Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei P ***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Christian Girardi, Ing. Dr. Stefan Schwärzler, Rechtsanwälte in Innsbruck, sowie die Nebenintervenienten auf der Beklagtenseite 1. F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Krückl, Dr. Kurt Lichtl, Dr. Christoph Huber, Rechtsanwälte in Linz, und 2. DI ***** A*****, vertreten durch Dr. Cornelia Sprung, Rechtsanwältin in Innsbruck, wegen 241.471 EUR sA, über die außerordentlichen Revisionen der beklagten Partei sowie der Zweitnebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 1. Juni 2010, GZ 4 R 101/10z-53, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Frage des Sorgfaltsmaßstabs eines Generalplaners, der dabei auch als Berater seines Auftraggebers tätig werden soll, ist in erster Linie eine solche des jeweiligen Vertrags und daher des Einzelfalls.
2. Soweit beide Rechtsmittel auf das festgestellte Restrisiko des verwendeten Sicherheitsglases im Bereich von 0,02 % Bezug nehmen und insoweit eine Aufklärung des Auftraggebers als Überspannung dieser Sorgfaltspflichten ansehen, greifen sie ein Detail der Feststellungen heraus und vernachlässigen deren Gesamtzusammenhang. Danach hat die Planerin der Glaskonstruktion die Beklagte ausdrücklich vor möglichen Spontanbrüchen gewarnt und die Verwendung eines anderen Glases empfohlen. Die Beklagte hat nicht nur diese Warnung nicht an ihre Auftraggeberin weitergegeben sondern überdies bei der zuständigen Baubehörde Druck ausgeübt, damit die Verwendung des von ihr vorgeschlagenen Glases genehmigt wird, sodass die klagende Auftraggeberin letztlich dieses Glas in Auftrag gab. Zwar hat das Glas die in Normen und Richtlinien angeführten Qualitätskriterien ausreichend erfüllt, war aber dennoch zur Verwendung im vorliegenden Fall nicht geeignet, weil es im Zugangsbereich zu einem Einkaufszentrum, in dem sich auch Verkaufsstände und ein Café mit Sitzgelegenheiten befinden, verwendet wurde, obwohl ein Spontanbruch nicht ausgeschlossen werden konnte. Tatsächlich trat im Zeitraum zwischen Juli und Oktober 2006 drei mal ein Glasbruch ein.
Wenn die Vorinstanzen angesichts der Gesamtheit der Feststellungen zur Überzeugung gelangten, dass die Beklagte Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Aufklärung ihrer Auftraggeberin verletzt hat und dafür haftet, liegt darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Generell ist ein umso strengerer Maßstab anzulegen, je größer die potenziellen Schadensfolgen aus einem bestimmten Risiko sind (hier: Verletzung von Menschen) und je leichter auf eine andere Ausführungsart ausgewichen werden kann.
3. Ob sich die Beklagte die Kenntnis des Wissensstandes „informierter Fachkreise“ im Rahmen ihrer Beratungspflichten aneignen muss, ist schon deshalb nicht entscheidungsrelevant, weil sie nach den Feststellungen im Bezug auf das Glasbruchrisiko ohnehin aufgeklärt und gewarnt worden war.
Textnummer
E95391European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0010OB00141.10G.1020.000Im RIS seit
16.11.2010Zuletzt aktualisiert am
16.11.2010