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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs9;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der KL in H, vertreten durch Winkler - Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 16. Mai 2000, Zl. 1- 0109/00/K1, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz sprach die Beschwerdeführerin mit Straferkenntnis vom 19. Jänner 2000 für schuldig, sie habe am 5. Dezember 1999 um 4.40 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmen Pkw in D gelenkt, wobei sie sich am 5. Dezember 1999 um 5.10 Uhr an der Anhaltestelle trotz vorschriftsmäßiger Vorführung zu einem Arzt geweigert habe, sich der Untersuchung zur Feststellung des Grades der Suchtgiftbeeinträchtigung zu unterziehen, da sie die Abgabe einer Harnprobe verweigert habe. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs. 9 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 16. Mai 2000 keine Folge. Sie bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass dem Wort "Anhaltestelle" eine nähere örtliche Umschreibung eingefügt werde und es in der Tatumschreibung statt "zur Feststellung des Grades Ihrer Suchtgiftbeeinträchtigung" zu lauten habe "zur Feststellung des Vorliegens einer bei Ihnen vermuteten Suchtgiftbeeinträchtigung".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof führte im Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/11/0114 (betreffend Entziehung der Lenkberechtigung), dem die Verweigerung der Durchführung einer Harnprobe, welche als Verweigerung der Untersuchung nach § 5 Abs. 9 iVm Abs. 5 StVO 1960 gewertet worden war, Folgendes aus:
"Der Beschwerdeführer ist dagegen mit seiner Behauptung im Recht, die Rechtslage sehe keine Verpflichtung zur Abgabe einer Harnprobe vor, deren Verweigerung der Verweigerung der ärztlichen Untersuchung gleichkomme. Die Verpflichtung, sich einer Untersuchung durch einen Arzt zu unterziehen, schließt ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht die Verpflichtung ein, Harn abzugeben. Solches kann weder dem Wortlaut des § 5 Abs. 9 noch den Erläuternden Bemerkungen (1590 BlgNR 18. GP, S. 21 zum damals vorgesehenen, dem nunmehrigen Abs. 9 entsprechenden § 5 Abs. 8) entnommen werden. Vielmehr handelt es sich bei der Untersuchung nach dem Abs. 9 um die sogenannte klinische Untersuchung durch einen Arzt, bei der der Grad der Beeinträchtigung des Fahrvermögens an Hand von Verhaltensweisen der untersuchten Person (wie die Finger-Finger-Probe, Geradeausgehen auf einem Strich udgl.) eingeschätzt wird.
Einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung der Verpflichtung zur Abgabe einer Harnprobe im Rahmen der ärztlichen Untersuchung bedürfte es schon aus dem Grunde, weil eine derartige Verpflichtung erheblich über das hinausgeht, was einem zu Untersuchenden bei einer herkömmlichen klinischen Untersuchung abverlangt wird. Eine solche Verpflichtung kann dazu führen, dass die zu untersuchende Person je nach ihrer Fähigkeit, Harn abzugeben, für eine unbestimmt lange Zeit in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird, wobei sie ständig unter Überwachung steht. Die Intensität eines solchen Eingriffes kann das übliche Maß des im gegebenen Zusammenhang in Kauf zu Nehmenden bei Weitem übersteigen.
Aus diesem Grund war es rechtswidrig, die Verweigerung der Abgabe einer Harnprobe der Verweigerung der ärztlichen Untersuchung im Sinne des § 5 Abs. 9 StVO 1960 gleichzuhalten."
Gleiches trifft auch für den gegenständlichen Fall zu.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Jänner 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000020146.X00Im RIS seit
12.06.2001