Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schöller Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei M***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Christandl Rechtsanwalt GmbH in Graz, wegen 9.854,40 EUR sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 15. März 2010, GZ 17 R 158/09v-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 20. Juli 2009, GZ 204 C 26/07s-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin betreibt eine private Krankenanstalt, die als Belegspital mit Schwerpunkt Geburtshilfe und Gynäkologie geführt wird. Die Patienten werden von einem selbst gewählten sogenannten Belegarzt betreut, der in keinem Angestelltenverhältnis zur Klägerin und in keinem Vertragsverhältnis zur Beklagten steht.
Die Beklagte ist Mitglied des Verbands der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVÖ). Der VVÖ schloss für den Zeitraum 1. 7. 2004 bis 31. 12. 2005 im Namen der Beklagten und anderer privater Krankenversicherer mit der Klägerin und anderen Trägern privater Krankenanstalten (in der Folge auch: Krankenanstalten) sogenannte Direktverrechnungsvereinbarungen (DVV) mit demselben Inhalt. Dort ist unter anderem geregelt:
„1. Gegenstand der Vereinbarung
Diese Vereinbarung legt die Rahmenbedingungen fest, nach denen medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlungen von entsprechend versicherten Personen in der Krankenanstalt zwischen den Krankenversicherern und der Krankenanstalt direkt abgerechnet werden. [...]
3. Verrechnung
3.1. Die Krankenversicherer werden für ihre Versicherten im Rahmen des vertraglichen Versicherungsschutzes [...] und bei gegebenem Leistungsanspruch Hauskosten und Honorare, in der Folge kurz „Kosten“ genannt, [...] nach Maßgabe dieser Vereinbarung mit der Krankenanstalt direkt verrechnen, sofern sie für die jeweilige stationäre Heilbehandlung eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben haben. [...]
3.3. Die Kostenübernahmeerklärung kann in der Regel vom Patienten vor der Aufnahme in stationäre Behandlung vorgelegt werden. Ansonsten muß sie von der Krankenanstalt unverzüglich bei der Aufnahme beim Krankenversicherer schriftlich angefordert werden.
Hiebei sind folgende Mindestangaben erforderlich: […]
Unter Zugrundelegung dieser Angaben verpflichten sich die Krankenversicherer, unverzüglich […] entweder die Kostenübernahmeerklärung auszustellen, nähere Informationen bei der Krankenanstalt einzuholen oder mitzuteilen, daß ein Leistungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag nicht besteht. […]
Die abgegebene Kostenübernahmeerklärung wird durch Änderung der Diagnose oder der bei der Anforderung der Kostenübernahmeerklärung angegebenen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen gegenstandslos, wenn die durchgeführten Maßnahmen unter einen im Versicherungsvertrag vereinbarten Leistungsausschluss fallen, im Zusammenhang mit einer verschwiegenen Vorerkrankung stehen oder bedingungsgemäß vom Versicherungsschutz ausgenommen sind. […]
3.4. Die Abrechnung erfolgt nach der Entlassung des Patienten aus der Krankenanstalt. Jeder Fall wird mit Einzelformular und nach Vorliegen der zur Verrechnung erforderlichen Unterlagen grundsätzlich innerhalb von vier Wochen mit dem Krankenversicherer abgerechnet. […]
Die Abrechnung hat zu enthalten: […]
3.4.10. Detaillierte Angaben über Hauskosten und Honorare
4. Kosten […]
4.3. Für stationäre Heilbehandlungen, für die seitens des Krankenversicherers eine Kostenübernahmeerklärung […] abgegeben wurde, verrechnet die Krankenanstalt folgende Beträge:
4.3.1. Hauskosten und Honorare gemäß Anlage II […]
5. Behandlung durch Belegärzte
Die Krankenanstalt verpflichtet sich auf die bei ihr tätigen Ärzte einzuwirken, daß die grundsätzlichen und honorarrelevanten Inhalte eingehalten werden (das sind neben der Honorarordnung insbesondere die Schiedsklausel sowie die Meistbegünstigungsklausel).
Die Krankenanstalt erkennt an, daß sie für die von den Belegärzten veranlassten und durchgeführten medizinischen Eingriffe und Behandlungen abrechnungstechnisch verantwortlich ist. Sie wird deshalb die Belegärzte verpflichten, genaue Aufzeichnungen über die durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu führen. [...]“
In der Anlage II zur DVV ist unter anderem vorgesehen:
„A Allgemeine Regelungen [...]
