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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FamLAG 1967 §26 Abs1 idF 1998/I/008;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. Walter Poschinger und Mag. Anita Taucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Burggasse 12/IV, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 15. Juni 1999, GZ RV296/1-9/99, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde im Instanzenzug die dem Beschwerdeführer für ein (drittes) Kind im Zeitraum März 1994 bis März 1999 gewährte Familienbeihilfe samt dem entsprechenden Kinderabsetzbetrag rückgefordert.
In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, im Zuge der Umstellung der Auszahlung der Familienbeihilfe auf das automationsunterstützte Verfahren sei dem Beschwerdeführer vom Finanzamt ein Vordruck mit den auf Grund der Aktenlage vorerfassten Daten übermittelt worden. Auf Grund des rückübermittelten Vordruckes sei das Finanzamt irrtümlich davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für drei Kinder zustünden; dementsprechend sei es in der Folge zur Auszahlung gekommen.
Anlässlich einer im Jahr 1999 durchgeführten Überprüfung sei das Finanzamt zur Einsicht gelangt, dass die Auszahlung hinsichtlich der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für das dritte Kind zu Unrecht erfolge sei. Es habe sodann die bescheidmäßige Rückforderung (Familienbeihilfe für März 1994 bis März 1999 von 81.075 S; Kinderabsetzbetrag für denselben Zeitraum von 43.075 S, insgesamt sohin 124.150 S) ausgesprochen.
In der Berufung habe der Beschwerdeführer darauf verwiesen, dass der Fehler, der zur unrichtigen Auszahlung geführt habe, einzig dem Finanzamt anzulasten sei, weshalb eine Rückforderung unzulässig sei.
Die belangte Behörde verweise darauf, dass mit BG BGBl. I 8/1998 rückwirkend (ab 1. Mai 1996) eine Änderung des § 26 Abs. 1 FLAG erfolgt sei. Diese gesetzliche Änderung sei erforderlich gewesen, weil der Verwaltungsgerichtshof zuvor mit Erkenntnis vom 25. Juni 1997, 97/15/0013, ausgesprochen hatte, dass nach der durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 geschaffenen, ab 1. Mai 1996 geltenden Rechtslage auch das Finanzamt als auszahlende Stelle anzusehen sei, weshalb das alleinige Verschulden des Finanzamts an der unrichtigen Auszahlung einer Rückforderung entgegengestanden wäre. Durch die rückwirkende Änderung mit BG BGBl. I 8/1998 sei der ursprüngliche Rechtszustand wieder hergestellt worden.
Nach Ansicht der belangten Behörde habe die Rückforderung unabhängig davon, ob im gegenständlichen Fall § 26 Abs. 1 FLAG in der Fassung vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 oder in der Fassung BGBl. I 8/1998 anzuwenden sei, auch dann nicht zu unterbleiben, wenn der unrechtmäßige Beihilfenbezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden wäre.
Die belangte Behörde vertrete im Übrigen die Auffassung, dass der unrechtmäßige Beihilfenbezug nicht ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden sei. Es erscheine auch wenig glaubwürdig, dass dem Beschwerdeführer die Höhe der überwiesenen Beträge keinen Anlass zu irgendwelchen Zweifeln gegeben habe.
Zum Antrag des Beschwerdeführers, die Abgabenbehörde möge von ihrer Ermächtigung nach § 26 Abs. 4 FLAG Gebrauch machen, werde angemerkt, dass kein Anspruch auf eine derartige Maßnahme bestehe. Außerdem habe der Beschwerdeführer seine Behauptung, die Einbringung des Rückforderungsbetrages sei unbillig, bislang durch nichts bewiesen.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 25. September 2000, B 1235/99, abgelehnt. Er hat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Z. 3 des Bundesgesetzes, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird, BGBl. I 8/1998, lautet, wobei gemäß Z. 11 Abs. 2 leg. cit. die geänderte Fassung mit 1. Mai 1996 in Kraft getreten ist:
"Im § 26 Abs. 1 ist die Wortfolge „den Dienstgeber oder eine auszahlende Stelle'' durch die Wortfolge „eine in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt'' und im § 26 Abs. 2 ist die Wortfolge „des Dienstgebers oder der auszahlenden Stelle'' durch die Wortfolge „der in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannten Gebietskörperschaften oder gemeinnützigen Krankenanstalten'' zu ersetzen.
