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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Erich Vucsina und der Christine Vucsina in Wien, beide vertreten durch Mag. Helfried Schaffer, Rechtsanwalt in Graz, Einspinnergasse 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Oktober 2000, Zl. RU1-V-00104/00, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind seit 1977 Eigentümer der Grundstücke Nr. 1192/1 und 1192/3, KG Kierling. Mit Bescheid vom 20. Februar 1932 wurde eine Baubewilligung für ein Einfamilienhaus auf dem Grundstück Nr. 1192, KG Kierling; erteilt. Mit Bescheid vom 6. November 1978 wurde den Beschwerdeführern die Baubewilligung für geringfügige Umbauarbeiten sowie einen Zubau zu diesem Wohnhaus erteilt. Mit Ansuchen vom 1. Februar 1999 beantragten die Beschwerdeführer die Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für eine Garage, die zwischen 1975 und 1980 errichtet worden sein soll. Als Einreichplan wurde ein Plan vom September 1979 verwendet, in dem das Wohnhaus als Bestand und die Garage als Neubau (rot) aufscheint; weitere Gebäude sind nicht eingezeichnet. Mit Bescheid vom 9. März 1999 wurde den Beschwerdeführern die Bewilligung erteilt.
Am 27. Oktober 1999 wurde in Anwesenheit der Zweitbeschwerdeführerin und ihres Sohnes eine baupolizeiliche Überprüfung an Ort und Stelle durchgeführt. In der über diese Verhandlung aufgenommenen Niederschrift wurde festgehalten, dass auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer zwei Nebengebäude, und zwar eine Pergola mit Glasdach sowie ein gemauerter Geräteschuppen, in jenem Bereich der Liegenschaft errichtet wurden, der im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen ist. Der Errichtungszeitpunkt der Pergola wurde seitens der Erstbeschwerdeführerin und ihres Sohnes mit 1980, des Geräteschuppens mit "vor 1950" angegeben.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. November 1999 wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, die Pergola im Ausmaß von ca. 3,20 m mal 3,20 m mit Glasdach und seitlichen Verkleidungen in einem Abstand von ca. 3,20 m zur rechten Grundstücksgrenze und einen Geräteschuppen in einem Ausmaß von 7,50 m mal 4,50 m mit einem Blechpultdach, in einer Entfernung von ca. 1,80 m von der linken Grundgrenze binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führten die nunmehr rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer aus, es lasse sich nicht mehr genau feststellen, wann diese Bauten errichtet worden seien, ebenso nicht, ob seinerzeit eine Baubewilligung hiefür erteilt worden sei. Die Baubehörde hätte zum Zeitpunkt der Begehung der Liegenschaft am 17. August 1978 (Baubewilligungsverhandlung für den Zubau) mit Sicherheit dann, wenn diese Gebäude seinerzeit ohne Konsens errichtet worden wären, diesen Umstand moniert, was allerdings nachweislich nicht geschehen sei. Die Beschwerdeführer seien darauf hingewiesen worden, dass um die Baubewilligung für die Garage anzusuchen sei, die Garage sei ebenso wie die gegenständlichen Nebengebäude seinerzeit vom vormaligen Liegenschaftseigentümer errichtet worden. Die Behörde erster Instanz sei schon seinerzeit in Kenntnis gewesen, dass auch die nunmehr gegenständlichen Nebengebäude nach Ansicht der Behörde konsenslos errichtet worden seien. Auf diesen Umstand seien aber die Beschwerdeführer bis zu der am 27. Oktober 1999 abgeführten Bauverhandlung nicht aufmerksam gemacht worden.
