Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Jesionek als Vorsitzende sowie den Richter des Oberlandesgerichts Dr. Rassi und die KR Mag.Ehrlich-Adam in der Rechtssache der klagenden Partei D***** S*****, *****, 3071 Böheimkirchen, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei e***** S.à.r.l., *****, LU-2240 Luxemburg, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 16.463,57 sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Handelsgericht vom 31.03.2010, GZ 4 Cg 144/08i-24, in nichtöffentlicher Sitzung
I.) den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Der Antrag der beklagten Partei, eine Berufungsverhandlung anzuberaumen, wird zurückgewiesen.
2. Die Urkundenvorlage (Beilagen ./19 und ./20) wird zurückgewiesen.
II.) zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.456,56 (darin EUR 242,76 an USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreterin zu ersetzen.
Die Revision ist zulässig.
Text
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Der Kläger ersteigerte über die Internetplattform der Beklagten (http://www.e **********.at/) am 13.09.2007 und am 16.09.2007 von dem in Deutschland ansässigen M***** L***** (im Folgenden kurz: Verkäufer), dem Inhaber einer Handelsagentur mit der Firma „M*****-Agentur“, jeweils fünf Stück 100-Gramm-Goldbarren (insgesamt daher 1 kg Gold) um einen Versteigerungspreis von insgesamt EUR 16.161,57. Inkl Spesen von EUR 62,-- und Fahrtkosten von EUR 240,-- im Zusammenhang mit Versuchen, das Gold auf direktem Weg zu erlangen, wandte er den eingeklagten Betrag auf. Die Ware wurde nie geliefert. Mit Beschluss des Amtsgerichts Ravensburg vom 07.11.2007 wurde über das Vermögen des Verkäufers das Insolvenzverfahren eröffnet. Sowohl der Kläger als auch der Verkäufer haben mit der Beklagten Verträge zur Nutzung der deutschsprachigen e*****-Websites abgeschlossen.
Diesen Nutzungsverträgen liegen (auszugsweise) folgende AGB zu Grunde:
„Dies sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ... für die Nutzung der Websites e*****.de, e*****.at ... sowie aller zu diesen Domains gehörenden Subdomains (im Folgenden insgesamt: „e*****-Website“).
Vertragspartner aller Mitglieder mit Wohnsitz oder Sitz in der EU ist die e***** S.à.r.l. ...
Die Nutzung der e*****-Website wird darüber hinaus geregelt durch die e*****-Grundsätze:
Folgende e*****-Grundsätze sind von besonderer Bedeutung:
...
Grundsätze für das Anbieten von Artikeln
...
Grundsatz für Bewertungen und Grundsatz für die Entfernung von Bewertungen
...
§ 1 Leistungsbeschreibung
1. Die e*****-Website ist ein Marktplatz, auf dem von den natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften, die ein Mitgliedskonto angemeldet haben (nachfolgend „Mitglied“), Waren und Dienstleistungen aller Art (nachfolgend „Artikel“) angeboten, vertrieben und erworben werden können, sofern deren Angebot, Vertrieb oder Erwerb nicht gegen gesetzliche Vorschriften, diese AGB oder die e*****-Grundsätze verstößt. e***** bietet selbst keine Artikel an, gibt keine Gebote ab und nimmt Gebote und Annahmen nicht entgegen. e***** wird selbst nicht Vertragspartner der ausschließlich zwischen den Mitgliedern dieses Marktplatzes geschlossenen Verträge. Auch die Erfüllung dieser über die e*****-Website geschlossenen Verträge erfolgt ausschließlich zwischen den Mitgliedern.
...
8. Auf der e*****-Website veröffentlichte Angebote und Inhalte von Mitgliedern werden grundsätzlich nicht von e***** auf ihre Rechtmäßigkeit, Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft.
...
§ 4 Sanktionen, Sperrung und Kündigung:
1. e***** kann folgende Maßnahmen ergreifen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Mitglied gesetzliche Vorschriften, Rechte Dritter, die e*****-AGB oder die e*****-Grundsätze verletzt oder wenn e***** ein sonstiges berechtigtes Interesse hat, insbesondere zum Schutz der Mitglieder vor betrügerischen Aktivitäten:
- Löschen von Angeboten oder sonstigen Inhalten
- Verwarnung von Mitgliedern
- Be-/Einschränkung der Nutzung des e*****-Marktplatzes
- Aberkennung des PowerSeller-Status
- Vorläufige Sperrung
- Endgültige Sperrung
Bei der Wahl einer Maßnahme berücksichtigt e***** die berechtigten Interessen des betroffenen Mitglieds, insbesondere ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Mitglied den Verstoß nicht verschuldet hat.
2. e***** kann ein Mitglied endgültig von der Nutzung der e*****-Website ausschließen (endgültige Sperre), wenn es
- im Bewertungssystem gemäß § 6 wiederholt negative Bewertungen erhalten hat und die Sperrung zur Wahrung der Interessen der anderen Marktteilnehmer geboten ist.
...
- andere e*****-Mitglieder oder e***** in erheblichem Maße schädigt, insbesondere Leistungen von e***** missbraucht.
- ein anderer wichtiger Grund vorliegt
...
§ 6 Bewertungssystem und Vertrauenssymbole
...
5. Die von e***** vergebenen Symbole wie das PowerSeller-Symbol oder das Symbol Geprüftes Mitglied dienen ausschließlich dazu, den Handel auf der e*****-Website zu erleichtern. Sie dürfen nur für diese Zwecke verwendet werden.
...
§ 9 Angebotsformate und allgemeine Regeln
...
3. Anbieter müssen die e*****-Grundsätze für das Anbieten von Artikeln beachten. Sie müssen ihre Angebote in die passende Kategorie einstellen und ihre Angebote mit Worten und Bildern richtig und vollständig beschreiben. Hierbei müssen alle für die Kaufentscheidung wesentlichen Eigenschaften und Merkmale sowie Fehler, die den Wert der angebotenen Ware mindern, wahrheitsgemäß angegeben werden. Zudem muss über die Einzelheiten der Zahlung und Lieferung vollständig informiert werden.
4. Anbieter müssen in der Lage sein, die angebotenen Waren dem Käufer unverzüglich nach Vertragsschluss zu übereignen. Ausnahmen von dieser Verpflichtung finden Sie im Grundsatz für Lieferzeiten.
...
§ 19 Haftungsbeschränkung
...
2. Gegenüber Verbrauchern haftet e***** nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Im Falle der Verletzung wesentlicher Vertragspflichten, des Schuldnerverzugs oder der von e***** zu vertretenden Unmöglichkeit der Leistungserbringung haftet e***** jedoch für jedes schuldhafte Verhalten ihrer Mitarbeiter und Erfüllungsgehilfen.
...
§ 20 Schriftform, anwendbares Recht und Gerichtsstand
...
3. Hat das Mitglied seinen Wohnsitz oder Sitz in Österreich, unterliegt der Nutzungsvertrag einschließlich dieser AGB dem materiellen Recht Österreichs unter Ausschluss des UN-Kaufrechts. ...“
Der Verkäufer hatte bei der Beklagten zum Zeitpunkt der Versteigerung den Status eines sogenannten „Platin-Powersellers“. Dem Powerseller-Programm der Beklagten lagen folgende Geschäftsbedingungen der Beklagten zu Grunde:
„Regelungen und Bedingungen
1. Gegenstand des e***** PowerSeller-Programms
Das deutschsprachige e***** PowerSeller-Programm dient dazu, besonders aktiven und vorbildlichen Verkäufern das Handeln über e***** zu erleichtern. e***** bietet es auf freiwilliger Basis und jederzeit widerruflich an. Ein Anspruch auf Nutzung des Programms besteht nicht. ...
