Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil, Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Regine W*****, geboren am 16. Mai 1949, *****, vertreten durch Dr. Ramin Mirfakhrai, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner S***** R*****, geboren am 9. Februar 1970, *****, vertreten durch Dr. Gerfried Höfferer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung der Adoption, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. August 2009, GZ 44 R 364/09v-137, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 31. Dezember 2008, GZ 2 P 98/06x-126, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin (Wahlmutter) ist österreichische Staatsbürgerin, der Antragsgegner (Wahlsohn) ist Hindu und besitzt die indische Staatsbürgerschaft. Mit Beschluss vom 21. 3. 2002 bewilligte das Erstgericht aufgrund des Adoptionsvertrags vom 16. 8. 2001 die Annahme an Kindesstatt des S***** R***** (damals noch: „S*****“), geboren 9. 2. 1970, als Wahlkind, durch Regine W***** als Wahlmutter. Der Bewilligung lag die Begründung zugrunde, dass die Wahlmutter und das Wahlkind einander bei der Hare Krishna Gemeinschaft in Wien kennen gelernt haben und sich das Wahlkind seitdem um die kinderlose, alleinstehende und körperlich behinderte Wahlmutter gekümmert habe. Umgekehrt helfe die Wahlmutter dem Wahlkind beim Aufbau eines neuen Lebensmittelpunkts in Österreich. Zwischen beiden habe sich eine Beziehung entwickelt, die der zwischen leiblicher Mutter und leiblichem Kind entspreche. Diese Beziehung solle durch die Adoption auf eine rechtliche Basis gestellt werden.
Am 14. 9. 2006 beantragte die Wahlmutter die Aufhebung der Adoption und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass Grundlage der Adoption gewesen sei, dass sich das Wahlkind um die behinderte Wahlmutter kümmere und diese unterstütze. Insbesondere hätte das Wahlkind mindestens zwei Mal monatlich 50 EUR als Unterstützung zahlen sollen. Der Antragsgegner habe sich nur anfänglich, das heißt im Anschluss an die Adoption, um die Wahlmutter gekümmert, dann sei der Kontakt immer weniger geworden. Auch die versprochene Unterstützung sei nur zwei- bis dreimal geleistet worden. Auf Drängen des Wahlsohnes habe die Wahlmutter auch eine Bürgschaft für einen Kredit übernommen. In der Zeit zwischen Ende Jänner und Ende Februar 2006 habe die Wahlmutter nunmehr in Erfahrung gebracht, dass ihre Erklärung, den Antragsgegner zu adoptieren, durch List erwirkt worden sei. Insbesondere habe sich dieser nie nachhaltig um sie kümmern wollen. Überdies hege sie den Verdacht, nur „missbraucht“ worden zu sein, um die Aufnahme des Kredits zu ermöglichen. Sie habe auch erfahren, dass der Wahlsohn einen anderen Namen und eine andere Wohnadresse habe, als er ihr mitgeteilt habe.
Das Erstgericht hob antragsgemäß die Adoption auf und traf im Wesentlichen folgende Feststellungen: Die Streitteile lernten sich etwa ein bis zwei Jahre vor der Adoption kennen. In der Folge besuchte der Antragsgegner öfter die Antragstellerin und kümmerte sich um sie. Schließlich trat der Antragsgegner mit der Bitte an die Antragstellerin heran, ihn zu adoptieren, weil es Probleme mit der Aufenthaltsberechtigung gegeben habe. Im Gegenzug versprach er ihr, weiterhin für sie sorgen zu wollen und ihr auch eine gemeinsame Reise nach Indien zu ermöglichen. Die Antragstellerin willigte ein und nach Abschluss des Adoptionsvertrags beantragten sie gemeinsam dessen Bewilligung. Nach der Bewilligung der Adoption änderte sich das Verhalten des Wahlsohnes: Er hatte keine Zeit mehr für die Wahlmutter und besuchte diese nur mehr ein- bis zweimal im Jahr. Er ersuchte die Wahlmutter, für einen von ihm aufgenommenen Kredit zu bürgen, was diese auch tat. Als er mit den Kreditraten in Verzug geriet, wandte sich die Bank an die Antragstellerin. Dabei erfuhr sie, dass der Familienname des Antragsgegners „R*****“ und nicht wie ursprünglich angenommen „S*****“ lautete und auch das Geburtsdatum nicht stimmte. Seit der Kreditaufnahme bis zum Einbringen des Antrags auf Aufhebung der Adoption gab es zwischen den Streitteilen überhaupt keinen Kontakt mehr.
