TE OGH 2010/9/22 8ObA66/09b

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Veröffentlicht am 22.09.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Thomas Keppert und Franz Kisling als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B***** S*****, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner, Mag. Sylvia Schrattenecker, Rechtsanwälte in St. Florian, gegen die beklagte Partei J*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Edmund Pointinger, Rechtsanwalt in Bad Hall, wegen 8.560,17 EUR brutto sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), infolge der Revision und des Rekurses der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Aufhebungsbeschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. August 2009, GZ 11 Ra 55/09a-13, womit infolge Berufungen beider Streitteile das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. März 2009, GZ 62 Cga 26/08w-7, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

1. Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss wird zurückgewiesen.

2. Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Teilurteil des Berufungsgerichts wird in der Entscheidung über das Zahlungsbegehren bestätigt, in der Entscheidung über das Feststellungsbegehren aber dahin abgeändert, dass in diesem Umfang das dieses Begehren abweisende Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war ab 6. 4. 1999 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung mit Schreiben des Arbeitgebers vom 26. 9. 2008. Auf das Arbeitsverhältnis ist der Kollektivvertrag für Arbeiter im Güterbeförderungsgewerbe anzuwenden.

Der Kläger begehrt mit seiner am 24. 11. 2008 beim Erstgericht eingelangten Klage ausgehend von einem durchschnittlich verdienten Monatsentgelt in Höhe von 2.482,45 EUR brutto die Zahlung von 8.560,17 EUR sA, die er wie folgt aufschlüsselte (eine sich aus der Gesamtsumme zum Klagebegehren ergebende Differenz wurde im bisherigen Verfahren noch nicht geklärt):

1. Löhne und Diäten

1. 1.2008 - 30. 8.2008

2.312,70 EUR brutto

2. Entgelt

1.10.2008 - 10.10.2008

833,78 EUR brutto

3.Kündigungsentschädi-gung

29. 9.2008 - 24.10.2008

2.736,09 EUR brutto

4. Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung

 

39,82 EUR brutto

5. Abfertigung

 

2.602,41 EUR brutto

(Summe

 

8.524,80 EUR brutto)

Das Arbeitsverhältnis habe durch Arbeitgeberkündigung vom 29. 9. 2008 zum 10. 10. 2008 geendet. Der Kläger sei entgegen den Bestimmungen des Kollektivvertrags nach dem Ausmaß der gefahrenen Kilometer und damit unterkollektivvertraglich entlohnt worden. Das so berechnete Entgelt sei von der Beklagten willkürlich in Überstunden und Diäten „umgemünzt“ worden. Durch die unterkollektivvertragliche Entlohnung und die rechtswidrige Widmung von Entgeltbestandteilen als sozialversicherungsfreie Diäten sei ihm ein Schaden entstanden, den er noch nicht beziffern könne. Der Kläger begehrt daher auch die Feststellung, dass die Beklagte für sämtliche zukünftigen Schäden hafte, die ihm aufgrund der unterkollektivvertraglichen Entlohnung und der unrichtigen Widmung von Entgeltbestandteilen im Zeitraum 6. 4. 1999 bis 10. 10. 2008 entstanden seien, dies insbesondere im Hinblick auf einen zukünftigen Pensionsanspruch.

Die Beklagte wandte dagegen ein, dass der Kläger nicht unterkollektivvertraglich entlohnt und sein Entgelt auch nicht unrichtig verrechnet worden sei. Die geltend gemachten Ansprüche seien nach dem Kollektivvertrag verfallen. Ansprüche, die mehr als drei Jahre zurückliegen, seien verjährt. Das Feststellungsbegehren sei verjährt und auch inhaltlich unberechtigt, weil verminderte Pensionsansprüche des Klägers auszuschließen seien.

Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren mit einem Betrag von 3.872,63 EUR brutto abzüglich 374,86 EUR netto samt Zinsen statt. Ein Mehrbegehren von 4.687,54 EUR brutto wie auch das Feststellungsbegehren wies es ab. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Für die Lohnabrechnung hatte der Kläger der Beklagten jeden Monat die Tachographenscheiben der von ihm gelenkten Fahrzeuge auszuhändigen. Der Nettolohn wurde aufgrund der gefahrenen Kilometer mit 16 Cent pro Kilometer berechnet. Der Kläger musste am Ende des Monats eine von der Beklagten vorbereitete „Diätenabrechnung“ unterschreiben. Der errechnete Nettolohn samt „Diätenabrechnung“ wurde dann in eine Bruttoabrechnung „umgerechnet“, wobei die gefahrenen Stunden willkürlich auf Gehalt/Lohn, Überstunden bzw Diäten „umgeschrieben“ wurden. Der Kläger erhielt monatlich Lohnzettel, die zwar eine Aufstellung über den „Bruttoverdienst, Überstunden, Zulagen (Erschwerniszulage), Diäten, Urlaubsentgelt“ etc enthielten, aber keine Aufstellung über die Anzahl der Normal- oder Überstunden oder von Überstundenzuschlägen. Im Übrigen stellte das Erstgericht für die Monate Jänner 2008 bis September 2008 im Einzelnen fest, wie viele Arbeits- und Überstunden der Kläger leistete und welche Bruttoentgelte er erhielt, für Oktober 2008 darüber hinaus auch, welche Beendigungsansprüche ihm gezahlt wurden (Abfertigung und Weihnachtsremuneration). Dem Kläger wurden 2008 insgesamt 374,86 EUR netto für Strafen und Telefonate abgezogen; diesem Abzug hat er nie widersprochen.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass die Lohnabrechnung der Beklagten nicht den Anforderungen des Kollektivvertrags entspreche, weil weder die genaue Zahl der Überstunden ersichtlich sei, noch, wie viel Normalstunden abgerechnet wurden. Vergleiche man die dem Kläger für den Zeitraum 1. 1 bis 28. 9. 2008 nach dem Kollektivvertrag zustehenden Ansprüche mit jenen Beträgen, die er von der Beklagten erhalten habe, so ergebe sich eine Lohndifferenz von 715,84 EUR brutto zu Gunsten der Beklagten. Diese sei ebenso wie der nicht bestrittene Betrag für Strafen und Telefonate von den dem Kläger gebührenden Ansprüchen abzuziehen. Dem Kläger stünden daher folgende Ansprüche zu:

Kündigungs-

entschädigung

29. 9. 2008 - 24. 10. 2008

2.251,83 EUR brutto

Abfertigung

 

2.236,64 EUR brutto

abzüglich

Überzahlung

 

 

- 715,84 EUR brutto

Zwischensumme

 

3.872,63 EUR brutto

abzüglich Strafen

und Telefonate

 

 

- 374,86 EUR netto

Das Feststellungsbegehren sei mangels Feststellungsinteresses abzuweisen. Mit dem Urteil könne der Kläger seine sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche neu berechnen lassen. Für die Zeit vor 2006 seien seine Ansprüche ohnehin verjährt. Für die Jahre 2006 und 2007 habe der Kläger kein Leistungsbegehren geltend gemacht und nicht dargelegt, warum ihm dies nicht möglich gewesen wäre.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und bestätigte den dem Leistungsbegehren stattgebenden Teil des Ersturteils als Teilurteil. Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht hingegen Folge und änderte das Feststellungsbegehren mit Teilurteil im klagestattgebenden Sinn ab. Im Umfang der Abweisung des Leistungsbegehrens durch das Erstgericht hob es dessen Urteil mit Beschluss zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Mache der Arbeitnehmer seine Ansprüche nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend, so seien sie gemäß Art XII Z 1 des Kollektivvertrags verfallen. Als Fälligkeitstag gelte der Auszahlungstag jener Lohnperiode, in welcher der Anspruch entstanden und dem Arbeitnehmer eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung ausgehändigt worden sei. Nach Art XIV Z 1 des Kollektivvertrags dürften Lenker jedoch nicht nach Maßgabe der zurückgelegten Strecke oder der Menge der beförderten Güter entlohnt werden, auch nicht in Form von Prämien oder Zuschlägen, es sei denn, dass diese Entgelte nicht geeignet seien, die Sicherheit im Straßenverkehr zu beeinträchtigen. Art XIV des Kollektivvertrags sehe vor, dass dem Arbeitnehmer mit dem Lohn eine Aufstellung über Bruttoverdienst, Normal- und Überstunden, Grundlohn, Überstundenzuschläge, Zulagen und die einzelnen Abzüge auszuhändigen sei (ordnungsgemäße Lohnabrechnung). Die von der Beklagten dem Kläger ausgehändigten Lohnzettel genügten diesen Anforderungen nicht, weil sie nur fiktive Größen enthielten. Eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung sei daher nicht erfolgt, sodass der Kläger nicht verpflichtet gewesen sei, seine Ansprüche schriftlich geltend zu machen. Ein Verfall seiner Ansprüche sei nicht eingetreten. Der dem Kläger vom Erstgericht zugesprochene Betrag stehe ihm daher in jedem Fall zu. Dieser sei als Mindestbetrag zu verstehen, weil das Erstgericht eine dem von ihm vorgenommenen Nettoabzug entsprechende Abweisung des Klagebegehrens nicht vorgenommen habe, sodass die Sachanträge des Klägers unvollständig erledigt worden seien. Dieser Abzug müsse im Übrigen mit den Parteien noch erörtert werden. Auch der abgewiesene Teil des Zahlungsbegehrens erweise sich als noch nicht spruchreif, sodass insoweit die Entscheidung des Erstgerichts aufzuheben sei.

Das Feststellungsbegehren sei hingegen berechtigt. Ein rechtliches Interesse an der Feststellung eines in der Vergangenheit beendeten Arbeitsverhältnisses sei zu bejahen, wenn es für sozialversicherungsrechtliche Belange maßgeblich sei. Dies treffe hier zu, weil der Kläger behaupte, dass die Beklagte Dienstgeberbeiträge in zu geringer Höhe abgeführt habe. Dass der Kläger unterkollektivvertraglich entlohnt worden sei, liege aufgrund der unbekämpft feststehenden und dem Kollektivvertrag widersprechenden Lohnabrechnung auf der Hand. Weder sei das Feststellungsbegehren verfallen noch verjährt. Die dreijährige Frist des § 1489 ABGB beginne erst mit Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen. Der aus der rechtswidrigen und schuldhaften Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen resultierende Schaden sei dem Grunde nach bereits im Zeitpunkt der schädigenden Handlung eingetreten. Allerdings habe sich die Kenntnis des Klägers vom Eintritt dieses Schadens erst während des Verfahrens verdichtet.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision „im Umfang der Abänderung“ zulässig sei, weil zur Frage des Feststellungsinteresses eines allfälligen Pensionsschadens infolge nicht kollektivvertragsgemäßer Entlohnung Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle. Es traf keinen Ausspruch gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO.

