TE OGH 2010/7/6 1Ob101/10z

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Veröffentlicht am 06.07.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alexander L*****, vertreten durch GKP Gabl Kogler Papesch Leitner Rechtsanwälte OG in Linz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen 8.545,78 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. Februar 2010, GZ 4 R 208/09z-11, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 17. September 2009, GZ 3 Cg 4/09m-7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 618,56 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger wurde mit Urteil eines Strafgerichts erster Instanz zu einer bedingten Zusatzstrafe von vier Monaten verurteilt. Das Rechtsmittelgericht sprach ihn nach Beweiswiederholung gemäß § 259 Z 3 StPO frei.

Die Vorinstanzen haben die Voraussetzungen für den geltend gemachten, auf eine willkürliche und unvertretbare Beweiswürdigung des Strafgerichts erster Instanz gestützten Amtshaftungsanspruch (Kosten des Berufungsverfahrens) verneint. Das Berufungsgericht ließ über Antrag des Klägers nachträglich die Revision zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen diesem nicht bindenden Ausspruch nicht zulässig.

Grundsätzlich können Ersatzansprüche nach dem AHG nicht aus einer unrichtigen Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz abgeleitet werden. Eine haftungsbegründende, unvertretbare Beweiswürdigung läge nur bei Willkür vor, also wenn sich der Richter über wesentliche Verfahrensergebnisse ohne ersichtlichen Grund hinweggesetzt hat (1 Ob 181/03d = SZ 2004/74; RIS-Justiz RS0049947). Dass die zum Schuldspruch in erster Instanz führende Beweiswürdigung von der Berufungsinstanz nicht gebilligt wurde, reicht für sich alleine keinesfalls aus (RIS-Justiz RS0049955 [T12]).

Im konkreten Fall hat die Beweiswürdigung auf den bei der Vernehmung gewonnenen, unglaubwürdigen Eindruck des Klägers (Beschuldigten) verwiesen, dies im Gegensatz zur Glaubwürdigkeit des (angeblichen) Tatopfers und Anzeigers, dessen Darstellung zu dem (angeblich) vom Kläger und zwei weiteren unbekannten Tätern am 11. 6. 2006 verübten Überfall durch zwei Zeugen insofern bestätigt worden sei, als diese vom verängstigten Zustand des Anzeigers berichtet hätten. Es trifft daher nicht zu, dass die Beweiswürdigung die von der Verteidigung aufgezeigten Ungereimtheiten in den Aussagen des Anzeigers oder die konträre Version des Beschuldigten vollkommen ignoriert hätte. Das Strafgericht erster Instanz hat sich eben - und zwar noch ausreichend begründet - für eine der divergierenden Versionen entschieden, was Ausfluss der freien Beweiswürdigung und nicht schon deshalb willkürlich ist, weil auch Schlussfolgerungen zugunsten des Beschuldigten möglich gewesen wären (RIS-Justiz RS0098400). Soweit die Revision geltend macht, im Anlassverfahren wäre eine in der Hauptverhandlung gar nicht verlesene Aussage des Anzeigers berücksichtigt worden, verstößt sie gegen das Neuerungsverbot.

Richtig ist, dass die beweiswürdigenden Ausführungen bei der ebenfalls angeklagten Sachbeschädigung die Angaben eines unbeteiligten Zeugen, welche die Version des Beschuldigten bestätigten, überhaupt nicht erwähnten und den Schuldspruch nur auf die als glaubwürdig beurteilte Darstellung des (angeblich) Geschädigten stützten. Die Revision zeigt aber die Relevanz einer allenfalls in diesem Punkt unvertretbaren Beweiswürdigung für den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch nicht auf. Der Kläger begehrt den Ersatz jener Kosten, die er im Strafverfahren für das Berufungsverfahren aufgewendet habe. Diese Kosten wären aber ohnehin entstanden, um den - vertretbaren und somit nicht haftungsbegründenden - Schuldspruch nach § 105 Abs 1 StGB (Vorfall vom 11. 6. 2006), der für die Verurteilung zu einer viermonatigen Zusatzstrafe ausschlaggebend war, zu beseitigen. Dass sich die Kosten wegen des Schuldspruchs nach § 125 Abs 1 StGB (Beschädigung eines Handys im Wert von 200 EUR) erhöht hätten, hat der Kläger nie behauptet. Ebensowenig hat der Kläger, der grundsätzlich den Kausalzusammenhang zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und dem eingetretenen Schaden zu beweisen hat (Schragel AHG³ Rz 176), dargelegt, dass nur diese Pflichtverletzung (unvertretbare Beweiswürdigung zum Faktum Sachbeschädigung) unabhängig von den anderen Vorwürfen zur Verhängung einer - vom Kläger dann ebenfalls bekämpften - Zusatzstrafe geführt hätte.

Da die Revision keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt, ist sie als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.

Schlagworte

Gruppe: Amtshaftungsrecht,

Textnummer

E94600

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0010OB00101.10Z.0706.000

Im RIS seit

27.08.2010

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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