Das Erstgericht folgerte aus diesem Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht: Gemäß § 26 IPRG (in der nunmehr geltenden Fassung) seien die Voraussetzungen der Beendigung der Wahlkindschaft nach dem Personalstatut des Annehmenden und dem Personalstatut des Kindes zu beurteilen. Im vorliegenden Fall seien daher das österreichische und das indische Adoptionsrecht maßgeblich. Nach österreichischem Recht (§ 184a Abs 1 Z 1 ABGB) könne die Wahlkindschaft vom Gericht aufgehoben werden, wenn die Erklärung eines Vertragsteils durch List oder ungerechte oder gegründete Furcht veranlasst worden ist und der Betroffene die Aufhebung binnen Jahresfrist nach Entdeckung der Täuschung oder Wegfall der Zwangslage beantragt. Der Antragsgegner habe die Antragstellerin dahin getäuscht, dass es ihm nur darum gegangen sei, durch die Adoption eine Aufenthaltsbewilligung zu erschleichen. Durch seine anderslautenden Versprechen habe er die Zustimmungserklärung der Wahlmutter durch List veranlasst. Die durch das Gesetz geforderte Jahresfrist sei gewahrt. Wenngleich nach indischem Recht für Hindus eine einmal erfolgte Adoption nicht aufgehoben werden könne, so sei doch für die Adoption selbst der freie, nicht durch Zwang, Betrug oder Irrtum getrübte Wille der Personen, welche zur Adoption geben, der Adoptiveltern und des Adoptierten selbst, wenn er volljährig ist, erforderlich (Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil: Indien, 28, 29). Aus der Intention des indischen Gesetzes ergebe sich daher, dass Willensmängel beim Abschluss des Adoptionsvertrags auch nachträglich geltend gemacht werden können.
Das Rekursgericht hob den Beschluss des Erstgerichts auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei.
Vorweg vertrat es die Rechtsauffassung, dass trotz der Neufassung des § 26 Abs 1 IPRG durch das FamErbRÄG 2004, BGBl I Nr 58/2004, noch die frühere, bis 30. 6. 2004 in Geltung gestandene Fassung des § 26 Abs 1 IPRG anzuwenden sei. Danach seien die Voraussetzungen für die Annahme an Kindesstatt und die Beendigung der Wahlkindschaft nach dem Personalstatut des Annehmenden zu beurteilen, im vorliegenden Fall also nach österreichischem Recht. Nach den Übergangsbestimmungen (Art IV § 2 Abs 2 FamErbRÄG 2004) seien die neuen Bestimmungen anzuwenden, wenn die Sache nach dem 30. 6. 2004 anhängig geworden sei. Sonst seien in diesen Fällen die bisher geltenden Bestimmungen weiter gültig. Eine systematische Interpretation führe aber dazu, dass es bei der Aufhebung einer Adoption auf die Rechtslage bei Anhängigwerden des seinerzeitigen Adoptionsantrags ankomme. Damit sei es aber unerheblich, ob und unter welchen Voraussetzungen das indische Recht die Aufhebung einer Adoption zulasse oder nicht.
Der Rekurswerber bringe aber zutreffend vor, dass das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 184a Abs 1 Z 1 ABGB sowie die rechtzeitige Geltendmachung innerhalb der einjährigen Präklusionsfrist aus dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt noch nicht abgeleitet werden könnten bzw die getroffenen Feststellungen für eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ausreichten. Zum einen sei aus den getroffenen Feststellungen abzuleiten, dass der Wahlmutter bekannt gewesen sei, dass die Adoption - auch - den Zweck verfolgt habe, eine Aufenthaltsbewilligung für den Wahlsohn zu erleichtern. Die übrigen Feststellungen könnten auch dahin interpretiert werden, dass nicht schon im Zeitpunkt des Adoptionsvertrags, sondern erst nachträglich eine Verhaltensänderung beim Wahlsohn eingetreten sei, was jedoch für eine Aufhebung nicht ausreiche. Es seien daher ergänzende Feststellungen insbesondere zur subjektiven Einstellung des Wahlsohnes bei Eingehen des Adoptionsvertrags notwendig. Weder die Bekanntgabe eines anderen (welchen?) Geburtsdatums noch die nachträgliche Namensänderung durch den Wahlsohn ließen zwingend auf eine bereits bei Eingehen des Adoptionsvertrags bestehende Täuschungsabsicht schließen. Das Rekursgericht begründete seinen Zulassungsausspruch damit, dass noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der hier maßgeblichen Auslegung der Übergangsbestimmungen des FamErbRÄG 2004 (Art IV § 2 Abs 2) bestehe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Antrag betreffend die Aufhebung der Adoption abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Bis zum 30. 6. 2004 hatte § 26 Abs 1 IPRG folgende Fassung: „Die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt und der Beendigung der Wahlkindschaft sind nach dem Personalstatut jedes Annehmenden zu beurteilen. Ist nach dem Personalstatut des Kindes die Zustimmung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, erforderlich, so ist insoweit auch dieses Recht maßgebend.“
