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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des am 20. Mai 1972 geborenen SÖ, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landhausgasse 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Oktober 1997, Zl. SD 765/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt.
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Oktober 1997 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer, der am 15. November 1990 illegal in das Bundesgebiet eingereist sei, habe am 3. Dezember 1990 einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Juni 1995 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe dagegen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung habe der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. September 1995 nicht stattgegeben, weil der Beschwerdeführer erst nach Ablauf der im § 5 Abs. 1 AsylG 1968 - AsylG festgesetzten Frist um Asyl angesucht habe, sodass ihm die Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet bis zum rechtskräftigen Abschluss des Feststellungsverfahrens gemäß dieser Gesetzesstelle nicht zugekommen sei. Der daraufhin vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf Wiederaufnahme seines Asylverfahrens sei vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 19. Oktober 1995, rechtswirksam erlassen am 23. Oktober 1995, abgewiesen worden.
Da der Beschwerdeführer auf Grund seiner verspäteten Asylantragstellung nie im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 AsylG (1991) gewesen sei und auch nicht über eine Aufenthaltsbewilligung nach dem AufG verfügt habe, seien die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden die Ausweisung zu verfügen, sofern dem nicht § 19 FrG entgegenstehe.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grund des § 19 leg. cit. betreffe, so sei auf Grund der illegalen Einreise und des zwar tolerierten, aber rechtswidrigen Aufenthaltes von keiner relevanten Integration des Beschwerdeführers auszugehen gewesen.
Auf Grund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Österreich geheiratet habe, sei jedoch von einem Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen gewesen, wobei sich dieser insofern relativiere, als der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Eheschließung rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt im Bundesgebiet habe rechnen dürfen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien vom Beschwerdeführer in gravierender Weise missachtet worden. Zu seinen Ungunsten falle insbesondere ins Gewicht, dass er seinen unrechtmäßigen Aufenthalt ungeachtet der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages fortgesetzt habe. Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Dieses Abwägungsergebnis werde noch durch den Umstand verstärkt, dass der Beschwerdeführer rechtens nicht in der Lage sei, seinen Aufenthalt von hier aus zu legalisieren. Somit sei die Ausweisung des Beschwerdeführers im Grund des § 19 leg. cit. zu Recht verfügt worden.
2. Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese - nach Ablehnung ihrer Behandlung - dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 23. Februar 1998, B 303/98).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zu Grunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde; die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt vorliegend daher nicht zum Tragen.
2.1. Die Beschwerde führt gegen den angefochtenen Bescheid ins Treffen, zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde sei dem Beschwerdeführer im Asylverfahren - allerdings durch einen offensichtlichen Irrtum - durch den Verwaltungsgerichtshof keine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Er habe aber dennoch ein offenes Verfahren gemäß § 54 FrG gehabt, welches bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im Asylverfahren ausgesetzt worden sei. Dies bedeute, dass der Beschwerdeführer de facto bis zur Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof das Recht auf Aufenthalt in Österreich habe, weil ihm eine Ausreise in einen anderen Staat als seinen Heimatstaat nicht möglich sei.
2.2. Mit diesem Vorbringen ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, ist doch unbestritten geblieben, dass der Verwaltungsgerichtshof der gegen den den Asylantrag im Instanzenzug abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres erhobenen Beschwerde im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides keine aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, wodurch eine für die Dauer des Asylverfahrens (allenfalls) bestanden habende vorläufige Aufenthaltsberechtigung wieder aufgelebt wäre. Im Übrigen lässt die Beschwerde unbestritten, dass dem Beschwerdeführer bisher eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht erteilt worden sei. Auf dem Boden des Gesagten besteht somit gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG erfüllt sei, kein Einwand. Der in der Beschwerde geltend gemachte Umstand, dass das Verfahren gemäß § 54 Abs. 1 FrG noch offen sei und dem Beschwerdeführer behauptetermaßen eine Ausreise in einen anderen Staat als seinen Heimatstaat nicht möglich sei, vermag an der Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers nichts zu ändern.
3.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid darüber hinaus im Grund des § 19 FrG. Die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen, dass sich der Beschwerdeführer seit mehr als sieben Jahren in Österreich aufhalte. Er habe in Österreich geheiratet, seine Gattin erwarte ein Kind. Da seine Gattin in Österreich Asyl habe, sei die Ausübung des Familienlebens außerhalb Österreich nicht möglich, insbesondere nicht in der Türkei, weil Verfolgerstaat der Gattin ebenfalls die Türkei sei.
3.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die belangte Behörde hat zutreffend auf den hohen Stellenwert hingewiesen, der dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. März 1999, Zl. 97/18/0383). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch den ihm von der Behörde vorgeworfenen unrechtmäßigen Aufenthalt, den er ungeachtet der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages fortgesetzt hat, gravierend verletzt. Die vom Beschwerdeführer aus der Dauer des Aufenthaltes abgeleitete Integration ist in ihrem Gewicht entscheidend dadurch relativiert, dass dieser Aufenthalt auf einen Asylantrag zurückzuführen ist, der sich letztlich als unberechtigt herausstellte. Auch der aufrechten Ehe des Beschwerdeführers kommt nicht das Gewicht zu, das ihr die Beschwerde zumisst, erfolgte doch die Eheschließung zu einem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer rechtens nicht mit einem weiteren Aufenthalt in Österreich rechnen durfte. Schließlich geht das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Ausübung des Familienlebens außerhalb Österreichs sei im Hinblick auf das seiner Gattin gewährte Asyl nicht möglich, ins Leere, weil § 19 FrG nur das in Österreich geführte Privat- und Familienleben schützt, nicht aber die Führung eines Privat- und Familienlebens des Fremden außerhalb Österreichs gewährleistet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. April 1998, Zl. 97/18/0117, m.w.N.).
4. Da somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. Jänner 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998180110.X00Im RIS seit
28.05.2001