TE OGH 2010/8/10 1Ob119/10x

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Veröffentlicht am 10.08.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Frank W*****, vertreten durch Mag. Hubertus P. Weben, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Gemeinde K*****, vertreten durch Dr. Katrin Hainbuchner, Rechtsanwältin in Kirchberg, wegen 470.000 EUR sA und Feststellung (Streitwert 30.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 30. April 2010, GZ 4 R 86/10v-14, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 11. Februar 2010, GZ 6 Cg 104/09v-9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger stützte seinen Amtshaftungsanspruch auf die am 10. 12. 2008 beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplans vom „allgemeinen Mischgebiet“ (§ 40 Abs 2 Tiroler Raumordnungsgesetz [TROG] 2006) auf „beschränktes Mischgebiet“ (§ 40 Abs 6 TROG: Errichtung von nur mehr betriebstechnisch notwendigen Wohnungen), die den Wert seiner (umgewidmeten) Liegenschaften verringert habe.

Das Erstgericht nahm eine Verletzung der Rettungspflicht nach § 2 Abs 2 AHG an und wies das Klagebegehren deshalb ab.

Das Berufungsgericht ließ diese Frage offen, folgte aber dem (weiteren) Argument der Beklagten, dass der Flächenwidmungsplan mangels Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§ 66 TROG 2006) noch gar nicht rechtswirksam sei.

Rechtliche Beurteilung

In seiner außerordentlichen Revision beruft sich der Kläger erstmals auf § 68 Abs 3 TROG 2006. Nach dieser Bestimmung gilt die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplans nach Ablauf einer sechswöchigen Frist nach der vollständigen Vorlage des geänderten Plans und der sonstigen Unterlagen als erteilt, wenn die Genehmigung nicht innerhalb der genannten Frist verweigert wird. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut setzt diese ex lege eintretende Genehmigung des Flächenwidmungsplans die vollständige Vorlage des geänderten Plans und der sonstigen Unterlagen (bei der Aufsichtsbehörde) voraus, weil nur damit die sechswöchige Frist in Gang gesetzt wird. Dazu hat der Kläger im Verfahren erster Instanz nichts Konkretes vorgebracht, was er auch in der Revision unterlässt. Nachdem die Beklagte den Schadenersatzansprüchen des Klägers bereits in erster Instanz die bis zur Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde schwebende Unwirksamkeit des Flächenwidmungplans entgegengehalten hat, wäre es Sache des Klägers gewesen, jedenfalls in der Revision die tatsächlichen Voraussetzungen für die nunmehr im Rechtsmittelverfahren gewünschte Anwendung des § 68 Abs 3 TROG 2006 darzulegen, um den Einwand der Gegenpartei zu entkräften.

Soweit der Kläger die vom Berufungsgericht angenommene Unstrittigkeit des Vorbringens zur fehlenden (expliziten) aufsichtsbehördlichen Genehmigung in Zweifel zieht, handelt es sich dabei um die Auslegung eines Prozessvorbringens. Diese begründet nur bei einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0042828 [T11 und T15]). Es ist richtig, dass der Kläger das gegnerische Vorbringen zur fehlenden aufsichtsbehördlichen Genehmigung nicht ausdrücklich außer Streit gestellt hat. Ebenso wenig hat er aber bestritten, dass die Aufsichtsbehörde den Flächenwidmungsplan nicht (explizit mit Bescheid) genehmigt hat. Vielmehr behauptete er, ihm sei „naturgemäß nicht bekannt, ob diese Genehmigung erfolgt sei“. Derartige Erklärungen über das „Nichtwissen“ können auf (noch) vertretbare Weise als schlüssiges Tatsachengeständnis iSd § 267 Abs 2 ZPO gewertet werden, zumal der Kläger auch in seiner Berufung die fehlende Genehmigung nicht ausdrücklich bestritt, sondern ihr keine entscheidende Bedeutung zumaß (S 11 der Berufung).

Wenn der Revisionwerber letzlich meint, bereits die festgestellte Verordnung der Bausperre rechtfertige einen Amtshaftungsanspruch, übersieht er, dass ein Anspruch des Klägers primär aus der seiner Auffassung nach rechtswidrigen Änderung des Flächenwidmungplans abzuleiten ist. Das kommt auch eindeutig in der Formulierung des Feststellungsbegehrens zum Ausdruck, das ausschließlich die Schäden aufgrund der Umwidmung vom 10. 12. 2008 von allgemeinem in beschränktes Mischgebiet erfasst. Das ist auch insofern konsequent, als der Zweck einer Bausperre nur in der Sicherung der mit dem Entwurf des Flächenwidmungsplans verfolgten Planungsziele liegt (§ 69 Abs 1 TROG 2006) und diese Bausperrenverordnung nach § 69 Abs 4 leg cit nur vorübergehende Wirkung hat, weil sie entweder mit dem Inkrafttreten eines geänderten Flächenwidmungsplans oder mit der Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung außer Kraft tritt. Inwieweit ausschließlich diese (vorläufige) Bausperre eine dauernde Wertminderung oder eine sonstige Einschränkung einer konkreten Verwertungsmöglichkeit (die der Kläger auch gar nicht als Schaden geltend gemacht hat) bewirken könnte, zeigt die Revision nicht auf.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Schlagworte

Gruppe: Amtshaftungsrecht,

Textnummer

E94959

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0010OB00119.10X.0810.000

Im RIS seit

30.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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