Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** P*****, vertreten durch Dr. Hagen Nagler, Rechtsanwalt in Feldbach, gegen die beklagte Partei M***** S*****, vertreten durch Dr. Gert Weiler, Rechtsanwalt in Feldbach, wegen 70.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. April 2010, GZ 3 R 53/10d-27, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Wurden nach § 82 Abs 1 EheG von der Aufteilung ausgenommene Vermögensteile ausdrücklich oder schlüssig (vor allem durch entsprechende tatsächliche Verwendung) zur Anschaffung ehelichen Gebrauchsvermögens oder zur Bildung ehelicher Ersparnisse gewidmet, so verlieren sie ihre besondere aufteilungsrechtliche Eigenschaft iSd § 82 EheG (RIS-Justiz RS0057298). Hat ein Ehegatte einen nicht der Aufteilung unterliegenden Geldbetrag zumindest schlüssig gemeinsamen (wirtschaftlichen) Zwecken gewidmet, kommt eine reale Aussonderung aus der Aufteilungsmasse iSd § 82 Abs 1 EheG nicht in Betracht (vgl 9 Ob 155/03i).
2.1. Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht nicht abgewichen.
2.2. Festgestellt wurde, dass die Klägerin während aufrechter Ehe ein Darlehen aufnahm, das sie zum größten Teil dem Beklagten ohne Rückzahlungsverpflichtung zur Verfügung stellte, um eine Insolvenz dessen Unternehmens abzuwenden. Später bot der Beklagte die Rückzahlung des ihm von der Klägerin überwiesenen Betrags an. Dies lehnte die Klägerin mit der Begründung ab, das Geld solle für den gemeinsamen Hausbau verwendet werden; tatsächlich wurde das vom Beklagten zur Rückzahlung vorgesehene Geld in das gemeinsame Haus investiert. Das von ihr aufgenommene Darlehen zahlte die Klägerin bis 2003 zurück. Nach dem Hausbau kam es im Jänner 2004 zur einvernehmlichen Scheidung, bei der die Klägerin anwaltlich vertreten war. Bei Abschluss des Scheidungsvergleichs war den Streitteilen das von der Klägerin aufgenommene Darlehen bewusst, die Klägerin war jedoch nicht der Ansicht, dass sie vom Beklagten wegen des seinerzeitigen Darlehens „noch etwas zu bekommen habe“. Zur Abgeltung von Investitionen des Beklagten in das Haus, das im Eigentum der Klägerin verblieb, verpflichtete sich die Klägerin zu einer Ausgleichszahlung. Der Scheidungsvergleich enthält eine Klausel, wonach alle wechselseitigen Ansprüche bereinigt sind und auf die Geltendmachung von Aufteilungsansprüchen verzichtet wird.
2.3. Bei dieser Sachlage fehlt jeder Hinweis darauf, dass die Parteien Ansprüche aus dem von der Klägerin aufgenommenen Darlehen vom Scheidungsvergleich ausnehmen wollten. Der Beurteilung des Berufungsgerichts, infolge Umwidmung des Darlehens für gemeinsame wirtschaftliche Zwecke der Ehegatten sei die klageweise geltend gemachte Forderung durch die Scheidungsfolgenvereinbarung mitverglichen, kann das Rechtsmittel letztlich kein Argument entgegensetzen.
3. Indem sie diese Umwidmung außer Acht lässt, geht die Rechtsmittelwerberin nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und führt damit den Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO nicht gesetzmäßig aus (RIS-Justiz RS0043312). Wenn zu einem bestimmten Thema Tatsachenfeststellungen getroffen wurden, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können diesbezüglich auch keine rechtlichen Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0053317 [T1]).
Schlagworte
FamilienrechtTextnummer
E94941European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0040OB00115.10F.0831.000Im RIS seit
27.09.2010Zuletzt aktualisiert am
20.03.2012