6. Pflichtversicherungen
Bei Versicherten, deren Pflichtversicherung auch Leistungen der Sonderklasse erbringen, wird für Leistungen laut Anlage II C 1.1. und C 2.1. ein Abschlag von 30 % berechnet. [...]
B Hauskosten [...]
C Honorare
1. Konservative Behandlungsfälle
1.1. […]
1.2. […]
D Pauschalen und Sonderregelungen
1. Entbindungen
Für Entbindungen aller Art (Spontangeburt, Sectio, Zangengeburt, Vakuumgeburt etc.) inklusive Episiotomie und Dammnnaht und/oder Naht eines Cervixrisses ist eine Pauschale (exkl. Pflegegebühren) in der Höhe von € 2.105,- verrechenbar.
Diese Pauschale setzt sich wie folgt zusammen:
Technisches Pauschale € 1.078,50
Honorar € 1.026,50
[...]“
Der Entwurf der DVV wurde vom VVÖ formuliert und zu Beginn der Vertragsverhandlungen vorgelegt. Bei den Verhandlungen vor Abschluss dieser Vereinbarung ging es in keiner Phase um einen allgemeinen 30%-igen Abzug für alle Geburten, also auch für Spontangeburten. Es wurde aber ausführlich darüber gesprochen, dass in Hinkunft auch für Schnittgeburten eine Pauschale zur Auszahlung gelangen sollte, um ein Ansteigen der Schnittgeburten hintanzuhalten. Betreffend den 30%-igen Abschlag sollte die alte Regelung, dass dieser Abschlag für Pauschalen nicht zur Anwendung gelange, in Kraft bleiben. Die Vertragstexte standen allen Vertragsparteien zur Verfügung und wurden Punkt für Punkt durchbesprochen.
Erstmals bei einer Patientin mit Eintrittsdatum 29. 10. 2004 zog die Beklagte vom Honorar des Belegarztes den 30%-igen Abschlag (das sind 307,95 EUR) ab und bezahlte an die Klägerin statt 1.026,50 EUR nur 718,55 EUR aus. Ebensolche Abzüge wurden auch in 31 weiteren Fällen für Patientinnen mit einem Eintrittsdatum bis 22. 12. 2005 vorgenommen.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Bezahlung der Abzüge von (32 x 307,95 EUR =) 9.854,40 EUR mit folgender Begründung: Damit die Patientinnen die Kosten der Klägerin und der Belegärzte nicht vorfinanzieren müssten, habe sie mit dem VVÖ - mit Wirkung auch für die Beklagte - laufend DVV abgeschlossen. In der DVV für den Zeitraum 2004/05 sei - im Gegensatz zum Vorgängervertrag - nicht nur für Spontangeburten, sondern für Entbindungen aller Art (somit auch für Schnittgeburten) eine Pauschalzahlung von 2.105 EUR ohne 30%-igen Abschlag vereinbart worden. Dennoch habe die Beklagte ab Ende 2004 die von der Klägerin in Rechnung gestellten Honoraranteile der Belegärzte an den Entbindungspauschalen jeweils um 30 % gekürzt. Die Beklagte habe jeweils eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben. Die Klägerin sei auch ihrer Verpflichtung aus der DVV, auf die bei ihr tätigen Belegärzte zur Einhaltung der honorarrelevanten Vertragsbestimmungen einzuwirken, nachgekommen. Alle Belegärzte hätten sich gegenüber der Klägerin den einschlägigen Bestimmungen der DVV zur Höhe und zur Abrechnung ihres Honorars, wofür die Klägerin die „abrechnungstechnische“ Verantwortlichkeit treffe (Punkt 5. der DVV), unterworfen. Die Ärzte hätten überdies ihre Honorarforderungen der Klägerin zum Inkasso abgetreten, sodass sie auch aus diesem Grund aktiv klagslegitimert sei. Da die vereinbarte Abrechnungsart über viele Jahre widerspruchslos zwischen den Streitteilen als Vertragspartner gepflogen worden sei, widerspreche die Bestreitung der Zession der Honorarforderungen an die Klägerin zum Inkasso Treu und Glauben.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der Text der DVV gebe den eigentlichen Vertragswillen zur Vergütung von Schnittgeburten verfälscht wieder; diesem sei zugrunde gelegen, dass bei dieser Entbindungsart bei den Fakturen der Klägerin ein Abschlag von 30 % vorzunehmen sei, um eine Doppelzahlung der Privat- und der Pflichtversicherung zu verhindern. Nur infolge eines Redaktionsversehens sei dies im Text nicht vorgesehen worden. Schließlich wendete die Beklagte auch mangelnde Aktivlegitimation ein, weil die Klägerin die von ihr behaupteten Inkassozessionen, auf die sie das Klagebegehren stütze, nicht nachweisen habe können und solche der DVV nicht zu entnehmen seien. Es fehle auch an dem für die behauptete Zession notwendigen „Deckungsverhältnis“ (gemeint: an einer Forderung der Belegärzte gegenüber der Beklagten).