Gegen dieses Urteil richtet sich die als außerordentliche und ordentliche bezeichnete Revision der Beklagten. Die Beklagte bekämpft damit - wie ihr Rechtsmittelantrag, aber auch ihr Vorbringen zeigt - auch den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts. Insoweit ist ihr Rechtsmittel als Rekurs zu werten.

Der Kläger beantragt, den Rekurs zurückzuweisen und die Revision zurück-, hilfsweise abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Zulässigkeit der Rechtsmittel:

I.1 Das ungeachtet seiner Bezeichnung als Rekurs zu wertende Rechtsmittel gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss ist als unzulässig zurückzuweisen, weil das Berufungsgericht einen solchen Rekurs nicht iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zugelassen hat.

I.2 Gemäß § 55 Abs 4 JN sind die Abs 1 bis 3 auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgeblich (s auch 1 Ob 173/98t). Die beiden im Revisionsverfahren zu behandelnden Ansprüche (Zahlungs- und Feststellungsanspruch) sind iSd § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammenzurechnen. Die Zulässigkeit der Revision ist daher für die beiden in tatsächlichem und rechtlichem Zusammenhang stehenden Ansprüche einheitlich zu beurteilen. Der Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision erfasst dem widersprechend nicht den gesamten Entscheidungsgegenstand des berufungsgerichtlichen Teilurteils, sondern nach seinem Wortlaut nur jenen Teil, mit dem das Feststellungsbegehren abgeändert wurde. Da die Zulässigkeit der Anfechtung des Teilurteils aus den dargelegten Gründen einheitlich zu erfolgen hat, schlägt diese Zulassungserklärung auf das gesamte berufungsgerichtliche Teilurteil durch, sodass das Rechtsmittel der Revisionswerberin in seiner Gesamtheit als ordentliche Revision zu behandeln ist.

II. Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und teilweise auch berechtigt.

III. Zum Leistungsbegehren:

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Lohnabrechnung der Beklagten nicht ordnungsgemäß erfolgte, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO). Soweit die Revision nicht von den Feststellungen ausgeht, wonach die Lohnzettel entgegen Art XIV Z 4 des Kollektivvertrags keine Aufstellung über die Anzahl der Normal- und Überstunden sowie der Überstundenzuschläge enthalten haben, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die in den Lohnzetteln enthaltenen Angaben über die Art der Verdienste des Klägers entsprachen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, sondern waren lediglich fiktive und willkürliche Größen. Aus all diesen Gründen konnte die von der Beklagten vorgenommene Lohnabrechnung ihren Zweck nicht erfüllen, weil sie dem Kläger keine Kenntnis darüber verschaffte, welche seiner Ansprüche die Beklagte tatsächlich berücksichtigte (RIS-Justiz RS0064548). Eine von der Revisionswerberin behauptete Verpflichtung des Arbeitnehmers, eine unrichtige Abrechnung zu rügen, um den Verfall seiner Ansprüche zu hindern, besteht hier daher nicht.

Vor allem aber sind laufende Lohnansprüche, gar nicht Gegenstand des stattgebenden Teils des angefochtenen Urteils. Mit diesem werden dem Kläger ausschließlich Beendigungsansprüche (Abfertigung gemäß den §§ 2 Abs 1 ArbAbfG iVm 23 und 42 Abs 3 AngG und Kündigungsentschädigung) zuerkannt. Diese Ansprüche werden erst (frühestens) bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Sie sind daher nach der Aktenlage schon ausgehend vom unstrittigen Datum des Kündigungsschreibens nicht verfristet, weil die Klage innerhalb der Frist des Art XII Z 1 des Kollektivvertrags eingebracht wurde.

Die Revision erweist sich daher im Umfang der Bestätigung des stattgebenden Teils des Ersturteils durch das Berufungsgericht als nicht berechtigt.

IV. Zum Feststellungsbegehren:

IV.1 Jede Feststellungsklage erfordert nach § 228 ZPO ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen gerichtlichen Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder Rechts und eine tatsächliche Gefährdung der Rechtssphäre des Klägers. Das Vorliegen des rechtlichen Interesses ist in jeder Lage von Amts wegen zu prüfen (RIS-Justiz RS0039123). Der Oberste Gerichtshof bejaht in ständiger Rechtsprechung ein Feststellungsinteresse iSd § 228 ZPO schon dann, wenn nur die Möglichkeit offen bleibt, dass das schädigende Ereignis den Eintritt eines künftigen Schadens verursachen könnte (RIS-Justiz RS0038976 uva; Fasching in Fasching/Konecny2 III § 228 Rz 55). So wurde etwa das Begehren auf Feststellung, dass ein Arbeitgeber für sämtliche Schäden zu haften habe, die aus der Unterlassung der Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung entstehen, als zulässig anerkannt (9 ObA 21/92).

