TE OGH 2010/9/23 5Ob87/10w

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Veröffentlicht am 23.09.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der mietrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Gertrude S*****, 2. Leopold F*****, 3. Waltraud K*****, und 4. Verlassenschaft nach Ludwig S*****, Erst-, Zweit- und Viertantragsteller vertreten durch Mag. Boris Knirsch, Mag. Michael Braun, Mag. Christian Fellner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin Stadt *****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck, Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 12 MRG iVm § 21 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. März 2009, GZ 39 R 414/08b-26, womit infolge Rekurses der Antragsgegnerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 30. Mai 2008, GZ 8 Msch 2/07d-17, teilweise abgeändert wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Sachbeschluss wird dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:

„Die Antragsgegnerin hat als Vermieterin bei Vorschreibung der Betriebskosten des Jahres 1999 hinsichtlich nachstehender Ausgabeposten den Antragstellern als Mietern des Hauses ***** gegenüber das gesetzlich zulässige Zinsausmaß im Ausmaß der auf sie entfallenden Betriebskostenanteile wie folgt überschritten:

an Urlaubsvertreterentschädigung um

ATS 477,24 ATS (34,67 EUR)

an Krankenvertreterentschädigung um

ATS 1.475,38 (107,18 EUR).“

Die Antragsteller haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind Mieter des Hauses ***** in *****;die Antragsgegnerin ist die Eigentümerin dieser Liegenschaft.

Im Jahr 1999 fielen für die Hausbesorgerin Regina W***** 35 Urlaubstage und 34 Krankenstandstage an.

Für die gesetzlich vorgesehene Vertretertätigkeit entrichtete die Antragsgegnerin an Regina W***** für die Entschädigung eines Urlaubsvertreters 15.250,55 ATS und für die Krankenvertreterentschädigung 16.137,48 ATS. Mit diesen Beträgen wurden auf die Mieter jeweils 4,5 % Dienstgeberanteil zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) und 3 % Kommunalsteuer überwälzt. Sozialversicherungsbeiträge wurden von der Antragsgegnerin nicht in Rechnung gestellt.

Ob die Hausbesorgerin für die Zeit ihres Krankenstands Beleuchtungspauschale und Materialkostenersatz erhalten hat, steht nicht fest.

Außer Streit gestellt wurde zwischen den Parteien die von der Hausbesorgerin zu betreuende Grünfläche mit 2.234 m² (ON 9).

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag bekämpften die Antragsteller neben anderen Betriebskostenpositionen, die im Revisionsrekursverfahren nicht mehr gegenständlich sind, die Positionen Urlaubsvertreterentschädigung und Krankenvertreterentschädigung hinsichtlich der Anzahl der jeweils in Rechnung gestellten Tage. Sie bemängelten auch die nicht nachzuvollziehende Berechnungsweise dieser Ausgabepositionen und stellten deren Zahlung in Frage.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrags und behauptete eine gesetzmäßige Verrechnung der entsprechenden Entschädigungen, die sie an die Hausbesorgerin bezahlt habe. Zum Nachweis dafür legte sie die detaillierte Betriebskostenabrechnung hinsichtlich der Ausgabepositionen Krankenstands- und Urlaubsvertreterentschädigung und deren Berechnung vor und berief sich zum Nachweis der Tatsache der Zahlung auf die elektronischen Zahlungsüberweisungen.

Ein Vorbringen hinsichtlich Materialkostenersatz und Beleuchtungspauschale an die Hausbesorgerin bzw deren Vertreterin unterblieb.

Das Erstgericht, das die Tatsache der Zahlungen für Vertretungskostenersatz in Höhe einer Entschädigung eines Urlaubsvertreters von 15.250,55 ATS und Krankenvertreterentschädigung in Höhe von 16.137,48 ATS als erwiesen ansah, stellte eine Überschreitung des zulässigen Ausmaßes der Betriebskosten hinsichtlich der Urlaubsvertreterentschädigung um 2.791,31 ATS und hinsichtlich der Krankenvertreterentschädigung um 5.017,77 ATS im Jahr 1999 fest. Darin enthalten sind 23 % Dienstgeberbeitrag zur Sozialversicherung, 4,5 % FLAF und 3 % Kommunalsteuer. Nach § 17 Abs 1 HbG habe der Hausbesorger, der durch Krankheit oder Urlaub an einer Dienstausübung verhindert sei, auf seine Kosten für eine Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen. Diesfalls gebührten ihm zufolge § 17 Abs 2 HbG die Kosten für die Vertretung bis zum Höchstausmaß des dem Hausbesorger sonst für diesen Zeitraum zustehenden durchschnittlichen Monatsbruttoentgelts. Als Bemessungsgrundlage legte das Erstgericht unter Anwendung der für das Jahr 1999 maßgeblichen Verordnung des Landeshauptmanns von Wien über die Festsetzung des Entgelts für Hausbesorger je nach Art der zu betreuenden Flächen und deren Größe den Betrag von 130.155,35 ATS jährlich zugrunde.