§ 26 FLAG 1997 idF BGBl I 8/1998 lautet:
§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat
die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist. Zurückzuzahlende Beträge können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
(2) Durch die Bestimmung des Abs. 1 wird das Recht der in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannten Gebietskörperschaften oder gemeinnützigen Krankenanstalten auf Rückforderung irrtümlich geleisteter Beihilfenzahlungen nicht ausgeschlossen.
(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.
(5) Im Falle der Rückforderung von Familienbeihilfe, die auf dem Abgabenkonto gutgeschrieben wurde (§ 24), ist § 213 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung nicht anzuwenden.
§ 46 FLAG lautet:
(1) Der Bund, mit Ausnahme der von ihm verwalteten Betriebe, Unternehmungen, Anstalten, Stiftungen und Fonds, hat den Aufwand an Familienbeihilfen sowie den Aufwand für den Mutter-Kind-Pass-Bonus für seine Empfänger von Dienstbezügen sowie von Ruhe- und Versorgungsgenüssen aus eigenen Mitteln zu tragen. Der Bund hat ferner den Aufwand an Familienbeihilfen aus eigenen Mitteln zu tragen für die Empfänger von Bezügen aus der Kriegsopferversorgung, aus der Heeresversorgung und aus der Opferfürsorge.
(2) Die Länder und die Gemeinden, mit Ausnahme der von ihnen verwalteten Betriebe, Unternehmungen, Anstalten, Stiftungen und Fonds, haben den Aufwand an Familienbeihilfen sowie den Aufwand für den Mutter-Kind-Pass-Bonus für ihre Empfänger von Dienstbezügen sowie von Ruhe- und Versorgungsgenüssen aus eigenen Mitteln zu tragen; die Gemeinden jedoch nur, wenn ihre Einwohnerzahl 2000 übersteigt. Die Einwohnerzahl der Gemeinden bestimmt sich nach dem Ergebnis der jeweilig letzten Volkszählung. Dieses Ergebnis wirkt mit dem Beginn des dem Stichtag der Volkszählung nächstfolgenden Kalenderjahres.
(3) Die gemeinnützigen Krankenanstalten (§ 16 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957) haben den Aufwand an Familienbeihilfen sowie den Aufwand für den Mutter-Kind-Pass-Bonus für ihre Empfänger von Dienstbezügen sowie von Ruhe- und Versorgungsgenüssen aus eigenen Mitteln zu tragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zur Rechtslage vor dem BG BGBl. I 8/1998 ergangenen Erkenntnis vom 25. Juni 1997, 97/15/0013, ausgeführt:
"Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG (idF StruktanpG 1996, BGBl. 201/1996) hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuerstatten, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch den Dienstgeber oder eine auszahlende Stelle verursacht worden ist.
Aus Art. II § 2 BGBl. 246/1993 idF StruktAnpG 1996 ergibt sich, dass - abgesehen von Familienbeihilfen an Dienstnehmer bestimmter Gebietskörperschaften und gemeinnütziger Krankenanstalten iSd § 46 FLAG - die Auszahlung der Familienbeihilfe durch das (Wohnsitz-)Finanzamt zu erfolgen hat.
