Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Rolf Gleißner und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** R*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler ua, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagten Parteien 1. H***** KG, *****, 2. E***** H*****, beide vertreten durch Dr. Erwin Bajc ua, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wegen 80.829,68 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Jänner 2010, GZ 7 Ra 84/09s-42, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob der Kläger - wie von den Vorinstanzen angenommen - in die Verwendungsgruppe V des Rahmenkollektivvertrags für Angestellte der Industrie oder - wie von ihm gefordert - in die Verwendungsgruppe VI einzustufen sei. Für die Einstufung in eine bestimmte Verwendungsgruppe ist die Art der ausgeübten Tätigkeit maßgeblich (9 ObA 101/09g; RIS-Justiz RS0064705 ua). Die Frage der Einstufung anhand der konkreten Tätigkeit in eine Verwendungsgruppe kann naturgemäß nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (9 ObA 101/09g; RIS-Justiz RS0110650 ua).
Der Revisionswerber will nun aber eine erhebliche Rechtsfrage darin erblicken, dass das Berufungsgericht ausschließlich Rechtsprechung berücksichtigt habe, der nicht vergleichbare Sachverhalte zugrunde gelegen seien, hingegen auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 8 ObA 270/94 nicht Bedacht genommen habe. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Der Revisionswerber missversteht offenbar die Überlegungen des Berufungsgerichts. Die Abhängigkeit der Einstufungsfrage von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls steht einem dem Revisionswerber vorschwebenden Vergleich nach dem Schema, der Kläger sei als Prokurist deshalb in eine bestimmte Verwendungsgruppe einzustufen, weil auch ein anderer Prokurist in diese Verwendungsgruppe eingestuft worden sei, von vornherein entgegen. Aus den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen (9 ObA 310/89; VwGH 92/08/0050; OLG Wien ARD 5583/9/2005) folgt, dass Prokuristen - ungeachtet ihrer beispielsweisen Erwähnung in der Verwendungsgruppe VI des hier anzuwendenden Kollektivvertrags - nicht automatisch in diese Verwendungsgruppe einzustufen sind, sondern nur dann, wenn es sich um Angestellte mit umfassenden Kenntnissen und Erfahrungen in leitenden, das Unternehmen in ihrem Wirkungsbereich entscheidend beeinflussenden Stellungen handelt; ferner auch bei Angestellten mit verantwortungsreicher und schöpferischer Arbeit. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen beim Kläger wurde vom Berufungsgericht in vertretbarer Weise verneint.
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der vom Revisionswerber geltend gemachten Entscheidung 8 ObA 270/94. Auch dort wurde klargestellt, dass für die Einreihung nach dem Kollektivvertrag die Art der tatsächlich überwiegend geleisteten Tätigkeit maßgebend ist und daher Prokuristen nicht automatisch in eine bestimmte Verwendungsgruppe einzustufen sind. In dieser Entscheidung ging es um den Kollektivvertrag für Angestellte des Gewerbes. Der Oberste Gerichtshof gelangte darin zu der Beurteilung, dass die dort betroffene Prokuristin in die Verwendungsgruppe V (und nicht bloß IV) einzustufen sei. Die Verwendungsgruppe VI des Kollektivvertrags für Angestellte des Gewerbes, die wie der hier anzuwendende Kollektivvertrag für Angestellte der Industrie Prokuristen beispielsweise erwähnt, wurde dort überhaupt nicht in Betracht gezogen. Die Entscheidung 8 ObA 270/94 vermag den Klagestandpunkt nicht zu stützen.
Soweit der Revisionswerber in der Zulassungsbeschwerde auch noch geltend macht, dass vom Berufungsgericht nicht darauf Bedacht genommen worden sei, dass er neben seiner Tätigkeit als Prokurist der Erstbeklagten auch noch (gemeint offenbar: im Rahmen seiner Angestelltentätigkeit für die Erstbeklagte) Geschäftsführer zweier „verwandter Gesellschaften“ gewesen sei, genügt der Hinweis, dass für die Einreihung nach dem Kollektivvertrag die Art der überwiegend geleisteten Tätigkeit maßgebend ist (8 ObA 270/94; RIS-Justiz RS0064956 ua). Den Verfahrensergebnissen kann nicht entnommen werden, dass der Kläger als Angestellter der Erstbeklagten überwiegend - sei es in zeitlicher Hinsicht oder in Bezug auf die Bedeutung dieser Tätigkeit für die Arbeitgeberin - als Geschäftsführer zweier anderer Gesellschaften tätig war. Die diesbezüglichen Überlegungen des Revisionswerbers gehen daher fehl.
Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
Schlagworte
11 Arbeitsrechtssachen,Textnummer
E95212European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:009OBA00018.10B.0929.000Im RIS seit
25.10.2010Zuletzt aktualisiert am
27.06.2011