Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Stefan Jöchtl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei I***** W*****, vertreten durch Dr. Sebastian Mairhofer und Mag. Martha Gradl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, wegen Wochengeld, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juli 2010, GZ 12 Rs 85/10x-22, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin, die als Abteilungsleiterin in die unternehmerische Verantwortung ihres Arbeitgebers eingebunden war und eine Reihe von Mitarbeitern zu führen hatte, erhielt zu ihrem fixen Gehalt eine Jahresprämie, die jährlich entweder am Jahresende oder am Anfang des nächsten Jahres ausbezahlt wurde. Diese Prämie hing (hängt) vom Erreichen der Zielsetzungen ab, im Wesentlichen von der Anzahl der in der Abteilung abgeschlossenen Verträge und vom Verhältnis der Kosten der Abteilung der Klägerin zum Umsatz dieser Abteilung. Das Wirtschaftsjahr des Arbeitgebers läuft vom 1. November bis 31. Oktober. Die für die Ermittlung der Höhe der Prämie erforderlichen Zahlen liegen daher jeweils erst am Jahresende vor. Die Klägerin beeinflusst die Höhe der Prämie mit ihrer eigenen Arbeit: einerseits bringt sie einen Teil der Verträge selbst; andererseits hängen die Kosten ihrer Abteilung wesentlich davon ab, wie gut und mit wievielen Mitarbeitern sie die Abteilung führt. Die konkrete Höhe der Prämien wurde jeweils am Ende des Jahres zwischen der Klägerin und dem Arbeitgeber vereinbart, wobei die Bemessung anhand der für das abgelaufene Geschäft vorliegenden Zahlen erfolgte. Eine konkrete Vereinbarung, für welchen Zeitraum genau die Prämie jeweils gewährt wurde, ist nie getroffen worden. Die Prämie für 2009 wurde noch nicht der Höhe nach festgelegt und auch noch nicht ausbezahlt, wird aber anteilig der für 2008 gewährten Prämie entsprechen.
Das Berufungsgericht beurteilte die Prämie als Sonderzahlung iSd § 49 Abs 2 ASVG, die bei der Bemessung des Wochengelds nach Maßgabe des § 164 Abs 4 ASVG zu berücksichtigen sei.
Die Revisionswerberin meint, die außerordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur strittigen Abgrenzung zwischen laufendem Entgelt iSd § 49 Abs 1 ASVG und Sonderzahlungen iSd § 49 Abs 2 ASVG fehle.
Rechtliche Beurteilung
Dies trifft nicht zu.
Sonderzahlungen sind Geld- und Sachbezüge, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält, und die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie zB ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld; sie sind als Entgelt nur nach Maßgabe der Bestimmungen des § 54 ASVG und der sonstigen Bestimmungen des ASVG, in denen die Sonderzahlungen ausdrücklich erfasst werden, zu berücksichtigen (§ 49 Abs 2 iVm § 49 Abs 1 ASVG). Unter Sonderzahlung iSd § 49 Abs 2 ASVG sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verpflichtende oder freiwillige Zuwendungen iSd § 49 Abs 1 ASVG - gleich welcher Benennung - zu verstehen, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit in bestimmten, über die Beitragszeiträume hinausgehenden Zeitabschnitten wiederkehren, wobei die Regelmäßigkeit der Leistungen im Wesentlichen aus der Dienstgeberzusage oder aus dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse zu beurteilen ist (10 ObS 6/87 = SSV-NF 1/8 mit Hinweis auf die stRsp des Verwaltungsgerichtshofs).
Die Qualifikation der Prämie als Sonderzahlung iSd § 49 Abs 2 ASVG durch das Berufungsgericht ist durch diese Rechtsprechung gedeckt. Anders als eine - auch jährlich im Nachhinein abgerechnete - vertraglich zustehende Umsatzprovision, deren Entstehen nach der dienstvertraglichen Vereinbarung allein von der Tätigung laufender Umsätze abhängig ist, hängt das Entstehen des Anspruchs der Klägerin auf die Prämie und deren Höhe von mehreren Bedingungen ab (vgl VwGH 2005/08/0024; 2001/08/0015; 2000/08/0152; 2000/08/0092; 97/08/0463): Der Anspruch hängt nur zum Teil von den von der Klägerin selbst getätigten Umsätzen und nur mittelbar von ihrer eigenen Arbeitsleistung ab. Darüber hinaus ist er an Bedingungen geknüpft und vom Erreichen bestimmter Zielsetzungen abhängig: Im Wesentlichen von der Anzahl der in der Abteilung insgesamt abgeschlossenen Verträge und vom Verhältnis der Kosten der Abteilung zum erzielten Umsatz. Zudem ergibt sich die Höhe der Prämie nicht schon unmittelbar aus der Zielerreichung, sondern es bedarf jeweils noch einer gesonderten Vereinbarung mit dem Arbeitgeber auf der Grundlage der für das abgelaufene Geschäft vorliegenden Kennzahlen.
Schlagworte
12 Sozialrechtssachen,Textnummer
E95344European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:010OBS00146.10H.1005.000Im RIS seit
10.11.2010Zuletzt aktualisiert am
24.02.2012