten Schaden. Eine „vom Nachweis eines Schadens oder Verschuldens unabhängige“ Konventionalstrafe und ihre Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall somit gar nicht zu beurteilen, weshalb diese Rechtsmittelausführungen der Klägerin ins Leere gehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision der Klägerin hingewiesen.
Schlagworte
ZivilverfahrensrechtTextnummer
E94450European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00071.10G.0630.000Im RIS seit
11.08.2010Zuletzt aktualisiert am
12.12.2012