Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas S*****, vertreten durch Dr. Matthias Lüth, Mag. Michael Mikuz, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Hilde W*****, vertreten durch Dr. Peter Lechner, Dr. Hermann Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, sowie den Nebenintervenieten auf Seiten der beklagten Partei 1.) A*****, vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2.) DI Wolfgang Martin M*****, vertreten durch Forcher-Mayr, Kantner & Ruetz Rechtsanwaltspartnerschaft in Innsbruck, 3.) Tischlerei J*****, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 12.823,60 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei sowie der ersten Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 27. Juli 2009, GZ 4 R 129/09g-46, mit dem infolge Berufung beider Parteien und der ersten Nebenintervenientin das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 6. Mai 2009, GZ 17 Cg 37/09x-36, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 447,98 EUR (darin enthalten 74,66 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger kaufte von der Beklagten als Bauträgerin im November 2003 eine Wohnung im zweiten Obergeschoß eines Hauses. Mit der Errichtung war die erste Nebenintervenientin als Generalunternehmerin beauftragt. Die Wohnungsübergabe erfolgte am 16. 12. 2004. Im Revisionsverfahren nicht mehr strittig ist, dass dem Kläger für Mängel bei der Gangbreite sowie an Fenstern, Türen und im Badezimmer die von ihm begehrten Behebungskosten in Höhe von 8.322 EUR zustehen.
Im Kaufvertrag des Klägers findet sich zur Entrichtung des Kaufpreises folgende Vereinbarung:
„Jedwede Kaufpreiszahlungen haben mit schuldbefreiender Wirkung ausschließlich an den Vertragserrichter als Treuhänder umgehend nach dessen Aufforderung bar- und abzugsfrei zu erfolgen, welcher beauftragt und bevollmächtigt wird, die eingehenden Teilbeträge nach Überprüfung der gegebenen Fälligkeit an die Verkäuferin weiter zu geben ...“
In der insoweit unstrittigen Regelung des Kaufvertrags (Beilage ./E) findet sich hinsichtlich des hier maßgeblichen Restbetrags von 4.277,79 EUR die Fälligkeitsregelung, dass dieser Restbetrag nach Fertigstellung der gesamten Anlage oder bei vereinbarter vorzeitiger Übernahme der Wohnung fällig und vom Käufer zu überweisen ist. Der Kläger hat diese vertraglich vorgesehene letzte Kaufpreisrate auch auf das Treuhandkonto überwiesen, hat jedoch den Treuhänder angewiesen, dieses Geld nicht an die Beklagte weiter zu leiten.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger insgesamt 12.823,60 EUR an Preisminderung für die Mängel an der Wohnung, wobei er neben der Preisminderung für die einleitend dargestellten Mängel weitere 4.800 EUR für den Umbau eines Fensters geltend machte, welches Begehren bereits rechtskräftig abgewiesen wurde.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass die Leistungen vertragskonform erfolgt seien. Ferner wendete sie eine Gegenforderung von 4.277,79 EUR kompensando ein, da der Kläger zwar die letzte Rate ordnungsgemäß auf das Treuhandkonto überwiesen, aber rechtswidrig die Auszahlung verhindert habe.
Das Vorbringen der Nebenintervenienten bezog sich im Wesentlichen auf die geltend gemachten Mängel.
Der Kläger verwies darauf, dass er pünktlich und rechtzeitig auf das Treuhandkonto geleistet habe und die Beklagte daher aus der Kaufpreisforderung keine Gegenforderung ableiten, sondern nur den Treuhanderlag begehren könne.
Dazu erstattete die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren kein weiteres substantiiertes Vorbringen.