2. Voraussetzungen zur Nutzung
Um die Möglichkeiten des e***** PowerSeller-Programms nutzen zu können, müssen Sie:
2.1 Bewertungen von mindestens 100 verschiedenen Handelspartnern aufweisen. Ihre Bewertungen müssen ständig zu mindestens 98 Prozent aus positiven Bewertungen bestehen. ...
2.2 in den letzten drei Monaten pro Monat durchschnittlich ein gewisses Mindesthandelsvolumen erzielt haben oder eine bestimmte Mindestanzahl von Artikeln verkauft haben (für „Platin“ 150.000 Euro oder 5.000 verkaufte Artikel ...). Wenn Sie sich durch Ihr Mindesthandelsvolumen qualifizieren, müssen sie zudem in den letzten drei Monaten durchschnittlich mindestens 4 Artikel verkauft haben. ...
2.6 die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung und die e*****-Grundsätze einhalten.
...
6. Laufzeit dieser Vereinbarung
6.2. Die Erfüllung der unter § 2 genannten Kriterien wird von e***** monatlich geprüft. ...
6.3. Bei Zuwiderhandlung gegen eine Regelung des PowerSeller-Programms, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung oder die e*****-Grundsätze behält sich e***** das Recht vor, das e*****-Mitglied ohne weitere Verwarnung oder Mahnung aus dem PowerSeller-Programm auszuschließen. ...“
Auf der Website der Beklagten finden sich zu den sog „e*****-Grundsätzen“ ua unter der Rubrik „Grundsatz zu Lieferzeiten in Kauf – und Werklieferungsverträgen“ folgende Hinweise:
„Wer als Verkäufer Waren auf dem e*****-Marktplatz anbietet, muss in der Lage sein, die angebotenen Waren dem Käufer unverzüglich nach Vertragsschluss zu übereignen. ...
Die Entscheidung, ob Angebote mit diesem Grundsatz im Einklang stehen, liegt allein bei e*****. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz kann eine oder mehrere der folgenden Konsequenzen nach sich ziehen:
- Löschung von aktiven Angeboten und Suchanzeigen
- Einbehalt von e*****-Gebühren für gelöschte Angebote
- Einschränkung der Nutzung des e*****-Marktplatzes (zB Kaufen, Bieten oder Verkaufen ist nicht mehr möglich)
- vorläufiger oder endgültiger Ausschluss vom e*****-Marktplatz
- Verlust des PowerSeller-Status
Von diesem Grundsatz darf nur in den folgenden Ausnahmefällen abgewichen werden:
1. Vorabverkauf von Büchern, Musik, Filmen, DVDs, PC- und & Videospielen und Münzen (Vorbestellungen)
Der Vorabverkauf von ... Münzen vor dem offiziellen Erscheinungstermin ist allgemein üblich und soll auch auf dem e*****-Marktplatz möglich sein.
...
Erläuterungen zu diesem Grundsatz:
Der Grundsatz zu Lieferzeiten bei Kauf- und Werklieferungsverträgen soll sicherstellen, dass der Käufer nach Bezahlung der Ware das e*****-Bewertungssystem, den Käuferschutz und andere Schutzmechanismen nutzen kann. Verkäufer müssen unverzüglich liefern, damit Käufer vor Risiken geschützt werden. ...“
Auf der Website der Beklagten finden sich unter der Rubrik „besondere Leistungen für PowerSeller“ folgende Information:
„Die Mitgliedschaft im PowerSeller-Programm ist kostenlos. Als PowerSeller profitieren Sie von den folgenden besonderen Leistungen:
Verkaufsförderung
Bei PowerSellern erscheint das PowerSeller-Symbol (Anm: An dieser Stelle sieht man im Original das Symbol) automatisch hinter dem Mitgliedsnamen. Zusätzlich können Sie das PowerSeller-Logo in Ihrer Artikelbeschreibung, auf der „Mich“-Seite (Anm: Ein von der Beklagten zur Verfügung gestellter Internetraum für die Selbstdarstellung des Verkäufers), auf Ihren Shop-Seiten und auf Ihrer eigenen Homepage nutzen. Das PowerSeller-Logo schafft Vertrauen bei Käufern und kann so Ihre Verkaufschancen erhöhen.“
Der Verkäufer wurde am 26.01.2010 vom Amtsgericht Wangen zu 3 Ls 12 Js 23818/07 – AK 412/08 wegen Betrugs in 113 Fällen (im Zeitraum 05.09.2006 bis 14.10.2007) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Verkäufer über die Internetplattform der Beklagten, aber auch auf telefonische Anfragen einzelner Kunden Gold und andere Edelmetalle gegen Vorauskasse verkaufte, wobei er in den seltensten Fällen die verkauften Münzen oder Goldbarren bereits in seinem Eigentum hatte. Aufgrund der steigenden Goldpreise konnte der Verkäufer die Kaufverträge (darunter auch die beiden gegenständlichen) nicht erfüllen.
Der Kläger begehrt die Rückzahlung des Kaufpreises samt Versandspesen und Unkosten. Er brachte im Wesentlichen vor, dass die Beklagte regelmäßige Warnungen, insb über AGB-widrige Lieferzeitverstöße des Verkäufers und die damit zusammenhängende Gefahren sowie falsche Angaben in den Angeboten des Verkäufers ungeahndet gelassen und dem Verkäufer wegen dieser Verstöße insb den Status als Platin-Powerseller nicht aberkannt bzw vom Marktplatz ausgeschlossen hätte, obwohl dieser Status höchste Vertrauenswürdigkeit suggeriert hätte. Wäre der Verkäufer nicht mit einem dermaßen hohen Vertrauensstatus ausgestattet gewesen, hätte der Kläger das Gold nicht bei ihm gekauft.
Die Beklagte hafte ihm daher wegen grob fahrlässiger Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten aus dem zwischen den Streitteilen abgeschlossen Nutzungsvertrag sowie aus dem Nutzungsvertrag der Beklagten mit dem Verkäufer, der als Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter anzusehen sei. Aufgrund der Überschuldung der Masse sei mit einer Befriedigung des Klägers aus dem Insolvenzverfahren bezüglich des Verkäufers nicht zu rechnen.
Dem Kläger sei kein Mitverschulden vorzuwerfen, zumal hier auch keine anderen Zahlungsmodalitäten (Treuhandabwicklung, PayPal) zur Verfügung gestanden seien. Er sei zur einer umfassenden Recherche über den Verkäufer in Internetforen nicht verpflichtet gewesen.
