TE Vwgh Erkenntnis 2001/1/29 98/10/0362

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Veröffentlicht am 29.01.2001
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Index

L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich;
L55053 Nationalpark Biosphärenpark Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

NatSchG NÖ 1977 §24 Abs1 Z1;
NatSchG NÖ 1977 §3 Abs1 Z1;
VStG §44a Z1;
VStG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des Ing. Helmut O in Wien, vertreten durch Mag. Daniel Lampersberger, Rechtsanwalt in 1033 Wien, Esteplatz 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 14. September 1998, Zl. Senat-KR-98-009, betreffend Übertretung des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 Z. 1 iVm § 3 Abs. 1 Z. 1 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes (Nö NSchG) schuldig erkannt. Er habe in der Zeit vom 6. September 1995 bis 22. November 1995 auf dem Grundstück Nr. 83 (als Grünland-Landwirtschaft gewidmet) der KG S. dem Verbot des § 3 Abs. 1 Z. 1 dadurch zuwider gehandelt, dass er acht Autowracks, zahlreiche Metallfässer, Obststeigen und Alteisen außerhalb eines Müllablagerungsplatzes abgelagert habe, wodurch Grünland verunreinigt worden sei.

Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden) verhängt.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, stehe fest, dass der Beschwerdeführer Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstückes sei. Dieses sei als Grünland-Landwirtschaft gewidmet. Im Zeitraum vom 6. September 1995 bis 22. November 1995 sei eine Verunreinigung dieses Grundstückes durch Ablagerung der genannten Abfallstoffe außerhalb eines Müllablagerungsplatzes erfolgt. Diese Feststellungen gründeten sich auf die Angaben des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Organs der Gewässeraufsicht der Bezirkshauptmannschaft Krems (BH) sowie den Angaben des Masseverwalters im Konkursverfahren betreffend die O. GmbH. Die Behauptungen des Beschwerdeführers, das Grundstück Nr. 83 der KG S. stehe im (zumindest außerbücherlichen) Eigentum der O. GmbH, gingen daher ins Leere. Der Beschwerdeführer habe die ihm zur Last gelegte Tat in objektiver Hinsicht zu vertreten, da ihm aus seiner Tätigkeit als Weinbautreibenden bzw. handelsrechtlichen Geschäftsführer der O. GmbH, die ein großes Weinbauunternehmen betrieben habe, die entsprechenden Bestimmungen des Naturschutzgesetzes bekannt gewesen sein müssten. Selbst wenn die acht Autowracks tatsächlich im Eigentum der O. GmbH gestanden sein sollten, hätte der Beschwerdeführer, der nicht nur Grundeigentümer, sondern auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der O. GmbH sei, bereits seinerzeit noch vor der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der O. GmbH (September 1995) die Ablagerung verhindern oder die Entfernung der Ablagerungen veranlassen müssen. Dass die übrigen abgelagerten Abfälle (Metallfässer, Obststeigen und Alteisen), durch die ebenfalls eine Verunreinigung eingetreten sei, nicht in seinem Eigentum stünden, habe der Beschwerdeführer nicht behauptet. Demzufolge habe er die ihm zur Last gelegte Tat auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass er zumindest fahrlässig gehandelt habe, wobei ein mittlerer Grad von Fahrlässigkeit angenommen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 24 Abs. 1 Z. 1 Nö NSchG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einem Verbot des § 3 Abs. 1 zuwiderhandelt.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. sind im Grünland, das sind Flächen, die nach Maßgabe der Bestimmungen des Nö Raumordnungsgesetzes nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmet sind, die Verunreinigung durch Ablagerung von Müll und sonstigen Abfallstoffen außerhalb von Müllablagerungsplätzen, unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften, verboten.

Tatbestandsmäßig ist nach dieser Bestimmung das "Ablagern" (vgl. das Erkenntnis vom 18. Oktober 1999, Zl. 99/10/0034).

