Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. August 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé, Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mechtler als Schriftführer in der Strafsache gegen Markus L***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB idF BGBl 60/1974 über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Klagenfurt gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 22. Juni 2010, GZ 16 Hv 172/09a-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss ersatzlos aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 19. Jänner 2010, GZ 16 Hv 172/09a-20, wurde Markus L***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in den Jahren 1993 bis 1996 mehrere ihm als Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB idF BGBl 60/1974 vorgeworfene Taten begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Gegen das Urteil meldete die Staatsanwaltschaft Klagenfurt am 20. Jänner 2010 das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde an (ON 21) und führte es - nach am 1. Februar 2010 erfolgter Urteilsausfertigungs- und Aktenzustellung (S 23 in ON 1) - am 1. März 2010 unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5 StPO aus (ON 22).
Mit Beschluss vom 15. April 2010 berichtigte und ergänzte der Vorsitzende des Schöffengerichts das Hauptverhandlungsprotokoll (ON 26) und stellte hierauf den Akt der Staatsanwaltschaft Klagenfurt am 26. April 2010 - ersichtlich im Sinn des § 271 Abs 7 letzter Satz StPO - erneut zu (S 27 in ON 1). Die Staatsanwaltschaft erstattete hierauf keine neue Ausführung ihrer Nichtigkeitsbeschwerde.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies der Vorsitzende des Schöffengerichts die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Klagenfurt gemäß § 285a Z 2 StPO mit der Begründung zurück, dass bei Anmeldung keiner der im Gesetz angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet und innerhalb der gemäß § 271 Abs 7 letzter Satz StPO neu ausgelösten Frist keine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde eingebracht worden sei. Zudem habe die Anklagebehörde auch nicht ausdrücklich erklärt, die bereits zuvor erstattete Rechtsmittelausführung aufrecht zu erhalten.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Klagenfurt; sie ist im Recht.
Nach ständiger Rechtsprechung kann die Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde rechtswirksam auch schon vor Urteilszustellung - allerdings erst nach Urteilsverkündung - erfolgen (RIS-Justiz RS0100035).
Die am 1. März 2010 eingebrachte - Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnende - Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde erfolgte daher ungeachtet dessen, dass danach gemäß § 271 Abs 7 letzter Satz StPO eine neue Frist zur Ausführung der Rechtsmittel ausgelöst worden war, fristgerecht und ist (infolge Unterlassung der Einbringung einer weiteren Ausführung) unverändert wirksam, zumal eine vom Erstgericht geforderte Erklärung, die Rechtsmittelausführung aufrecht zu erhalten, gesetzesfremd ist.
Der angefochtene Beschluss war daher ersatzlos zu kassieren.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E94885European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0150OS00084.10G.0811.000Im RIS seit
24.09.2010Zuletzt aktualisiert am
29.01.2013