Die Beklagte wandte ein, dass der Verkäufer hervorragende Bewertungen gehabt und der Powerseller-Status zu Recht bestanden hätte. Die Beklagte treffe als bloße Plattformbetreiberin keine Verpflichtung, insb nicht nach den §§ 16 und 18 ECG, jedes Artikelangebot im Einzelfall zu überprüfen. Im Zeitpunkt des Goldkaufs hätte es keine Hinweise gegeben, dass der Verkäufer nicht habe liefern können. Er habe die Anfrage zu den Lieferzeitverzögerungen plausibel erklären können. Die Beklagte habe den Verkäufer seit Jänner sehr genau überprüft und überwacht. Sie habe diese Maßnahmen nach verstärkten Beschwerden im Spätsommer 2007 intensiviert. Der Verkäufer habe der Beklagten einen Goldvorrat nachweisen können. Die Beklagte wisse nicht, wie viel Gold tatsächlich da gewesen sei. Beide Streitteile hätten zum Zeitpunkt der Transaktion davon ausgehen können, dass der Verkäufer vertrauenswürdig sei. Es habe kaum negative Bewertungen gegeben. Es läge hier ein bedauerlicher (Insolvenz-)Einzelfall vor, der auch außerhalb des Internets nicht ausgeschlossen werden könne. Die Beklagte habe trotz Nichtbestehens einer Prüfpflicht umfangreiche Maßnahmen zum Schutz der User ergriffen.
Der Kläger hätte bei entsprechender Überprüfung auch auf die negativen Bewertungen über den Verkäufer stoßen müssen. Es sei unverständlich, warum der Kläger nicht das Treuhandservice bzw eine Zahlung über PayPal in Anspruch genommen habe. Es liege bewusste Gefahreinlassung vor.
Die von der Beklagten erhobenen Einrede der örtlichen Unzuständigkeit wurde vom Erstgericht (rechtskräftig) verworfen.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht der Klage zur Gänze statt. Es traf dabei die den Seiten 5 bis 16 der Urteilsausfertigung zu entnehmenden Feststellungen und schloss dem Urteil als Teil der Feststellungen die Angebote des Verkäufers samt den Versteigerungsergebnissen über den Goldkauf des Klägers an. Die inhaltlich unstrittigen Geschäftsbedingungen, Grundsätze und sonstigen Online-Informationen wurden eingangs zusammengefasst dargestellt. Zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage wurde unter Verwendung des unstrittigen Urkundeninhalts ./A und ./T die Darstellung über die AGB in einigen Punkten ergänzt und der Inhalt der strafgerichtlichen Verurteilung des Verkäufers zusammengefasst referiert. Der Entscheidung des Berufungsgerichts konnten dabei die unstrittigen Urkunden ohne amtswegige Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung zugrunde gelegt werden (vgl RIS-Justiz RS0121557).
Die sonstigen erstgerichtlichen Feststellungen werden wie folgt zusammengefasst:
Platin-Powerseller erhalten ein besonderes Kundenservice per E-Mail, per Telefon und im Rahmen eines persönlichen Kundenbetreuers. Der Verkäufer war 2007 mit einem Monatsumsatz von über EUR 400.000,-- einer der 20 bis 25 größten Verkäufer bei e*****-Deutschland. In seinen Verkaufsangeboten wies der Verkäufer im von der Beklagten zur Verfügung gestellten Internetraum für die Selbstdarstellung („Mich“-Seite) hin, dass er e***** Platin-Powerseller mit eigenem Firmensitz sei, seit drei Jahren mit Edelmetallen handle, PayPal- und e*****-verifiziert sei „dh dass alle Artikel, die angeboten werden auch in unserem Besitz sind“.
Auf ihrer Website verweist die Beklagte unter der Rubrik „Vertrauensvoll handeln: Übersicht“ auf Möglichkeiten für Käufer, Verkäufer besser einschätzen zu können, insb auf Käuferbewertungen, auf die „Mich“-Seite des Verkäufers, auf dessen e*****-Shops, auf andere Auktionen des Verkäufers sowie auf die Möglichkeit, dem Verkäufer eine Frage zu stellen. Die User werden darauf aufmerksam gemacht, die e*****-Zertifizierungen „geprüfte Mitglieder“ und „PowerSeller“ für vertrauenswürdige Verkäufer zu beachten. Die Beklagte fordert in ihrer Homepage auf, Verstöße gegen die e*****-Grundsätze zu melden. Sie wies darauf hin, dass die Experten der Beklagten geeignete Maßnahmen treffen (zB Löschen der fraglichen Angebote, Verwarnung von e*****-Mitgliedern, Einschränkung der Nutzung des Marktplatzes und bestimmter Funktionen und zeitweiser oder endgültiger Ausschluss vom e*****-Marktplatz), wenn ein Verstoß gegen e*****-Grundsätze vorliegt.
Wegen des Powerseller-Status des Verkäufers als geprüftes Mitglied sowie der Versicherung, dass dieser PayPal- und e*****-verifiziert sei und sich die Ware in seinem Besitz befinde und weil er der Beklagten generell vertraute, entschied sich der Kläger für den Erwerb über die Plattform der Beklagten. Dies trotz vereinzelt negativer Bewertungen über länger dauernde Lieferzeiten des Verkäufers. Von einem Nicht-e*****-Händler hätte er nicht gegen Vorauskasse gekauft. Der Kläger ging davon aus, dass die Artikelbeschreibung nicht nur richtig, sondern auch von der Beklagten überprüft worden sei, weil der Verkäufer ein e*****-verifizierter Händler war. Das Erstgericht konnte nicht feststellen ob der Kläger auch von einem Nicht-PowerSeller ersteigert hätte. Ohne die von der Beklagten allgemein und vom Verkäufer in seinen Artikeln speziell transportierten Informationen und die dadurch suggerierte Vertrauenswürdigkeit des Verkäufers hätte der Kläger bei den beiden Auktionen vom 13.09.2007 und 16.09.2007 nicht mitgesteigert. Er hätte nicht mitgeboten, wenn er gewusst hätte, dass der Verkäufer das Gold nicht besaß.
Die Klassifikation „e*****-verifiziert“ bedeutet, dass die Beklagte persönliche Daten eines Verkäufers identifiziert hat; dies umfasst keine Liquiditätsprüfung. „PayPal-verifiziert“ ist ein Verkäufer, wenn er sich bei PayPal – einem Unternehmen, das Zahlungen abwickelt – angemeldet und dieses seine persönliche Daten überprüft hat. Die Beklagte bietet grundsätzlich ein sogenanntes Treuhandservice und eine Zahlung über PayPal an; diese Möglichkeiten standen allerdings bei den Goldgeschäften des Klägers mit dem Verkäufer nicht zur Verfügung. Vor dem Kauf überprüfte der Kläger über das deutsche Finanzamt die UID-Nummer des Verkäufers. Von einer namentlich nicht bekannten Gesprächspartnerin auf Seiten des Verkäufers wurde ihm telefonisch versichert, dass das angebotene Gold auf Vorrat liege.
Bei der Beklagten bewerten sich nach einer Transaktion Käufer und Verkäufer gegenseitig. Bewertungen können rückgängig gemacht werden, insb wenn sich Händler und Käufer einig sind. Der Großteil der Bewertungen über den Verkäufer (99%) war uneingeschränkt positiv; einige Bewertungskommentare zu einer Bewertung vom 27.08.2007 wurden von der Beklagten entfernt. Im September 2007 (bis zum 15.09.2007) gab es einige Bewertungen, in denen die langen Lieferfristen releviert wurden.
Die Beklagte hatte intensiven Kontakt zum deutschen Verbraucherschützer B***** M*****, dem sie aufgrund seines Engagements im Bereich des Verbraucherschutzes 2003 einen für ihn geschaffenen Preis, den sogenannten Community-Award verlieh. Dieser Verbraucherschützer veröffentlichte zwischen 2002 und 2007 im Online-Sicherheitsforum der Beklagten, das allerdings von weniger als 1 % der Nutzer der Plattform abgerufen wird, 50 größere Diskussionsbeiträge zu Risikohändlern, wobei alle der von ihm erwähnten Fälle später zu Schadensfällen wurden. Dieses Forum wird von einer speziellen Gruppe bei der Beklagten betreut und besteht aus vier Personen, die für Österreich, Deutschland und die Schweiz zuständig sind.