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf der Grundlage des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts statt. Die Klägerin sei zur Klagsführung legitmiert, weil sie die DVV gegenüber der Beklagten auch zur Geltendmachung der Arzthonorare berechtige. Der Beklagten sei der Nachweis für ihre Behauptung, dass für Schnittgeburten ein Abschlag von 30 % vom anteiligen Arzthonorar der Entbindungspauschale vereinbart, dies aber nur wegen eines Redaktionsversehens nicht in den Vertragstext aufgenommen worden sei, nicht gelungen. Vielmehr habe sich eindeutig ergeben, dass es dem Parteiwillen entsprochen habe, dass Schnitt- und Spontangeburten nunmehr ident mit einer Pauschale entlohnt werden sollten und die in der DVV getroffene Abschlagsregelung Entbindungen nicht umfassen solle.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Die Klägerin habe sich auf die Abgabe von Kostenübernahmeerklärungen durch die Beklagte ausdrücklich berufen. Dieses Sachverhaltsvorbringen der Klägerin habe die Beklagte nicht konkret bestritten; vielmehr habe sie nur die Abschlagsregelung auch auf das Entbindungspauschale bei Schnittgeburten angewendet wissen wollen und die Aktivlegitimation der Klägerin nur insoweit bestritten, als die Klägerin die von ihr behauptete Inkassozession nicht nachgewiesen habe. Das Vorliegen von Kostenübernahmeerklärungen als Abrechnungsvoraussetzung sei daher unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Beklagten als zugestanden anzusehen (§ 267 Abs 1 ZPO). In der Bejahung der Aktivlegitimation könne daher ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden, zumal der sich aus der DVV ergebende Direktanspruch auch die Arzthonorare umfasse.
Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage des Umfangs des Direktanspruchs eines Krankenhausbetreibers aus der DVV nicht auffindbar sei.
Mit ihrer Revision strebt die Beklagte die Abänderung im Sinn einer Klagsabweisung, hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung an die erste Instanz an.
Die Klägerin hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie erweist sich jedoch als nicht berechtigt.
1. Der Oberste Gerichtshof hat sich erst jüngst in der Entscheidung 7 Ob 30/10b vom 21. April 2010 mit den Rechtswirkungen der DVV 2004/2005 auseinandergesetzt und unter anderem ausgeführt:
„Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass bei einem Aufenthalt eines Versicherungsnehmers in einer Krankenanstalt drei Rechtsverhältnisse zu unterscheiden sind. Zwischen dem Patienten (= Versicherungsnehmer) und dem Betreiber der Krankenanstalt besteht ein Aufnahmevertrag, der den Patienten zur Bezahlung des vereinbarten Entgelts verpflichtet. Zwischen dem Versicherungsnehmer (= Patient) und dem Krankenversicherer besteht ein Versicherungsvertrag, aus dem der Versicherungsnehmer gegen den Versicherer einen Anspruch auf die Versicherungsleistung hat. Zwischen dem Betreiber der Krankenanstalt und dem Versicherer kann eine rechtliche Beziehung bestehen, oder auch nicht. Bei Direktabrechnung besteht zumeist ein Verrechnungsabkommen (4 Ob 1/97v, Schauer, Das Österreichische Versicherungsvertragsrecht³ 484; Rohrbach, Versicherungshandbuch 57; Dopplinger, Funktion der Privatversicherung, in Schrammel, Rechtsfragen der ärztlichen Behandlung, 106 ff [115 ff]). Hier haben die Parteien ein solches Abkommen, die DVV, geschlossen.
