Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. M***** A*****, geboren am 1. Mai 1999, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters C***** A*****, vertreten durch Korn & Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 29. Juli 2010, GZ 21 R 99/10w-44, GZ 21 R 100/10t-44, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 22. 10. 2009 entzog das Erstgericht gemäß § 107 Abs 2 AußStrG beiden Eltern die Obsorge für den Minderjährigen und betraute damit vorläufig den Jugendwohlfahrtsträger bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die (jeweils auf Übertragung der alleinigen Obsorge an den jeweils antragstellenden Elternteil gerichteten) Obsorgeanträge beider Eltern.
Mit Beschluss vom 29. 1. 2010 entzog das Erstgericht den Eltern die Obsorge für den Minderjährigen und betraute damit endgültig den Jugendwohlfahrtsträger.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters gegen den zuletzt genannten Beschluss nicht Folge und wies seinen Rekurs gegen den erstgenannten Beschluss mit der Begründung zurück, aufgrund der endgültigen Entscheidung über die Obsorge sei die vorläufige Maßnahme überholt, weshalb die Beschwer für den dagegen erhobenen Rekurs weggefallen sei. Es ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Vater unter anderem geltend, er habe „bis zur Rechtskraft“ ein rechtliches Interesse daran, dass über einen Rekurs gegen eine vorläufige Maßnahme entschieden werde.
Rechtliche Beurteilung
Dazu ist auszuführen:
Gemäß § 43 Abs 1 AußStrG tritt unter anderem die Rechtsgestaltung eines Beschlusses mit dessen Rechtskraft ein.
Da Obsorgeentscheidungen nicht rein vermögensrechtlicher Natur sind, konnte gegen den Beschluss des Rekursgerichts (in beiden Spruchpunkten) ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben werden (§ 62 Abs 5 AußStrG). Der Beschluss des Rekursgerichts war daher mit seiner Zustellung noch nicht rechtskräftig, weshalb der Beschluss über die endgültige Obsorgeregelung auch mit der Rekursentscheidung noch keine rechtsgestaltende Wirkung entfaltete.
Demgegenüber war schon der erstinstanzliche, auf § 107 Abs 2 AußStrG gestützte Beschluss über die vorläufige Übertragung der Obsorge bereits mit seiner Zustellung rechtsgestaltend, also wirksam (vgl 3 Ob 111/06d mwN; RIS-Justiz RS0007035).
Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichts war daher der Vater auch im Zeitpunkt der rekursgerichtlichen Entscheidung durch die vorläufige Übertragung der Obsorge auf den Jugendwohlfahrtsträger beschwert.
Diese Fehlbeurteilung des Rekursgerichts stellt aber keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG dar, weil mit der vorliegenden Entscheidung der Beschluss über die endgültige Obsorgeregelung rechtskräftig ist und daher rechtsgestaltend wirkt (§ 43 Abs 1 AußStrG). Dadurch ist jetzt die Beschwer des Vaters gegen die vorläufige Obsorgeregelung weggefallen.
Soweit sich der Vater gegen die die endgültige Obsorgeregelung betreffende Entscheidung des Rekursgerichts wendet, zeigt das Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage auf, zumal er in entscheidungswesentlichen Punkten nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht und vom Rekursgericht bereits verneinte Verfahrensmängel rügt (RIS-Justiz RS0050037). Auf Basis des festgestellten Sachverhalts ist die stets einzelfallbezogene Obsorgeentscheidung der Vorinstanzen nicht korrekturbedürftig (RIS-Justiz RS0007101; RS0115719).
Schlagworte
FamilienrechtTextnummer
E95228European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00169.10M.0922.000Im RIS seit
06.11.2010Zuletzt aktualisiert am
04.07.2012