Mit Schreiben vom 24. Jänner 2000 wurden die Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass aus dem Hausakt betreffend die Liegenschaft der Beschwerdeführer kein Anhaltspunkt abgeleitet werden könne, dass anlässlich der Errichtung der gegenständlichen Gebäude eine Baubewilligung erteilt oder auch nur ein Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung gestellt worden wäre. Wegen der Widmung Grünland-Landwirtschaft könne auch derzeit keine Baubewilligung erteilt werden, da die Beschwerdeführer offensichtlich keine Landwirtschaft im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betrieben. Den Beschwerdeführern wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben und gegebenenfalls Beweismittel, die der Behörde nicht bekannt seien, vorzulegen. In der Folge äußerten sich die Beschwerdeführer dahingehend, dass nicht ersichtlich sei, aus welchem Grunde der Auftrag an die Beschwerdeführer ergangen sei, hinsichtlich der Garage eine nachträgliche baubehördliche Bewilligung zu erwirken, nicht jedoch hinsichtlich der weiteren Nebengebäude; dies sei umso weniger nachvollziehbar, als der auf der Liegenschaft befindliche Geräteschuppen schon in alten Katasterplänen eingezeichnet gewesen sei.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2000 hat der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung der Beschwerdeführer insofern Folge gegeben, als der neben dem Abbruchauftrag erteilte Auftrag, Bauteile nach den einschlägigen Bestimmungen zu entsorgen und Fundamente bis zu 50 cm unter das Gartenniveau abzubrechen, behoben wurde. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, es lägen Baubewilligungen sowohl für das Wohnhaus aus dem Jahre 1932, als auch für den Zubau aus dem Jahre 1978 sowie eine Bekanntgabe der Hausnummer aus dem Jahre 1960 vollständig auf. Laut der Niederschrift vom 27.10.1999 hätten die Beschwerdeführer angegeben, dass sie die Pergola mit dem Glasdach im Jahre 1980 errichtet hätten, der Geräteschuppen sei vor 1950 errichtet worden. Im dem der nachträglichen Baubewilligung für die Garage zugrundeliegenden Einreichplan (der offenbar im September 1979 gezeichnet und bei der Baubehörde - damals - nicht eingereicht worden sei) seien diese Nebengebäude nicht dargestellt. Auf Grund der vorliegenden Baubewilligungen und der (seinerzeitigen) Nichteinreichung um Baubewilligung für die Garage sei daher davon auszugehen, dass anlässlich der Errichtung der im Abbruchbescheid genannten Bauwerke ebenfalls nicht um Baubewilligung angesucht bzw. eine solche erteilt worden sei. In der Sitzung des Gemeinderates vom 8. Juli 1966 sei beschlossen worden, die Baulandtiefe u.a. für die KG Kierling von 50 m auf 35 m, gerechnet von der Baulinie, zu verringern. Dass die Errichtung der in einem Grundstücksteil mit der Widmung Grünland-Landwirtschaft gelegenen Bauwerke für die Ausübung der Landwirtschaft und deren Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung diene, sei von den Beschwerdeführern weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren behauptet worden. Demgemäß seien die Bauwerke unzulässig und es sei ihr Abbruch anzuordnen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 12. Oktober 2000 als unbegründet abgewiesen. Schon nach der Bauordnung für Niederösterreich aus 1883 seien Gebäude bewilligungspflichtig gewesen, sowohl die Pergola als auch der Geräteschuppen seien als Gebäude zu qualifizieren. Im Falle einer nachträglichen Baubewilligung sei nicht die Rechtslage zum Zeitpunkt der Errichtung sondern jene zum Zeitpunkt der Entscheidung der Baubehörde maßgebend.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 der Nö. Bauordnung 1996, LGBl. 8200-0, hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt und das Bauwerk unzulässig ist.
Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, es liege ein "alter Bestand" vor, der die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich habe.
Nach dem vorgelegten Verwaltungsakt liegt für das Wohnhaus der Beschwerdeführer eine Baubewilligung aus dem Jahre 1932 sowie für einen Zubau eine solche vom 6. November 1978 vor. Im Jahre 1999 wurde eine Baubewilligung für die nach Angabe der Beschwerdeführer zwischen 1975 bis 1980 errichtete Garage erteilt. Die Beschwerdeführer wurden seitens der Baubehörde nachweislich darüber informiert, dass im Hausakt keine weiteren als die genannten Bewilligungen aufscheinen, sie wurden aufgefordert, allenfalls Beweismittel für das Vorliegen einer Baubewilligung zu erbringen.
