TE OGH 2010/8/18 8Ob160/09a

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Veröffentlicht am 18.08.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) J***** H*****, 2) L***** F*****, und 3) M***** M*****, alle vertreten durch Dr. Andreas Lintl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B*****, wegen 1) 45.987,36 EUR sA, 2) 33.178,80 EUR sA und 3) 19.521,48 EUR sA, über die außerordentliche Revision der erst- und zweitklagenden Parteien sowie aus Anlass der Revision der drittklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. September 2009, GZ 13 R 148/09v-29, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die außerordentliche Revision des Erst- und des Zweitklägers wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Zur Entscheidung über den Antrag des Drittklägers auf Zulassung der ordentlichen Revision werden die Akten dem Berufungsgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Vorbringen der Kläger, die Haftung der Beklagten auf die §§ 24 Abs 3, 25 Pflanzenschutzmittelgesetz (PMG) zu stützen, ohnedies auseinandergesetzt, allerdings nicht im von den Klägern gewünschten Sinn. Unter Hinweis auf die Entscheidung 6 Ob 104/06x hat es dargelegt, dass die Kläger in erster Instanz einen konkreten Verstoß der Beklagten gegen die genannten Bestimmungen nicht vorgebracht haben. Diese Rechtsauffassung ist keineswegs unvertretbar: § 25 PMG legt den Antragstellern (im Zulassungsverfahren nach dem PMG) und den Zulassungsinhabern Meldepflichten auf (6 Ob 104/06x). Den insoweit nicht bekämpften Feststellungen ist aber zu entnehmen, dass die Beklagte nicht Zulassungsinhaber des in Rede stehenden Produkts ist. Dass sie Antragstellerin ist, haben die Kläger gar nicht behauptet. Nach § 24 Abs 3 PMG dürfen beim Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln keine Angaben gemacht werden, die mit den Kennzeichnungsvorschriften dieses Bundesgesetzes nicht im Einklang stehen; insbesondere dürfen keine Angaben gemacht werden, die auf andere als die zugelassenen Anwendungsbestimmungen schließen lassen oder die zu falschen Vorstellungen über die Gefährlichkeit des Pflanzenschutzmittels führen können. Dazu haben die Kläger nur vorgebracht, die Beklagte habe es unterlassen, offenzulegen, dass das Mittel für die Behandlung von Wurzelpetersilie nicht geeignet ist. Allerdings ist nicht mehr strittig, dass das Mittel in Österreich nicht von der Beklagten sondern von der österreichischen Vertriebsgesellschaft in Verkehr gebracht wurde, und zwar unter der in Österreich erforderlichen Aufmachung. Dieses Vorbringen haben die Kläger nicht nur nicht bestritten, sondern - wenn auch in anderem Zusammenhang - sich zu eigen gemacht (S 4 in ON 12). Von einer unvertretbaren Fehlbeurteilung des Klagevorbringens durch das Berufungsgericht kann daher keine Rede sein.

2. Dass die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten nach dem PHG nicht gegeben sind, wird von den Revisionswerbern ebensowenig bestritten, wie das Fehlen der Voraussetzungen einer deliktischen Haftung der Beklagten. Wohl aber beruft sie sich weiterhin auf zu ihren Gunsten bestehende Schutzpflichten aus dem Vertrag zwischen der beklagten Herstellerin und der österreichischen Vertriebsgesellschaft. Dazu hat aber schon das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Kläger die Haftung der Beklagten zuletzt nicht mit einem (auch nicht festgestellten) Fehler des Produkts, sondern mit der Unterlassung geeigneter Warnhinweise bei dessen Inverkehrbringen begründet haben. In Verkehr gebracht wurde das Produkt aber nicht von der Beklagten als Herstellerin, sondern von der österreichischen Vertriebsgesellschaft. Eine Verpflichtung des Herstellers zur Warnung des Endverbrauchers kann aus dem Vertrag zwischen Hersteller und Vertriebsgesellschaft nicht abgeleitet werden. Zu welchen Hinweisen die Beklagte als Herstellerin gegenüber der Vertriebsgesellschaft verpflichtet war, braucht nicht erörtert zu werden, weil weder behauptet noch festgestellt wurde, dass die Beklagte die Vertriebsgesellschaft über irgendwelche relevanten Aspekte des Mittels und seines Einsatzes nicht informiert habe. Ob die am Verfahren nicht beteiligte Vertriebsgesellschaft Warnhinweise versäumte, ist - wie ebenfalls schon das Berufungsgericht ausführte - nicht zu prüfen.

3. Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis überhaupt zulässig ist, ist zwar als Frage der Beweislast eine Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0022624); ob aber ein Anscheinsbeweis im konkreten Fall erbracht wurde oder nicht, ist eine vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare Beweiswürdigungsfrage (Rechberger in Rechberger, ZPO, Vor § 266 Rz 22; RIS-Justiz RS0022624 [T1] ua), Die Revisionswerber machen in ihrem Rechtsmittel lediglich geltend, dass ihnen der Anscheinsbeweis gelungen sei, dass das Pflanzenschutzmittel den geltend gemachten Schaden verursacht habe. Damit bekämpfen sie in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen, sodass auf ihr dazu erstattetes Vorbringen nicht einzugehen ist.

4. Die außerordentliche Revision des Erst- und des Zweitklägers war daher, weil darin eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht aufgezeigt wird, als unzulässig zurückzuweisen.

5. Das dafür zuständige Berufungsgericht, dem der Akt mit dem Antrag des Drittklägers gemäß § 508 Abs 1 ZPO vorgelegt worden war, hat darüber noch nicht entschieden, sodass ihm der Akt zu diesem Zweck zurückzustellen ist.

Textnummer

E95017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0080OB00160.09A.0818.000

Im RIS seit

03.10.2010

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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