TE Vfgh Beschluss 1998/6/9 B2488/97

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Veröffentlicht am 09.06.1998
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Index

35 Zollrecht
35/01 Bundesverfassungsgesetz

Norm

VfGG §88
Zollrechts-DurchführungsG §120
Zollrechts-DurchführungsG §85a ff

Leitsatz

Abtretung einer Beschwerde gegen die Abweisung einer Berufung durch ein Zollamt an den seit dem EU-Beitritt Österreichs und der Geltung des Zollrechts-Durchführungsgesetzes zuständigen Berufungssenat; Neuregelung des Rechtsschutzes im Bereich des Zollverfahrens; kein Kostenzuspruch

Spruch

Die Beschwerde wird an den zuständigen Berufungssenat der Region Wien bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland abgetreten.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung:

1. Mit seiner auf Art144 B-VG gestützten, am 7. Oktober 1997 zur Post gegebenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bekämpft der Einschreiter einen Bescheid der Finanzlandesdirektion (FLD) für Oberösterreich. Durch diesen wurde die Berufung gegen einen Bescheid des Zollamtes Weigetschlag abgewiesen, mit dem in Zusammenhang mit der am 9. Juli 1997 erfolgten Einfuhr von Zigaretten aus Tschechien für 175 Stück Zigaretten Tabaksteuer in Höhe von 161,-- S vorgeschrieben worden war. (Eine Berufungsvorentscheidung durch die erstinstanzliche Behörde gemäß §276 BAO erging nicht.)

2. In den §§85a bis 85f Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG), BGBl. 659/1994, idF der 3. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 13/1998, wurde der Rechtsschutz im Bereich des Zollverfahrens einer Neuregelung unterzogen:

a) Gemäß §85a Abs1 Z1 ZollR-DG steht im Rahmen des Geltungsbereichs des §2 Abs1 und 2 leg.cit. (dazu zählt auch die hier vorliegende Abgabensache) gegen Entscheidungen von Zollbehörden als Rechtsbehelf der ersten Stufe (Art243 Abs2 lita Zollkodex - ZK) die Berufung zu (soweit nicht in Abgabenvorschriften ein Rechtsbehelf für unzulässig erklärt wird). Über die Berufung hat gemäß §85b Abs2 ZollR-DG die Behörde, welche die betreffende Entscheidung erlassen hat, mit Berufungsvorentscheidung zu entscheiden.

Nach §85c Abs1 ZollR-DG ist gegen solche Berufungsvorentscheidungen als Rechtsbehelf der zweiten Stufe (Art243 Abs2 litb ZK) die Beschwerde an den örtlich und sachlich zuständigen Berufungssenat (§85d Abs5 ZollR-DG) zulässig.

b) In organisatorischer Hinsicht wird gemäß §85d Abs1 ZollR-DG zwecks Bildung der Berufungssenate das Anwendungsgebiet in drei Regionen unterteilt: Die Region Wien umfaßt den Bereich der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland; die Region Linz umfaßt die Bereiche der Finanzlandesdirektionen für Oberösterreich, Steiermark und Kärnten; die Region Innsbruck umfaßt die Bereiche der Finanzlandesdirektionen für Salzburg, Tirol und Vorarlberg.

Bei der FLD für Wien, Niederösterreich und Burgenland in Wien, der FLD für Oberösterreich in Linz und der FLD für Tirol in Innsbruck ist für die zugehörige Region je eine Berufungskommission zu bilden.

Gemäß §85d Abs5 ZollR-DG hat der Vorsitzende der Berufungskommission aus den Mitgliedern der Berufungskommission die für die Behandlung der Beschwerden jeweils erforderliche Anzahl von Berufungssenaten zu bilden, wobei die Berufungssenate der Region Wien für die Behandlung der Beschwerden aus der Region Linz, die Berufungssenate der Region Linz für die Behandlung der Beschwerden aus der Region Innsbruck und die Berufungssenate der Region Innsbruck für die Behandlung der Beschwerden aus der Region Wien örtlich zuständig sind. Weiters enthält §85d Abs5 ZollR-DG Regelungen für die Zuständigkeitsverteilung zwischen mehreren Berufungssenaten einer Region.

c) §120 Abs1c ZollR-DG lautet auszugsweise:

   "..., die §§... 85a bis 85f, ..., 120 ... in der Fassung des

BGBl. I Nr. 13/1998 treten mit 1. Jänner 1998 in Kraft. ... Die

§§85a bis 85f sind auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach

dem EU-Beitritt ereignet haben. Diese Bestimmungen sind auf

solche Sachverhalte nicht anzuwenden, wenn vor ihrem

Inkrafttreten eine Berufung nicht erhoben wurde oder aber eine

Berufungsvorentscheidung erlassen und ein zulässiger

Vorlageantrag (§276 Abs1 BAO) nicht gestellt wurde; das gleiche

gilt, wenn vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmungen eine

Entscheidung einer Finanzlandesdirektion oder des Bundesministers

für Finanzen nicht beim Verwaltungsgerichtshof oder

Verfassungsgerichtshof angefochten wurde ... Wurde in Fällen, in

denen die §§85a bis 85f anzuwenden sind, gegen eine Entscheidung

einer Finanzlandesdirektion oder des Bundesministers für Finanzen

Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder

Verfassungsgerichtshof erhoben, dann gilt diese als Rechtsbehelf

gemäß den §§85a oder 85c und ist an die zuständige

Rechtsbehelfsinstanz abzutreten."

3. Nach dem letzten Satz des §120 Abs1c ZollR-DG gilt die vorliegende, einen nach dem EU-Beitritt Österreichs eingetretenen Sachverhalt betreffende Beschwerde somit als Rechtsbehelf zweiter Stufe im Sinne des §85c ZollR-DG. Sie war daher an den zur Entscheidung zuständigen Berufungssenat (§85d Abs1 und Abs5 ZollR-DG) abzutreten.

Erst der vom Berufungssenat zu erlassende Bescheid wäre beim Verfassungsgerichtshof bekämpfbar.

4. Da für die vorliegende Abtretung der (Verfassungsgerichtshof-)Beschwerde weder nach dem ZollR-DG noch nach dem VerfGG eine Verpflichtung zum Ersatz von Kosten vorgesehen ist, waren solche nicht zuzusprechen.

5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, Zollrecht, EU-Recht, VfGH / Kosten, VfGH / Abtretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2488.1997

Dokumentnummer

JFT_10019391_97B02488_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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