Derartige Beweismittel haben die Beschwerdeführer nicht vorgelegt, sie haben nur darauf verwiesen, dass bis zur Verhandlung vom 27. Oktober 1999 eine Beanstandung der Nebengebäude nicht erfolgt sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnissen vom 9. Dezember 1963, Zl. 1200/63, sowie vom 25. September 1990, Zl. 90/05/0072, ausgesprochen hat, trifft die Partei bei der Feststellung des Sachverhaltes, nämlich ob angenommen werden kann, dass eine Baubewilligung erteilt wurde, eine Mitwirkungspflicht. Dieser komme gerade bei der Feststellung des konsensgemäßen Zustandes besondere Bedeutung zu, da es in der Regel der Eigentümer eines Bauwerkes sei, der zielführende Hinweise über das Vorliegen einer Baubewilligung geben könne. Im Beschwerdefall haben es die Beschwerdeführer verabsäumt, konkrete Hinweise auf das Vorliegen weiterer als im Hausakt einliegenden Baubewilligungen zu geben; es kann daher schon den Baubehörden unter Berücksichtigung des oben wiedergegebenen Sachverhaltes nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen sind, dass keine weiteren Baubewilligungen erteilt wurden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem zuletzt angeführten Erkenntnis vom 25. September 1990 ausgeführt hat, würde es ohne konkreten Anhaltspunkt für die Unvollständigkeit der Archive die Erhebungspflicht der Behörde überspannen, einen (praktisch unmöglichen) Negativbeweis zu erbringen.
Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, war die Bewilligungspflicht für Gebäude schon in der Nö. Bauordnung 1883 normiert (§ 16). Lässt auch die Darlegung im Berufungsbescheid hinsichtlich der Veränderung der Widmungsgrenzen keinen Rückschluss auf das Alter des Geräteschuppens zu, so ergab das Vorbringen der Beschwerdeführer in keinem Stadium des Verfahrens einen Hinweis darauf, dass dieser 7,5 m mal 4,5 m große, gemauerte Geräteschuppen schon vor dem Inkrafttreten der Nö. Bauordnung 1883 errichtet worden sei. Da kein Hinweis dafür vorliegt, dass die Archive der Baubehörden unvollständig seien und in dem Einreichplan zur (nachträglichen) Baubewilligung vom September 1979 zwar das Wohnhaus als Bestand eingezeichnet ist, aber kein Geräteschuppen, kann es auch nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn schon die Gemeindebehörden davon ausgegangen sind, dass die Errichtung des gemauerten Geräteschuppens erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, der nicht so lange zurück liegt, dass von einem "jahrzehntelangen unbeanstandeten Bestand" auszugehen wäre. Den Errichtungszeitpunkt der Pergola haben die Beschwerdeführer selbst mit 1980 angegeben, wenn nunmehr in der Beschwerde behauptet wird, der Zeitpunkt lasse sich nicht mehr feststellen, so steht diese Behauptung im Widerspruch zum diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführer während der Verhandlung vom 27. Oktober 1999.
Mit der Verfahrensrüge, die Baubehörde habe die Beschwerdeführer zwar aufgefordert, um nachträgliche Baubewilligung für die Garage anzusuchen, nicht aber eine derartige Baubewilligung für die beiden verfahrensgegenständlichen Nebengebäude zu beantragen, ist für die Beschwerdeführer nichts zu gewinnen: Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 Nö. BO 1996 ist ein Abbruchauftrag dann anzuordnen, wenn das Bauwerk unzulässig ist oder der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag oder die Anzeige nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat. Ist aber die Erteilung einer Baubewilligung - wie hier wegen Widmungswidrigkeit - nicht möglich, so ist der Eigentümer des Bauwerkes nicht aufzufordern, ein nachträgliches Baugesuch, das ja abzuweisen wäre, einzubringen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. Jänner 2001
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6 Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000050252.X00Im RIS seit
03.05.2001