Einem dagegen erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin gab das Gericht zweiter Instanz teilweise und soweit im Revisionsrekursverfahren noch relevant, hinsichtlich der Krankenvertreterentschädigung Folge und sprach diesbezüglich eine Überschreitung in Höhe von 4.543,66 ATS aus. In diesem Betrag sind 23 % Dienstgeberanteil zur Sozialversicherung, 4,5 % FLAF und 3 % Kommunalsteuer enthalten. Die zulässige Urlaubsvertreterentschädigung errechnete das Rekursgericht mit 2.900,37 ATS (darin 4,5 % FLAF und 3 % Kommunalsteuer) und gab insofern dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge.

Unter Neuberechnung der Bemessungsgrundlage (bei Zugrundelegung der Grünflächen im Ausmaß von 2.234 m²) ermittelte das Rekursgericht als Bemessungsgrundlage einen Betrag von 135.863,12 ATS als jährliches Bruttoentgelt.

Der Ansicht der Rekurswerberin, Urlaubs- und Krankenvertreterentschädigungen fielen nicht unter die für den Dienstgeber sozialversicherungspflichtigen Entgelte, sei nicht zu folgen. Diese zum Bruttolohn hinzutretende Leistung des Hauseigentümers als Dienstgeber fließe dem Hausbesorger kraft gesetzlicher Bestimmung aus seiner Arbeit zu (SZ 43/70). Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein Vertreter eines Hausbesorgers keinen Anspruch auf Ersatz seiner Versicherungsleistung (auch im Rahmen einer allfälligen freiwilligen Versicherung) für die Dauer und den Umfang seiner Vertretungstätigkeit habe. Der Hausbesorger sei daher im Falle seiner Dienstverhinderung in die Lage zu versetzen, diese Leistung an seinen Vertreter iSd § 17 Abs 2 HbG weitergeben zu können. Dass die Antragsgegnerin entsprechende Leistungen nicht erbracht habe, sei nicht behauptet worden.

Auch habe sich die Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht auf zusätzlich getätigte Ausgaben für Beleuchtungspauschalen und Materialkosten im Rahmen der Krankenvertretungsentschädigung berufen und auch keine entsprechenden Nachweise erbracht. Zwar sei in § 2 der Verordnung des Landeshauptmanns für Wien als Ersatz für die Kosten der Beschaffung der zu den Reinigungsarbeiten nach dem HbG erforderlichen Materialien eine Vergütung in Form eines Zuschlags zum Entgelt im Ausmaß von 15 % festgesetzt. Dieser Zuschlag sei aber kein Entgeltbestandteil. Er sei daher in die Berechnung der Bemessungsgrundlage nicht einzubeziehen.

Mit dem im Rekurs erhobenen Einwand der Antragsgegnerin, sie habe zu Recht auch aliquote Sonderzahlungen für die Urlaubs- und Krankenvertreterentschädigungen geleistet, befasste sich das Rekursgericht nicht.

Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels Rechtsfrage von „grundsätzlicher Bedeutung“ (gemeint wohl: mangels erheblicher Rechtsfrage - vgl § 62 Abs 1 AußStrG im Gegensatz zu § 8 Abs 1 OGHG) nicht zulässig sei.

Nachdem sich der erkennende Senat nach Vorlage eines „außerordentlichen“ Revisionsrekurses der Antragsgegnerin an die offenkundig (infolge Verwechslung der Währungen ATS und EUR) unrichtige Bewertung nicht für gebunden erachtete, stellte er die Akten dem Erstgericht zur Durchführung eines Verfahrens über das Rechtsmittel der Antragsgegnerin als Zulassungsvorstellung zurück (5 Ob 151/09f). Das Rekursgericht erklärte daraufhin den Revisionsrekurs für doch zulässig. Weder zur Frage der Sozialversicherungspflicht von Urlaubs- und Krankenvertreterentschädigungen noch zur Frage der Einberechnung von Materialkostenersatz in das dem Vertreter nach dem HbG geschuldete Entgelt liege höchstgerichtliche Rechtsprechung vor.

Die Antragsgegnerin hat gegen den zweitinstanzlichen Sachbeschluss einen „außerordentlichen“ - nunmehr als ordentliches Rechtsmittel (§ 63 AußStrG) zu behandelnden - Revisionsrekurs erhoben und darin beantragt, den angefochtenen Sachbeschluss dahin abzuändern, dass hinsichtlich der Position Urlaubsvertreterentschädigung eine Überschreitung von nur 477,24 ATS und hinsichtlich der Position Krankenvertreterentschädigung eine Überschreitung von nur 472,47 ATS festgestellt (und darüber hinaus der Antrag abgewiesen) werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsteller beantragten, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zulässig und teilweise berechtigt.