Mit dem FamErbRÄG 2004, BGBl I Nr 58/2004, erhielt § 26 Abs 1 IPRG folgende Fassung: „Die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt und der Beendigung der Wahlkindschaft sind nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des Kindes zu beurteilen. Ist das Kind nicht eigenberechtigt, so ist sein Personalstatut nur hinsichtlich der Zustimmung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, maßgebend.“
Diese Änderung erfolgte mit Art II des FamErbRÄG 2004. In den Übergangs- und Schlussbestimmungen (Art IV § 2 Abs 2) heißt es: „Art I Z 21 und Art II sind anzuwenden, wenn die Sache nach dem 30. Juni 2004 anhängig wurde. Sonst sind in diesen Fällen die bisher geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.“
Auf diese Übergangsbestimmung stützt sich der Revisionsrekurswerber, indem er meint, dass zwar die Adoption selbst nach der seinerzeitigen Rechtslage (§ 26 Abs 1 IPRG aF) zu beurteilen sei, mit der Bewilligung der Adoption die Sache aber abgeschlossen gewesen sei. Der erst nach dem 30. 6. 2004 bei Gericht gestellte Aufhebungsantrag sei als selbständige Sache zu beurteilen, die erst nach dem 30. 6. 2004 anhängig geworden sei, sodass § 26 Abs 1 IPRG in der derzeit geltenden Fassung anzuwenden sei; danach müssten die Voraussetzungen für die Beendigung der Wahlkindschaft sowohl nach österreichischem als auch nach indischem Recht gegeben sein. Nach indischem Recht sei für Hindus aber eine Aufhebung der Adoption nicht möglich.
Diese nur am Wortlaut haftende Auslegung des Revisionsrekurswerbers vermag nicht zu überzeugen.
Nach den Materialien zum FamErbRÄG 2004 (Erläut RV 471 BlgNR 22. GP 1, 34) wurde die Situation als unbefriedigend empfunden, dass es möglich sei, dass ein österreichischer Staatsbürger einen volljährigen fremden Staatsangehörigen an Kindesstatt annehme, auch wenn das Heimatrecht des volljährigen Wahlkindes eine Adoption nicht zulasse. Wörtlich heißt es: „Dieser Umstand ist zusammen mit dem großzügigen österreichischen Adoptionsrecht, das für die Erwachsenenadoption neben den allgemeinen Adoptionsvoraussetzungen wie dem gebotenen Altersunterschied nur ein gerechtfertigtes Anliegen des Annehmenden oder des Wahlkindes voraussetzt, genutzt worden, um dem ausländischen Adoptivkind eine gegenüber anderen Ausländern günstigere fremdenrechtliche Position zu verschaffen. Rechtsvergleichend gesehen untersagen - wohl auch zur Missbrauchsvermeidung - die meisten mittel- und osteuropäischen Staaten, viele afrikanische, süd- und nordamerikanische Rechtsordnungen die Erwachsenenadoption. Zulässig ist die Erwachsenenadoption hingegen grundsätzlich in den meisten Staaten Ost- und Südostasiens (nicht aber etwa auf den Philippinen) sowie in Westeuropa (außer etwa Niederlande, Großbritannien, Spanien, Irland und Portugal); auch in diesen Rechtsordnungen ist die Erwachsenenadoption oft an besondere zusätzliche Voraussetzungen, wie das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen Wahlkind und Annehmenden (zB Griechenland) oder eine Wohngemeinschaft (zB Schweiz), geknüpft. Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, soll nun eine kumulative Rechtsanwendung vorgesehen werden, weil im Fall einer Erwachsenenadoption die Verbindung des eigenberechtigten (volljährigen) Kindes zu seinem Herkunftsland tendenziell stärker ist, als beim nicht eigenberechtigten (minderjährigen) Kind, und gleich starke Beziehungen zum Personalstatut des/der Annehmenden und zum Personalstatut des Wahlkindes bestehen. Für nicht eigenberechtigte (minderjährige) Kinder ändert sich die geltende Rechtslage im Hinblick auf den zweiten Satz nicht. Durch diese kumulative Rechtsanwendung soll die Entscheidung des Heimatstaats des eigenberechtigten (volljährigen) Wahlkindes, die Adoption nicht oder nur unter besonderen Umständen zuzulassen, respektiert werden. Die Adoption einer