Dass die Beklagte ihn nicht beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet hätte, hat der Kläger nicht vorgebracht. Ein Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers im Sinn eines „Pensionsschadens“ ist aber auch dann denkbar, wenn - wie hier behauptet - der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge in zu geringem Umfang abführt (8 ObS 10/95).  Ein rechtliches Interesse iSd § 228 ZPO an der Feststellung bereits verjährten Forderungen besteht allerdings nicht (RIS-Justiz RS0034358).

IV.2 Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem dem Geschädigten sowohl der Schaden und die Person des Schädigers als auch die Schadensursache bekannt geworden ist (RIS-Justiz RS0034951; RS0034374). Zwar kann die Verjährung von Ersatzansprüchen nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnen (1 Ob 621/95 = SZ 68/238; RIS-Justiz RS0083144). Haben sich jedoch aus einer einzelnen schädigenden Handlung fortlaufend gleichartige schädliche Folgen entwickelt, die im überschaubaren Zusammenhang stehen und schon ursprünglich voraussehbar waren, so handelt es sich um einen einheitlichen Schaden, der schon durch die erste schädliche Auswirkung entstanden ist (RIS-Justiz RS0034618). In diesem Fall gilt die durch den ersten Schaden („Primärschaden“) ausgelöste Verjährungsfrist für alle vorhersehbaren Folgeschäden (RIS-Justiz RS0097976, RS0087613; zuletzt etwa 3 Ob 3/09a; 1 Ob 4/09h; 4 Ob 190/09h). Daher muss der Geschädigte zur Vermeidung der Verjährung innerhalb dieser Frist entweder eine Feststellungsklage erheben (RIS-Justiz RS0097976) oder ein außergerichtliches Anerkenntnis des Schädigers erwirken (2 Ob 362/97t; RIS-Justiz RS0112429).

IV.3 Der Kläger behauptet, dass die Beklagte rechtswidrig und schuldhaft in zu geringem Umfang Sozialversicherungsbeiträge entrichtet hat; er macht daher eine für die jeweiligen Beitragszeiträume fortgesetzte Schädigung geltend, bei welcher jede einzelne Unterlassung einer korrekten Abführung den Tatbestand einer neuen Rechtsverletzung verkörpert (4 Ob 57/78 = DRdA 1980, 27). Im Fall fortgesetzter Schädigung beginnt die Verjährung für den Ersatz des zuerst entstandenen Schadens mit der Kenntnis des Geschädigten von ihm zu laufen; für jede weitere Schädigung beginnt eine neue Verjährung in dem Zeitpunkt, in welchem sie dem Geschädigten zur Kenntnis gelangt (RIS-Justiz RS0034536).

Die durch den Schaden („Primärschaden“) ausgelöste Verjährungsfrist gilt dann für alle vorhersehbaren Folgeschäden - Alters-, Invaliditäts-, Hinterbliebenen-pension - (RIS-Justiz RS0097976, RS0087613; zuletzt 4 Ob 190/09h). Zur Vermeidung der Verjährung innerhalb dieser Frist muss der Geschädigte - wie schon ausgeführt - entweder eine Feststellungsklage erheben (RIS-Justiz RS0097976) oder ein außergerichtliches Anerkenntnis des Schädigers erwirken (2 Ob 362/97t; RIS-Justiz RS0112429), hier also wieder bezogen auf den jeweiligen Beitragszeitraum.

IV.4 Damit stellt sich hier aber - sollten sich die Behauptungen des Klägers als zutreffend erweisen - die Frage des Zeitpunkts, in dem der Primärschaden eingetreten ist.

IV.5 Nach dem weiten Schadensbegriff des § 1293 ABGB ist Schaden jeder Nachteil, den jemand an seinen geschützten Interessen erleidet (Reischauer in Rummel3 § 1293 Rz 1b). Der Schadensbegriff des ABGB umfasst daher jeden Zustand, der rechtlich als Nachteil aufzufassen ist, an dem also ein geringeres rechtliches Interesse als am bisherigen besteht (RIS-Justiz RS0022537). So wäre es etwa als Schaden anzusehen, wenn anstelle des Besitzes eines Bargeldbetrags eine gleich hohe Geldforderung getreten ist, es sei denn, der Schuldner wäre bereit und imstande, seine Verbindlichkeit unverzüglich abzutragen (9 ObA 2300/96t = SZ 70/104 mwH). Demgemäß kann ein den Lauf der Verjährungsfrist auslösender Primärschaden etwa auch bereits darin liegen, dass ein Kunde einer Bank entgegen einer entsprechenden Zusage kein wertstabiles, sondern ein Kursschwankungen unterliegendes Wertpapier erworben hat (6 Ob 103/08b).

IV.6 Im hier interessierenden Zusammenhang vertrat der Oberste Gerichtshof dazu in der Entscheidung 4 Ob 57/78 die Ansicht, dass ein aus der Unterlassung der fristgerechten Anmeldung resultierender Pensionsschaden erst im Zeitpunkt der Inanspruchnahme einer Pension entstehe (so auch 9 ObA 21/92, offen lassend 8 ObS 10/95).