Schon seit etwa der 1960er Jahre hat sich das System der Direktverrechnung und Kostengarantie entwickelt, wodurch an die Stelle der entsprechenden Vergütung der vom Patienten zunächst selbst gezahlten Kosten und Honorare eine volle Vergütung der Kosten und Honorare in direkter Verrechnung mit dem Krankenhaus tritt (4 Ob 1/97v; Dopplinger aaO). Aus einem solchen Übereinkommen entsteht kein originärer Rechtsanspruch der Krankenanstalt gegen den Versicherer (7 Ob 8/91, 4 Ob 1/97v; Dopplinger aaO [117]; Pircher, Honorarberechtigung in der Sonderklasse öffentlicher Heilanstalten 198). Erst mit der Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung kann die Krankenanstalt direkt mit dem Versicherer abrechnen (7 Ob 8/91, 4 Ob 1/97v). Dies ist hier auch in Punkt 3.1. DVV so geregelt. Durch die Zahlung an die Krankenanstalt erfüllt der Versicherer seine eigene Schuld aus dem Versicherungsvertrag und befreit den Versicherungsnehmer und Patienten von seiner Verbindlichkeit gegenüber der Krankenanstalt (Pircher aaO 194 ff, 200).
Die Kostenübernahmeerklärung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Versicherers, in der er erklärt, die Kosten für eine bestimmte stationäre Heilbehandlung zu übernehmen. [...]
Gibt ein Patient seinen Krankenversicherer bekannt, bringt er schlüssig zum Ausdruck, der Krankenanstalt anzubieten, ihr die ihm aus dem Versicherungsvertrag abgeleitete Forderung abzutreten. Wird angefragt, ob die Kosten übernommen werden, so kann dies als Ersuchen um Auskunft verstanden werden, ob der Versicherer als debitor cessus diese Forderung anerkenne. Die bejahende Antwort des Versicherers ist als deklaratives Anerkenntnis gemäß § 1396 letzter Satz ABGB zu werten (RIS-Justiz RS0107731; Pircher aaO 199 ff). Die aufgrund der DVV abgegebene Kostenübernahmeerklärung verpflichtet nicht nur den Versicherer zur Direktzahlung an die Krankenanstalt im Rahmen des Versicherungsvertrags, sondern ist auch als Zustimmung zur Zession von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag anzusehen. Der Versicherer ist einverstanden, statt mit dem Versicherungsnehmer mit der Krankenanstalt die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag abzurechnen. Dies ist ja der Sinn der gesamten Konstruktion.“
2. Voraussetzung für den von der Klägerin geltend gemachten Direktanspruch für Honorare der Belegärzte ist daher zunächst das Vorliegen von Kostenübernahmeerklärungen der Beklagten. Dazu rügt die Revision, das Berufungsgericht sei zu Unrecht von einer Außerstreitstellung der betreffenden Behauptung der Klägerin ausgegangen. Es liege insoweit ein sekundärer Feststellungsmangel vor. Es werde die „Ersatzfeststellung“ begehrt, dass die Beklagte „ob der streitgegenständlichen Forderungen“ keine Kostenübernahmeerklärung abgegeben habe.
2.1. Neben dem ausdrücklichen Geständnis im Sinn des § 266 Abs 1 ZPO spricht § 267 Abs 1 ZPO auch ein schlüssig abgegebenes Geständnis an. Ob in diesem Sinn tatsächliche Behauptungen einer Partei als zugestanden anzusehen sind, hat das Gericht unter sorgfältiger Berücksichtigung des gesamten Inhalts des gegnerischen Vorbringens nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen (RIS-Justiz RS0040091; RS0040078 [T3 und T4]; RS0039927 [T9 und T10]; RS0040146 [T2]). Bloß unsubstantiiertes Bestreiten kann als Zugeständnis im Sinn von § 267 ZPO gewertet werden; das setzt jedoch im Allgemeinen voraus, dass gewichtige Indizien für ein Geständnis sprechen; so etwa wenn eine vom Gegner aufgestellte Behauptung offenbar leicht widerlegbar sein musste, der formal Bestreitende dazu aber nicht konkret Stellung nimmt; ebenso, wenn eine Partei bloß einzelnen Tatsachenbehauptungen des Gegners mit einem konkreten Gegenvorbringen entgegentritt, zu den übrigen jedoch inhaltlich nicht Stellung nimmt (RIS-Justiz RS0039927 [T1 und T12]).
