TE Vfgh Beschluss 1998/6/9 B4951/96

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Veröffentlicht am 09.06.1998
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; Zurückweisung der Beschwerde

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1996 reichte die Beschwerdeführerin eine selbst verfaßte Beschwerde gegen den Bescheid der Gemeinderätlichen Personalkommission vom 5. November 1996, Z PK-305/96, beim Verfassungsgerichtshof ein.

1.2.1. Mit Verfügung des Verfassungsgerichtshofes vom 21. März 1997, B4951/96-2, wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß für die Einbringung einer Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG Anwaltszwang bestehe. Die Beschwerde sei demnach (innerhalb einer bestimmten Frist) durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Sie könne aber auch - unter bestimmten Voraussetzungen - die Bewilligung der Verfahrenshilfe, insbesondere die Beigebung eines Rechtsanwaltes als Vertreter, beantragen.

1.2.2. Der daraufhin von der Beschwerdeführerin eingereichte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen den oben genannten Bescheid wurde mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Jänner 1998, B4951/96-4, aus Gründen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse abgewiesen.

1.3.1. Mit Verfügung des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Jänner 1998, B4951/96-5, wurde der Beschwerdeführerin dieser Beschluß sowie der angefochtene Bescheid übermittelt und eine (Verbesserungs-)Frist von sechs Wochen für die Einbringung einer Beschwerde nunmehr durch einen selbst gewählten, bevollmächtigten Rechtsanwalt (§17 Abs2 VerfGG 1953) eingeräumt. Die selbst verfaßte Beschwerde war diesem Schreiben nicht angeschlossen.

1.3.2. Die genannte Verfügung (vom 12. Jänner 1998) wurde der Beschwerdeführerin laut Übernahmsbestätigung am 4. Februar 1998 zugestellt. Die Frist zur Einbringung der Beschwerde durch einen (selbst gewählten) bevollmächtigten Rechtsanwalt begann daher am 4. Februar 1998 zu laufen und endete am 18. März 1998. Die Beschwerdeführerin brachte hingegen innerhalb dieser Frist eine verbesserte Beschwerde nicht ein.

2.1. Mit Eingabe an den Verfassungsgerichtshof vom 27. März 1997 (zur Post gegeben am 9.4.1998) stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag "auf Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf der Frist" für die Einbringung einer - verbesserten - Beschwerde.

Sie habe sich - wird darin begründend ausgeführt - in einem unverschuldeten, ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis darstellenden Rechtsirrtum befunden, wenn sie davon ausging, daß die ihr mit Verfügung des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Jänner 1998 eingeräumte (sechswöchige) Mängelbehebungsfrist erst mit dem 26. März 1998 - an diesem Tag sei "die von der Beschwerdeführerin selbst verfaßte Beschwerde ... dem Rechtsfreund der Beschwerdeführerin am Verfassungsgerichtshof persönlich übergeben" worden - zu laufen beginne.

2.2.1. Da das VerfGG 1953 in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, ist nach §35 dieses Gesetzes §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 10880/1986, 11537/1987, 12631/1991).

2.2.2. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Irrtum über den Fristenlauf ist schon deshalb nicht als solcher Fehler einzustufen, weil die Verfügung des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Jänner 1998, und zwar ungeachtet des Umstandes, daß ihr die von der Beschwerdeführerin selbst verfaßte Beschwerde nicht angeschlossen war, den eindeutigen Hinweis darauf enthielt, daß die Beschwerdeführerin - nachdem ihrem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht stattgegeben worden war - ihre Beschwerde nunmehr, und zwar innerhalb von sechs Wochen, durch einen selbst gewählten Rechtsanwalt einbringen könne. Für die Annahme der Beschwerdeführerin, daß diese Frist erst mit der Zurückstellung ihrer selbst verfaßten Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof zu laufen beginne, bietet diese Verfügung keinerlei Anhaltspunkte.

2.2.3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

2.3. Die Beschwerde selbst war wegen des nicht behobenen Mangels formeller Erfordernisse (s. Abschn. 1.3.) als unzulässig zurückzuweisen. Dementsprechend war der hilfsweise gestellte Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzuweisen.

2.4. Diese Beschlüsse konnten gemäß §19 Abs3 Z2 litc und §33 VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B4951.1996

Dokumentnummer

JFT_10019391_96B04951_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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