Schon Koziol wandte in seiner Besprechung der Entscheidung 4 Ob 57/78 (DRdA 1980, 27; [32] ff) dagegen ein, dass der Schaden schon im Zeitpunkt der Unterlassung der Anmeldung zur Sozialversicherung durch den Arbeitgeber eingetreten ist. Koziol führt aus, dass der Nachteil im Fehlen des sozialversicherungsrechtlichen Schutzes gesehen werden könne. Zwar könne sich der Nachteil möglicherweise nie auswirken, andererseits könne er sich vorzeitig - etwa bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit - einstellen. Die Lage des Arbeitnehmers, dem die durch die Sozialversicherung gewährte Sicherheit fehle, sei mit der eines Faustpfandgläubigers zu vergleichen, dessen Pfandsache von einem Dritten zerstört werde: Er verliere damit die ihm zustehende Sicherheit; ob sich dies jedoch tatsächlich auswirke, hänge von der zukünftigen Zahlungsfähigkeit des Schuldners ab. In beiden Fällen könne der Geschädigte sofort Naturalherstellung wegen dieses „realen“ Schadens verlangen, nämlich entweder durch nachträglichen Erwerb der Versicherungszeiten oder durch die Bereitstellung einer entsprechenden Pfandsache.

Apathy/Riedler schließen sich der Rechtsansicht Koziols, dass der Arbeitnehmer schon durch die Nichterlangung des Sozialversicherungsschutzes einen Schaden erleide, in ihrer Besprechung der Entscheidung 9 ObA 21/92 (DRdA 1992, 347 [349]) an. Insbesondere für die Pensionsversicherung könnten nur jene Zeiten als Beitragszeiten angerechnet werden, für welche die Beiträge auch wirksam entrichtet würden. Verletze der Arbeitgeber die Melde- oder Beitragspflicht, so sei eine Beseitigung dieses realen Schadens nur insoweit möglich, als ein Erwerb verstrichener Versicherungszeit im Rahmen der §§ 225 Abs 1 lit b iVm 68 ASVG zulässig sei. Sei Verjährung nach § 68 ASVG eingetreten, sei eine solche Naturalrestitution nicht mehr möglich, aber die Nichtanmeldung könne den künftigen Pensionsanspruch des Arbeitnehmers mindern. Für den Zeitpunkt des Eintritts des Folgeschadens sei nicht auf die Erledigung des Pensionsantrags abzustellen. Der Folgeschaden trete aber nicht schon im Zeitpunkt der nicht (gehörigen) Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen, sondern vielmehr erst im Zeitpunkt des Vorliegens aller Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Pensionsleistung nach § 85 ASVG ein.

IV.7 Um nun die Frage des Eintritts des Primärschadens im Zusammenhang mit allfälligen ASVG-Pensionsansprüchen beurteilen zu können, ist naturgemäß die sozialversicherungsrechtliche Situation des Klägers entscheidend. Maßgebend für die Berechnung der zu zahlenden Beiträge - und in weiter Folge für die Berechnung der Bemessungsgrundlage der Pension - ist das im Bereich des ASVG geltende Anspruchslohnprinzip. Die §§ 44 Abs 1, 49 Abs 1 ASVG stellen auf den Lohn ab, auf den der einzelne Dienstnehmer Anspruch hat (Blume in Sonntag, ASVG § 49 Rz 2).

Es stellt sich aber nun die Frage, welchen Einfluss eine mangelnde korrekte Anmeldung durch den Dienstgeber - diese soll es dem SV-Träger ermöglichen, in kosten- und zeitsparender Form das Verfahren nach dem ASVG durchzuführen (VwGH Zl 462/64 = ZAS 1968, 20) - bzw die Unterlassung der Abfuhr der Beiträge als Schuldner aller Beiträge (§ 58 Abs 2 ASVG) hat. Insoweit sind aber mit dem 2. SRÄG 2009, BGBl 83/2009, deutliche Änderungen der Rechtslage eingetreten. Diese sind hier deshalb maßgeblich, weil zufolge § 643 Abs 3 ASVG diese Fassung auf Beitragszeiträume ab 1. 7. 2004 anzuwenden ist und die Feststellungen ausgehend von der Rechtslage davor jedenfalls ergänzungsbedürftig wären.

IV.8 Die wesentlichen Änderungen lassen sich am Besten aus einem Vergleich der beiden Fassungen des § 225 Abs 1 Z 1 ASVG zum Erwerb der Beitragszeiten ableiten.

§ 225 Abs 1 Z 1 ASVG idF vor der Nov 83/2009 lautete wie folgt:

                            „(1) Als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 sind anzusehen:

                            1. Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mit Ausnahme der in Z 2 bezeichneten Zeiten, und zwar

                            a) wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung binnen sechs Monaten nach Beginn der Beschäftigung beziehungsweise des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses erstattet worden ist, vom Tage des Beginnes der Beschäftigung beziehungsweise des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses an,

                             b) sonst von dem Tag an, an dem die Anmeldung beim Versicherungsträger eingelangt oder die Pflichtversicherung ohne vorhergehende Anmeldung bescheidmäßig festgestellt worden ist; die vor diesem Tag in einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung bzw. in einem Lehr- oder Ausbildungsverhältnis zurückgelegten Zeiten gelten als Beitragszeiten nur, soweit die Beiträge für diese Zeiten wirksam (§ 230) entrichtet worden sind;

                            Die neue Fassung hat folgenden Wortlaut:

                            (1) Als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 sind anzusehen:

                                       1. Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mit Ausnahme der in Z 2 bezeichneten Zeiten, und zwar

                             a) von jenem Tag einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung oder eines Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses an, ab dem für diese Zeiten das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen noch nicht verjährt war (§ 68 Abs. 1),

