Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Reich als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gernot P***** und einen anderen wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB, AZ 12 Hv 140/09w des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil dieses Gerichts vom 3. November 2009 nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe, sowie des Verurteilten zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 3. November 2009 verletzt im Ausspruch, dass der zu I. angelastete Diebstahl durch Einbruch in einen Lagerplatz begangen wurde, weiters in der rechtlichen Unterstellung der Tat unter die Qualifikation des § 129 Z 1 StGB diese Gesetzesbestimmung.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im vorbezeichneten Umfang sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Fürstenfeld verwiesen.
Text
Gründe:
Gernot P***** wurde mit in gekürzter Form ausgefertigtem, rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 3. November 2009, GZ 12 Hv 140/09w-9, des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt und nach § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.
Nach dem Inhalt der Schuldsprüche hat Gernot P*****
„den nachgenannten Personen die nachangeführten fremden beweglichen Sachen mit einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Gesamtwert mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
I./ am 12. August 2009 in K***** Franz K***** sieben Schildkröten in einem Wert von 1.000 Euro, wobei er den Diebstahl beging, indem er als unmittelbarer Täter in einen Lagerplatz einbrach, indem er den Maschendrahtzaun zum versperrten Schildkrötengehege des Franz K***** aufschnitt bzw aufbog, wodurch er in das Innere des Geheges gelangen konnte, und
II./ am 13. August 2009 in Edelschrott Günther L***** mehrere Landschildkröten in unbekanntem Gesamtwert“.
Rechtliche Beurteilung
Der in dem genannten Urteil enthaltene Ausspruch, Gernot P***** habe bei Begehung der zu I./ beschriebenen Tat durch Eindringen in ein versperrtes Schildkrötengehege (durch Aufschneiden bzw Aufbiegen eines Maschendrahtzauns) in einen Lagerplatz eingebrochen, weiters die rechtliche Tatunterstellung (I./) unter die Qualifikationsnorm des § 129 Z 1 StGB stehen - wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Die Qualifikationsnorm des § 129 Z 1 StGB verwirklicht, wer einen Diebstahl begeht, indem er in ein Gebäude, in ein Transportmittel, in eine Wohnstätte oder sonst einen abgeschlossenen Raum, der sich in einem Gebäude oder Transportmittel befindet, oder in einen Lagerplatz einbricht, einsteigt oder mit einem nachgemachten oder widerrechtlich erlangten Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt. Ein Lagerplatz ist ein zumindest teilweise durch künstliche Hindernisse gegen das Betreten durch Unbefugte gesichertes Areal zur Verwahrung von Gütern (insbesondere Waren, aber auch Materialien oder Betriebsmitteln), nicht aber - im Hinblick auf den die Zulässigkeit der Interpretation begrenzenden äußerstmöglichen Wortsinn des in Rede stehenden Rechtsbegriffs - ein umzäuntes (Wild-)Gehege (Fabrizy StGB10 § 129 Rz 3 mwN; RIS-Justiz RS0093861). Die Qualifizierung eines umzäunten Schildkrötengeheges, in welches der Angeklagte nach den Urteilsannahmen zur Begehung des angelasteten Diebstahls von Schildkröten eindrang, als Lagerplatz (I./) und demzufolge auch die rechtliche Tatunterstellung unter die Qualifikationsnorm des § 129 StGB sind daher - zum Nachteil des Angeklagten (§ 292 letzter Satz StPO) - rechtsirrig erfolgt.
Die Ausschaltung der Qualifikation nach § 129 Z 1 StGB bedingt den Wegfall der Konsumtion (RIS-Justiz RS0093027) des - nach den Verfahrensergebnissen indizierten (ON 2/S 11, 35; vgl im Übrigen ON 4/S 3) - Vergehens der Sachbeschädigung (§ 125 StGB), wozu das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz (weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht) Sachverhaltsannahmen enthält. Insoweit und demzufolge auch in Ansehung des Strafausspruchs - bei welchem im Übrigen zu beachten sein wird, dass die zu II./ angelastete Tat nach den Verfahrensergebnissen (ON 5/S 5 f) bloß versucht wurde (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) - ist daher eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich.
Das Urteil war daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang aufzuheben und insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das nunmehr zuständige Bezirksgericht Fürstenfeld zu verweisen.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E95231European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0150OS00116.10P.0915.000Im RIS seit
06.11.2010Zuletzt aktualisiert am
06.11.2010