TE OGH 2010/9/29 9ObA89/10v

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Veröffentlicht am 29.09.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Rolf Gleißner und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef H*****, vertreten durch Dr. Maximilian Hofmaninger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei G*****, vertreten durch Aigner Fischer Unter Rechtsanwaltspartnerschaft in Frankenburg, wegen 3.412,15 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 2.095,31 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Juli 2010, GZ 11 Ra 57/10x-16, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Der wesentliche Sachverhalt lässt sich dahin zusammenfassen, dass die Beklagte mit dem Kläger wegen Arbeitsmangels einen Urlaub ab 13. 2. 2009 im Ausmaß von etwa zwei bis drei Wochen vereinbarte, ohne dessen Ende näher festzulegen. Der Kläger war dann ab 3. 3. 2009 bis 13. 4. 2009 arbeitsunfähig. Am 3. 3. 2009 wurde er von der Beklagten aufgefordert, sein Stundenbuch abzugeben. Dem kam er am 4. 3. 2009 dadurch nach, dass er das Stundenbuch und auch eine Arbeitsunfähigkeitsbestätigung bei der Beklagten ablegte. Am Nachmittag dieses Tages wurde er darauf hingewiesen, dass die Arbeitsunfähigkeitsmeldung den 2. 3. 2009 nicht umfasse und auch keine voraussichtliche Dauer des Krankenstandes angegeben sei.

Bereits am nächsten Vormittag des 5. 3. 2009 wurde der Kläger von der Beklagten zu Hause aufgesucht und ihm eine schriftliche Aufforderung ausgefolgt, sein Fernbleiben noch an diesem Tage zu bestätigen. Als er dem nicht sofort entsprach, wurde ihm das Entlassungsschreiben überreicht.

Rechtliche Beurteilung

Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gerechtfertigte Entlassung kann immer nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0106298 mzwN zuletzt 8 ObA 38/10m). Derartige Einzelfallentscheidungen werden vom Obersten Gerichtshof nur dann überprüft, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0044088 mzwN).

Nach § 82f GewO (zur Auslegung entsprechend § 27 Z 4 AngG RIS-Justiz RS0029517) ist hier für die Berechtigung der Entlassung die Erheblichkeit der versäumten Arbeitszeit entscheidend, die sich unter anderem auch aus der Dringlichkeit der zu verrichtenden Arbeiten ergibt (RIS-Justiz RS0029495).

Die Beklagte stützt nun die Berechtigung der Entlassung darauf, dass es am Kläger gelegen gewesen wäre nachzuweisen, dass er sich auch am 3. 2. 2009 weiter auf Urlaub befunden habe. Das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die unbestimmte Urlaubsvereinbarung jedenfalls keine erhebliche Abwesenheitszeit gesehen werden kann, da der Kläger ohnehin nachgewiesenermaßen ab 3. 3. 2009 im Krankenstand war und die Beklagte nur eine vage Urlaubsvereinbarung (2-3 Wochen ab 13. 2. 2009) schloss, die durchaus auch noch den 2. 3. 2009 erfassen könnte. Darin kann keine unvertretbare Rechtsansicht gesehen werden; hat doch die Beklagte selbst vorweg die mangelnde Bedeutung der Arbeitsleistung an diesem Tag durch die vage Urlaubsvereinbarung zum Ausdruck gebracht.

Hinsichtlich des behaupteten Verlustes des Entgeltfortzahlungsanspruchs wegen der unterlassenen Vorlage einer Krankenstandsbestätigung stellt die Beklagte gar nicht in Frage, dass diese Verpflichtung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endete (RIS-Justiz RS0027982), geht aber davon aus, dass sich aus der Säumnis des Klägers bis dahin ein Verschulden iSd § 4 Abs 4 EFZG ableiten ließe. Auch dies kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar. Eine unvertretbare Auslegung durch das Berufungsgericht vermag die Beklagte aber schon im Hinblick auf die Kürze der Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Verbesserung der ohnehin vorgelegten Bestätigung und der Entlassung nicht aufzuzeigen. Soweit sich die Beklagte auf die Entscheidung 8 ObA 325/94 bezieht, ist ihr entgegenzuhalten, dass es in diesem Verfahren nicht um die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung ging, sondern darum, dass sich damals der Kläger zum wiederholtem Male trotz Androhung der Entlassung beim Arbeitgeber nicht rechtzeitig krank gemeldet hatte.

Insgesamt vermag die Revision jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

Schlagworte

Arbeitsrecht,

Textnummer

E95278

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:009OBA00089.10V.0929.000

Im RIS seit

05.11.2010

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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