                             b) sonst von jenem Tag einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung oder eines Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses an, ab dem für diese Zeiten verjährte Beiträge wirksam (§ 230) nachentrichtet worden sind (§ 68a);

                            IV.9 In den Erläuterungen zur Novelle BGBl I 83/2009 (RV 179 BlgNR 43. GP 8 f) wird dazu ua Folgendes ausgeführt (Hervorhebungen nicht im Original):

                            „Nach geltender Rechtslage kommt es für die Frage, ob Beitragszeiten einer Pflichtversicherung jedenfalls ab Beginn der Beschäftigung als - für die Pensionsberechnung relevante - Versicherungszeiten erworben werden, darauf an, ob die Anmeldung zur Sozialversicherung innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der Beschäftigung erfolgt ist oder nicht (§ 225 Abs. 1 Z 1 lit. a ASVG).

                            Wurde diese Frist nicht eingehalten, werden Zeiten der Pflichtversicherung grundsätzlich erst ab dem Tag der Anmeldung oder der bescheidmäßigen Feststellung der Versicherung als Versicherungszeiten berücksichtigt, es sei denn, es wurden Beiträge auch für Zeiten vor der Anmeldung bzw. Feststellung wirksam (nach)entrichtet (§ 225 Abs. 1 Z 1 lit. b ASVG). Diese auf dem Anmeldungsverhalten des Dienstgebers fußende Unterscheidung bezüglich der Leistungsrelevanz von Beiträgen wird zum einen von den Versicherten als willkürlich empfunden, zum anderen hat sie schwerwiegende Konsequenzen (und wird von den Versicherungsträgern mit unterschiedlicher Strenge vollzogen): Während bei Anmeldung innerhalb der Sechs-Monate-Frist Versicherungsmonate auch ohne Zahlung der Beiträge ab Beschäftigungsbeginn berücksichtigt werden, werden bei Anmeldung nach Ablauf dieser Frist Versicherungsmonate nur dann vor dem Zeitpunkt der verspäteten Anmeldung (der bescheidmäßigen Feststellung der Versicherung) erworben, wenn die Beiträge tatsächlich und wirksam (d. h. vor dem Pensionsstichtag) gezahlt werden - mit der Folge, dass der Dienstnehmer/die Dienstnehmerin, der/die in der Regel nicht BeitragsschuldnerIn ist, das Risiko der Nichtzahlung zu tragen hat.

                            Mit der vorgeschlagenen Neuregelung soll dem abgeholfen und gleichzeitig ein Ausgleich getroffen werden zwischen dem Recht der versicherten Person, Beitragszeiten bei verspäteter Anmeldung durch den              Dienstgeber auch ohne die Bedingung der Beitrags(nach)zahlung zu erwerben, und andererseits der rechtlichen Möglichkeit des Versicherungsträgers, die Beiträge vom Dienstgeber einzufordern, indem auf den Eintritt der Feststellungsverjährung abgestellt wird (§ 68 Abs. 1 ASVG); danach verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge grundsätzlich nach drei Jahren ab deren Fälligkeit, bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Nichtmeldung des Dienstgebers jedoch erst nach fünf Jahren (die Verjährung ist für Zeiten eines einschlägigen Verfahrens gehemmt bzw. wird durch sonstige Feststellungsmaßnahmen unterbrochen). Dies bedeutet, dass Versicherungszeiten auch ohne Beitrags(nach)entrichtung erworben werden, soweit das Recht auf Feststellung der Zahlung der Beiträge für diese Zeiten noch nicht verjährt ist. Diese Regelung ist erstmals für Beitragszeiträume ab 1. Juli 2004 anzuwenden. DienstnehmerInnen, die trotz einer die Pflichtversicherung begründenden Tätigkeit nicht zur Sozialversicherung angemeldet wurden, haben damit regelmäßig fünf Jahre lang die Möglichkeit, die Feststellung der Pflichtversicherung beim Versicherungsträger zu beantragen und damit die volle Leistungswirksamkeit dieser Zeiten sicherzustellen. Es besteht hiezu auch die Möglichkeit, beim Versicherungsträger einen Versicherungsdatenauszug zu beantragen, um die Anmeldung zu überprüfen, so sie nicht auf Grund einer fehlenden Leistungsberechtigung (etwa in der Krankenversicherung) auffällt. Für Zeiten der Pflichtversicherung, die außerhalb dieses Drei- bzw. Fünf-Jahres-Zeitraumes liegen, besteht weiterhin die Möglichkeit, durch die Nachentrichtung der Beiträge nach § 68a ASVG Versicherungszeiten zu erwerben.“