B***** M***** besitzt eine Software, mit der es möglich ist, Auffälligkeiten bei den e*****-Händlern aufzuzeigen; etwa besonders lange Lieferzeiten oder besonders hohe Umsätze. B***** M***** stand im regelmäßigen Kontakt mit der Beklagten, wobei es ihm – im Gegensatz zu gewöhnlichen Kunden – ermöglicht wurde, eine besondere E-Mail-Adresse und auch Telefonkontakt zu nutzen.
B***** M***** wies ab Jänner 2007 bis unmittelbar vor den gegenständlichen Goldkäufen (also über Monate) gegenüber der Beklagten in E-Mails, Telefonaten sowie in deren Online-Sicherheitsforum bzw auf seiner eigenen (regelmäßig von der Beklagten gelesenen) Internetseite www.falle-internet.de im Zusammenhang mit Goldauktionen auf die langen Lieferzeiten und das damit verbundenen Schadensrisiko bzw auf Verstöße gegen die e*****-AGB hin. Der Verbraucherschützer bezog sich dabei mehrmals ausdrücklich auf den Verkäufer und wies auch konkrete Verstöße nach, wobei er seine Spezialsoftware über die Daten des Verkäufers laufen ließ. Er wies darauf hin, dass die langen Lieferzeiten (beim Verkäufer: vier bis sechs Wochen, manchmal auch länger) darauf zurückzuführen seien, dass die verkaufte Ware erst beschafft werden müsste. Er erklärte auch, dass man von der oberflächlich schönen Bewertungsbilanz das positive Feedback für geringpreisige Artikel herausrechnen müsse. Damit meinte er, dass zahlreiche Verkäufer zahllose billige Artikel verkaufen würden, die schnell geliefert würden und zu vielen positiven Bewertungen führten. Durch die vielen positiven Bewertungen bei den billigen Waren würden die wenig negativen Bewertungen bei den teuren Artikeln nicht auffallen.
Der Verkäufer wurde von M***** am 11.07.2007 dezidiert als Problemfall bezeichnet; ein entsprechendes Posting wurde von den Mitarbeitern der Beklagten gelesen. Auch in einem Telefonat am 17.07.2007 nannte M***** den Verkäufer im Zusammenhang mit Problemen im Goldhandel. In einem seiner Beiträge auf seiner Website widmete sich M***** am 22.07.2007 speziell dem Verkäufer und warf der Beklagten vor, dass sie die hohen Verkaufsprovisionen vor den Mitgliederschutz stelle. Die Beklagte erhält bei den Verkäufen über ihre Plattform nämlich umsatzabhängige Provisionen. Schließlich sprach M***** am 13.09.2007 im Sicherheitsforum der Beklagten von „riskikoreichen Sonderrechten“ des Verkäufers, kritisierte erneut die langen Lieferzeiten des Verkäufers sowie dessen falsche Angaben in den Angeboten und den Umstand, dass die Beklagte daran keinen Anstoß nehme.
Auch der Vorstand im Berufsverband des deutschen Münzenfachhandels R***** S***** machte im August und September 2007 den Kundenservice der Beklagten mehrmals auf den in seinen Augen betrügerisch agierenden Verkäufer aufmerksam und warnte vor Schäden für Kunden. Anfang September 2007 schrieb R***** S***** ein Mail an den Powerseller-Kundenservice der Beklagten, in dem er anzeigte, dass der Verkäufer teure Goldartikel nicht oder erst nach Strafanzeige oder negativer Bewertung nach Monaten liefere. Eine Kundenbetreuerin sagte ihm in einem E-Mail vom 06.09.2007 zu, „alle Aktivitäten genauestens (zu) überprüfen“.
Die Beklagte überprüfte den Verkäufer (vor dem Abschluss der klägerischen Goldgeschäfte) trotz aller Warnhinweise nicht, obwohl ihr das hohe Risiko für Käufer bewusst war, die vom Verkäufer mit langen Lieferzeiten kaufen. Sie sah sich also insb keine konkreten Angebote an, hinterfragte die langen Lieferzeiten nicht, überprüfte die Vereinbarkeit von Angeboten mit den eigenen Geschäftsgrundlagen nicht und zog keine entsprechenden Konsequenzen wie den Entzug des Powerseller-Status oder das Löschen von Angeboten. Hätte die Beklagte den Verkäufer kritisch geprüft und insb Unterlagen über den tatsächlichen Besitz der angebotenen Ware verlangt, hätte sie bemerkt, dass der Verkäufer solche Unterlagen nicht hätte vorlegen können und dementsprechend erkannt, dass er teure Goldware erst nachträglich und schließlich gar nicht mehr erwerben konnte. Erst Ende September 2007 reagierte die Beklagte auf Hinweise auf eine drohende Insolvenz des Verkäufers damit, dass sie diesen zunächst einer Limitierung unterwarf und schließlich – nach einigen Wochen – als Verkäufer sperrte.
Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob die Beklagte eine Hilfsseite zur Verfügung stellte, auf der sie das Risiko einer Abwicklung ohne Treuhandservice erklärte. Die Beklagte wies aber pauschal darauf hin, dass sich Käufer und Verkäufer mit dem Treuhandservice vor dem Risiko einseitiger Vorleistungen schützen. Die Beklagte gab auch bekannt, dass PayPal-Nutzer automatisch bis zu einer Summe von EUR 500,-- abgesichert seien.
In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht davon aus, dass die Beklagte aus dem Nutzungsvertrag aufgrund der vielen Warnungen verpflichtet gewesen wäre, den Verkäufer sorgfältig zu überprüfen. Aufgrund der Verstöße des Verkäufers gegen die e*****-Grundsätze und gegen die Powerseller-Bestimmungen hätte die Beklagte die entsprechenden Sanktionen verhängen müssen. Insb hätte sie ihm den Powerseller-Status aberkennen und dazu zwingen müssen, die unwahren Angaben zu entfernen. Außerdem wäre sie verpflichtet gewesen, die Verfügbarkeit der Ware aufgrund der eminenten Lieferverzögerungen sorgfältig und nachhaltig zu überprüfen, um sicherzustellen, dass die Ware tatsächlich geliefert werden könne. Es sei erstaunlich, dass die Beklagte die Nutzer vehement dazu auffordere, Verstöße gegen e*****-Grundsätze zu melden und versprach, gegen solche umgehend vorzugehen, während sie über Monate hinweg die sich wiederholenden Warnungen insb von B***** M***** aber auch von R***** S***** hartnäckig ignorierte und dadurch die Kunden des Verkäufers „förmlich ins offene Messer laufen ließ“.
Die Beklagte hafte daher aufgrund einer an bedingten Vorsatz grenzenden grob fahrlässigen Verletzung von vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten aus ihrem Nutzungsvertrag mit dem Kläger und aus dem mit dem Verkäufer abgeschlossenen Nutzungsvertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter für den eingetretenen Schaden. §§ 16 bzw 18 ECG seien nicht anwendbar; allerdings würde selbst eine Anwendung dieser Normen zur Haftung der Beklagten führen.