Die Frage, ob § 267 ZPO zutreffend angewendet wurde oder nicht, nämlich ob ein schlüssiges Tatsachengeständnis vorlag oder nicht, ist eine Verfahrensfrage, die vom Obersten Gerichtshof überprüfbar ist (RIS-Justiz RS0040078 [T6] = RS0040119 [T5]).
2.2. Die Klägerin hat schon in der Klage ausdrücklich behauptet, die Beklagte habe in den klagsgegenständlichen Fällen jeweils eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben. Diesem (rechtlich wesentlichen) Sachverhaltselement ist die Beklagte nicht konkret entgegen getreten, obwohl ihr bekannt sein musste, ob und allenfalls mit welchem Inhalt sie Kostenübernahmeerklärungen gegenüber der Klägerin erstattet hat. Ihr Bestreitungsvorbringen beschränkte sich vielmehr auf die Behauptung eines vom Wortlaut der DVV abweichenden Parteiwillens und schließlich auf die Verneinung der Aktivlegitimation mangels Nachweises von (Inkasso-)Zessionen der Honorarforderungen der Belegärzte an die Klägerin sowie mangels zedierbarer Direktansprüche der Ärzte gegen die Beklagte. Der Behauptung, die Beklagte habe unverzüglich nach Erkennen des Redaktionsfehlers auf diesen hingewiesen und die Verrechnung dem Vertragswillen entsprechend durchgeführt, fehlt ausreichender Bezug zu den Kostenübernahmeerklärungen; sie ist auch insoweit widerlegt, als feststeht, dass trotz Geltung der DVV seit 1. 7. 2004 erstmals bei einer Patientin mit Eintrittsdatum 29. 10. 2004 von der Beklagten Abzüge vorgenommen wurden. Im Übrigen spricht schon der Umstand, dass 70 % der Arzthonorare bezahlt wurden, für die Abgabe von Kostenübernahmeerklärungen. Erstmals in der Berufung (und neuerlich in der Revision) stellte die Beklagte mit der erforderlichen Deutlichkeit in Abrede, dass sie Kostenübernahmeerklärungen abgegeben habe. Diese unzulässige Neuerung musste aber vom Berufungsgericht unberücksichtigt bleiben, was auch für das Revisionsverfahren gilt.
Die Annahme des Berufungsgerichts, das Vorliegen von Kostenübernahmeerklärungen als Abrechnungsvoraussetzung sei unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Beklagten als zugestanden anzusehen, entspricht unter den vorliegenden Umständen des Einzelfalls der dargelegten Judikatur und ist deshalb nicht zu beanstanden. Auch vom Revisionsgericht sind diese zugestandene Tatsachen - so weit es sich nicht um einen der Ausnahmsfälle handelt, in denen kein bindendes Tatsachengeständnis möglich ist - ohne weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen (RIS-Justiz RS0040110).
2.3. Ob - entsprechend der ergänzenden Argumentation der Beklagten in ihren Rechtsmittelschriften - in den Kostenübernahmeerklärungen der von der Beklagten angenommene 30%-ige Abschlag ausgenommen war, kann dahingestellt bleiben. Zu 7 Ob 30/10b wurde nämlich schon klargestellt, dass Kostenübernahmeerklärungen, die schon ursprünglich lediglich auf den (bloß) teilweisen Ersatz von Kosten gerichtet waren, nur so zu verstehen sind, dass sie sich im Rahmen der Versicherungsverträge halten, aber die Beklagte jetzt schon aufgrund der bekannten Umstände den Einwand erhebt, nicht alle Kosten zu übernehmen. Ob dieser Einwand zu Recht oder zu Unrecht erhoben wird, ist im (auch hier) vorliegenden Rechtsstreit zwischen dem Träger der Krankenanstalt und dem Versicherer zu klären (siehe Punkt 4.).
