TE Vwgh Erkenntnis 2001/1/25 2000/20/0367

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Veröffentlicht am 25.01.2001
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57 Abs1;
MRK Art3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des TB in Wien, geboren am 28. August 1968, vertreten durch Dr. Farid Rifaat, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 26. Juli 2000, Zl. 217.091/0-XII/37/00, betreffend Abweisung eines Asylantrages gemäß § 7 AsylG und Feststellung gemäß § 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, nach seinen Angaben ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, betrat am 14. Jänner 1999 unter Umgehung der Grenzkontrolle das österreichische Bundesgebiet und stellte am selben Tag einen Asylantrag, den er folgendermaßen begründete:

" Ich bin mit meinem Freund am 8.12.1998 mit einem LKW mitgefahren. In dem LKW waren Gewehre. Im Verlaufe einer Kontrolle wurden diese illegal transportierten Gewehre entdeckt und ich wurde mit meinem Freund deshalb verhaftet und zwei Tage lang inhaftiert.

Frage: Wohin sind Sie mit dem LKW gefahren?

Antwort: Ich bin von meinem Heimatort nach Liberia und danach

wieder zurückgefahren. Auf dem Rückweg wurden wir auf einer großen

Straße verhaftet.

Frage: Wie lange waren Sie inhaftiert?

Antwort: Ich wurde am 10.12.1998 verhaftet und bis zum 24.12.1998 inhaftiert. Ich wurde im "PADAMBA" - Gefängnis inhaftiert.

Frage: Wie konnten Sie das Gefängnis verlassen?

Antwort: Ein Kapitän, ein Militärangehöriger ist in das Gefängnis gekommen und hat den Wächtern ein Papier vorgewiesen. Danach konnte ich mit diesem und meinem Bruder, welcher auch in das Gefängnis gekommen ist, das Gefängnis verlassen.

(...)

Frage: Haben Sie Kenntnis davon gehabt, dass Ihr Freund Waffen im LKW transportiert hat?

Antwort: Nein. Ich hatte vom illegalen Waffentransport keine Ahnung.

Vorhalt: Ihr Freund hätte Sie damit in eine strafbare Handlung hineingezogen.

Antwort: Ich habe keine Kenntnis von den Waffen gehabt.

Frage: Welche Strafe hätten Sie zu erwarten gehabt?

Antwort: Ich nehme an, dass ich getötet werden würde.

(...)

Vorhalt: Sie haben zuerst angegeben, dass Sie nicht inhaftiert worden sind.

Antwort: Ich habe damit gemeint, dass ich keine strafbare Handlung begangen habe.

Vorhalt: Sie wurden wegen des Verdachtes der Begehung einer

allgemein strafbaren Handlung verhaftet.

Antwort: Ich habe diese aber nicht begangen.

Vorhalt: Sie konnten bisher nicht glaubhaft machen, dass Sie im Falle einer Rückkehr oder einer Zurückschiebung in Ihr Heimatland der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise, dass Sie der Todesstrafe ausgesetzt gewesen wären. Welche Angaben können Sie dazu machen?

Antwort: Ich nehme an, dass der Kapitän auf alle Fälle getötet werden würde. Ich könnte auch getötet werden."

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 5. Mai 2000 diesen Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab und sprach aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Das Bundesasylamt hielt weder die Angaben des Beschwerdeführers über den Fluchtweg noch jene über die Fluchtgründe für glaubwürdig, weil sich der Beschwerdeführer in erhebliche Widersprüche verwickelt habe. Selbst wenn der Beschwerdeführer an einem illegalen Waffentransport beteiligt gewesen wäre, hätte er nach dem Friedensvertrag in Lome nach dem 8. Juli 1999 keine Verfolgung zu befürchten, weil selbst Urhebern von Massakern und Verstümmelungen keine Verfolgung zu befürchten hätten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der die Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz gerügt und vorgebracht wurde, dass eine Offensive der RUF-Rebellen im Mai 2000 eine Massenflucht ausgelöst habe, sodass jedenfalls die Zurückweisung oder Zurückschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone unzulässig sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 7 AsylG ab und sprach (neuerlich) aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone zulässig sei. Die belangte Behörde führte aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Sierra Leone sei. Seine Angaben zu seinem Herkunftsstaat seien offensichtlich falsch. Seine Angaben zum Fluchtweg und zu den Fluchtgründen würden der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zu Grunde gelegt.