Den Kläger treffe kein ins Gewicht fallendes Mitverschulden. Es gebe keine Obliegenheit, das Sicherheitsforum der Beklagten auf allfällige Warnhinweise zu durchforsten oder gar die Website von B***** M***** zu lesen. Der Kläger hätte trotz der zum Teil negativen Bewertungen davon ausgehen können, dass die Käufer ihre Ware letztendlich doch bekommen oder das Geld zurückhalten hatten, weil bedenkliche Bewertungen im Einvernehmen zurückgezogen worden wären. Auch die Tatsache, dass das Gold billiger als bei Banken war, musste einem Nichtexperten wie dem Kläger nicht verdächtig erscheinen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund von Aktenwidrigkeit und unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung einschließlich sekundärer Verfahrensmängel. Die Beklagte beantragt, das Urteil im abweisenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Gleichzeitig beantragt die Beklagte die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung.
Der Kläger beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Ein Antragsrecht der Parteien auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung besteht seit Aufhebung von § 492 ZPO durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I 2009/52 nicht mehr. Eine mündliche Berufungsverhandlung ist seit Inkrafttreten der Novelle nur noch anzuberaumen, wenn der Berufungssenat dies im einzelnen Fall für erforderlich hält (§ 480 Abs 1 ZPO).
Der Antrag der Beklagten auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung war daher mangels Rechtsgrundlage zurückzuweisen. Das Berufungsgericht hält die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich und entscheidet über die Berufung daher in nichtöffentlicher Sitzung.
Die Vorlage der Beilagen ./19 und ./20 in der Berufung verstößt gegen das im Berufungsverfahren geltende Neuerungsverbot, sodass die Urkundenvorlage zurückzuweisen war.
Zur behaupteten Mangelhaftigkeit:
Im Zentrum der Mängelrüge steht der Vorwurf, das Erstgericht hätte aufgrund einer vorgefassten Rechtsmeinung bzw inneren Ablehnung gegenüber der Beklagten das Verfahren einseitig geführt. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass mit der Berufung auch ein Ablehnungsantrag verbunden war, in dem die Beklagte die Formulierungen im angefochtenen Urteil als Grund der Befangenheit ansah. Diesen Antrag wies der Befangenheitssenat des Landesgerichts St. Pölten zu 10 Nc 21/10i (ON 29) rechtskräftig zurück. Eine neuerliche Prüfung der Befangenheit im Rahmen der Mängelrüge mit Blick auf die angeblich einseitige Verhandlungsführung im Rahmen der Zeugenvernehmungen geht schon aufgrund § 21 Abs 2 JN ins Leere, weil die Beklagte sich auch nach Vernehmung der Zeugen M***** bzw K***** in die Verhandlung weiter eingelassen bzw Anträge gestellt hat. Die unter Punkt A auf Seiten 9 ff der Berufung erhobenen Vorwürfe könnten nur dann eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründen, wenn relevante Verstöße gegen das Verfahrensrecht vorlägen.
Solche kann die Berufung allerdings nicht aufzeigen. Die ZPO gibt nicht vor, ob zunächst mit der Parteien- oder Zeugenvernehmung zu beginnen ist. Es ist deshalb nicht ansatzweise zu beanstanden, dass das Gericht zunächst die Zeugen, den Kläger hingegen erst im Anschluss daran vernommen hat. Es ist hier nicht zu prüfen, ob eine derartige Vorgangsweise „unüblich“ ist, sondern ausschließlich ob sie gegen die ZPO verstößt, was zu verneinen ist.
Auch in der kritisierten Befragung des Zeugen M***** bzw der Zeugin K***** liegt kein Verfahrensmangel. Aus den Ausführungen in der Berufung ergibt sich nicht, worin hier eine Mangelhaftigkeit liegen soll. Insb ist nicht erkennbar, inwieweit eine erschöpfende Behandlung der Rechtssache durch die geschilderte Befragung der Zeugen gehindert wurde. Mit ihren bloß allgemein gehaltenen und lapidaren Vorwürfen, das Erstgericht hätte die Zeugen einerseits zu detailliert (Zeuge M*****) bzw andererseits nur sehr beschränkt (Zeugin K*****) befragt, kann die Berufung nicht aufzeigen, welches konkrete Beweisthema bzw welcher Tatsachenkomplex durch die Art der Befragung nicht erschöpfend erfasst wurde. Aus den Ausführungen ist nicht ansatzweise ableitbar, dass die Parteienvertreter in ihrem Fragerecht eingeschränkt waren.
Unklar bleibt auch der Vorwurf der mangelnden „Anleitungspflicht“ gegenüber der Zeugin K*****, zumal die ZPO eine Anleitungspflicht nur gegenüber den Parteien festlegt. Ein Verfahrensmangel liegt hier nicht vor.
Insoweit die Beklagte kritisiert, dass die Parteien- bzw Zeugenvernehmung in Anwesenheit der beiden Zeugen durchgeführt wurde, scheitert die Verfahrensrüge schon daran, dass es sich hier um einen rügepflichtigen Mangel handelt, eine Rüge iSd § 196 ZPO aber unterlassen wurde. Zudem zeigt die Beklagte nicht auf, inwieweit der behauptete Mangel überhaupt geeignet war, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu verhindern.
Auch der Vorwurf der Aktenwidrigkeit kann nicht überzeugen. Das Erstgericht konnte auf Seite 16 der Urteilsausfertigung nicht feststellen, ob die Beklagte eine Hilfsseite zur Verfügung stellte, auf der sie die Risiken einer Abwicklung ohne Treuhandservice erklärte. Gleichzeitig verwies das Erstgericht jedoch auf die pauschale Information der Beklagten, wonach sich Käufer und Verkäufer mit dem Treuhandservice vor dem Risiko einseitiger Vorleistungen schützen können. In der Beweiswürdigung erklärte das Erstgericht seine negative Feststellung mit dem Hinweis, dass keine entsprechenden Beweismittel vorgelegt worden seien. Dies wird von der Beklagten als aktenwidrig releviert.
Die Beklagte verweist auf die Beilagen ./D und ./E bzw ./13 und ./14. Aus diesen Beilagen geht jedoch nicht hervor, dass die Beklagte - über den vom Erstgericht ohnedies festgestellten pauschalen Hinweis hinaus – die Risiken einer Abwicklung ohne Treuhandservice erklärt hat. Das gleiche trifft auch auf die Beilagen ./J und ./10 zu. In der Beilage ./10 ist nur pauschal davon die Rede, dass sich Käufer und Verkäufer mit dem Treuhandservice vor dem Risiko einseitiger Vorleistungen („der Überweisung des Kaufpreises oder dem Versand der Ware“) schützen können. Worin dieses Risiko nun konkret bestehen soll, wird allerdings nicht erklärt.
In dem als aktenwidrig kritisierten Satz des Urteils ist nicht davon die Rede, dass es keine entsprechenden Beweismittel zum Treuhandservice gab. Vielmehr vermisste das Erstgericht Beweismittel über die Erklärung der Risiken einer Abwicklung ohne Treuhandservice.