Das Erstgericht ging von Mängelbehebungskosten in Höhe von 7.722 EUR aus und erachtete die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend, da der Kläger den gesamten Kaufpreis mit schuldbefreiender Wirkung auf das Treuhandkonto bezahlt habe.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten und der ersten Nebenintervenientin im Ergebnis keine Folge, jedoch teilweise der Berufung des Klägers und änderte das Urteil dahin ab, dass es von Mängelbehebungskosten in Höhe von 8.322 EUR ausging und die Gegenforderung ebenfalls als nicht zu Recht bestehend erkannte. Es sprach daher dem Kläger 8.322 EUR sA zu und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren von 4.501,60 EUR sA rechtskräftig ab. Zu der hier nunmehr im Revisionsverfahren ausschließlich maßgeblichen Gegenforderung von 4.277,79 EUR vertrat das Berufungsgericht die Rechtsansicht, dass die Beklagte mit der Verbesserung in Verzug gewesen sei und der Kläger daher von seinem Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 ABGB Gebrauch machen könne. Insoweit sei er auch berechtigt gewesen, den Treuhänder anzuweisen, die ihm bereits überwiesenen Kaufpreisraten noch nicht weiterzuleiten.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht vorweg als nicht zulässig. Über Antrag der beklagten Partei und der ersten Nebenintervenientin erklärte es jedoch mit Beschluss vom 27. 11. 2009 die ordentliche Revision als zulässig. Die Revisionswerberin habe unter Bezugnahme unter anderem auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 4 Ob 114/08f ausgeführt, dass die Bejahung des Leistungsverweigerungsrechts des Klägers, obwohl dieser eine Verbesserung ausdrücklich abgelehnt und Preisminderung begehrt habe, eine Rechtsproblematik aufzeige, deren Klärung durch den Obersten Gerichtshof erforderlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revison der Beklagten und der ersten Nebenintervenientin ist aus dem vom Berufungsgericht aufgezeigten Grund zulässig (vgl auch RIS-Justiz RS0042639; RS0041291 ua), aber nicht berechtigt.
I. Nach dem vom Berufungsgericht herangezogenen § 1052 ABGB muss der Vertragspartner, der auf die Übergabe dringt, auch seine eigene Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie zu erfüllen bereit sein. Diese regelmäßig auf alle zweiseitig verbindlichen entgeltlichen Verträge angewendete Regelung soll als Ausdruck des Zug-um-Zug-Prinzips unter anderem Druck zur Durchführung der Verbesserungsarbeiten bewirken (Aicher in Rummel ABGB3 § 1052 Rz 7 ua). Dementsprechend findet das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers auch dort seine Grenze, wo eine Verbesserung nicht mehr in Betracht kommt (RIS-Justiz RS0021925) oder nicht mehr im Interesse des Bestellers liegt (RIS-Justiz RS0019929). Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags ist nicht von Amts wegen, sondern nur über Einwand wahrzunehmen (Aicher aaO Rz 11; Apathy in KBB3 § 1052 Rz 3).
II. Hier hat - wie die Revisionswerberin richtig geltend macht - der Kläger im Ergebnis aber nicht Verbesserung, sondern Preisminderung begehrt. Er hat gar nicht mehr auf einer Behebung der Mängel durch die Beklagte bestanden. Jedenfalls hat er einen Zug-um-Zug-Einwand iSd § 1052 ABGB gar nicht erhoben, sodass letztlich auf dessen weitere Voraussetzungen hier gar nicht einzugehen ist. Insoweit kommt der Revision Berechtigung zu. Daraus ist aber für die Revisionswerberin nichts zu gewinnen.
III. Der wesentliche Einwand des Klägers bestand darin, dass er seine vertraglich geschuldete Leistung durch Zahlung an den Treuhänder erbracht habe. Dies war auch die wesentliche Begründung, mit der das Erstgericht die Gegenforderung der Beklagten als nicht berechtigt erkannt hat. Eine andere Verpflichtung lässt sich aus dem Vertrag auch nicht ableiten. Konkrete Gründe, warum hier die Beklagte trotz vertragskonform erfolgter Leistung des Kaufpreises an den Treuhänder weiter mit einem „offenen Kaufpreisrest“ aufrechnen können sollte (zur schuldbefreienden Wirkung der Leistung an den Treuhänder Reischauer in Rummel ABGB3 § 1424 Rz 2; Mader/W.Faber in Schwimann ABGB3 § 1424 Rz 7), hat die Beklagte nicht ausgeführt. Auf die Frage, welche anderen Ansprüche die Beklagte gegen den Kläger erheben könnte bzw auf jene der Ansprüche gegen den Treuhänder ist hier nicht einzugehen.
Insgesamt war daher im Ergebnis der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
Textnummer
E94700European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0080OB00168.09B.0722.000Im RIS seit
10.09.2010Zuletzt aktualisiert am
02.02.2011