TE Vwgh Erkenntnis 2001/1/26 99/02/0180

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Veröffentlicht am 26.01.2001
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll sowie Senatspräsident Dr. Kremla und Hofrat Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des WB in W, vertreten durch Baier, Böhm, Orator & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Rotenturmstraße 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. April 1999, Zlen. UVS- 03/P/07/00927/98 und UVS-03/P/07/01054/98, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. April 1999 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe 1.) als "Fa.-Verantwortlicher" und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges nach außen Berufener, der Bundespolizeidirektion Wien auf ihr schriftliches Verlangen vom 28. Juli 1997 innerhalb der Frist von zwei Wochen eine falsche Auskunft darüber erteilt, wer dieses Fahrzeug an einem näher bezeichneten Ort in Wien XVI abgestellt habe, sodass es dort am 8. Mai 1997 um 14.42 Uhr gestanden sei; 2.) als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten (anderen) Kraftfahrzeuges (nach außen Berufener) es unterlassen, der Bundespolizeidirektion Wien auf ihr schriftliches Verlangen vom 28. Juli 1998 eine richtige Auskunft (vollständige Auskunft) darüber zu erteilen, wer dieses Fahrzeug an einem näher bezeichneten Ort in Wien XVI abgestellt habe, sodass es dort am 7. Mai 1997 um 07.35 Uhr gestanden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG begangen. Es seien daher gemäß § 134 leg. cit. Geldstrafen zu

1.) in der Höhe von S 1.400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) und zu 2.) in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) zu verhängen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, dass in beiden Fällen in Beantwortung der Lenkeranfrage, der vermutlich ausländische Staatsangehörige M. V. unter einer Wiener Anschrift in einem Fall als Lenker und im anderen Fall als auskunftspflichtige Person angegeben worden sei. Dies habe in beiden Fällen nicht zur Ausforschung des Täters bezüglich des Grunddeliktes geführt, weil die an den Genannten gerichteten Schreiben mit dem Vermerk "verzogen" zur Behörde zurückgelangt seien. Aus dem zu dem unter 1.) angeführten Verwaltungsstrafverfahren beigebrachten Vertrag über die Vermietung des in diesem Fall angeführten Kraftfahrzeuges ergebe sich, dass als Mieter die Firma G. A. N. unter einer Wiener Anschrift aufscheine, während als Fahrer M. V. angeführt sei. Als weitere Fahrer seien "diverse Firmenfahrer" im Vertrag genannt worden. In diesem Vertrag seien hinsichtlich M. V. zwei verschiedene Adressen angeführt, in der Beantwortung der Lenkererhebungsanfrage sei aber nur eine dieser Adressen angeführt worden. In dem Vertrag über die Vermietung des im zu

2.) abgeführten Verwaltungsstrafverfahren angeführten Kraftfahrzeuges sei als Fahrer S. W. M. angeführt. In der Beantwortung der Lenkererhebungsanfrage sei aber M. V. als Auskunftspflichtiger mit einer Adresse angegeben worden, die im Mietvertrag gar nicht aufscheine.

Der Beschwerdeführer macht geltend, aus § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 könne eine Verpflichtung des Zulassungsbesitzers "zur detektivischen Nachforschung bezüglich des Wohnungsstandes von ehemaligen Lenkern" nicht abgeleitet werden. Insbesondere sei es auch nicht möglich, innerhalb der für die Auskunfterteilung eingeräumten zweiwöchigen Frist eine Auskunft des Meldeamtes, deren Beantwortung in der Regel sechs bis acht Wochen dauere, einzuholen. Der Beschwerdeführer habe in dem Lenkererhebungsverfahren, welches dem zu 1.) durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliege, keinen Anlass gesehen, eine ausländische Adresse des M. V. zu erfragen, weil dieser in Österreich ein Unternehmen betrieben habe und eine ständige Wohnadresse habe angeben können. Obwohl im Vertrag über die Vermietung des dort angeführten Kraftfahrzeuges zwei Adressen des M. V. aufschienen, habe der Beschwerdeführer nur die ihm als dessen Wohnadresse bekannte Anschrift angegeben. Weitere Nachforschungen seien, da auf Grund der ständigen Geschäftsbeziehung mit M. V. keine Zweifel an der Richtigkeit der angegebenen Adresse vorgelegen seien, nicht erforderlich gewesen. Dass die bekannt gegebene Anschrift zur Zeit der Vermietung korrekt gewesen sei, ergebe sich aus dem Postvermerk "verzogen" (mit dem die seitens der Behörde an den Genannten gerichtete Lenkererhebungsanfrage der Behörde rückgemittelt wurde). Im dem zu