Die Beklagte behauptet, es hätte unzählige Hinweise auf das Treuhandservice und andere Sicherheitsangaben gegeben. Der Kläger hätte sich bewusst entschieden, sämtliche Schutzmöglichkeiten ungenützt zu lassen. Der Berufung ist hier entgegenzuhalten, dass dem Kläger nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen für die Goldgeschäfte mit dem Verkäufer weder das Treuhand- noch das PayPal-Service zur Verfügung standen, sodass die gewünschte Ersatzfeststellung ohnedies irrelevant ist. Die Beklagte kann der referierten Negativfeststellung somit keine Aktenwidrigkeit entgegenhalten, weshalb dieser Berufungsgrund nicht erfüllt ist.
Den Seiten 14 bis 26 der weitwendigen Beweisrüge ist nicht zu entnehmen, welche konkreten Feststellungen die Beklagte damit bekämpft. Ohne Bezugnahme auf konkrete Feststellungen kritisiert die Beklagte die angeblich tendenziösen Ausführungen des Klägers und des Zeugen M***** sowie eine tendenziös einseitige Beweiswürdigung. Dem wird die angeblich wahrheitsgemäße Aussage der Zeugin K***** gegenübergestellt. Allerdings hat eine Beweiswürdigung per se keinen Wert, weshalb es daher auch keinen Sinn macht, diese um ihrer selbst zu bekämpfen. Die Beweiswürdigung als solche führt nämlich unmittelbar noch zu keiner Belastung des Berufungsbewerbers. Erst das aufgrund einer allenfalls falschen Beweiswürdigung gewonnene Tatsachensubstrat und in der Folge dessen rechtliche Beurteilung belasten den Berufungswerber (vgl Pochmarski/Lichtenberg, Berufung in der ZPO² 121). Ohne Bezugnahme auf konkrete Feststellungen gehen daher die Ausführungen über „tendenziöse“ oder „wahrheitsgemäße“ Aussagen bzw über eine „tendenziöse, einseitige Beweiswürdigung“ ins Leere. Es ist deshalb nur auf die „konkreten Feststellungsrügen“ (vgl Seite 26 ff) näher einzugehen.
Die Beweisrüge ist an dieser Stelle allerdings nur insoweit zu behandeln, als damit auch konkrete Tatsachenfeststellungen bekämpft werden. Vermisst die Beklagte hingegen bestimmte Feststellungen, ist das nicht im Rahmen der Beweisrüge zu behandeln. Hat das Erstgericht aufgrund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung erforderliche Feststellungen nicht getroffen und notwendige Beweise nicht aufgenommen, liegt nämlich ein sogenannter rechtlicher Feststellungsmangel vor, der mit Rechtsrüge geltend zu machen ist (vgl Kodek in Rechberger³ § 496 ZPO Rz 4). Insoweit die Beklagte in der Beweisrüge auf den Seiten 27 bis 30 bzw 34 bis 36 „Ergänzungen“ begehrt, ist sie auf die Ausführungen zur Rechtsrüge zu verweisen.
Auf Seite 30 der Berufung bekämpft die Beklagte im Wesentlichen die Feststellung, dass sie den Verkäufer trotz zahlreicher Warnungen weder überprüft noch Sanktionen gegen ihn verhängt hätte. Dieser Feststellung hält sie „die anderslautenden, glaubwürdigen Aussagen der Zeugin K*****“ entgegen. Diese Ausführungen können keine erheblichen Bedenken gegen die umfassend begründete Beweiswürdigung erwecken.
Zutreffend wies das Erstgericht darauf hin, dass sowohl das Vorbringen der Beklagten als auch die Aussage der Zeugin K***** zu den angeblich durchgeführten Überprüfungen nur sehr vage geblieben sind. Die Beklagte brachte vor, sie könne keine Urkunden über den angeblichen Nachweis des Verkäufers über seine Goldvorräte vorlegen (vgl ON 23, Seite 3). Angesprochen zu den konkret durchgeführten Maßnahmen konnte die Beklagte nur knapp „Beschränkung der Ware, Näheres wisse die Zeugin K*****“ vorbringen (ON 23, Seite 15). Diese Zeugin musste allerdings selbst einräumen, dass sie die Unterlagen nicht persönlich gesehen hat (ON 23, Seite 19). Sie wusste auch nicht, ob zum Verkäufer im Jänner 2007 Kontakt aufgenommen wurde (ON 23, Seite 21). Auch konnte sie die konkrete Reaktion auf den Hinweis des Zeugen M***** (vgl Beilage ./I) nicht schildern („Wie das in dem konkreten Fall war, das weiß ich nicht“, ON 23, Seite 22). Bei der zitierten Beilage ./I handelt es sich um eine Warnung des Zeugen M***** betreffend den Verkäufer, worin er mit Blick auf die langen Lieferzeiten auf einen eindeutigen Verstoß gegen die AGB hinwies und dies auch beispielhaft belegte.
Schließlich gab die Zeugin K***** an, dass sie über die Vorkommnisse bis Juli 2007 „nichts sagen kann“ (vgl ON 23, Seite 23). Auch zu den Details einer angeblichen Überprüfung Ende Juli oder Anfang August 2007 konnte sie nichts sagen (vgl ON 23, Seite 25). Vage blieb sie auch hinsichtlich des vom Verkäufer angeblich erbrachten Nachweises über dessen Waren. Aus ihrer Aussage, wonach sich die Beklagte „schon anschaut, dass das einigermaßen aktuell“ ist, ergibt sich keine ernsthafte Überprüfung der Lieferfähigkeit des Verkäufers. Schließlich wusste die Zeugin K***** auch nicht, welche Limitierungen dem Verkäufer auferlegt wurden (vgl ON 23, Seite 26).
Insgesamt können die protokollierten Aussagen der Zeugin K***** daher weder den Eindruck decken, dass es sich um eine sonderlich gut informierte Zeugin handelte noch dass die Beklagte die eindringlichen Warnhinweise ernsthaft und umfassend beachtet hat. Die unter Punkt 2b) der Berufung ausgeführte Beweisrüge ist daher erfolglos.
Zur auf der Seite 36 der Berufung zu Punkt 2 c(iii) gerügten Feststellung wird auf die Ausführungen zur Aktenwidrigkeit verwiesen. Die bekämpfte Feststellung hat die Erklärung der Risiken einer Abwicklung ohne Treuhandservice zum Thema und nicht die Erklärung des Treuhandservices, das hier ohnedies nicht zur Verfügung stand. Dass das Erstgericht nicht feststellen konnte, die Beklagte hätte (über einen pauschalen Hinweis hinaus) die Risiken einer Abwicklung mit Vorauskasse nicht erklärt, ist deshalb nicht zu beanstanden.
Auf den Seiten 38 ff der Berufung bekämpft die Beklagte im Wesentlichen die Feststellung, der Kläger hätte das Gold über die Plattform der Beklagten wegen des Powerseller-Status des Verkäufers, der Versicherung, dass dieser PayPal- und e*****-verifiziert sei, aufgrund des Hinweises, dass sich die Ware in seinem Besitz befinde, und auch deshalb ersteigert, weil er der Beklagten generell vertraute. Weiters wird die Feststellung bekämpft, dass der Kläger von einem Nicht-e*****-Händler nur dann gekauft hätte, wenn er die Ware Zug um Zug gegen das Geld bekommen hätte.
Die Beklagte begehrt hier die Ersatzfeststellung, dass der Kläger in Wahrheit nur sein Glück versuchen wollte und es nicht kaufentscheidend gewesen sei, ob der Anbieter ein Treuhandservice oder eine Abwicklung über PayPal anbietet. Vielmehr hätte sich der Kläger für den Verkäufer aufgrund des unter dem Marktpreis liegenden Ausgangspreises der Auktionen entschieden und die Transaktion trotz seines konkreten Misstrauens gegenüber einem Kauf über die Plattform der Beklagten bzw gegenüber dem konkreten Verkäufer abgeschlossen.