eigenberechtigten (volljährigen) Person soll daher in Zukunft nicht mehr zulässig sein, wenn deren Personalstatut die Adoption entweder generell (zB wenn das Rechtsinstitut der Adoption nicht bekannt ist) oder wegen ihres Alters nicht zulässt; solche Personen können in Österreich nicht mehr wirksam adoptiert werden. Eine Neuregelung im internationalen Privatrecht neben einer restriktiveren Ausgestaltung der Erwachsenenadoption im materiellen Recht ist durchaus sinnvoll. Diese Neuregelung stellt nämlich auch einen Schritt zur Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse dar; sie setzt die Möglichkeit herab, dass ein Wahlkind nach dem Personalstatut der Wahleltern (also nach österreichischem Recht), nicht aber nach seinem eigenen Recht als adoptiert gilt. Am besten lassen sich hinkende Adoptionsverhältnisse durch eine kumulative Anwendung des Personalstatuts der Wahleltern und des Wahlkindes vermeiden. ….“ Zur maßgeblichen Übergangsbestimmung (Art IV § 2) heißt es: „Die Einschränkung der Erwachsenenadoption … soll mit 1. 7. 2004 in Kraft treten. Die Einschränkung der Erwachsenenadoption soll in denjenigen gerichtlichen Verfahren zum Tragen kommen, die ab 1. 7. 2004 anhängig gemacht wurden.“
Allein die Materialien zeigen, dass vorrangiges Anliegen des Gesetzgebers die Eindämmung der Erwachsenenadoptionen war. Hinsichtlich der Aufhebung einer solchen finden sich in den Materialien keine Erörterungen. Eine teleologische, nicht am Wort haftende Interpretation der Übergangsbestimmung führt auch zu dem vom Rekursgericht zutreffend erkannten Ergebnis. Unter „List“ iSd § 184a Abs 1 Z 1 ABGB ist diejenige des § 870 ABGB zu verstehen (Stabentheiner in Rummel ABGB I3 §§ 184 bis 185a Rz 7; Schwimann in Schwimann ABGB I3 §§ 184a, 185 ABGB Rz 3; Hopf in KBB2 §§ 184a bis 185a ABGB Rz 2). Nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0014833) setzt Arglist keine Schädigungsabsicht, wohl aber die Absicht oder das Bewusstsein der Täuschung des anderen Vertragspartners voraus. List iSd § 870 ABGB ist rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung (Betrug). Der Vertragschließende wird durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen in Irrtum geführt oder durch Unterdrückung wahrer Tatsachen in seinem Irrtum belassen oder bestärkt und dadurch zum Vertragsabschluss bestimmt. Der Aufhebungsgrund des § 184a Abs 1 Z 1 erster Fall ABGB betrifft somit keine erst nachträglich aufgetretenen Umstände, sondern einen bei Abschluss des Vertrags vorhandenen Willensmangel. Zieht man nun die Erwägungen für die Änderung des § 26 Abs 1 IPRG, nämlich die Erschwerung von Erwachsenenadoptionen zur Verhinderung von „hinkenden“ Annahmen an Kindesstatt in Betracht, ohne dass die Aufhebungen solcher Adoptionen überhaupt Erwähnung finden, scheint es geboten, auf allgemeine Rechtsgrundsätze des internationalen Privatrechts zurückzugreifen, wie sie sich insbesondere bei Verschraegen in Rummel ABGB II/63 § 26 IPRG Rz 18 finden: Danach ist hinsichtlich der „Beendigung der Wahlkindschaft“ zu unterscheiden: Die Beendigung (Widerruf, Anfechtung, Unwirksamkeit) der Adoption als Folge der Verletzung von Adoptionsvoraussetzungen untersteht dem verletzten Recht, also dem verletzten Formstatut des § 8 oder dem verletzten Adoptionsstatut des Abs 1 im Zeitpunkt der Adoption. Die übrigen Fälle der Adoptionsbeendigung als Folge nachträglicher Beendigungsgründe sind hingegen gemäß § 7 (Statutenwechsel) an das Personalstatut jedes Annehmenden zur Zeit der Vollendung des Beendigungstatbestands anzuknüpfen. Überträgt man diese Erwägung auf den vorliegenden Fall, in dem für die Annahme an Kindesstatt ausschließlich das Personalstatut der annehmenden Wahlmutter maßgeblich war und der behauptete Anfechtungsgrund gerade diesen vor der Rechtsänderung liegenden Zeitpunkt betrifft, muss teleologisch betrachtet die Übergangsbestimmung des Art IV § 2 Abs 2 so ausgelegt werden, dass im Fall eines in der Wurzel des Adoptionsvertrags liegenden Mangels das seinerzeitige, bei Abschluss des Vertrags maßgebliche Personalstatut heranzuziehen ist. Dies ist aber ausschließlich österreichisches Adoptionsrecht.
Textnummer
E95114European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0090OB00089.09T.0903.000Im RIS seit
14.10.2010Zuletzt aktualisiert am
14.06.2012