§ 21 Abs 1 Z 8 MRG zählt im Betriebskostenkatalog den in § 23 MRG bestimmten Beitrag für Hausbesorgerarbeiten auf. Dieser besteht aus den dem Hausbesorger gebührenden Entgelten und Ersätzen zuzüglich diverser anderer Kosten. Ersätze iSd § 23 Abs 1 Z 1 MRG (idF vor der WRN 2000 BGBl I 2000/36) sind auch die als Ersatz konstruierten Entgelte des Vertreters bei Krankheit, Unfall und Urlaub des Hausbesorgers gemäß dem hier noch anzuwendenden § 17 Abs 2 HbG (RIS-Justiz RS0112052). Diese Bestimmung regelt, dass der Hausbesorger, der verhindert ist, seinen Obliegenheiten nachzukommen, auf seine Kosten für eine Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen hat. In diesen Fällen hat der Hauseigentümer dem Hausbesorger die Kosten für die Vertretung „bis zum Höchstausmaß des dem Hausbesorger sonst für diesen Zeitraum gebührenden durchschnittlichen Monatsbruttoentgelts zu ersetzen“. § 7 Abs 2 HbG zählt unter den Entgeltsbestandteilen auch den Urlaubszuschuss und die Weihnachtsremuneration auf, die entsprechend der in einem Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit anteilsmäßig zu ersetzen sind. Zu Recht sind daher von der Antragsgegnerin die anteiligen Sonderzahlungen den Vertretungsentgelten hinzugerechnet und in die Betriebskostenabrechnung als Ausgaben eingesetzt worden. Insoweit erweist sich die Rechtsrüge des Revisionsrekurses als berechtigt.

Die Ersätze an den Hausbesorger gemäß § 17 Abs 2 HbG sind in die Betriebskostenabrechnung aufzunehmen, die Belege hiefür den Mietern in der im Gesetz vorgesehenen Weise zugänglich zu machen. Die von den Vertretern jeweils dem Hausbesorger ausgestellten Bestätigungen hingegen sind, weil sie rechtlich gesehen keine unmittelbare Zahlungspflicht des Hauseigentümers bewirken (der Hauseigentümer ist nicht Dienstgeber des Vertreters), nicht Teil der Belege der Betriebskostenabrechnung (RIS-Justiz RS0112054).

Urlaubsvertretungskostenersatz und Krankenvertreterentschädigung unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht des Dienstgebers (vgl Assem/Hasenauer, Arbeitsrecht und Lohnverrechnung für Hausbesorger8 50; ImmZ 1983, 235).

Die Antragsgegnerin hat daher zu Recht in die Betriebskostenabrechnung des Jahres 1999 keine entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge des Dienstgebers aufgenommen, weshalb sich die Rechtsansicht der Vorinstanzen, den Überschreitungsbeträgen seien jeweils 23 % an Sozialversicherungsbeitrag hinzuzurechnen, ebenfalls als unrichtig erweist.

Nach den gesetzlichen Grundlagen ist dem Hausbesorger für den Vertretungskostenersatz das Entgelt iSd § 17 HbG zu leisten. Materialkostenersatz ist hingegen kein Bestandteil des Entgelts (§ 8 letzter Satz HbG). Dasselbe gilt für das Lichtpauschale als Sachbezug.

Soweit die Revisionsrekurswerberin geltend macht, zu Unrecht seien Feststellungen dahin unterblieben, ob dem Hausbesorger während des Zeitraums seines Krankenstands Materialkostenersatz und Beleuchtungspauschale bezahlt wurde, weshalb entsprechende Zahlungen an den Vertreter gerechtfertigt wären, ist dem entgegenzuhalten, dass solche Feststellungen mangels entsprechenden Vorbringens unterblieben sind.

Dass in den in der Betriebskostenabrechnung verrechneten Vertretungsentgelten jeweils auch 4,5 % FLAF (Dienstnehmeranteil zum Familienlastenausgleichsfonds) und 3 % Kommunalsteuer enthalten sind, ist unstrittig; soweit im Rechtsmittel (S 4) „3,5 %“ erwähnt sind, handelt es sich um einen offenkundigen Schreibfehler.

Damit errechnet sich eine Überschreitung hinsichtlich der Position Urlaubsvertreterentschädigung von 55,35 ATS (darin 4,5 % FLAF und 3 % Kommunalsteuer) sowie hinsichtlich der Position Krankenvertreterentschädigung eine Überschreitung von 1.475,38 ATS (darin 4,5 % FLAF und 3 % Kommunalsteuer).

Dem Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben, wobei hinsichtlich der Position Urlaubsvertreterentschädigung der Anfechtungsumfang zu beachten war.

Die Antragsgegnerin hat im Revisionsrekurs keinen Kostenersatz beantragt. Infolge überwiegenden Unterliegens der Antragsteller im Revisionsrekursverfahren kommt ein Ersatz der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung nicht in Betracht (§ 37 Abs 3 Z 17 MRG).

Schlagworte

8 außerstreitige Wohnrechtssachen,

Textnummer

E95457

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0050OB00087.10W.0923.000

Im RIS seit

24.11.2010

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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