Das Erstgericht konnte sich auf die Aussage des Klägers stützen, wonach der Powerseller-Status, der Hinweis auf die Verfügbarkeit der Ware und die diversen Zertifizierungen (bzw Verifizierungen) Teil seiner Kaufentscheidung waren. Dafür, dass dem Kläger die wahre Bedeutung von e*****-verifiziert bzw PayPal-verifiziert bewusst war, liegen nur Mutmaßungen der Beklagten, aber keine stichhaltigen Beweisergebnisse vor, sodass auch die unter Punkt 2c(i) begehrte Feststellung nicht zu treffen war.
Es ist nachvollziehbar, dass der Kläger mit e***** eine generelle Vertrauenswürdigkeit verband und mit Blick auf die Online-Informationen der Beklagten auch davon ausging, dass die Powerseller von der Beklagten regelmäßig (und ernsthaft) überwacht werden. Es erscheint auch glaubwürdig, dass der Kläger dazu bereit war, bei der Versteigerung auch einen höheren Preis zu zahlen. Die Ausführungen in der klägerischen Parteienaussage tragen daher die angefochtenen Feststellungen.
Die Beklagte vermag auch hier keine erheblichen Zweifel an der erstgerichtlichen Beweiswürdigung zu erwecken. Allein der Umstand, dass sich der Kläger unmittelbar beim Verkäufer über die Verfügbarkeit der Ware informiert hat, rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass er deshalb nicht auf die Angaben im Anbot vertraut hat oder dass die über die Plattform der Beklagten verbreiteten Informationen bzw die damit suggerierte Vertrauenswürdigkeit der Internetplattform nicht kausal waren. Die telefonische Nachfrage war eine nicht zu beanstandende Rückversicherung und Teil der Informationssammlung vor dem Abschluss des für den Kläger nicht unbedeutenden Kaufs. Ein Vertrauen auf die telefonische Information des Verkäufers schließt nicht aus, dass die über die Plattform verbreiteten Informationen und die von der Beklagten suggerierte Sicherheit für den Kaufentschluss kausal waren. Die Beweisrüge geht somit auch in diesem Umfang ins Leere.
Anknüpfend an die vom Erstgericht aufgrund einer unbedenklichen Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen geht auch die Rechtsrüge fehl. Zur teilweise im Rahmen der Beweisrüge bzw der Rechtsrüge auf den Seiten 62 ff ausgeführten Rüge der sekundären Verfahrensmängel ist folgendes festzuhalten:
Die auf den Seiten 27 bzw 63 f der Berufung vermissten Teile der AGB ergeben sich aus den unstrittigen Urkunden Beilage ./1 bzw ./A und konnten der Berufungsentscheidung (auch ohne Beweisergänzung) ohnedies zugrunde gelegt werden. Zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage hat das Berufungsgericht die vermissten Passagen der AGB oben dargelegt, sodass auf die sekundäre Verfahrensrüge in diesem Umfang nicht mehr einzugehen ist.
Der weiters (auf den Seiten 27 und 64 der Berufung) eingeforderte Hinweis „Der Verkäufer ist verantwortlich für das Angebot“ findet sich ohnedies in den dem Ersturteil angehefteten Beilagen, die Teil der Feststellungen sind, sodass die sekundäre Mangelhaftigkeit hier zu verneinen ist.
Die auf Seite 28 der Berufung vermissten Feststellungen über die (formalen) Voraussetzungen des Powerseller-Status (ausreichende positive Bewertungen) ergeben sich aus dem Urteil (vgl Seite 8 f) bzw sind ohnedies unstrittig. Unstrittig ist auch, dass der Verkäufer zum Zeitpunkt der Auktionen die notwendigen (formalen) Bewertungskriterien für den Status eines Platin-Powersellers erfüllte, sodass es dazu keiner weiteren Feststellung bedarf. Dass die Beklagte die notwendigen Bewertungskriterien als formale Voraussetzung für die Erlangung des Powerseller-Status erreicht hat und ob dem Käufer diese Kriterien insoweit bekannt waren, spielt jedoch für die geltend gemachte Haftung keine Rolle. Der Kläger stützte sich nicht darauf, dass die Beklagte dem Verkäufer den Powerseller-Status trotz fehlender positiver Bewertungen zu Unrecht verliehen hat, sondern auf das Ignorieren der Warnungen und der Hinweise über die Verstöße durch den Verkäufer und die damit zu Unrecht suggerierte anhaltende Vertrauenswürdigkeit des Verkäufers.
Ebenso unerheblich ist die auf Seite 29 der Berufung vermisste Feststellung über den Inhalt der Beilage ./IX. Darin ist davon die Rede, dass die Beklagte aus Datenschutzgründen keine Rückmeldungen über die getroffenen Maßnahmen geben könnte. Eine derartige Feststellung würde nach Ansicht der Beklagten die Aussage der Zeugin K***** über die getroffenen Maßnahmen bestätigen. Es ist jedoch nicht erkennbar, inwieweit diese Feststellung für die Beurteilung der geltend gemachten Haftung überhaupt relevant ist, zumal nach der Rsp (vgl Klauser/Kodek, ZPO16 E 33 zu § 496 ZPO mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0040246 und RS0043406) Hilfs- und Kontrollbeweise allenfalls für die Beweiswürdigung, nicht aber für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind. Im Rahmen der Beweiswürdigung (vgl oben) führt auch der Inhalt dieser Beilage nicht dazu, auf eine ernsthafte Überprüfung des Verkäufers durch die Beklagte vor dem Goldkauf des Klägers zu schließen.
Das Erstgericht hat alle notwendigen Feststellungen getroffen, die zur umfassenden rechtlichen Beurteilung erforderlich sind. Ein rechtlicher Feststellungsmangel liegt daher nicht vor.
Auch die eigentliche Rechtsrüge geht fehl.
Vorweg ist festzuhalten, dass mit Blick auf die zwischen den Streitteilen vereinbarten AGB der zwischen ihnen abgeschlossene Nutzungsvertrag österreichischem Recht unterliegt (vgl § 20 Z 3 AGB).
Bei Internetauktionen werden im Wesentlichen mehrere Geschäftsmodelle unterschieden (Wessely, MR 2000, 266 f; 4 Ob 135/07t). Dem Anlassfall liegt die klassische Form einer Online-Auktion zugrunde, bei der der Seitenanbieter Dritten eine Plattform für den Abschluss und die Abwicklung von Rechtsgeschäften zur Verfügung stellt. Der Einlieferer (Verkäufer) lässt sich registrieren und gibt über eine Bildschirmmaske Daten zum Auktionsgegenstand (Beschreibung, Mindestgebot uä) ein. Diese Angabe führt gewöhnlich zum Beginn der Auktion. Jeder (vorher registrierte) Kaufinteressent kann mit Benutzername und Passwort bis zum Auktionsende Gebote abgeben. Der Höchstbieter erhält den Zuschlag mit Zeitablauf. In der Folge wickeln Verkäufer und Käufer das Rechtsgeschäft direkt ab (4 Ob 135/07t).
