Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter DI Rudolf Pinter (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gerhard D*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltgesellschaft mbH in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Juli 2010, GZ 8 Rs 45/10i-18, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der am 22. September 1956 geborene Kläger, der überwiegend den erlernten Beruf eines Installateurs ausgeübt hat, wurde nach Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens auf den Beruf eines Fachmarktberaters verwiesen.
Zur Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision macht er geltend, dass die die Verweisbarkeit bejahende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0084541 [T6, T18]; 10 ObS 221/03b mwN) jüngst vom Oberlandesgericht Wien zu 8 Rs 5/09b zutreffenderweise in Zweifel gezogen worden sei: Es fehle die erforderliche Nahebeziehung zwischen dem erlernten Beruf und dem Verweisungsberuf, dessen Schwerpunkt in der fachkundigen Beratung und im Verkauf liege und jedenfalls keine Teiltätigkeit des Lehrberufs darstelle, weshalb eine Verweisung mit dem Verlust des Berufsschutzes als Gas-, Wasser- und Zentralheizungsinstallateur verbunden wäre und daher unzulässig sei.
2. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Erstgerichts handelt es sich bei Fachmarktberatern mit Schwerpunkt: Sanitär-/Klimatechnik, Gas-, Wasser-, Heizungsinstallation entweder um kaufmännisch oder handwerklich ausgebildete Arbeitnehmer, wie zB Gas-, Wasser- und Zentralheizungsinstallateure respektive um Sanitärtechniker in diesen Bereichen. Die handwerklich ausgebildeten Arbeitnehmer werden durch persönliches Mitarbeiten mit einem erfahrenen Arbeitnehmer des Dienstgebers in durchschnittlich drei Monaten innerbetrieblich vor allem in das interne Bestell- und Lagerwesen eingewiesen. Sie erkundigen sich nach den Wünschen des Kunden, beraten diese fachkundig und erteilen ihnen Informationen über Eigenschaften der geforderten Artikel wie beispielsweise Verarbeitung, Handhabung, unterschiedliche Qualitätsmerkmale, Haltbarkeitsdauer, Menge, Preis, Folgekosten, Alternativen usw. Sie nehmen Bestellungen auf, richten die gewünschte Ware zu Kommissionen zusammen, verpacken sie und erstellen einen Lieferschein. Neben der Beratungs-, Verkaufs- und eventuell auch Kassiertätigkeit gehören die Kontrolle des Wareneingangs, die Regalbetreuung, Deklaration und Preisauszeichnung der Waren, die Durchsicht und Bestandsaufnahme der Verkaufsartikel, das Feststellen des Bedarfs, die rechtzeitige Veranlassung der Warenbeschaffung, die Entgegennahme und Abwicklung von Reklamationen, die fachgerechte Lagerhaltung, die Kontrolle der Qualitätsmerkmale, die Durchführung von Inventuren, verkaufsfördernder Maßnahmen und Aktionen sowie Reinigungsarbeiten verschiedener Art mit zum Aufgabenbereich.
3. Ausgehend von dieser Tatsachengrundlage hat das Berufungsgericht bereits darauf hingewiesen, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl 10 ObS 131/93, 10 ObS 2339/96k = RIS-Justiz RS0084541 [T6]) die Verweisung eines Installateurs auf die Tätigkeit eines entsprechenden Fachmarktberaters zulässig ist und die entsprechende Nahebeziehung des Verweisungsberufs zum bisher ausgeübten Beruf bejaht. Zuletzt hat der Oberste Gerichtshof in der Begründung zur Zurückweisung einer außerordentlichen Revision (10 ObS 106/09z) ausgeführt, dass keine Veranlassung bestehe, von der gefestigten Rechtsprechung zur Verweisbarkeit von qualifizierten Facharbeitern auf korrespondierende Angestelltentätigkeiten abzugehen.
4. Der Befürchtung des Klägers, dass er durch die Verweisung seinen Berufsschutz als Installateur verlieren würde, ist entgegen zu halten, dass die schon genannte ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor allem darauf gründet, dass die handwerkliche Ausbildung und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein Anstellungs- und Ausübungskriterium des Verweisungsberufs bilden und diese qualifizierten Facharbeiter als Kunden- und Verkaufsberater in Fachmärkten auch tatsächlich Verwendung finden. Daher handelt es sich bei diesem Verweisungsberuf um eine qualifizierte Teiltätigkeit des jeweiligen Lehrberufs. Der Wechsel eines qualifizierten Facharbeiters in eine Angestelltentätigkeit führt zu keinem Verlust des Berufsschutzes, wenn eine entsprechende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf besteht (10 ObS 71/06y; 10 ObS 263/01a = SSV-NF 15/107 ua).
5. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das nach den vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbaren Feststellungen die Verweisungstätigkeit eines Fachmarktberaters eine entsprechende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf hat, bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof.
Schlagworte
Sozialrecht,Textnummer
E95243European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:010OBS00127.10I.0914.000Im RIS seit
29.10.2010Zuletzt aktualisiert am
29.10.2010