IV.10 Vorweg kann dazu festgehalten werden, dass offensichtlich sowohl nach der Rechtslage vor als auch nach jener nach dem 2. SRÄG 2009 Zeiten, für die tatsächlich wirksam Beiträge entrichtet wurden, in diesem Umfang als Beitragszeiten gelten; solche Zeiten sind nicht nur der Berechnung des Steigerungsbetrags nach § 261
ASVG, sondern deren Beitragsgrundlagen auch der Ermittlung der Bemessungsgrundlage iSd §§ 238 ff ASVG zugrunde zu legen. Unabhängig davon versucht das ASVG gerade mit der Bestimmung des § 225 Abs 1 Z 1 ASVG (in der Pensionsversicherung in eingeschränktem Umfang) den Grundsatz zu verwirklichen, dass die Versicherung und die Leistungsansprüche grundsätzlich ex lege eintreten und von einer Meldung oder Beitragsentrichtung unabhängig sind (Krejci/Marhold/Karl in Tomandl, System 1.2.5.2.3; Grillberger, Österreichisches Sozialrecht7, 11 f uva). Dazu gehört es eben auch in der Pensionsversicherung, (früher) die Meldung und (nunmehr) - auch - für einen gewissen Zeitraum die bloße Möglichkeit der Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge ausreichen zu lassen. Die neue Fassung des § 225 Abs 1 Z 1 lit a ASVG stellt dabei auf die Feststellungsverjährung iSd § 68 Abs 1 ASVG ab.

Die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge erfolgt in unterschiedlicher Form (vgl § 58 ASVG, aber auch § 355 Z 3 ASVG; Geppert in Geppert Sozialversicherung in der Praxis 4.13.). Die Beiträge werden in weiterer Folge dann auch von den zuständigen Krankenversicherungsträgern eingetrieben (Bartos in Geppert aaO 5.3.).

Die Frist zur Feststellung nach § 68 Abs 1 ASVG läuft grundsätzlich ab Fälligkeit bzw ab Meldung (wenn diese innerhalb der Verjährungsfrist erfolgte; VwGH 17. 3. 2004 Zl 2000/08/00042) und wird unter bestimmten Voraussetzungen unterbrochen bzw gehemmt. In § 68 Abs 2 ASVG wird die Verjährung der Einforderung der bereits festgestellten Beitragsschulden geregelt und dabei ua der Mahnung Unterbrechungswirkung zuerkannt.

Mit der Neuregelung wollte der Gesetzgeber die Situation der Versicherten offenbar nicht verschlechtern. Es ist daher wohl davon auszugehen, dass die Meldung - diese hat auch die Beitragsgrundlage zu umfassen (Krejci/Marhold/Karl in Tomandl System 1.2.4.1.1.A) - dort ausreichend ist, wo es gar keiner bescheidmäßigen Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung der Versicherungsbeiträge bedurfte oder diese bereits erfolgt ist. Es schützt also weiter die korrekte Meldung der Beitragsgrundlagen - auch jede Änderung ist zu melden (§ 34 ASVG) - den Versicherten vor Verlusten bei der Berechnung der Pensionsbemessungsgrundlage.

Zutreffend hat nun die Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I 83/2009 - wie oben wiedergegeben - das nach der alten Rechtslage bestehende Risiko der Nichtzahlung des Versicherten im Falle einer unrichtigen Meldung und Abfuhr der SV-Beiträge herausgearbeitet. Allein dieses Risiko stellt aber im Sinne der oben dargestellten neueren Rechtsprechung schon einen erheblichen Schaden dar. Nach der neuen Rechtslage sollte das Eintreibungsrisiko dem Versicherten abgenommen werden. Es reicht schon die bloße Möglichkeit der Feststellung aus, wobei auch noch festzuhalten ist, dass die Verjährung ja während eines anhängigen Feststellungsverfahrens gehemmt bzw unterbrochen ist (§ 68 Abs 1 ASVG).

              IV.11 Die in 4 Ob 57/78 vertretene Rechtsansicht kann - ohne auf die Änderungen durch dass APG einzugehen - auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragen werden. Von der gänzlichen Unterlassung einer Meldung unterscheidet sich - ungeachtet der sich durch die Novelle BGBl I Nr 83/2009 ergebenden Veränderungen - der vorliegende Fall der Feststellung der richtigen Beitragsgrundlagen im Rahmen eines gemeldeten Arbeitsverhältnisses schon dadurch, dass es hier ja um die unrichtige - vorläufige - Feststellung im Rahmen eines grundsätzlich „anhängigen“ Verwaltungsverfahrens aufgrund eines behaupteten Fehlverhaltens des Arbeitgebers geht. In den früher entschiedenen Fällen war ein solches Verfahren noch gar nicht anhängig, sondern es trat der Nachteil bei der Feststellung des ex lege ja bestehenden Versicherungsverhältnisses erst im Rahmen eines späteren Verfahrens ein. Unter Berücksichtigung des dargelegten weiten Schadenbegriffs des ABGB ist davon auszugehen, dass der Primärschaden jedenfalls nach der alten Rechtslage im Zeitpunkt der Unterlassung der korrekten Anmeldung der richtigen Beitragsgrundlagen oder der Entrichtung der Beiträge und der dadurch bewirkten vorläufigen zu geringen „Feststellung“ der Beitragsgrundlagen eintrat. Dieser Nachteil - jedenfalls nach der alten Rechtslage (zur neuen Rechtslage siehe IV.12) - musste dem Kläger aber schon aufgrund der Abrechnung seiner Bezüge als Diäten, von denen keine SV-Beiträge abgezogen werden, bewusst sein. Dies bedeutet, dass im jeweiligen Beitragszeitraum also nicht nur der Schaden eingetreten, sondern grundsätzlich auch die Kenntnis des Klägers davon anzunehmen ist. Für eine erfolgversprechende Anspruchsverfolgung waren die notwendigen Voraussetzungen vorhanden (RIS-Justiz RS0034327 uva). Daher sind Ansprüche, die auf Zeiträume entfallen, für die die Meldung mehr als 3 Jahre vor dem Zeitpunkt der Erhebung des Feststellungsbegehrens (24. 11. 2008) liegt, verjährt.

