TE OGH 2010/8/12 12Os106/10w

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Veröffentlicht am 12.08.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat am 12. August 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Reich als Schriftführerin in der Strafvollzugssache gegen Erik R***** wegen Erwirkung der Vollstreckung einer Strafe in den Niederlanden, AZ 37 Hv 206/09t des Landesgerichts Innsbruck, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 31. März 2010, GZ 37 Hv 206/09t-69, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 31. März 2010, GZ 37 Hv 206/09t-69, verletzt § 54 Abs 1 EU-JZG iVm § 76 Abs 1 ARHG.

Der Beschluss wird ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 3. Februar 2010, GZ 37 Hv 206/09t-58, wurde der niederländische Staatsangehörige Erik R***** der Verbrechen (richtig des Verbrechens) des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Mit einem an die Staatsanwaltschaft Innsbruck gerichteten (dort am 5. März 2010 eingelangten) Schreiben ersuchte der Verurteilte um Überstellung in seinen Heimatstaat zur (weiteren) Vollstreckung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe (ON 68).

Mit Beschluss vom 31. März 2010, GZ 37 Hv 206/09t-69, wies das Landesgericht Innsbruck den Antrag des Erik R***** auf Überstellung in die Niederlande zur Strafvollstreckung ab.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluss verletzt - wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt - § 54 Abs 1 EU-JZG iVm § 76 Abs 1 ARHG.

Der im vorliegenden Fall maßgebliche § 54 Abs 1 EU-JZG sieht im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Erwirkung der Strafvollstreckung in einem Mitgliedsstaat der EU die Anwendung des § 76 ARHG vor. Demgemäß hat der Vorsitzende des erkennenden Gerichts dem Bundesministerium für Justiz alle Unterlagen zu übermitteln, welche zur Erwirkung der Übernahme der Vollstreckung durch den ersuchten Staat notwendig sind. Das Gericht ist aber nicht befugt, die Erwirkung der Übernahme der Vollstreckung (beschlussmäßig) abzulehnen.

Mit der Beschlussfassung vom 31. März 2010 maßte sich daher der Vorsitzende des Schöffengerichts eine ihm nach dem Gesetz nicht zukommende Entscheidungsbefugnis an (vgl 13 Os 82/03 mwN).

Da der Beschluss unter Verletzung des gewaltentrennenden Organisationsprinzips des Art 94 B-VG zum Nachteil des Verurteilten in die Kompetenz des zuständigen Entscheidungsträgers eingreift, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, die Feststellung der Gesetzesverletzung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO). Der angefochtene Beschluss war - dessen Inhalt hier außer Betracht zu bleiben hatte - daher ersatzlos aufzuheben.

Das Landesgericht Innsbruck wird in der Folge iSd § 76 ARHG vorzugehen haben.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E94954

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0120OS00106.10W.0812.000

Im RIS seit

29.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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