2.) durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegenden Lenkererhebungsverfahren habe der Beschwerdeführer deswegen die - im Mietvertrag nicht aufscheinende - Privatadresse des M. V. der Behörde genannt, weil dieser ständiger Kunde des Unternehmens gewesen sei und die Kontaktaufnahme unter dieser Anschrift nie Schwierigkeiten bereitet habe. Die belangte Behörde hab dadurch Verfahrensvorschriften verletzt, dass sie Erhebungen darüber, ob M. V. tatsächlich an der vom Beschwerdeführer angegebenen Adresse gewohnt habe, unterlassen habe.

§ 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 lautet

"(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1999, Zl. 98/02/0405, mit weiteren Nachweisen) liegt dieser Bestimmung die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen; die aufgrund einer behördlichen Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein.

Der Beschwerdeführer hat in beiden Fällen die ihm als Wohnadresse angegebene und auf Grund einer ständigen Geschäftsbeziehung als richtig erkannte Anschrift des M. V. in Österreich der Behörde bekannt gegeben. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurden sowohl die gegen M. V. als verantwortlicher Lenker erlassene Strafverfügung als auch die an ihn als Auskunftspflichtigen gerichtete Lenkererhebungsanfrage jeweils mit dem Vermerk des Zustellers "verzogen" der Behörde rückgemittelt. Aus diesen postamtlichen Vermerken ist ersichtlich, dass der als verantwortlicher Lenker bzw. als Auskunftspflichtiger angeführte M. V. an der vom Beschwerdeführer angegebenen Anschrift nicht unbekannt, jedoch im Zeitpunkt der Zustellversuche an dieser Adresse nicht mehr wohnhaft war. Darüber, wann M. V. den Aufenthalt an der angegebenen Adresse beendet hat, bzw. ob dem Beschwerdeführer eine andere Anschrift hätte bekannt sein müssen, hat die belangte Behörde keine Ermittlungen gepflogen und keine Feststellungen getroffen. Damit kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der ihn treffenden Auskunftspflicht eine falsche oder unvollständige Anschrift des Genannten der Behörde bekannt gegeben habe.

Eine Verpflichtung des Zulassungsbesitzers zur Einholung einer Meldeauskunft kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Auch stünde die Antwort auf eine Meldeanfrage in aller Regel erst nach Ablauf der für die Beantwortung der Lenkererhebungsanfrage eingeräumten Frist zur Verfügung.

Im Fall des Vorliegens einer zweiten Anschrift eines Lenkers ist nach der hg. Rechtsprechung die Bekanntgabe dieser zweiten Anschrift im Rahmen eines Lenkererhebungsverfahrens zulässig und allenfalls geboten (vgl. abermals das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1999). Der Umstand, dass in den Mietverträgen auch die Anschrift des Unternehmens G. A. N. mit dem Zusatz des Namens des M. V. aufscheint, löste aber deshalb keine Verpflichtung zur Bekanntgabe dieser Anschrift aus, weil einerseits der Beschwerdeführer keinen erkennbaren Grund hatte, an der Richtigkeit der ihm angegebenen Wohnadresse des M. V. zu zweifeln, und weil andererseits der Beschwerdeführer gar nicht sicher sein konnte, ob der Genannte unter der Adresse dieses Unternehmens erreichbar wäre.

Soweit die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorwirft, er habe es unterlassen von M. V., der vermutlich Ausländer sei, eine Adresse im Ausland zu erfragen, ist ihr entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer unabhängig von der Frage, ob der Genannte zum Zeitpunkt der Anmietung der Fahrzeuge überhaupt über eine Anschrift im Ausland verfügte, in Anbetracht des in Österreich bestehenden Unternehmens des M. V. davon ausgehen konnte, dass der Genannte einer nachhaltigen Tätigkeit in Österreich nachgehen und daher unter seiner inländischen Wohnadresse erreichbar sein werde. Eine Frage über eine allfällige Anschrift des M. V. im Ausland zu stellen, war der Beschwerdeführer sohin nicht verpflichtet.

Zusammenfassend ergibt sich, dass die belangte Behörde ihrer Entscheidung zu Unrecht von einer unrichtigen bzw. unvollständigen Erfüllung der Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 durch den Beschwerdeführer ausgegangen ist, weshalb sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat. Der angefochtene Bescheid musste daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Jänner 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999020180.X00

Im RIS seit

05.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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