In der Lehre wird eine vertragliche Sorgfaltspflicht des Plattformbetreibers zur Überprüfung der Bonität der Einlieferer mit der Begründung abgelehnt, dass damit weitreichende, mit dem Wesen von Internetauktionen nicht zu vereinbarende Recherchen verbunden wären. Der Plattformbetreiber stelle lediglich die Rahmenbedingungen für die Online-Auktion zur Verfügung, weshalb die Nutzer keine wesentlichen Informationen über die Bonität der Einlieferer erwarten dürfen. Eine andere Beurteilung sei nur dann geboten, wenn der Plattformbetreiber von der Insolvenz seines Einlieferers erfahren haben oder zumindest mit häufigen Beschwerden über Probleme bei der Vertragsabwicklung mit einem bestimmten Einlieferer konfrontiert worden sein sollte (vgl Gurmann, Internet-Auktionen [2005] 135; Spindler in Spindler/Wiebe, Internet-Auktionen und elektronische Marktplätze² [2005] Kapitel 4 Rz 101 f; 2 Ob 137/08y).
Dem hier zu beurteilenden Sachverhalt sind ausreichende Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Beklagte während der Laufzeit beider Online-Auktionen bzw schon geraume Zeit davor von massiven Verstößen des Verkäufers gegen die AGB bzw das Powerseller-Programm Kenntnis hatte oder haben musste. Diese massiven und lang andauernden Verstöße indizieren wiederum die Gefahr einer drohenden Insolvenz des späteren Vertragspartners des Klägers oder sogar einen möglichen Betrug. Die mit der Verletzung der geschilderten Sorgfaltspflicht verbundene Gefahr hat sich auch tatsächlich verwirklicht, weil der Verkäufer aufgrund der Insolvenz nicht in der Lage war, das verkaufte Gold zu liefern bzw der Kläger Opfer eines massiven Betrugs wurde.
Der Beklagten ist vorzuwerfen, dass sie auf die im Sachverhalt festgehaltenen deutlichen Hinweise über die Verstöße gegen die AGB bzw das Powerseller-Programm des Verkäufers nicht ernsthaft und rechtzeitig reagiert bzw die unrichtigen Angaben auf der „Mich“-Seite nicht geahndet hat. Der dem Verkäufer verliehene Platin-Powerseller-Status suggeriert eine besondere Vertrauenswürdigkeit. Ein unbefangener Kunde kann aufgrund der von der Beklagten selbst aufgestellten Regeln bzw der verbreiteten Sicherheitshinweise davon ausgehen, dass ein mit einem Powerseller abgeschlossenes Geschäft in der Regel ein geringeres Risiko bedeutet als mit einem sonstigen Nutzer. Die von der Beklagten suggerierte Vertrauenswürdigkeit des Geschäftsabschlusses hat den Kläger zum Kauf veranlasst. Das trifft auch auf die vom Verkäufer auf der „Mich“-Seite verbreiteten Informationen zu.
Die geschilderte Sorgfaltspflichten ergeben sich bereits aus dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Nutzungsvertrag. Bereits dieses Rechtsverhältnis verpflichtet den Plattformbetreiber, seine Nutzer vor unlauter bzw AGB-widrig handelnden Nutzern zu schützen. Schließlich kann die Sorgfaltspflicht auch auf den zwischen der Beklagten und dem Verkäufer geschlossenen Nutzungsvertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter gestützt werden. Die vom Erstgericht im Urteil zitierten Bestimmungen der AGB regeln nicht nur das Vertragsverhältnis zwischen den Händlern und der Beklagten, sondern dienen auch dem Schutz der (potentiellen) Käufer, insb was die Lieferfähigkeit betrifft. Auf dieses Vertragsverhältnis ist mit Blick auf den in Deutschland ansässigen Verkäufer deutsches Recht anzuwenden, das sich jedoch in diesem Punkt vom österreichischen Recht nicht unterscheidet. Eine weitere Erörterung kann hier unterbleiben, zumal das direkte Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen ausreicht, um die geltend gemachte Haftung zu stützen.
Eine umfassende und ständige Überprüfung aller Nutzer oder auch nur aller Powerseller, etwa dahin, ob die AGB eingehalten werden, insb ob die verkaufte Ware auch lieferfähig ist, würde den Sorgfaltsmaßstab eines Plattformbetreibers überspannen. Liegen einem Plattformbetreiber jedoch bereits konkrete und nachprüfbare Informationen über Verstöße gegen seine eigenen Regeln vor, ist er zu einer Überprüfung verpflichtet, sofern die Interessen Dritter betroffen sein könnten.
Der konkrete Fall ist von der Besonderheit geprägt, dass B***** M***** aufgrund seiner Software und intensiven Beobachtung der Plattform der Beklagten als besonders gut informierter Insider gilt. Seine Wahrnehmungen sind nicht mit denen der sonstigen Nutzer der Plattform zu vergleichen. Die Beklagte hat mit ihm auch eng zusammengearbeitet und ihm den Zugang zu einer eigenen E-Mail-Adresse und die Kontaktmöglichkeit per Telefon eingeräumt. Die von B***** M***** erstatteten Meldungen mussten deshalb für die Beklagte eine besondere Bedeutung haben. Die unterlassene Reaktion auf dessen eindringliche und wiederholte Warnungen ist deshalb besonders vorwerfbar. Hinzu kommt, dass auch die quasi von offizieller Seite erstattete Warnung von R***** S***** ohne rechtzeitige Konsequenz blieb.
Eine Verpflichtung zur Überprüfung des Verkäufers war insb deshalb geboten, weil es sich dabei um einen der größten Nutzer der e*****-Plattform in Deutschland handelte, zumal nach ernstzunehmenden Hinweisen aus der „Szene“ dessen Lieferfähigkeit massiv anzuzweifeln war, was wiederum für die Beklagte auf ein hohes Schadensrisiko für viele Käufer schließen ließ. Der dem gegenüber zu stellende organisatorische, finanzielle und personelle Aufwand war überblickbar, sodass es der Beklagten aufgrund eines derartigen Anlassfalls auch zumutbar war, den verdächtigen Platin-Powerseller genauer unter die Lupe zu nehmen.
Sogar die Beklagte hat sich im Verfahren I. Instanz diesem Rechtsstandpunkt angeschlossen, zumal sie selbst behauptete, ohnedies eine derartige gründliche Überprüfung („sehr genau“) seit Jänner 2007 vorgenommen zu haben. Die Beklagte hat eine solche Überprüfung allerdings tatsächlich unterlassen, auf zahlreiche Warnungen nicht rechtzeitig reagiert, sondern diese vielmehr geradezu ignoriert.
Aufgrund der massiven Warnungen wäre auch eine umgehende und umfassende inhaltliche Überprüfung der auf der Plattform der Beklagten veröffentlichten Informationen des Verkäufers geboten gewesen. Dabei hätte der Beklagten jedenfalls auch der irreführende (und mit kausale) Hinweis auffallen müssen, dass alle Artikel im Besitz des Verkäufers seien, weil dieser PayPal- bzw e*****-verifiziert sei. Die Beklagte wäre gehalten gewesen, auf eine entsprechende Korrektur zu drängen bzw die irreführende Eintragung selbst zu löschen. Das ist nicht geschehen und war letztendlich für den Schadenseintritt mit kausal.
Aus den Angaben des Verkäufers auf der „Mich“-Seite der Beklagten ergibt sich zudem durch die Angabe des Lieferzeitraums von 24 Tagen ein evidenter Verstoß gegen die Vorgaben für Powerselle