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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §134 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Schloßpark Liegenschaftsverwertungs Ges.m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 13. Dezember 1999, Zl. MD-VfR - B IV - 6/99, betreffend Parteistellung in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: BIG, Bundesimmobiliengesellschaft mbH in 1030 Wien, Neulinggasse 29), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom 21. August 1998 wurde der Mitbeteiligten als Bauwerberin und Grundstückseigentümerin der Liegenschaft EZ 105 KG Wieden, Favoritenstraße 9 - 11, "gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO)" die Bewilligung zur Durchführung baulicher Änderungen und Raumwidmungsänderungen "nach den mit dem amtlichen Sichtvermerk versehen Plänen, in dem o.a. Bürogebäude" unter Nebenbestimmungen erteilt. "Ein zusätzliches behindertengerechtes Stiegenhaus wird errichtet, drei vorhandene Stiegenhäuser abgetragen". Gleichzeitig wurde gemäß § 71 BO auf jederzeitigen Widerruf die Bewilligung erteilt, an der Front Favoritenstraße eine vorgehängte Fassade in Form von Hohlprofilbuchstaben zu errichten.
Die Beschwerdeführerin als Eigentümerin des der obgenannten Liegenschaft unmittelbar benachbarten Grundstückes Favoritenstraße 7 wurde zur mündlichen Bauverhandlung nicht geladen. Der obzitierte Baubewilligungsbescheid wurde ihr nicht zugestellt.
Am 17. September 1998 wurde bei der Baubehörde die "Baubeginnanzeige" erstattet.
Mit Schreiben vom 18. September 1998 teilte die Beschwerdeführerin der Baubehörde mit, dass auf dem Grundstück Favoritenstraße 9 - 11 Bautätigkeiten stattfänden. Es wurde um Mitteilung gebeten, warum sie zu keiner Bauverhandlung eingeladen worden sei. In ihrem an die Baubehörde gerichteten Schreiben vom 22. September 1998 wies die Beschwerdeführerin neuerlich auf ihre Nachbarstellung hin und stellte mehrere Anträge. Einwendungen wurden nicht erhoben.
Mit Schreiben vom 5. Oktober 1998 teilte die Baubehörde der Beschwerdeführerin mit, dass eine Baubewilligung gemäß § 70 BO erteilt und zur Bauverhandlung deshalb keine Anrainer zugezogen worden seien, weil vom geplanten Bauvorhaben keine der im § 134a BO erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte berührt seien.
In ihrer Eingabe vom 19. März 1999 wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie "am 22.09.1998 einen Antrag auf Parteienstellung gestellt" habe. "Wenn dies nicht deutlich war, stellen wir ordnungshalber noch einmal den Antrag auf Parteienstellung, da wir der unmittelbare Anrainer zum oben genannten Bauvorhaben sind (BO für Wien § 134 Abs. 3). Das Bauvorhaben (...) beinhaltet Umbauten und Zubauten und berühren daher unser sujektiv-öffentliches Recht BO für Wien § 134a."
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom 5. Juni 1999 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Parteistellung in dem eingangs erwähnten Baubewilligungsverfahren abgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin durch den geplanten Bau in ihren Rechten berührt werde, könne dahingestellt bleiben, weil ein Nachbar, der der Behörde nachweist, ohne sein Verschulden gehindert gewesen zu sein, Parteistellung zu erlangen, seine Einwendungen gegen die Bauführung nur bis längstens drei Monate nach dem angezeigten Baubeginn vorbringen könne. Den tatsächlichen Beginn der Bauarbeiten habe die Beschwerdeführerin selbst in ihrem Schreiben vom 22. September 1998 erwähnt. Die Beschwerdeführerin hätte daher längstens drei Monate nach dem angezeigten Baubeginn (bei der Behörde eingelangt am 21. September 1998), d.h. bis 21. Dezember 1998, Einwendungen im Sinne des § 134a BO gegen die Bauführung vorbringen müssen. Da sie dies jedoch unterlassen habe, habe sie auch keine Parteistellung erlangt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 13. Juni 2000, B 466/00 - 3, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Parteistellung in einem Bauverfahren verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 134 Abs. 3 dritter Satz Bauordnung für Wien in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 34/1992 sind im Baubewilligungsverfahren die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben.
Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen kann der Nachbar, sofern er der Behörde nachweist, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach § 134 Abs. 3 zu erlangen, seine Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die Bauführung auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bis längstens drei Monate nach dem angezeigten Baubeginn (§ 124 Abs. 2) vorbringen und ist vom Zeitpunkt des Vorbringens dieser Einwendungen an Partei; eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 3) ist ausgeschlossen. Solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Bauverhandlung anberaumt hat.
Im Baubewilligungsverfahren nach der Bauordnung für Wien in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung erlangt somit der Nachbar nur Parteistellung, wenn er rechtzeitig Einwendungen im Sinne des § 134a dieses Gesetzes erhebt. Zutreffend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin solche Einwendungen nicht erhoben hat. In ihrer am 12. August 1999 bei der Baubehörde erster Instanz eingelangten Berufung hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass eine Widmungsänderung "mit Lärm und Emissionen" Nachbarrechte berühre. In welchen der in § 134a Bauordnung für Wien genannten Nachbarrechten die Beschwerdeführerin durch das mit Bescheid vom 21. August 1998 bewilligte Bauvorhaben verletzt wird, wurde von ihr jedoch nie (konkret) eingewendet.
Die Beschwerdeführerin war mangels Ladung zur mündlichen Bauverhandlung zwar offenbar gehindert, gegen das beschwerdegegenständliche Bauvorhaben Einwendungen gemäß § 134a Bauordnung für Wien bis spätestens bei dieser Verhandlung zu erheben, sie hätte aber - um Parteistellung in diesem Verfahren zu erlangen - im Sinne des § 134 Abs. 4 Bauordnung für Wien der Behörde nachweisen müssen, dass sie ohne ihr Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung zu erlangen, und jedenfalls bis längstens drei Monate nach dem angezeigten Baubeginn ihre Einwendungen vorbringen müssen. Da sie dies unterlassen hat, hat sie in diesem Verfahren nie Parteistellung erlangt. Ein "Antrag auf Parteienstellung" allein reicht nach der hier anzuwendenden Rechtslage nicht aus, um als Nachbar Parteistellung in einem Baubewilligungsverfahren zu erlangen.
Abschließend ist zu bemerken, dass nach der Regelung des § 134 Abs. 4 Bauordnung für Wien vom Nachbarn Einwendungen binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen sind, die die Bauverhandlung anberaumt hat. Ab Kenntnis des Beginns der Bauarbeiten (hier: September 1998) hätte sich die Beschwerdeführerin bei der Baubehörde hinreichend über das bewilligte Bauverhaben zur Erhebung entsprechender Einwendungen informieren können. Im Verwaltungsakt und in der Beschwerde finden sich keine Anhaltspunkte, warum ab Kenntnis des Beginns der Bauarbeiten nicht von einem Wegfall des Hindernisses zur Erhebung der Einwendungen für die Beschwerdeführerin im Sinne des § 134 Abs. 4 Bauordnung für Wien auszugehen ist und sie nicht in der Lage gewesen wäre, innerhalb von 14 Tagen ab Beginn der Bauarbeiten Einwendungen im Sinne des § 134a leg. cit. zu erheben.
Aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. Jänner 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000050180.X00Im RIS seit
02.04.2001