Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen T***** T*****, geboren am *****, T***** T*****, geboren am *****, und D***** T*****, geboren am *****, alle vertreten durch die Mutter D***** K*****, diese vertreten durch Mag. Sabine Mohr-Egger, Rechtsanwältin in Hohenems, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 26. März 2010, GZ 3 R 96/10f-91, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das in § 148 Abs 1 ABGB normierte Recht des minderjährigen Kindes und des mit ihm nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteils, miteinander persönlich zu verkehren (Besuchsrecht), ist ein Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung und ein allgemein anzuerkennendes, unter dem Schutz des Art 8 EMRK stehendes Menschenrecht (6 Ob 171/05y mwN). Der obsorgeberechtigte Elternteil ist dem Kind gegenüber zu dessen Wohl verpflichtet, es unter Vermeidung jeglicher negativer Beeinflussung bestmöglich auf die Besuche des nicht obsorgeberechtigten Elternteils vorzubereiten und die Kontakte mit ihm sodann unter Bedachtnahme auf das Kindeswohl zu verarbeiten (6 Ob 171/05y mwN). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Unterbindung des Kontakts zu dem getrennt lebenden Elternteil nur in Ausnahmefällen aus besonders schwerwiegenden Gründen zulässig ist. Nur bei massiver Gefährdung des Kindeswohls hat in einem - selbst unverschuldeten - Konfliktfall der Besuchsrechtsanspruch eines Elternteils gegenüber dem Kindeswohl zurückzutreten (6 Ob 171/05y mwN). Liegen derartige schwerwiegende Gründe vor, kann das Besuchsrecht immer nur vorübergehend oder bis auf weiteres (grundsätzlich jedoch nicht für immer) untersagt werden (6 Ob 171/05y mwN).
Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, inwieweit einem Elternteil unter Bedachtnahme auf Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände das Besuchsrecht eingeräumt, eingeschränkt oder gar entzogen werden soll, ist grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängig und es kann ihr daher keine Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden, wenn nicht leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt werden (RIS-Justiz RS0097114).
Die Auffassung des Rekursgerichts, dass nach dem festgestellten Sachverhalt ein hinreichender Grund für die beantragte gänzliche Aussetzung des Besuchsrechts mangels Vorliegens einer massiven Gefährdung des Kindeswohls nicht vorliegt und der Wiederaufnahme des persönlichen Kontakts zwischen Vater und Kindern im Rahmen einer Besuchsbegleitung nach dem Abbruch des Kontakts im Oktober 2007 die Weigerung der noch unmündigen Minderjährigen nicht entgegensteht, bedarf keiner Korrektur. Wenngleich die Mündigkeit keine starre Grenze für die Beachtlichkeit der Verweigerung des persönlichen Verkehrs durch Minderjährige darstellt (6 Ob 173/00k), so hängt doch ihre Beachtlichkeit von den Umständen des Einzelfalls ab, weshalb dieser Frage keine Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zukommt.
Schlagworte
FamilienrechtTextnummer
E94780European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00148.10Y.0901.000Im RIS seit
13.09.2010Zuletzt aktualisiert am
04.07.2012