Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Mag. Robert A***** R*****, und 2. R***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Franz Leupold, öffentlicher Notar in Graz, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts in EZ 272 *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 22. Jänner 2010, GZ 4 R 345/09y, mit dem infolge des Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 14. September 2009, TZ 15012/09, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Zweitantragstellerin ist grundbücherliche Eigentümerin eines 138/4248-Anteils an der EZ 272 *****, der untrennbar mit Wohnungseigentum an W 17 verbunden ist. Mit Kaufvertrag vom 26.August 2009 verkaufte die durch den Erstantragsteller als ihren Alleingeschäftsführer vertretene Zweitantragstellerin diese Liegenschaft an den Erstantragsteller.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechts für den Erstantragsteller ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, da der Oberste Gerichtshof noch nicht mit der Fallkonstellation eines Insichgeschäfts durch Selbstkontrahieren in einer Grundbuchssache befasst worden sei.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Bewilligung der Eigentumseinverleibung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig. Es entspricht nämlich ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass wegen der Vorschrift des § 95 Abs 3 GBG, wonach in einem abweisenden Grundbuchsbeschluss alle Gründe anzugeben sind, die der Bewilligung entgegenstehen, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG bei einem von mehreren Abweisungsgründen auch dann vorliegen kann, wenn das Gesuch wegen anderer Abweisungsgründe, bei denen keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen ist, ohnehin abgewiesen werden muss (vgl 5 Ob 62/91 = SZ 64/75 = NZ 1992, 157 [Hofmeister, 159]; RIS-Justiz RS0042767).
Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.
1. Der Oberste Gerichtshof hat erst kürzlich zur grundbuchsrechtlichen Behandlung von Insichgeschäften Stellung bezogen und ausgeführt (5 Ob 179/09y):
1.1. „Insichgeschäfte sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Vertreter rechtsgeschäftliche Wirkungen für und gegen den von ihm Vertretenen durch Willenserklärung an sich selbst erzeugt, wobei er entweder als Vertreter und zugleich auch im eigenen Namen für sich selbst (Selbstkontrahieren) handelt oder als Vertreter einer natürlichen oder juristischen Person und zugleich als Vertreter einer anderen natürlichen oder juristischen Person (Doppel- oder Mehrfachvertretung; RIS-Justiz RS0019621). Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung sind Insichgeschäfte nur insoweit zulässig, als keine Interessenkollision droht und der Abschlusswille derart geäußert wird, dass die Erklärung unzweifelhaft feststeht und nicht unkontrollierbar zurückgenommen werden kann (RIS-Justiz RS0019684; RS0059793). Insichgeschäfte sind zulässig, wenn das Geschäft dem Vertretenen nur Vorteile bringt, keine Gefahr der Schädigung des Vertretenen besteht oder dieser einwilligt (5 Ob 153/08y mwN; vgl RIS-Justiz RS0038756; RS0028129; 4 Ob 71/00w = SZ 73/68 mwN). Soweit die Gefahr einer Interessenkollision droht, handelt der Machthaber bei Doppelvertretung ebenso wie bei Selbstkontrahieren im engeren Sinn insoweit ohne Vertretungsmacht (1 Ob 64/00v = SZ 74/14 = RIS-Justiz RS0060604 [T11]).
Für das Grundbuchsverfahren wird judiziert, dass das Selbstkontrahieren wegen der durch die prinzipiell nicht auszuschließende Interessenkollision bestehenden Gefährdung der Interessen des Machthabers nur ausnahmsweise keine Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG erweckt. Liegt dem äußeren Anschein nach eine unzulässige Doppelvertretung vor, darf das Grundbuchsgericht eine den Machtgeber belastende Eintragung nur bewilligen, wenn der urkundliche Nachweis seiner Zustimmung vorliegt (RIS-Justiz RS0060604 [T2 und T4]).“
1.2. Daran ist festzuhalten und für den Geschäftsführer einer GmbH die herrschende Rechtsprechung zu ergänzen:
Grundsätzlich verbietet § 25 Abs 4 GmbHG diesem Geschäfte mit der Gesellschaft einschließlich des Selbstkontrahierens. Insichgeschäfte des Geschäftsführers können nur durch die (formlose) Zustimmung aller Gesellschafter saniert werden (RIS-Justiz RS0028072 [T11]; RS0049076 [T5 und T6]). Das Insichgeschäft muss von dem gefährdeten Machtgeber entweder durch vorher erteilte Einwilligung oder durch nachträgliche Genehmigung gedeckt sein. Dabei kann diese Zustimmung oder Genehmigung nicht wiederum vom Vertreter erteilt werden (RIS-Justiz RS0019350). Es müssen - ungeachtet der sonstigen Regelungen der Vertretung - alle übrigen Geschäftsführer zustimmen; ist nur ein einziger Geschäftsführer bestellt, dann muss entweder ein allfälliger Aufsichtsrat zustimmen, oder die Gesellschafter selbst müssen die Genehmigung erteilen, wozu allerdings die Einhaltung der für das Zustandekommen von Gesellschaftsbeschlüssen bestehenden Formvorschriften nicht erforderlich ist (RIS-Justiz RS0059772; RS0059477).
1.3. Schon weil die Angemessenheit des vereinbarten Kaufpreises im Grundbuchsverfahren nicht beurteilbar ist, kann eine Gefährdung der Interessen der vertretenen GmbH durch den von der zweitantragstellenden GmbH als Verkäuferin, vertreten durch den Erstantragsteller als einzigen, selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer, und dem Erstantragsteller im eigenen Namen als Käufer abgeschlossenen Kaufvertrag, der für die unbelastete Eigentumswohnung einen Kaufpreis von 60.000 EUR vorsieht, nicht ausgeschlossen werden. Deshalb haben die Vorinstanzen zutreffend Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG erkannt.
Die die zweitantragstellende GmbH als Machtgeberin belastende Einverleibung des Eigentumsrechts für den Erstantragsteller hätte somit nur bewilligt werden können, wenn der urkundliche Nachweis der - vor Abschluss des Kaufvertrags oder danach erteilten - Zustimmung/Genehmigung der (von den Antragstellern zugestandenen) weiteren Gesellschafter dem Grundbuchsgesuch beigelegen wäre, was aber nicht der Fall war.
2. Dazu kommt ein weiterer Abweisungsgrund (§ 95 Abs 3 GBG):
Die Aufsandungserklärung im Kaufvertrag (Punkt 5.) enthält weder eine Einwilligung zur Einverleibung des Eigentumsrechts am Kaufobjekt noch lässt sie erkennen, dass sie von der Zweitantragstellerin abgegeben wird. Es ist aber dem Grundbuchsgericht verwehrt, eine undeutliche und zu begründeten Zweifeln Anlass gebenden Urkunde auszulegen. Durch den Inhalt der Urkunden erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel haben vielmehr zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen. Das gilt auch, wenn Zweifel daran offen bleiben, ob eine ausdrückliche Aufsandungserklärung desjenigen, dessen Recht beschränkt, belastet oder aufgehoben werden soll, vorhanden ist (5 Ob 2/89 = RIS-Justiz RS0060642; RS0060573).
Die aufgezeigten Unklarheiten rechtfertigen die Antragsabweisung daher ebenfalls.
Schlagworte
7 Grundbuchsachen,Textnummer
E95180European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0050OB00039.10M.0831.000Im RIS seit
30.10.2010Zuletzt aktualisiert am
28.05.2014