3. Die Abgabe von Kostenübernahmeerklärungen bewirkte die Verpflichtung der Beklagten zur Direktzahlung an die Krankenanstalt (= Klägerin) im Rahmen des Versicherungsvertrags. Diese Verpflichtung umfasst nach Punkt 3.1. und 4.3.1 der DVV nicht nur die „Hauskosten“, also die Forderungen der Klägerin an die Patienten aus dem Aufnahmevertrag, sondern ausdrücklich auch die „Honorare“, also die Ansprüche der Belegärzte an die Patienten (die in der Anlage II zur DVV [unmittelbar nur] zwischen den Streitteilen näher geregelt werden). Diese Verpflichtung der Beklagten korrespondiert mit der ebenso durch die Abgabe der Kostenübernahmeerklärungen ausgelösten vertraglichen Verpflichtung der Klägerin, sowohl die „Hauskosten“ als auch die „Honorare“ gegenüber der Beklagten zu verrechnen (das heißt einzufordern und Zahlungen darauf in Empfang zu nehmen) und - als Voraussetzung dafür - laut Punkt 5. Satz 2 der DVV eine genaue Abrechnung der „von den Belegärzten veranlaßten und durchgeführten medizinischen Eingriffe und Behandlungen“ sicherzustellen. Damit wird dem Zweck der DVV, sämtliche Leistungen aus dem Versicherungsvertrag nicht mit dem Versicherungsnehmer, sondern mit der Krankenanstalt zentral und direkt abzurechnen, entsprochen. Die Wirksamkeit dieser wechselseitigen Verpflichtungen auch für das Honorar der Belegärzte, welche Forderung einem weiteren (vierten) Vertragsverhältnis entspringt, nämlich dem zwischen dem Belegarzt und dem Patienten (= Versicherungsnehmer) ohne Beteiligung des Versicherers abgeschlossenen Behandlungsvertrag, wurde aber nicht vom Zustandekommen einer (Inkasso-)Zession von den Belegärzten an die Klägerin abhängig gemacht, sondern ohne jede Bedingung in diesem Sinn vereinbart.
Die Beklagte hat sich in der DVV (Punkt 5. Satz 1) mit einer Verpflichtung der Klägerin begnügt, auf die Belegärzte „einzuwirken, daß die grundsätzlichen und honorarrelevanten Inhalte eingehalten werden“, dass sich also die Belegärzte den in der DVV enthaltenen Regelungen (unter anderem) zur Höhe und zur Verrechnung ihres Honorars unterwerfen. Es ist daher Sache der Klägerin, ihre Vertragsbeziehung mit den Belegärzten entsprechend zu gestalten, widrigenfalls die Klägerin Schadenersatzansprüchen der Beklagten ausgesetzt sein könnte.
Dem Versicherer steht es deshalb nicht frei, seine Zahlung an die Krankenanstalt vom Nachweis einer Forderungsabtretung der Belegärzte an diese abhängig zu machen, weshalb die Beklagte diesen Einwand auch im vorliegenden Prozess nicht erfolgreich erheben kann. Zu Recht hat deshalb das Berufungsgericht den von der Beklagten vermissten Nachweis einer solchen Zession für unbeachtlich angesehen, sodass es dazu keiner Feststellungen bedurfte.
Der in diesem Zusammenhang auch noch in der Revision aufrecht erhaltene Einwand der Beklagten, mangels einer Vertragsbeziehung zwischen den Belegärzten und ihr fehle es für eine wirksame Zession an die Klägerin am „Deckungsverhältnis“, ist nicht nachvollziehbar, zumal sich die Klägerin nie als Zessionar von Forderungen der Belegärzte gegenüber der Beklagten dargestellt hat.
4. Der Beklagten stehen zwar Einwendungen aus ihrem Rechtsverhältnis zur Krankenanstalt, nämlich aus dem Verrechnungsabkommen zu.
Die Rechtsrüge zur Auslegung der DVV ist jedoch - wie schon in der Berufung - nicht gesetzmäßig ausgeführt. Sie geht nämlich nicht vom festgestellten Sachverhalt zum übereinstimmenden Vertragswillen beider Streitteile aus, sondern stellt inhaltlich eine Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen, verbunden mit dem Wunsch nach einer Ersatzfeststellung dar, was keinem tauglichen Revisionsgrund entspricht (RIS-Justiz RS0042903 [T2]). Eine weitere Auseinandersetzung damit erübrigt sich daher (RIS-Justiz RS0043312 [T3]; RS0043603 [T8]).
5. Zusammenfassend sind die Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum von der Aktivlegitimation der Klägerin zur Geltendmachung der von der Beklagten vorgenommenen Abzüge vom vereinbarten Honorar der Belegärzte und von der Berechtigung der der Höhe nach unstrittigen Klagsforderung ausgegangen. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Beklagte hat gemäß §§ 40, 50 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision selbst zu tragen.
Schlagworte
9 Vertragsversicherungsrecht,ZivilverfahrensrechtTextnummer
E95571European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00121.10K.1022.000Im RIS seit
29.11.2010Zuletzt aktualisiert am
03.02.2012