§ 17 Abs. 2 FLAG, der eine Definition der "auszahlenden Stellen" enthalten hatte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1974, 1372/73), wurde mit StruktAnpG 1996 - mit Wirksamkeit ab 1. Mai 1996 - aufgehoben. § 13 FLAG idF StruktAnpG 1996 regelt, dass über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt zu entscheiden hat; ein Bescheid hat zu ergehen, insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattgegeben wird.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass nach der durch das StruktAnpG 1996 (ab 1. Mai 1996) geänderten Rechtslage das Finanzamt als "auszahlende Stelle" iSd § 26 Abs. 1 FLAG anzusehen ist. Das Gesetz normiert durch § 26 Abs. 1 FLAG eine Rückzahlungsverpflichtung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe, schließt diese Rückzahlungsverpflichtung aber insbesondere aus, soweit der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt (als auszahlende Stelle) verursacht worden ist.
Die bereits der Stammfassung des FLAG angehörende Bestimmung des § 26 Abs. 2 FLAG betrifft den zivilrechtlichen Anspruch auf Rückforderung von irrtümlich geleisteten Beihilfenzahlungen (vgl. die Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung, wiedergegeben in Burkert/Hackl/Wohlmann/Wittmann, Der Familienlastenausgleich, A, § 26 Seite 1); die Geltendmachung des öffentlich-rechtlichen Anspruches auf Rückforderung der Familienbeihilfe durch die Behörde (vgl. hiezu § 2 lit. a Z. 1 BAO) stellt keinen Anwendungsfall des § 26 Abs. 2 FLAG dar.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde am 13. Juni 1996 im Instanzenzug die Rückforderung der Familienbeihilfe ausgesprochen. Die belangte Behörde hatte dabei hinsichtlich der Geltendmachung der Rückforderung das im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Recht anzuwenden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Slg.N.F. 13.384/A).
Nach der Aktenlage hat die Beschwerdeführerin das Finanzamt bereits im September 1994 über den Bezug von Arbeitslosengeld informiert. In ihrer Berufung gegen den Rückforderungsbescheid verweist sie darauf, dass sie dem Finanzamt ihre Bezüge zur Kenntnis gebracht habe. Bei dieser Sachlage hätte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit der Frage auseinander setzen müssen, ob der nach ihrer Auffassung unrechtmäßige Bezug von Familienbeihilfe ausschließlich auf einen Fehler (insbesondere rechtsirrtümliche Anordnung der Auszahlung) des Finanzamtes zurückzuführen ist.
Die belangte Behörde hat in Verkennung der rechtlichen Voraussetzungen für die Rückforderung der Familienbeihilfe nach § 26 Abs. 1 FLAG die Klärung dieser Verursachungsfrage unterlassen. Sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet."
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer systematischen Interpretation des § 46 FLAG, dass das Tatbestandsmerkmal "seine Empfänger von Dienstbezügen" nicht auf "sämtliche" Empfänger von Dienstbezügen bezogen ist, sondern nur auf solche, deren Arbeitgeber den Aufwand an Familienbeihilfen aus eigenen Mitteln zu tragen haben. Das sind somit die Fälle, in denen die Familienbeihilfe nicht vom Finanzamt ausbezahlt wird.
Nach der durch die Bezugnahme auf § 46 FLAG in § 26 Abs 1 leg. cit. geänderten Rechtslage (BG BGBl. I 8/1998 ) steht es der Rückforderung - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist. Nach der genannten Änderung des § 26 FLAG kann nämlich das Finanzamt nicht mehr - wie noch nach der dem hg Erkenntnis 97/15/0013 zugrundeliegenden Rechtslage - als auszahlende Stelle iSd § 26 FLAG angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde bei der Geltendmachung der Rückforderung das im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Recht anzuwenden hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Slg.N.F. 13.384/A).
Im gegenständlichen Fall ist es somit nicht relevant, ob die belangte Behörde, wie dies in der Beschwerde vorgebracht wird, zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, dass der Übergenuss ausschließlich auf eine Fehlleistung des Finanzamtes zurückzuführen gewesen sei. Auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen braucht daher nicht eingegangen zu werden.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 25. Jänner 2001
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000150183.X00Im RIS seit
11.07.2001