Zur politischen Situation in Sierra Leone stellte die belangte Behörde unter anderem fest, dass zwischen den Rebellen und der Staatsregierung im Juli 1999 in Lome ein Friedensabkommen abgeschlossen worden sei, welches eine Amnestie für Kriegsverbrechen, eine Entwaffnung der Bürgerkriegsparteien und eine Beteiligung der Rebellen an der Regierung vorsehe. Nach wie vor würden jedoch die nördlichen und nordöstlichen Provinzen von Sierra Leone von Rebellengruppen kontrolliert. Die Entwaffnung schreite nur langsam voran. Im Mai 2000 seien mehrere hundert Soldaten der UNAMSIL-Friedenstruppe von Rebellen gefangen genommen worden. Ein neuerlicher Vorstoß der Rebellen nach Freetown habe zurückgeschlagen werden können. Nunmehr stehe der Süden des Landes, insbesondere die Hauptstadt Freetown unter der Kontrolle der Regierung und der Friedenstruppe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde habe das Wort "glaubhaft" (in § 7 AsylG) falsch gedeutet. Der Beschwerdeführer habe das Vorliegen asylrelevanter Verfolgungsgefahr auf Grund seiner Schilderung des illegalen Waffentransportes für die Rebellen mehr als hinreichend dargetan.

Die damit angesprochene Beweiswürdigung ist jedoch nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um deren Schlüssigkeit - also die Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut - oder darum handelt, ob die gewürdigten Beweise in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 262 ff zu § 45 AVG zitierte Rechtsprechung). Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer in der mündlichen Berufungsverhandlung vernommen und ist in einer ausführlich und nachvollziehbar begründeten Beweiswürdigung in Ansehung der mangelhaften Kenntnisse des Beschwerdeführers über die in seinem angeblichen Herkunftsgebiet gesprochenen Sprache "Mende" sowie über die einschlägigen dort vorliegenden Lebensumstände zur Auffassung gelangt, dass der Beschwerdeführer unglaubwürdig sei und die wenigen Fakten, die er über Sierra Leone wisse, lediglich auswendig gelernt habe. Für die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers spreche auch die Unbestimmtheit seiner Angaben über seinen Fluchtweg.

Die Argumente der Beschwerde, wie etwa, dass erste Unterrichtssprache in Sierra Leone Englisch sei, vermögen die oben erläuterte Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht zu erschüttern. Den ein Detail der Beweiswürdigung betreffenden Ausführungen des Beschwerdeführers, er habe eine in seinem Heimatland stattfindende Zeremonie richtig mit "Poro" bezeichnet, ist entgegenzuhalten, dass er diese nach dem Protokoll über die mündliche Berufungsverhandlung vom 19. Juli 2000 auf ausdrückliche Nachfrage mit "Pora" bezeichnet hatte und dass diese Angabe lediglich im angefochtenen Bescheid unrichtig mit "Poro" wiedergegeben wird. Auch die Feststellungen über die aktuelle Lage in Sierra Leone begegnen keinen Bedenken, weil sie mit den Auskünften des österreichischen Konsulates in Freetown vom 20. März, 10. Juni und 16. Juli 2000 übereinstimmen.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht zu einer Abweisung des Asylantrages gelangt.

Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass in Sierra Leone im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde (26. Juli 2000) eine extreme Gefahrenlage herrschte, durch die praktisch jeder, der dort hin abgeschoben wird, auch ohne Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei der konkreten Gefahr einer Verletzung im Besonderen der auch durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl. 99/20/0465).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Jänner 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000200367.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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