IV.12 Es verbleiben daher allfällige Schadenersatzansprüche aus der Zeit danach. Ausgehend von der alten Rechtslage wären für diesen Zeitraum noch weitere Feststellungen (zum tatsächlichen Charakter des Entgelts, zur Anmeldung und Abfuhr der Beiträge) erforderlich. In einem dazu fortzusetzenden Verfahren wäre aber schon auf die mittlerweile in Kraft getretene neue Rechtslage abzustellen, die ja - wie ausgeführt - auf Beitragszeiträume ab 1. 7. 2004 anzuwenden ist. Daraus ergibt sich aber, dass bei der Beurteilung der noch zu beurteilenden, nicht von Verjährung betroffenen Zeiträume (schon jetzt) auch die neue Rechtslage zu beachten ist.

Durch diese sollte dem Versicherten das Eintreibungsrisiko genommen werden, wenn nur die Möglichkeit des Feststellungsverfahrens noch nicht nach § 68 Abs 1 ASVG verjährt ist. Die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen, aber auch der Anspruchshöhe, erfolgt ausgehend vom Stichtag nach § 223 Abs 2 ASVG, also regelmäßig von dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten. Ob nun zu diesem in der Zukunft liegenden Stichtag rückgerechnet noch ein Recht auf Feststellung iSd § 225 Abs 1 Z 1 lit a ASVG besteht (§ 68 Abs 1 ASVG: binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit; fünf Jahre, wenn der Dienstgeber sorgfaltswidrig keine oder unrichtige Angaben über die bei ihm beschäftigten Personen bzw über deren jeweiliges Entgelt gemacht hat) und dabei ein Schaden für die Pensionsberechnung entsteht (8 ObS 10/95) ist unsicher. Insoweit trägt der Versicherte im Allgemeinen auch nach der neuen Rechtslage ein - wenngleich wesentlich geringeres - Risiko aus der zu geringen Anmeldung durch den Arbeitgeber und ist schon dies als Schaden zu beurteilen. Jedoch kann der Versicherte dieses Risiko dadurch vermeiden, dass er selbst einen Antrag auf Feststellung bei der zuständigen Verwaltungsbehörde einbringt und dadurch die Hemmung bzw Unterbrechung der Verjährungfrist bewirkt. In diesem Verfahren hat ja der Versicherte Parteistellung (Oberndorfer/Muzak in Tomandl aaO 6.2.1.C mwN).

Damit kommt aber die aus § 1304 ABGB abgeleitete Rettungspflicht des Geschädigten (hier: des Versicherten) zum Tragen, also die Pflicht, den Schaden abzuwehren bzw möglichst gering zu halten. Der Geschädigte verstößt gegen diese Pflicht, wenn er zumutbare Handlungen unterlässt, die geeignet sind, den Schaden abzuwehren oder zu verringern, und die - objektiv beurteilt - ein verständiger Durchschnittsmensch setzen würde, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens zu vermeiden (RIS-Justiz RS0023573). In diesem Sinn ist der Versicherte aus dem Grundsatz der Schadensminderungs- bzw -abwehrpflicht sowohl nach der neuen, aber auch nach der alten Rechtslage gehalten, einen Antrag auf Feststellung bei der für die Entscheidung über die richtigen Bemessungsgrundlagen zuständigen Verwaltungsbehörde einzubringen. Ein solcher Antrag auf Feststellung der richtigen Beitragsgrundlagen verursacht dem Versicherten weder besondere Kosten noch Aufwendungen. Durch die rechtzeitige Feststellung der richtigen Beitragsgrundlage können und konnten aber Schäden auch für die hier noch maßgeblichen letzten 3 Jahre vor Erhebung des Feststellungsbegehrens zur Gänze beseitigt werden.

IV.13 Ein Anspruch auf Schadenersatz - und damit auch die Berechtigung des Feststellungsbegehrens des Klägers - ist aus diesen Überlegungen für Beitragszeiten, für die durch den bei der zuständigen Verwaltungsbehörde gestellten Feststellungsantrag ein Schaden vermieden hätte werden können bzw vermieden werden kann, wegen der Verletzung der Schadensminderungs- bzw -abwehrpflicht zu verneinen. Anhaltspunkte dafür, dass für die vom Feststellungsbegehren erfassten und noch nicht verjährten Zeiträume ein Feststellungsantrag nicht erfolgreich hätte gestellt werden können, liegen nicht vor.

V. Wie die Ansprüche nach neuer Rechtslage zu beurteilen sind, wenn der Arbeitgeber den Versicherten überhaupt nicht angemeldet hat oder diesem das Erfordernis eines Feststellungsantrags nicht ersichtlich sein konnte, ist hier nicht zu beurteilen.

VI. Der Revision war daher teilweise stattzugeben und in der Entscheidung über das Feststellungsbegehren das Ersturteil wiederherzustellen.

VII. Der Ausspruch über den Vorbehalt der Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.

Schlagworte

11 Arbeitsrechtssachen,

Textnummer

E95196

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:008OBA00066.09B.0922.000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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