TE OGH 2010/9/14 10ObS132/10z

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Veröffentlicht am 14.09.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter DI Rudolf Pinter (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Helmut W*****, Maurer, *****, vertreten durch Kreissl & Pichler & Walther Rechtsanwälte GmbH in Liezen, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Juni 2010, GZ 7 Rs 40/10x-20, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der am 3. Jänner 1954 geborene Kläger, der in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1. 4. 2009) den erlernten Beruf eines Maurers ausgeübt hat, wurde nach Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens auf den Beruf eines Fachmarktberaters bzw Fachverkäufers im Bereich Baustoffe verwiesen.

Zur Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision macht er geltend, dass die die Verweisbarkeit bejahende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0084541) jüngst vom Oberlandesgericht Wien zu 8 Rs 5/09b zutreffenderweise in Zweifel gezogen worden sei: Zwischen dem erlernten Beruf und dem Verweisungsberuf bestehe keinerlei Verwandtschaft, was sich etwa darin zeige, dass eine Anrechnung der Lehrzeit des Maurers auf die Lehrzeit des Einzelhandelskaufmanns mit Schwerpunkt Baustoffhandel nicht vorgesehen sei. Auch wenn der gelernte Maurer bei der Tätigkeit eines Baustofffachmarktberaters noch einzelne Teiltätigkeiten seines erlernten Berufs verwerten könne, liege der Schwerpunkt der Verweisungstätigkeit im Bereich Beratung und Verkauf, somit Tätigkeiten, die keine Teiltätigkeiten des Lehrberufs Maurer darstellten, weshalb eine Verweisung auch mit dem Verlust des Berufsschutzes als Maurer verbunden sei.

2. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Erstgerichts handelt es sich bei Baustofffachmarktberatern entweder um kaufmännisch oder um handwerklich ausgebildete Arbeitnehmer, wie Maurer. Letztere werden innerbetrieblich in einer Dauer von drei bis vier Monaten in die Bereiche Materialwirtschaft, Bestell- und Lagerwesen, interne Organisation und EDV-Anwendung eingewiesen. Sie werden in einem von mehr als 600 in Österreich existierenden Baustoffmärkten beschäftigt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt in der fachkundigen Beratung und im Verkauf der in der Bauabteilung von Baumärkten angebotenen Waren und Artikel. Für Fachmarktberater im Bereich Baustoffe gibt es in Österreich mehr als 100 Arbeitsplätze.

3. Ausgehend von dieser Tatsachengrundlage hat das Berufungsgericht bereits darauf hingewiesen, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (10 ObS 194/02f; 10 ObS 218/03m = SSV-NF 18/3) der Umstand, dass die am 1. 7. 2000 in Kraft getretene Einzelhandel-Ausbildungsordnung für den Lehrberuf Einzelhandel mit Schwerpunkt Baustoffhandel (BGBl II 2000/186) keine Anrechnung von im Lehrberuf Maurer zurückgelegten Lehrzeiten vorsieht, noch nicht bedeutet, dass beim Baustofffachmarktberater die Kenntnisse eines Maurers nicht gefragt sind und eine entsprechende Nahebeziehung des Verweisungsberufs zum bisher ausgeübten Beruf fehlt. Zuletzt hat der Oberste Gerichtshof in der Begründung zur Zurückweisung von außerordentlichen Revisionen (10 ObS 106/09z, 10 ObS 114/10b, 10 ObS 120/10k, 10 ObS 123/10a, 10 ObS 124/10y) ausgeführt, dass keine Veranlassung bestehe, von der gefestigten Rechtsprechung zur Verweisbarkeit von qualifizierten Facharbeitern auf korrespondierende Angestelltentätigkeiten abzugehen.

4. Der Befürchtung des Klägers, dass er durch die Verweisung seinen Berufsschutz als Maurer verlieren würde, ist entgegen zu halten, dass die schon genannte ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor allem darauf gründet, dass die handwerkliche Ausbildung und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein Anstellungs- und Ausübungskriterium des Verweisungsberufs bilden und diese qualifizierten Facharbeiter als Kunden- und Verkaufsberater in Baustofffachmärkten auch tatsächlich Verwendung finden. Daher handelt es sich bei diesem Verweisungsberuf um eine qualifizierte Teiltätigkeit des jeweiligen Lehrberufs. Der Wechsel eines qualifizierten Facharbeiters in eine Angestelltentätigkeit führt zu keinem Verlust des Berufsschutzes, wenn eine entsprechende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf besteht (10 ObS 71/06y; 10 ObS 263/01a = SSV-NF 15/107 ua).

5. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass nach den vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbaren Feststellungen die Verweisungstätigkeit eines Baustofffachmarktberaters eine entsprechende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf hat, bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof.

Schlagworte

Sozialrecht,

Textnummer

E95244

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:010OBS00132.10Z.0914.000

Im RIS seit

29.10.2010

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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