Unter Abfallstoffen iSd § 3 Abs. 1 Z. 1 Nö NSchG sind sowohl jene Gegenstände zu verstehen, deren sich der Eigentümer (Besitzer) tatsächlich entledigt hat oder entledigen will, als auch solche Gegenstände, die man wegen ihrer Beschaffenheit (z.B. Funktionsunfähigkeit) nicht mehr bestimmungsgemäß verwenden kann und deren man sich daher üblicherweise, d.h. nach der Verkehrsauffassung, entledigt; entscheidend ist, ob es sich um eine Sache handelt, die im Allgemeinen noch (bestimmungsgemäße) Verwendung findet (vgl. dazu das Erkenntnis vom 28. Juni 1993, Zl. 92/10/0114).

Dass es sich bei den abgelagerten Gegenständen um Abfallstoffe im Sinne der genannten Vorschrift handelt, durfte die belangte Behörde bereits auf Grund der Feststellungen der Behörde erster Instanz frei von Rechtsirrtum annehmen. Danach sind etwa die Fahrzeuge teilweise zertrümmert, liegen auf der Seite und weisen offene Türen und Fenster auf. Dies gilt auch für die Feststellung der Behörde erster Instanz, dass bei den Metallablagerungen Auswaschungen stattfinden, die auch toxische Konzentrationen für das Bodenleben und die Pflanzen erreichen können. Dass die Fahrzeuge etwa für die Beschaffung von Ersatzteilen benötigt würden, wie in der Beschwerde behauptet wird, spricht auch nicht gegen die Schlussfolgerung, dass Fahrzeuge in einem solchen Zustand im Allgemeinen (nach objektiven Maßstäben) nicht mehr bestimmungsgemäß Verwendung finden.

Zutreffend ist, dass der Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom 4. November 1997 der BH gegenüber erklärt hat, dass die auf der gegenständlichen Liegenschaft abgelagerten Gegenstände im Eigentum der O. GmbH stehen.

Dass dem Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Grundstückseigentümer und nicht etwa als handelsrechtlichen Geschäftsführer der O. GmbH ein Verstoß gegen das Verbot der Verunreinigung durch das Ablagern der Abfallstoffe vorgeworfen wurde, hat die belangte Behörde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer noch vor der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der O. GmbH die Ablagerungen auf seinem Grundstück hätte verhindern oder deren Entfernung veranlassen können. Dabei hat die belangte Behörde allerdings übersehen, dass dem Verbot des § 3 Abs. 1 Z. 1 NSchG nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung nicht dadurch zuwider gehandelt wird, dass eine Ablagerung nicht verhindert oder die Entfernung abgelagerter Stoffe nicht veranlasst wird. Auf Grund dieser verfehlten Rechtsauffassung hat sich die belangte Behörde nicht weiter mit der Frage befasst, wem die "Verunreinigung durch Ablagern" zuzurechnen ist. Die Lösung dieser Frage hätte insbesondere Feststellungen darüber vorausgesetzt, wer im Zeitpunkt des "Ablagerns" auf der Liegenschaft über die Abfall darstellenden Sachen - wenigstens als deren Inhaber - verfügen konnte. Gegebenenfalls hätte sich die Behörde auch mit der Frage auseinander setzen müssen, ob der Beschwerdeführer vor der "Ablagerung" die Gewahrsame über die in Rede stehenden Sachen im eigenen Namen oder als Organ der O. GmbH ausübte. Sollte die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren zur Feststellung gelangen, dass der Beschwerdeführer die Tat als handelsrechtlicher Geschäftsführer der O. GmbH zu verantworten hat, wäre dies gemäß § 44a Z. 1 VStG bei der Tatumschreibung entsprechend zu berücksichtigen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 93/09/0491).

Auf Grund dieser Erwägungen belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. Jänner 2001

Schlagworte

Verantwortlichkeit (VStG §9) zur Vertretung berufenes Organ

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998100362.X00

Im RIS seit

02.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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